romeo : 16.01 UTC — Vor 11 Jahren hatte ich von der Entdeckung eines Museums der Nachthäuser erzählt, das sich am Shore Boulevard nördlich der Hell Gates Bridge befindet, die den Stadtteil Queens über den East River hinweg mit Randilis Island verbindet. Es ist noch immer ein recht kleines Haus, rote Backsteine, ein Schornstein, der an einen Fabrikschlot erinnert, ein Garten, in dem verwitterte Apfelbäume stehen, der Fluss so nah, dass man ihn riechen kann. Heute liegt der Garten tief verschneit. Ich stehe unter einem der Apfelbäume, die ohne Blätter sind. Dieser Baum trägt seine Sommerfrüchte so, als ob er sie festhalten würde, sie sind etwas kleiner geworden, voller Falten, aber sie leuchten rot und sie duften. Der junge Mann, der mich bereits einmal durch das Museum geführt hatte, kommt in diesem Moment auf mich zu. Er freut sich, dass ich wiedergekommen bin. Eine Weile stehen wir uns gegenüber, es ist zum Erbarmen kalt, wir treten von einem Bein aufs andere, während der junge Mann eine Zigarette raucht, dann ist es fast dunkel und wir treten wieder in das Museum ein. Er möchte mir eine kleine Maschine zeigen, die im ersten Stock seit vielen Jahren in einer weiteren Vitrine sitzt. Auf den ersten Blick scheint es sich um eine ähnliche Apparatur zu handeln, wie jene von der ich berichtete. Ein Gecko von Metall, der in der Lage ist, sich zum Zwecke protestierender Kommunikation Wände hinauf an die Decke eines Zimmers zu begeben, um sich dort festzusaugen. Aber anstatt eines oder mehrerer Schlaginstrumente, mit welchen gegen die Decke getrommelt werden könnte, verfügt dieses kleine Wesen über einen Lautsprecher, der wie ein Mund gestaltet ist, und deshalb hervorragend geeignet zu sein scheint, heftige Geräusche des Sprechens zu erzeugen. Bei dieser Apparatur, sagt der junge Angestellte, handelt es sich um den ersten Deckensprecher der Geschichte, ein äußerst sinnvolles Gerät. Er fordert mich auf, näherzutreten. Sehen Sie genau hin, sehen Sie, er ist verbeult! Tatsächlich war der kleine eiserne Gecko von zahlreichen Schlägen so verletzt, dass er vielleicht kaum noch in der Lage gewesen war, seiner Aufgabe nachzukommen. Denkbar ist, dass er in einer Nacht der Tagmenschen derart wirkungsvoll gearbeitet haben könnte, dass man ihn fangen wollte, weshalb man in die Wohnung des Nachtmenschen eingebrochen war, um ihn zum Schweigen zu bringen. Als man das ramponierte Gerät viele Jahre später öffnete, entdeckte man eine Tonbandspule, auf welcher Literatur von Bedeutung festgehalten war. Ein Bruchstück der historischen Aufnahme war noch vorhanden gewesen, und jetzt, in dieser Nacht, spielt mir der junge Mann vor, was der Apparat gesprochen hatte. Eine äußerst laute, scheppernde Stimme ist zu vernehmen: Zuerst wollte er mit dem unteren Teil seines Körpers aus dem Bett hinauskommen, aber dieser untere Teil, den er übrigens bisher nicht gesehen hatte und von dem er sich keine rechte Vorstellung machen konnte, erwies sich als zu schwer beweglich; es ging so langsam; und als er schließlich, fast wild geworden, mit gesammelter Kraft, ohne Rücksicht sich vorwärts stieß, hatte er die Richtung falsch gewählt, schlug an dem unteren Bettpfosten heftig an, und der brennende Schmerz, den er empfand, belehrte ihn, dass gerade der untere Teil augenblicklich vielleicht der empfindlichste war. — Hier endet die Spule, ums sofort wieder von vorn zu beginnen. — Das Radio erzählte von einem Jungen, der in einem Luftschutzkeller im Licht der Telefonlampen seinen Geburtstag feierte. Er trug eine rote Pappnase im Gesicht und einen weißen Papierhut, einen runden, spitz zulaufenden Zylinder auf dem Kopf. — stop
