Aus der Wörtersammlung: aufnahme

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flut

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india : 2.11 — Hoch­was­ser. Mei­ne Woh­nung ist mit dem Boot erreich­bar. In den Kro­nen der Kas­ta­ni­en, gleich jen­seits der Fens­ter, haben sich Kör­per toter Men­schen ver­fan­gen. Gesich­ter, die ich ken­ne. Ent­stellt. Dunk­le Haut. An den Zim­mer­wän­den tau­sen­de Flie­gen. Sobald ich mich bewe­ge, ein Brau­sen der Luft. Schüs­se. Zwei Ker­zen noch im Schrank, drei Liter Was­ser, fünf Pfund Mak­ka­ro­ni, eine Packung schwe­di­sches Knä­cke­brot, Salz, Pfef­fer, Thy­mi­an, Ros­ma­rin, Mus­kat­nuss. Das Was­ser, warm und schwarz. Ein Kon­tra­bass, dann ein Kro­ko­dil trei­ben vor­über. Die Luft, dumpf und scharf in der­sel­ben Sekun­de. stop Kei­ne Foto­gra­fie ist vor­stell­bar, die einen leben­den Men­schen zeigt, in der nicht auch Bewe­gung ent­hal­ten wäre. Dage­gen jene Auf­nah­men von Men­schen, die zur Kame­ra­zeit bereits leb­los waren. Ich begeg­ne­te einer die­ser Foto­gra­fien ohne Bewe­gung vor weni­gen Jah­ren im World Wide Web. Sie zeigt den Leich­nam Mari­lyn Mon­roes weni­ge Stun­den nach­dem ihr Kör­per auf­ge­fun­den wor­den war. Ich habe mich an die­se Auf­nah­me immer wie­der erin­nert, an das feuch­te Haar der jun­gen toten Frau, an die Spu­ren der Nach­zeit, die sich bereits in ihrem Gesicht abzeich­ne­ten, und auch dar­an, dass ich hef­tig erschro­cken war, in die Küche stürm­te und zwei Glä­ser Was­ser trank. Als ich nun vor eini­ger Zeit den Namen Mari­lyn Mon­roes in die Bild­such­ab­tei­lung der Goo­gle­ma­schi­ne tipp­te, erschien genau die­ses Bild an ers­ter Stel­le. — stop
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lichtschlitten

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0.12 — Am spä­ten Abend, um 22 Uhr und 28 Minu­ten prä­zi­se, ver­zeich­net der Goog­le-Index 2.850.000 Ergeb­nis­se für die Suche nach Albert Camus in 0,15 Sekun­den und für das Wort Son­ne 31.500.000 Ein­trä­ge in 0.03 Sekun­den. Ist es Men­schen mög­lich, einen Zeit­raum von 0.15 Sekun­den vor­zu­stel­len? Könn­te ich, wenn ich übte, ein Gefühl bewir­ken, für die Zeit­dif­fe­renz zwi­schen 0.15 Sekun­den und 0.03 Sekun­den? Wie lan­ge Zeit müss­te ich mit lau­ter Stim­me spre­chend zäh­len, bis ich die Zahl 850.000 erreicht haben wür­de? Könn­te ich so weit zäh­len, ohne ein­mal schla­fen zu müs­sen? – Kurz nach Mit­ter­nacht. Ich scan­ne die Foto­gra­fie einer indi­schen Frau, die viel­leicht nie erfah­ren wird, dass die Auf­nah­me ihrer Per­son unter der Bezeich­nung darjiling.gif der Elek­tro­sphä­re zuge­fügt wor­den ist. — Das fei­ne Geräusch der Moto­ren, die den Licht­schlit­ten zie­hen. Sie­ben Uhr acht­und­zwan­zig in Lha­sa, Tibet. — stop

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kapstadt

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2.26 — Mail von S. aus Kap­stadt. Der jun­ge Arzt berich­tet aus einem klei­nen Hos­pi­tal [ 200 Bet­ten ] nahe einem Town­ship. Er habe, wie immer, wenn Zahl­tag sei, sehr schwie­ri­ge Näch­te hin­ter sich. Zeit der Dro­gen, Zeit der Waf­fen­käu­fe, Zeit offe­ner Rech­nun­gen. Er ste­he von 20.00 bis 8.00 Uhr im OP wie an einem Fließ­band und lege Tho­rax­drai­na­gen, ver­nä­he Stich­wun­den, hole Mes­ser­spit­zen und Pro­jek­ti­le aus den Kör­pern, all die­se übli­chen Din­ge in der Nähe des Krie­ges. Wäh­rend ich sei­ne Nach­richt lese, erin­ne­re ich mich an eine Foto­gra­fie, die einen alten ita­lie­ni­schen Chir­ur­gen zeigt, der im Moment der Auf­nah­me eine Ope­ra­ti­on im eige­nen Bauch­raum unter­nimmt. Unver­züg­lich mache ich mich im Papp­schach­tel­turm auf die Suche.

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Wie­der ein Oszil­lie­ren zwi­schen Stau­nen und Unru­he. Heu­te Nacht damp­fen die Stra­ßen. Leich­ter See­gang. — Viel­leicht ist das Schrei­ben ein Vor­gang des Nähens, eine Arbeit der Repa­ra­tur. — Und Gros­ny? — stop

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