Aus der Wörtersammlung: fliege

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von vögeln

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sier­ra : 22.08 UTC — Klei­ne oder hand­li­che flie­gen­de Foto­ap­pa­ra­te sind zunächst zu klei­nen flie­gen­den Film­ka­me­ras gewor­den. Man kann sie mit Hil­fe eines Mobil­te­le­fons und zwei­er Dau­men steu­ern. Die­se flie­gen­den, fil­men­den auf­merk­sa­men Augen schei­nen Objek­te der Vogel­welt gewor­den zu sein. Man könn­te nun wei­te­ren durch­blu­te­ten Vögeln in der Luft begeg­nen. Man könn­te ihnen fol­gen. Man könn­te gleich­wohl Men­schen besu­chen, die in höhe­ren Eta­gen städ­ti­scher Wohn­häu­ser leben. Man könn­te Men­schen betrach­ten aus dem Dun­kel her­aus, ohne viel­leicht selbst gese­hen zur wer­den. Man kann, das ist beob­ach­tet, nun seit bald zwei Jah­ren Spreng­stof­fe laden und aus grö­ße­rer Höhe zur Erde hin stür­zen. Beob­ach­ten­de Vögel sind zu Raub­vö­geln gewor­den, sie rau­ben Bil­der und töten. Die Vor­stel­lung heu­te, spa­zie­rend im Pal­men­gar­ten, die Vor­stel­lung sehr klei­ner zier­li­cher Droh­nen, die her­um­flie­gen, um da und dort in den Städ­ten und in den Wäl­dern, Pro­ben zu neh­men von Kot, aus Abfall­stof­fen der Müll­hal­den, Gewäs­sern, auch unmit­tel­bar aus den Blut­kreis­läu­fen leben­der Orga­nis­men, von Kühen und von Men­schen, denk­ba­re Wel­ten. — stop

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bienengeschichte

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lima : 18.12 UTC — Die fol­gen­de Geschich­te ist natür­lich eine erfun­de­ne Geschich­te. Ich habe sie vor Jah­ren bereits schon ein­mal erfun­den. Und wie­der wer­de ich so tun, als wäre sie nicht erfun­den. Am bes­ten begin­ne ich in die­ser ein­ge­üb­ten Wei­se: Seit zwei Wochen hal­te ich mich stun­den­lang unter frei­em Him­mel auf. Das ist des­halb so gekom­men, weil ich eine Auf­ga­be über­nom­men habe, die mir nach wie vor sehr inter­es­sant zu sein scheint. Ich beob­ach­te Bie­nen wie sie sich über eine Wie­se fort­be­we­gen. Des­halb lie­ge oder knie ich oder lau­fe gebückt dahin, den Kopf dicht über dem Boden, was nicht immer ganz leicht ist, weil Bie­nen doch sehr schnel­le Flie­ger sind. Jene Bie­nen­tie­re, die ich beob­ach­te, woh­nen in nächs­ter Nähe am Saum eines Wal­des, des­sen prä­zi­se Posi­ti­on ich nicht ver­ra­ten darf. Sie tra­gen Num­mern von 1 – 100 auf ihren Rücken, was für mei­ne Arbeit sehr bedeu­tend ist, da ich Bie­nen, die ohne eine Num­mer sind, nie­mals beach­te. So lau­tet mei­ne Instruk­ti­on, Bie­nen ohne Num­mer ist nicht zu fol­gen, viel­mehr ist solan­ge Zeit am Ran­de der Wie­se zu war­ten, bis eine Bie­ne mit Kenn­zeich­nung auf der Wie­se erscheint. Ich tra­ge eine Schirm­müt­ze gegen die Blend­wir­kung der Son­ne und eine Mon­okel­lu­pe, die vor mei­nem rech­ten Auge sitzt und mir einen prä­zi­sen Blick in die klei­ne Welt der Bie­nen in der Nähe des Bodens ermög­licht. Genau­ge­nom­men ist es mei­ne vor­neh­me Auf­ga­be, eine Bie­ne, die ich ein­mal in den Blick genom­men habe, solan­ge wie mög­lich zu beglei­ten auf ihrem Flug von Blü­te zu Blü­te. Ich bin indes­sen nicht ein­mal stumm. Ich sage zum Bei­spiel: Hier spricht Lou­is. Es ist 15 Uhr und 12 Minu­ten. Ich fol­ge Bie­ne No. 58. Wir nähern uns einer But­ter­blu­men­blü­te. Ja, das genau sage ich laut und deut­lich. Ich spre­che in ein Funk­ge­rät, von dem ich weiß, dass mir in der Fer­ne im See­bad Brigh­ton an der eng­li­schen Küs­te irgend­je­mand an einem ande­ren Funk­ge­rät zuhört. Ich sage: Hier spricht Lou­is. Bie­ne No 58: Lan­dung But­ter­blu­me. OVER! Dann betrach­te ich die Bie­ne wie sie in der Blü­te arbei­tet und war­te. Bald fliegt die Bie­ne wei­ter und ich sage kurz dar­auf: Bie­ne No 58: Lan­dung Feu­er­nel­ke. OVER! Ja, so mache ich das. Ich wer­de immer bes­ser dar­in. Ich glau­be, die Bie­nen mögen mich. Ich bin ihnen ver­traut gewor­den. In eini­gen Tagen wer­de ich viel­leicht etwas genau­er erzäh­len, war­um ich Bie­nen beob­ach­te. — Das Radio erzählt von Men­schen, die die rus­si­sche Höl­len­ma­schi­ne der Stadt Mariu­pol über­leb­ten. Man­che wür­den nun in der Frem­de lebend, Schlüs­sel ihrer ver­las­se­nen oder zer­stör­ten Woh­nun­gen in Taschen von Hosen und Män­teln und Klei­dern mit sich füh­ren. — stop