Aus der Wörtersammlung: horn
saharaschwefel
tango : 0.12 — Herr Ludwig, den ich im Januar besuchte, erzählte mir, dass er sich vor Jahren wünschte, ein Schiffsmodell aus Streichhölzern zu bauen. Unverzüglich kaufte er damals einige Tausend der hölzernen Stäbchen, weil er sie auf diesem Wege insgesamt billiger erstehen konnte. Außerdem suchte er nach einem geeigneten Schiff, dessen Körper gut dokumentiert sein sollte. Seine Wahl fiel auf die RMS Queen Mary 1. Er lud Pläne aus dem Internet, Grundrisse, Blaupausen, Hunderte Fotografien sowie Lettercards, die an Bord des luxuriösen Schiffes von Passagieren während ihrer Reise notiert worden waren. Herr Ludwig erwähnte, dass er sich bald in ein Abenteuer verwickelt fühlte, seine Tage, die zuvor schwere und leere Tage gewesen seien, wären plötzlich leicht geworden und die Zeit ging nur so in Eilschritten dahin, dass es eine wahre Freude war, kaum aufgestanden sei schon wieder Abend gewesen. Im Dezember vor zwei Jahren, kurz vor Weihnachten, war Herr Ludwig seinen Angaben zur Folge mit der Vorbereitung seiner Rekonstruktionsarbeiten fertig geworden, und so öffnete er eine Schachtel Streichhölzer und fügte, nachdem er mit einem Messerchen Schwefelköpfe beider Stäbchen sorgsam abgetrennt hatte, mit einem Klebstoff, der wundervoll nach Walnusslikör duftete, zwei der Zündhölzer seitwärts aneinander. Nach einer Weile, er hatte mehrfach seinen Arbeitstisch umrundet, prüfte er die Festigkeit der Verbindung und war zufrieden. Er baute, in dieser Weise der Klebung fortfahrend, zunächst einen Schornstein des riesigen Schiffes, dann einen zweiten Schornstein, drei Wochen vergingen, bis beide Schornsteine fertig geworden waren, und auf den Tisch gestellt, sodass sie nun miteinander verbunden werden konnten. Die Hände des alten Mannes rochen in jenen Wochen seiner filigranen Arbeit nach Schwefel, und die Luft duftete nach Walnüssen und Aceton, und irgendwann in dieser Zeit muss sich Herr Ludwig, versehentlich oder mit Vorsatz, von seinen Schiffsbauplänen entfernt haben. Als Januar wurde, waren auf dem Tisch deutliche Konturen eines Dromedars zu erkennen, dessen Körper auf vier Schornsteinen ruhte, eine wunderbare Wandlung seiner Vorhabens, das Schiff baue er später, sagte Herr Ludwig, in dem er mit einer bewährten Bewegung einen Schwefelkopf von einem Streichholz trennte. Der Kopf hüpfte über den Tisch, und als er von der Kante des Tisches stürzte, war nicht das Mindeste zu hören gewesen. — Das Radio erzählt, in Mariupol sollen Menschen im März für wenige Minuten auf eine Straßenkreuzung getreten sein, um dort ihr Mobiltelefone gegen den Himmel zu strecken. Indessen tobte um sie herum der Kampf um die Stadt. — stop
von nashornkäfern
india : 3.25 — Gestern, am späten Abend, habe ich wieder einmal den Versuch unternommen, das Wort Streichholz so lange wie möglich in meinem Kopf hin und her zu bewegen, ohne indessen ein weiteres Wort zu denken. Kurz darauf habe ich meinen Versuch wiederholt, in dem ich das Wort Streichholz durch das Wort Nashornkäfer ersetzte, ebensolches eine Zehntelstunde später durch das Wort Coleporter, welches selbst kurz vor Mitternacht im Wortloop der Hibiskusblüte endete. Vorgestern noch hatte ich eine ähnliche Nachtübung durchgeführt. Wörter waren folgende gewesen: Samshepard, Hummervogel, Tictacto, Leporello. Ich stelle fest: Die lang anhaltende Wiederholung des Wortes Leporello bewirkt noch immer einerseits ein deutliches Gefühl von Hitze, anderseits eine Ahnung der Farbe Gelborange, ohne dass diese Farbe selbst vor meinem inneren Auge sichtbar werden würde. — Ein ukrainischer Soldat soll einer Journalistin erzählt haben, dass in der Nähe einer Front im Niemandsland eine Herde verlassener Kühe weidete. „Sie wanderten. So wussten wir, dass das Gebiet nicht vermint war. Wir dachten vielleicht sogar daran, uns als Kühe zu verkleiden, um die Russen anzugreifen. Trojanische Kühe. Aber dann haben die Russen die Herde erschossen.“ — stop
