alpha : 0.03 – Truman Capotes feine Geschichte Music for Chameleons. Das Porträt einer Aristokratin, die dem amerikanischen Schriftsteller während der 50er-Jahre auf Martinique Gastgeberin gewesen war. Ich hatte die Geschichte vor langer Zeit bereits gelesen und seither nie aus den Augen, nie aus dem Nahgedächtnis verloren. Wie eine elegante Lady auf einem gut gestimmten Klavier eine Mozart-Sonate spielt, und wie sich Chamäleons, von den Geräuschen des Instruments angezogen, zu ihren Füßen versammeln. Ich konnte mich gut erinnern an Geisterwesen, an rotäugige kleine Menschen weiß wie Kreide, an einen Garten riesiger Nachtfalter, an Pfefferminztee und Absinth, an Gauguins schwarzen Spiegel. Und wie die Chamäleons in ihren Farben, die über ihren Körper blitzten, die Musik Mozarts improvisieren, davon hatte ich begeistert immer und immer wieder einmal erzählt. Und dann lese ich Capotes Geschichte wieder. Da waren Nachtfalter und Menschen von kreideweißer Haut, und Pfefferminztee und Absinth, Mozart, Gauguin, allerlei Geister, eine Lady und ihr Klavier, und natürlich Chamäleons, Chamäleons lavendelfarben, gelb, lindgrün, scharlachrot. Ich las und wartete, wartete darauf, dass ich bald jene Stelle erreichen würde im Text, da Farben improvisierend die Körper der Chamäleons beleuchteten. Wartete vergeblich. Wartete noch, als der Text schon lange Zeit zu Ende gelesen war. — Existiert vielleicht eine geheime Schreibmaschine in meinem Kopf, die Lektüren meines Lebens geräuschlos weiterschreibt? — stop