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schneefliegen

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nord­pol : 1.15 UTC — Eine bis­lang unbe­kann­te Flie­gen­gat­tung soll unlängst in den Ber­gen Tibets ent­deckt wor­den sein. Es han­delt sich um Schnee­flie­gen, die über einen außer­or­dent­lich fei­nen Pelz ver­fü­gen. Die­ser Pelz nun, man wür­de in ihm zunächst  ein evo­lu­tio­nä­res Han­di­cap unter Flug­tie­ren ver­mu­ten, ist trotz sei­ner Dich­te von außer­or­dent­li­cher Leich­tig­keit. Es wird berich­tet, dass eini­ge der Schnee­flie­gen auf gehei­men Wegen nach Euro­pa trans­por­tiert wor­den sei­en, wo man sie ein­ge­hend unter­such­te. Sie ver­meh­ren sich selbst in gewöhn­li­chen Kühl­schrän­ken bei Licht mit rasen­der Geschwin­dig­keit. Wovon sie sich ernäh­ren ist bis­her nicht bekannt, aber dass man ihnen den Pelz vom Leib rei­ßen kann mit äußerst fei­nen Werk­zeu­gen ist sicher. Über die Fabri­ka­ti­on von Flie­gen­pe­lz­män­teln wird nun ernst­haft nach­ge­dacht, über Flie­gen­pe­lz­müt­zen, Flie­gen­pe­lz­hand­schu­he und wei­te­re Gegen­stän­de zur Wär­mung mensch­li­cher Exis­tenz. — Das Radio erzählt von der Mee­res­be­ob­ach­tung eines Man­nes im März des ver­gan­ge­nen Jah­res. Er habe, sagt der Mann, mit eige­nen Augen gese­hen,  wie Rake­ten ähn­li­che Flug­kör­per dicht über die Ober­flä­che des Was­sers hin in Rich­tung der Stadt Mariu­pol geflo­gen sei­en. — stop

ping

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von der existenz der schneckenkäfer