lichtenbergfalter
sierra : 15.12 UTC — In der vergangenen Woche lernte meine Schreibmaschine folgende Wörter, die in ihren Prüfverzeichnissen bislang nicht zu finden gewesen waren: Aquariumzimmer . Audiacity . Bodymind . Bienenschwarmmaschine . Boosterimpfung . Spieldosensammlung . Selberdenken . Taucherhandzeichen . Taschkent . Tagmensch . Rüsselrosen . Sandwellenwinde . Schlafduft . Parabelbahn . Nashornkäfer . Nachtstraßenmuseum . Nomadland . Notknopfseile . Makitage . Makisonare . Lichtfangmaschine . Lichtenbergfalter . Instanzname . Holzstegfeder . Kiemenmädchen . iMovie . Itinerar . Höhlenachtbild . Kuppelwerk . Flamingobeine . Feneon . Geisterflotte . Emotionsregulation . Erzählräume . Dronenkamera . Fakekinderwagen . Dauerschlafen . Drohnenleuchten. — stop
geräusche
ginkgo : 17.15 UTC — Es ist Nachmittag. Ich sitze vor dem Fenster nach Süden, ich sitze derart vor dem Fenster auf dem warmen Boden, dass ich den Himmel sehe, Wolken, nichts weiter, nicht, was darunter sich versammelt, Häuser, Türme, Kronen zahlreicher Bäume, Eichhörnchen, Automobile, Menschen. Ich höre eine Straßenbahn kommen, ich höre, wie sie anhält, ich höre Stimmen, ich höre, wie sich die Straßenbahn langsam in Bewegung setzt, wie sie beschleunigt, wie sie eine Weiche nimmt. Die Straßenbahn scheppert und ächzt. Ungezählte Male schepperte und ächzte eine Straßenbahn an diesem Ort. Kinderrufen. Eine Hupe, ein Martinshorn. Ich höre nicht sichtbaren Ereignissen zu. Vögel singen in diesem Augenblick, singen in meiner Vorstellung, das ist denkbar. Ich hatte vor, spazieren zu gehen. Es ist Nachmittag. Ein Telefon klingelt. — stop
giuseppi logan
marimba : 2.28 UTC — Ich lese in Dorothy Bakers Roman Young Man With A Horn. Plötzlich denke ich an Giuseppi Logan (Hört ihm zu!) dem ich im Jahr 2010 im Thompkins Square Park persönlich begegnet sein könnte. Viele Tage sind vergangen, seit ich eine Geschichte gelesen habe, von der ich mich sagen hörte, sie sei eine Geschichte, die ich nie wieder vergessen werde, die Geschichte selbst und auch nicht, dass sie existiert, dass sie sich tatsächlich ereignete, eine Geschichte, an die ich mich erinnern sollte selbst dann noch, wenn ich meinen Computer und seine Dateien, meine Notizbücher, meine Wohnung, meine Karteikarten während eines Erdbebens verlieren würde, alle Verzeichnisse, die ich studieren könnte, um auf jene Geschichte zu stoßen, wenn sie einmal nicht gegenwärtig sein würde. Diese Geschichte, ich erzähle eine kurze Fassung, handelt von Giuseppi Logan, der in New York lebt. Er ist Jazzmusiker, ein Mann von dunkler Haut. Logan, so wird berichtet, atme Musik mit jeder Zelle seines Körpers in jeder Sekunde seines Lebens. In den 60er-Jahren spielte er mit legendären Künstlern, nahm einige bedeutende Freejazzplatten auf, aber dann war die Stadt New York zu viel für ihn. Er nahm Drogen und war plötzlich verschwunden, manche seiner Freunde vermuteten, er sei gestorben, andere spekulierten, er könnte in einer psychiatrischen Anstalt vergessen worden sein. Ein Mann wie ein Blackout. Über 30 Jahre war Giuseppi Logan verschollen, als man ihn vor wenigen Jahren in einem New Yorker Park lebend entdeckte. Er existierte damals