nordpol : 2.55 – BeobÂachÂtete nachÂmitÂtags auf meinem FernÂsehÂbildÂschirm einen Blitz, der einen Abend zuvor von einer HandyÂkaÂmera aufgeÂnommen worden war. Dieser Blitz ereigÂnete sich in Istanbul zu einem ZeitÂpunkt, als ich gerade überÂlegte, ob ich in einem Buch lesen sollte oder besser noch etwas notieren über die KirschÂholzwangen einer japaÂniÂschen Frau, die ich gerade erfinde. Aber mein Kopf war in der feuchtÂwarmen Luft doch sehr langsam geworden, also stellte ich mich für zwei Minuten unter kaltes Wasser und als ich zurückkam und mein FernÂsehÂgerät einschalÂtete, konnte ich sehen, was der Blitz, den ich erst einen Tag später mit eigenen Augen sehen würde, angeÂrichtet hatte. Menschen lagen beweÂgungslos auf einer Straße herum und andere Menschen, die sich bewegten, versuchten jene Menschen, die lagen und sich nicht mehr bewegten, zu überÂreden, es ihnen gleich zu tun, also zu atmen und weiterÂzuÂleben, als sei der Blitz nie geschehen. Da war das Geräusch von AmbuÂlanzen, ein jaulender Ton, von dem ich häufig träume, und da war die Stimme einer ameriÂkaÂniÂschen Frau, die die ExploÂsion zweier Bomben meldete, einer kleiÂneren, lockenden Bombe und einer größeren, mordenden Bombe. Als ich gestern NachÂmittag dann auf meinem FernÂsehÂbildÂschirm jenen Blitz beobÂachÂtete, der so viele Menschen tötete, dass zwei Hände nicht ausreiÂchen, sie mit den Fingern zu zählen, habe ich überÂlegt, ob ich nicht bald einmal wagen sollte, einen AttenÂtäter zu erfinden, also mich in einen AttenÂtäter zu verwanÂdeln auf dem Papier, mich hineinÂzuÂverÂsetzen in eine Figur, die Bomben legt, um Menschen zu töten. Ist es möglich, frage ich, mich in einen AttenÂtäter solange hineinÂzuÂdenken, wie ich mich in eine japaÂniÂsche Frau hineinÂdenke, eine japaÂniÂsche Frau mit einem kirschÂhölÂzernen Gesicht, ohne Schaden zu nehmen?