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bamako : 10.02 UTC — Wie, frag­te ich, soll­te ein Wesen gestal­tet sein, von dem nie­mand sagen könn­te, ob es sich tat­säch­lich um einen Käfer oder doch eher um eine Schne­cke han­del­te? Wie schwer wöge in einer defi­nie­ren­den Glei­chung das Vor­kom­men eines Schne­cken­hau­ses? Wäre nicht viel­leicht ein Käfer, des­sen geschlos­se­ne Pan­ze­rung die Form eines Schne­cken­hau­ses nach­emp­fin­det, bereits als eine Schne­cke anzu­se­hen, die gera­de noch miss­lun­gen ist? Dür­fen Schne­cken flie­gen? — Das Radio erzähl­te, Scharf­schüt­zen wür­den zur Übung auf Möwen sowie spa­zie­ren­de Men­schen geschos­sen haben. — stop

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von teefliegen

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kili­man­dscha­ro : 22.58 UTC — Und wie­der die Fra­ge, wie ist das mit der Wirk­lich­keit oder der Wahr­heit in mei­nem schrei­ben­den Leben? Jah­re­lang wohn­te bei­spiels­wei­se eine Schne­cke in mei­ner Woh­nung, außer­dem ein Lich­ten­berg­fal­ter, Spring­spin­nen, Libel­len, ein Puma und Tee­flie­gen, immer wie­der Tee­flie­gen. Ich habe sie mit eige­nen Augen alle gese­hen oder mit mei­nen erfin­den­den Augen, die in mei­nem Kopf ver­wei­len. Ich könn­te des­halb sagen, nicht jeder mei­ner Trom­pe­ten­kä­fer wäre vor­zeig­bar, aber doch vor­stell­bar. Ein­mal ich eine wei­te­re deut­li­che Spur gelegt hin zur Arbeits­be­schrei­bung, Radar war zu lesen unter jedem mei­ner Par­tic­les — Tex­te, ein Hyper­link, der auf einen Text ver­wies, wel­cher mei­ne Arbeit beschreibt. Die­ser Text exis­tiert seit 15 Jah­ren, ich hat­te jene Text­pas­sa­ge, die Wirk­lich­keit und Erfin­dung bedeu­tet, zunächst unter­stri­chen, dann, weni­ge Minu­ten spä­ter in kur­si­ve Zei­chen gesetzt. Das muss­te genü­gen, und genügt immer noch. — Das Radio erzählt von einem schwer­kran­ken Kind, das in einem Kel­ler der Stadt Mariu­pol nahe des Mee­res­bou­le­vards solan­ge lei­se gesun­gen haben soll, bis sei­ne Stim­me für immer ver­stumm­te. — stop

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linie 16

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india : 4.32 UTC —  Mit der ers­ten Fahrt der Stra­ßen­bahn mor­gens kommt der Tag in die Nacht, Vögel stei­gen aus, hocken sich in Bäu­me und sin­gen, wäh­rend Flie­gen und Fal­ter aus mei­ner Woh­nung flüch­ten, um ein­zu­stei­gen und schnell auf und davon zu fah­ren. Ich soll­te ein­mal mor­gens auf die Stra­ße tre­ten und zur Hal­te­stel­le gehen. Wenn nun die ers­te Fahrt der Linie 16 ein­tref­fen wird, der Fah­rer von Nacht­fal­tern bedeckt, Sit­ze und Lam­pen und auch die Arbei­ter und Arbei­te­rin­nen der Früh­schicht. Dich­te, bit­te­re, stau­bi­ge Luft, ein sono­res Sum­men tau­sen­der Flü­gel. Klei­ne, har­te Käfer­kör­per, Ver­irr­te, stür­men durch den wei­chen, flie­gen­den Fal­ter­wald. Abends kommt man dann wie­der zurück, steigt aus mit der letz­ter Fahrt, hell­graue Geis­ter. Bald Herbst. Das Radio erzählt von Lud­mil­la N., die am 12. März in Mariu­pol vor ihrem Haus am Mee­res­bou­le­vard durch ein Schrapnell getö­tet wor­den sein. Ihr Herz wur­de unmit­tel­bar getrof­fen. — stop