noch ohne Obdach, man erkannte ihn an seinem wilden Spiel auf einem zerbeulten Saxofon, einzigartige Geräusche. Freunde besorgten ihm eine Wohnung, eine Platte wurde aufgenommen, und so kann man ihn nun wieder spielen hören, live, weil man weiß, wo er sich befindet von Zeit zu Zeit, im Tompkins Square Park nämlich zu Manhattan. Es ist ein kleines Wunder, das mich sehr berührt. Ich will es unter der Wortboje Giuseppi Logan in ein Verzeichnis schreiben, das ich auswendig lernen werde, um alle die Geschichten wiederfinden zu können, die ich nicht vergessen will. — Heute las ich, dass der alte Mann im April 2020 im Lawrence Nursing Care Center in Far Rockaway, Queens während der COVID-19-Pandemie in New York City an den Folgen einer SARS-CoV-2-Infektion gestorben ist. — stop
Fotographie Jon Rawlinson
„Niemand klang in einem Ensemble so wie
Giuseppi [Logan]. Bei seinem Spiel hielt er seinen Kopf weit zurück;
dazu erklärte er: „Auf diese Art ist meine Kehle weit offen“,
so konnte er mehr Luft einziehen. Er spielte in einem
Umfang von vier Oktaven auf dem Altsaxophon. Was
ihn als Improvisator von anderen unterschied,
war die Art, wie er seine Noten platzierte
und damit einen bestimmten Klang schuf,
dem die anderen der Gruppe dann folgten.
Seine Stücke waren aus diesem Grund sehr
attraktiv; Giuseppi hatte seine ganz eigenen
Ansichten über Musik …“ – Bill Dixon
schwarmerzählung
nordpol : 15.08 UTC — In den Monaten Dezember und Januar lernte meine Schreibmaschine folgende Wörter, die in ihren Prüfverzeichnissen bislang nicht zu finden gewesen waren: Akutagawa . Ammerseestraße . Aquarianergeschichte . Birders . Blütenbestäuber . Drohnenleuchten . Drohnenwabe . Erzählräume . Favicon.ico . Heron . Karpenzungenpastete . Holzstegfeder . Kolonialwarenladen . Lichtenbergfalter . Lichtfangmaschine . Lochplattenspieldose . Makitage . Mundnasemaske. Mundschutzalgorithmus . Nashornkäfer . Pistazienhühnchen . Rückenpropellerdrohne . Pigafetta . Propellerkäfer . Perlschiff . Picon . Schneekugelgestalten . somnolent . Schwarmerzählung. — stop
auf der intensivstation
ulysses : 8.22 UTC — Am Telefon berichtete eine Schwester der Intensivmedizin: Heute Nacht war es ernst, sie hatte eine Atemkrise. Vielleicht wollen sie kurz vorbeikommen? Eine Straßenbahnhalbstunde später trat ich in die Station. Seltsam hupende Geräusche von da, von dort. Blinkende Apparaturen, gelb, rot, grün. Eine weitere Schwester erzählte, sie habe morgens bei der Übergabe gehört, es sei knapp gewesen: Das Leben ihrer Freundin hing an einem seidenen Faden. Und ich dachte, sie wird nicht dieselbe sein, wenn sie wieder aufwachen wird. Wer wird sie sein? Und ich dachte noch dazu: Jedes der Zimmer an diesem Ort, jedes Abteil, ist eine Sorgenwelt. Und schon saß ich auf einem Stuhl vor dem Bett der Schlafenden. Sie lag auf dem Bauch, ich konnte ihr Gesicht nicht sehen, aber ihre Ohren. Eine der tapfer fröhlichen Schwestern schlug vor, ich solle doch möglichst mit der Schlafenden sprechen: Das mögen sie nämlich! Und schon waren wir unter uns allein mit den Maschinen. Ich versuchte also zu sprechen. Es ist schwer, einer schlafenden Person zu erzählen, man hört nur sich selbst, und man glaubt nicht, was man erzählt, obwohl doch alles wahr ist, was man erzählt. Sofort in dieser Notlage suchte ich in den Magazinen meiner Schreibmaschine nach Geschichten, die ich vorlesen könnte, vorlesen, sagen wir, wie sprechen, mit meiner Stimme locken. Ich sagte: Folgendes, hör zu! Da ist ein Museum, das Museum der Nachthäuser, das sich in New York am Shore Boulevard nördlich der Hell Gates Bridge