7.05 — Unter einem Ahornbaum eine Hütte. Räume, so niedrig, dass ich mich, als ich eintreten will, bücken muss. Ein Tisch, auf dem ein Glas Milch steht, das dampft. Eine Katze schläft auf dem Tisch neben einer Gruppe scharf angespitzter Bleistifte von gelbem Holz. Ernest Hemingway, kaum höher als 150 cm, betritt den Raum. Er setzt sich an den Tisch und beginnt mit einem der Bleistifte in die Luft zu schreiben: Das merkwürdige Leuchten, das die Sonne jetzt, da sie höher steht, im Wasser hervorruft, und auch die Formen der Wolken über dem Festland bedeuten gutes Wetter. Aber der Vogel ist jetzt nahezu außer Sicht und nichts zeigt sich auf der Oberfläche des Wassers außer einige Stellen von gelbem, sonnengebleichtem Saragossatang und der violett schillernden, gallertartige Blase einer Portugiesischen Galeere, die dicht neben dem Boot treibt. Sie legt sich auf die Seite und richtet sich auf. Sie treibt munter, wie eine Luftblase dahin, mit ihren gefährlichen Nesselfäden, die beinahe einen Meter weit hinter ihr durchs Wasser ziehen. — Leichter Regen. — stop
Aus der Wörtersammlung: faden
inszenierungsmaschine
2.26 — Sobald ich im Bauch einer elektrischen Inszenierungsmaschine 100 frei schwebende Textparticles von je 100 Wörtern über einen Zufallsgenerator miteinander verbinde, wird mit jedem weiteren Aufruf eines Textparticles jedes andere der 100 Textparticles möglich. Ich habe also eine Textversammlung, die sich wie eine Flüssigkeit verhält. Wie könnte ich nun eine Vereisung dieser Flüssigkeit erzeugen? Ich könnte zum Beispiel je 10 Textparticles zu einer Gruppe setzen und über einen Generator verschalten, sodass in einem ersten Schritt 10 Textparticles aus 100 Textparticles möglich wären. Oder ich bilde zwei Gruppen zu je 50 Textparticles und komme in dieser Weise auf zwei mögliche Textparticles einer ersten Wahl. Zwei Linien. Eine Weiche. Oder sehr gutes Eis. — Vielleicht sollte ich, wenn ich vom Schreiben eines linearen Textes spreche, zunächst an das Spinnen eines Eisfadens denken. Das Lesen, ein Vorgang der Enteisung. — Heute Nacht habe ich von 0 Uhr 12 bis 1 Uhr 52 Julio Llamazares wundervolle Stummfilmszenen aufgetaut.- stop
segelspinne
3.08 — Eine Stunde genau ist vergangen, seit ein sehr kleiner Gegenstand den Luftraum über der Tastatur meiner Schreibmaschine durchquerte. Er kam von links, also von Westen, und flog nach rechts, also gegen Osten, und weil nicht das geringste Geräusch zu hören war, das Geräusch eines Aufpralls in etwa, war ich zunächst überzeugt, mich geirrt zu haben. Aber dann konnte ich im Licht der Tischlampe einen sehr feinen Faden erkennen, der sich über die Tasten gelegt hatte. Ich erinnerte mich sofort an eine Spinne, die ich im Frühjahr zuletzt auf meinem Schreibtisch gesehen habe, ein hübsches, geräuschloses Wesen. — Es ist jetzt kurz nach halb fünf Uhr und ich bin zufrieden. Ich habe eine Stunde lang nichts getan, als mit einem feinen Pinsel bewaffnet auf der Schreibtischplatte unter dem Licht des Elektromondes einen Kampf gegen eine Springspinne zu fechten, die kaum größer ist als ein Stecknadelkopf, schwarz und weiß getigert, und so verspielt wie eine junge Katze. — Habe ich diesem Text nicht bereits vor langer Zeit einmal nachgedacht? — stop