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ein pfeifen

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tan­go : 2.12 — Nabo­kov schrieb vor eini­ger Zeit, er habe mir eine unge­wöhn­li­che Uhr geschickt, ich sol­le ihm notie­ren, sobald sie ange­kom­men sei. Ver­gan­ge­nen Frei­tag erneu­te Fra­ge: Lie­ber Lou­is, ist die Uhr, die ich vor zwei Mona­ten sen­de­te, ange­kom­men? Ges­tern war Nabo­kovs Uhr end­lich im Brief­kas­ten, zoll­amt­li­cher Ver­merk: Zur Prü­fung geöff­net. Ich will an die­ser Stel­le bemer­ken, von der Öff­nung des Päck­chens war nicht die min­des­te Spur zu erken­nen, kein Schnitt, kein Riss, kei­ne Fal­te. Im Päck­chen nun eine Schach­tel von hel­lem Kar­ton, in der Schach­tel Sei­den­pa­pie­re, von Nabo­kovs eige­ner Hand ver­mut­lich zer­knüllt. In wei­te­re Sei­den­pa­pie­re ein­ge­schla­gen, besag­te Uhr, wun­der­ba­res Stück, ova­les Gehäu­se, ble­chern, ver­mut­lich Trom­pe­te, wel­ches schwer in der Hand liegt. Kurio­ser­wei­se fehlt der Uhr das Zif­fer­blatt, wei­ter­hin kei­ner­lei Zei­ger, weder Dioden noch Leucht­zei­chen. Ich ver­such­te das Gehäu­se der Uhr zu öff­nen, ver­geb­lich. Erstaun­lich ist nun, dass, wenn ich auf das Gehäu­se der Uhr Druck aus­übe, sich ein schma­ler Schacht seit­lich öff­net, dem, wie zum Beweis der Exis­tenz der Zeit, ein Strei­fen feins­ten Papiers ent­kommt, auf wel­chem ein Uhr­zeit­punkt auf­ge­tra­gen wor­den ist. Sechs­sieb­zehnzwölf. Aller­bes­ten Dank, Nabo­kov, aller­bes­ten Dank! — stop — Das Radio erzählt heut fol­gen­des mit­ten in der Nacht mit der Stim­me einer jun­gen Frau: Die Bom­ben wenn sie flie­gen haben ein Pfei­fen. Und wenn sie den Boden tref­fen und explo­die­ren dann bebt die Erde. Und Split­ter flie­gen wie ein Fächer durch die Gegend und spä­ter sam­meln Men­schen die­se Split­ter in Eimern, die sie nach hau­se tra­gen. — stop

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gallipoli : melissano : ugento : kyiv