befindet, ein recht kleines Haus, rote Backsteine, ein Schornstein, der an einen Fabrikschlot erinnert, ein Garten, in dem verwitterte Apfelbäume stehen, und der East River so nah, dass man ihn riechen kann. Während eines Spazierganges, zufällig, entdeckte ich dieses Museum, von dem ich nie zuvor hörte. Es war ein später Nachmittag, ich musste etwas warten, weil, so war zu lesen, das Museum nicht vor Einbruch der Dämmerung geöffnet würde. Es ist eben ein Museum für Nachtmenschen, die in Nachthäusern wohnen, welche erfunden worden waren, um Nachtmenschen artgerechtes Wohnen zu ermöglichen. Als das Museum dann öffnete, war ich schon etwas müde geworden, und weil ich der einzige Besucher in dieser Nacht gewesen war, führte mich ein junger Mann herum. Er war sehr geduldig, wartete, wenn ich wie wild in mein Notizbuch notierte, weil er überaus spannende Geschichten erzählte von jenen merkwürdigen Gegenständen, die in den Vitrinen des Museums versammelt waren. Von einem dieser Gegenstände will ich kurz erzählen, von einem metallenen Wesen, das mich an eine Kreuzung zwischen einem Gecko und einer Spinne erinnerte. Das Ding war verrostet. Es hatte die Größe eines Schuhkartons. An je einer Seite des Objekts saßen Beine fest, die über Saugnäpfe verfügten, eine Kamera thronte obenauf wie ein Reiter. Der junge Mann erzählte, dass es sich bei diesem Gerät um ein Instrument der Verteidigung handele, aus einer Zeit da Nachtmenschen mit Tagmenschen noch unter den Dächern ein und derselben Häuser wohnten. Das kleine Tier saß in der Vitrine, als würde er sich ducken, als würde es jederzeit wieder eine Wand besteigen wollen. Das war nämlich seine vornehme Aufgabe gewesen, Zimmerwände zu besteigen in der Nacht, sich an Zimmerdecken zu heften und mit kleinen oder größeren Hammerwerkzeugen Klopf,- oder Schlaggeräusche zu erzeugen, um Tagmenschen aus dem Schlaf zu holen, die ihrerseits wenige Stunden zuvor noch durch ihre harten Schritte den Erfinder der Geckomaschine, einen Nachtarbeiter, aus seinen Träumen gerissen hatten. Ja, zum Teufel, schon zum hundertsten Male war das so geschehen, obwohl man aller freundlichst um etwas Ruhe, um etwas Vorsicht gebeten hatte, nein gefleht, nein geflüstert. Es war, sagte der junge Mann, immer so gewesen damals in dieser schrecklichen Zeit, dass sich jene Tagmenschen, die über geräumigen Zimmern wohnten, sicher fühlten vor jenen Nachtmenschen, die unter ihnen wohnten und mit ihren Schritten die Zimmerdecke niemals erreichen konnten. Aus und fini! — stop
auf dem ahornboden
ahorn no 2
echo : 22.18 UTC — Im geöffneten Fenster, das ich für eine Stunde lesend außer Acht gelassen hatte, bewegte sich vor Tagen ein Spinnfaden in einem Wind, der nicht spürbar gewesen, aber in der Bewegung des Fadens sichtbar geworden war. Irgendjemand, dachte ich, wird vermutlich angekommen sein, während ich las, ist entweder schon auf dem Weg abwärts wieder zur Straße zu den Bäumen hin oder aber sitzt im Kakteenwald auf dem Fensterbrett und wartet, dass es dunkel werden wird. Und ich dachte, solange ich mein Fernsehgerät nicht anschalten würde, sei hier oben in den Räumen unter dem Dach alles sehr friedlich an jenem Abend. Tatsächlich hatte ich vergessen, was das Radio vor zwei Stunden noch erzählte. Ich musste mich mühen, um an das Gehörte zu kommen. Ich notierte einen Text. Und ich dachte sehr lange Zeit nach, indessen die Besucherin, die zunächst verschwunden gewesen war, zur Nachtstunde ein Netz über Stachelhornwälder einer Mammillaria fraileana zu weben begann. Gegen Mitternacht erinnerte ich mich, was oder wovon das Radio erzählte. — stop