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radiotauben

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sier­ra : 22.08 UTC — Ein­mal, am spä­ten Abend, folg­te ich einem Hyper­link, der von mei­ner Par­tic­les­ma­schi­ne auto­ma­tisch erzeugt wor­den war nach Regeln, die ich nicht prä­zi­se beschrei­ben könn­te. In die­ser Wei­se arbei­tend begeg­ne­te ich einem Text, der von einem Radio erzähl­te. Es ist selt­sam, ich konn­te mich zunächst nicht erin­nern, die­sen Text selbst geschrie­ben zu haben. Ich las ihn und dach­te: Die­sen Text musst Du erfun­den haben, rein erfun­de­ne Tex­te las­sen sich nicht so leicht erin­nern, wie Tex­te, die von einer erleb­ten Geschich­te berich­ten. Nun also, in dem ich mei­nen Text, den ich im April des ver­gan­ge­nen Jah­res notier­te, lese, schrei­be ich ihn zum zwei­ten Male, er wird mir ver­mut­lich ein wei­te­res Jahr spä­ter, noch in Erin­ne­rung sein, wie der Abend, an dem ich ihn wie­der­hol­te, also erleb­te, weil ich ihn in mein Leben ver­setz­te: Ich stel­lte mir vor, wie ich in der Küche vor einem Tisch sit­ze. Auf dem Tisch steht ein Radio. Das Radio ist 10 cm lang und eben­so breit und eben­so hoch, ein Wür­fel dem­zu­fol­ge. Der Wür­fel ver­fügt über zwei Knöp­fe, die ich ver­tie­fen einer­seits und an wel­chen ich dre­hen kann ande­rer­seits. Dort, wo ich Schrau­ben erken­ne, die in das höl­zer­ne Gehäu­se ein­ge­las­sen sind, scheint sich die hin­te­re Sei­te des klei­nen Radi­os zu befin­den. Ich kann das Radio öff­nen. Als ich es öff­ne, ent­de­cke ich wei­te­re sehr klei­ne Schrau­ben, eine Pla­ti­ne, Dioden, Wider­stän­de, Beschrif­tun­gen in einer Spra­che, die ich nicht zu lesen ver­mag, außer­dem einen Zylin­der. Ich ent­de­cke also vie­le Din­ge, aber nichts, was mir behilf­lich sein konn­te, das Radio zum Schwei­gen zu brin­gen, das Radio spielt näm­lich in einem Abstand von einer Stun­de eine Pas­sa­ge aus der 2. Sym­pho­nie Rach­ma­ni­nows, die weder lei­ser noch lau­ter ein­zu­stel­len ist, sie ist eben wie sie ist, laut genug, um das Radio vor das Fens­ter stel­len zu müs­sen. Ein­mal sit­zen zwei Tau­ben links und rechts des Radi­os. Als das Radio sei­ne Musik spielt, erschre­cken sie und flie­gen davon. Ein ande­res Mal kom­men sie wie­der und bau­en auf dem Radio ein Nest.Heu­te Abend erzählt das Radio, ukrai­ni­sche Kin­der sei­en von rus­si­schen Behör­den aus der Stadt Mariu­pol ent­führt wor­den. Man, ich mei­ne, eine Spre­che­rin der rus­si­schen Behör­de, sag­te im Radio, die Kin­der, die frei­wil­lig in Bus­se ein­ge­stie­gen sei­en, soll­ten sich nur erho­len. Die jun­ge Frau sag­te wei­ter­hin, die Kin­der wür­den sehr schreck­li­che Din­ge erlebt haben, weil ukrai­ni­sche Trup­pen ihre Hei­mat­stadt ver­wüs­tet haben sol­len. Das sag­te die Frau. — stop

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