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del­ta : 2.14 UTC — Lino­sa erzähl­te mir eine Geschich­te, von der ich nicht sagen kann, ob sie sich tat­säch­lich so ereig­ne­te wie behaup­tet, oder ob die Geschich­te rein erfun­den sein könn­te. Seit eini­gen Mona­ten erhal­te er näm­lich täg­lich einen Luft­post­brief aus Ita­li­en. In dem Brief sei jeweils ein beid­sei­tig bedruck­tes Blatt Papier ent­hal­ten, Text in eng­li­scher Spra­che, num­me­riert, fei­ne, prä­zi­se for­mu­lier­te Sät­ze. Er habe, so berich­te­te Lino­sa, eini­ge die­ser Sät­ze in die Mas­ke einer Such­ma­schi­ne ein­ge­ge­ben, wes­halb ihm nun bekannt sei, dass es sich wohl um ein zer­leg­tes Buch han­deln könn­te, das man ihm schi­cken wür­de, um Her­man Mel­vil­les Erzäh­lung Bart­le­by. Das sei für sich genom­men schon eine selt­sa­me Ange­le­gen­heit, noch merk­wür­di­ger kom­me ihm aber vor, dass dem Schrei­ben bis­her kei­ne Erklä­rung, Begrün­dung oder auch nur ein Gruß bei­gefügt wor­den sei. Manch­mal kön­ne er mit Hil­fe des pos­ta­li­schen Stem­pels ent­zif­fern, in wel­cher Stadt der Brief Tage zuvor auf­ge­ge­ben wur­de. Städ­te mit wun­der­vol­len Namen, Gal­li­po­li, Melis­s­a­no, Ugen­to, Lec­ce, Brin­di­si, sei­en dar­un­ter. Wäh­rend er sich in den ers­ten Tagen noch gewun­dert, ja sogar ein wenig gefürch­tet habe, wür­de er sich inzwi­schen dar­über freu­en, nach­mit­tags aus dem 12. Stock sei­nes Miets­hau­ses zum Brief­kas­ten hin abzu­stei­gen, um den Brief ent­neh­men, öff­nen und wie­der im Auf­stieg befind­lich lesen zu kön­nen. 34 Brie­fe habe er bis­lang erhal­ten, 16 wei­te­re Brie­fe soll­ten noch fol­gen, sofern der unbe­kann­te Absen­der in logi­scher Wei­se fort­set­zen wür­de. Der letz­te Brief, der ges­tern aus Fasa­no kom­mend, bei Mr. Lino­sa ein­ge­trof­fen war, soll eine beson­de­re Brief­mar­ke auf sei­ner Anschrif­ten­sei­te getra­gen haben, acht Ren­tie­re, die in einen ver­schnei­ten Him­mel flie­gen. Die­se Brief­mar­ke leuch­te nachts in der Küche im Dun­keln, wo sie nun auf dem Sta­pel zuvor ein­ge­trof­fe­ner Brie­fe solan­ge sicht­bar ruhen wer­den, bis wie­der Nach­mit­tag gewor­den sein wird. — Das Radio erzählt von Men­schen, deren Woh­nun­gen von Rake­ten getrof­fen wor­den sein sol­len. Sie berich­ten fas­sungs­los, dass sie, wenn sie nicht im Flur, son­dern in ihrem Wohn­zim­mer geschla­fen hät­ten, nun tot sein wür­den. - stop

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sequenz

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echo : 6.08 — Ich beob­ach­te mei­nen Fern­seh­bild­schirm. Er ist so flach, dass ich mei­ne, das beweg­te Bild, wel­ches er emp­fängt, müss­te trans­pa­rent sein wie ein Schmet­ter­lings­flü­gel. Ich könn­te in die­ser Vor­stel­lung durch das Zim­mer lau­fen, um jene Sequen­zen, die von Kriegs­vor­be­rei­tun­gen, von chir­ur­gi­schen, begrenz­ten Luft­schlä­gen erzäh­len, von der ande­ren Sei­te her zu betrach­ten. Erin­ner­te mich an Boh­u­mil Hra­bal, von dem berich­tet wird, er wür­de bevor­zugt hin­ter sei­nem Fern­seh­ge­rät Platz genom­men haben. Das muss zu einer Zeit gewe­sen sein, als Bild­schir­me in den Rah­men mons­trö­ser Appa­ra­tu­ren hock­ten, Röh­ren­bild­schir­me genau­er, die noch explo­die­ren konn­ten. Indem Hra­bal sei­nen Bild­emp­fän­ger von hin­ten betrach­te­te, han­del­te er mit dem Aus­druck äußers­ter Ver­wei­ge­rung, er saß dort und konn­te sich dar­auf ver­las­sen, kei­nes der emp­fan­ge­nen Bil­der sehen zu kön­nen, er war genau dort hin­ter jener Maschi­ne, die die Bil­der erzeug­te, vor den Bil­dern sicher. Viel­leicht hat­te er über­dies das Fern­seh­ge­rät aus­ge­schal­tet, ich weiß es nicht, gern wür­de ich ihn fra­gen, ihm erzäh­len, wie ich das mache in die­sen Tagen, da ich mir zuneh­mend sicher bin, Lüge von Halb­wahr­heit oder Wahr­heit unter­schei­den zu kön­nen. Wirk­lich, wahr­haf­tig ist die­ses selt­sa­me, schmer­zen­de Gefühl, das ich bei dem Gedan­ken emp­fin­de, man soll­te Herrn Putin unver­züg­lich ver­haf­ten. Es ist ein zufrie­de­nes, zustim­men­des Gefühl, ein Reflex, wie ich so in mei­ner fried­li­chen, siche­ren Woh­nung sit­ze, eine Tas­se Kaf­fee in der Hand. Bald wan­de­re ich in die Küche und bra­te mir einen Fisch, eine klei­ne Dora­de. Ich höre die Stim­men der Kom­men­ta­to­ren vom Arbeits­zim­mer her, die wei­ter spre­chen, obwohl ich nicht da bin. Und ich höre den Regen, es reg­net tat­säch­lich, dann hört es wie­der auf. Vögel flie­gen vor­über. Auf der Schei­be eines Fens­ters sitzt ein Mari­en­kä­fer und nascht von den Res­ten einer Wes­pe, die ich einen Tag zuvor töte­te, weil sie sich in der Dun­kel­heit mei­nem Bett näher­te. — Das Radio erzählt, die Künst­le­rin Sasha Skoch­i­len­ko sei in St. Peters­burg inhaf­tiert, weil sie auf Preis­schil­der Nach­rich­ten vom Krieg in der Ukrai­ne notier­te. — stop

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PHZ 2022

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MELDUNG. Amei­sen­ge­sell­schaft PHC — 2022 [ Pha­rao­amei­se : Mono­m­ori­um pha­rao­nis ] Posi­ti­on 46°28’N 30°45’O im Shev­chen­ko Park zu Odes­sa / Fol­gen­de Objek­te wur­den bei win­ter­li­chen Tem­pe­ra­tu­ren am 12. März von 9.00 — 10.02 Uhr MEZ über das nord­west­li­che Wen­del­por­tal ins Waren­haus ein­ge­führt : zwölf tro­cke­ne Flie­gen­tor­si gerin­ger Grö­ße [ meist ohne Kopf ], acht­und­ach­zig Baum­stäm­me [ à 2 Gramm ], elf Rau­pen in Weiss, sechs Rau­pen in Rot, vier­zehn Insek­ten­flü­gel [ ver­mut­lich der Gat­tung Zitro­nen­fal­ter,], vier­hun­dert­zwei­und­zwanz Streich­holz­köp­fe [ à ca. 1.1 Gramm ], son­nen­ge­trock­ne­te Rosen­blät­ter [ ca. 502 Gramm des ver­gan­ge­ne­nen Jah­res ], ein­hun­dert­und­drei Schne­cken­häu­ser [ je ohne Schne­cke ], vier­zehn gelähm­te Schne­cken [ je ohne Haus ], sie­ben­hun­dert­sie­ben­und­acht­zig Amei­sen anlie­gen­der Staa­ten [ betäubt oder tran­chiert ], sec­s­zehn hell­graue Dieb­kä­fer [ schla­fend ], fünf­und­fünf­zig Aas­ku­geln eines afri­ka­ni­schen Pil­len­dre­hers, ein­hun­der­acht­und­ach­zig Wild­bie­nen, zwei­und­zwan­zig Gall­äp­fel, vier­und­vier­zig Pro­jek­ti­le 45 mm je 3.5 Gramm. — stop
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