echo : 22.52 UTC — Abends von der Vaporettostation Palanca her die Küste nach Zitelle spaziert, dann wieder ein kleines Stück zurück. Es ist bald spät geworden, kurz nach 10 Uhr. Langsam, von Schleppern gezogen, bewegt sich in diesem Augenblick das Personenfrachtschiff Queen Mary 2 durch den Giudecca Canal ostwärts in Richtung des offenen Meeres. Da stehen Menschen weit oben an Deck hinter der Reling, die so klein sind, dass man, ohne ein Fernrohr zu verwenden, nicht zu erkennen vermag, ob sie vielleicht winken, man könnte sie für armlose Wesen halten. Weit links, zur Seite gerückt in den Schatten einer Brüstung, hockt auf einer Stufe der Steintreppe zur Chiesa del Santissimo Redentore hinauf, eine junge Frau, die etwas durcheinander zu sein scheint. Da ist ein Koffer, geöffnet. Sie hat den Inhalt des Koffers, Kleider, Schuhe, einen blinkenden Kamm, und Blusen, auch einen Sommerhut, um sich herum ausgebreitet. Sie sitzt dort im Kreis ihrer Besitztümer wie in einem Nest, trinkt aus einer Flasche Wein, und flucht mittels italienischer Sprache zu dem Schiff hinauf, dass es eine wahre Freude ist. Man wird sie dort oben in der Ferne kaum hören, nur ich vermutlich, der in ihrer Nähe hockt und das Wasser beobachtet, das dunkel schimmert. Es die Zeit der Flut bereits. Das Wasser berührt die Kronen der Quais, da und dort geht es an Land, um über das uralte Pflaster zu züngeln. Eine Gruppe von Ameisenschatten passiert mich westwärts, eine halbe Stunde später kommen sie mit ein paar Brosamen zurück. Beständiges Brummen. Gestern war ein sonniger Morgen gewesen, da wurde ich von einem hellen Pfeifen geweckt. Ich öffnete das Fenster, eine Frau grüßte vom gegenüberliegenden Haus herüber, sie brachte an einem Seil, das ein Rädchen an der Fassade meines Hauses bewegte, gerade feuchte Tücher aus, so haben wir Kinder noch Seilbahnen von Haus zu Haus gezogen. — stop
Aus der Wörtersammlung: zitelle
redentore
nordpol : 16.58 UTC — Von der Wasserbusstation Redentore aus ist heute das Schwesterchen Zitelle nicht zu hören, nicht wenn man ein Mensch ist, nicht wenn man mittels gewöhnlicher Ohren die Luft betastet. Es ist warm und feucht über dem Kanal vor Giudecca, ein leichter Wind weht von Ost. Es ist vielleicht deshalb so still, wo es doch nicht wirklich still sein kann, weil die Luft langsam westwärts fließt. Wenn man sich nun aber auf der Stelle in die Tiefe begeben würde, ein Fisch werden, ein Fisch sein, wenn man ins Wasser tauchte, könnte man Zitelle ganz sicher weithin singen hören, ihr Pfeifen und Zetern tagein und tagaus, dass es eine wahre Freude ist, wie sie immer wieder kurz innehält, um zu lauschen, ob ihr jemand antwortet, vielleicht von Palanca her oder von den Giardini – Zwillingen, die sich immer wieder einmal melden, sobald die See stürmisch geworden ist. Es heißt, dieses Singen, Zetern, Jaulen der Wasserbusstationen sei weit ins offene Meer hinaus zuhören. Kein Wunder demzufolge, kein Wunder. – stop
zitelle
echo : 22.05 UTC — Ich hörte, in der Lagune, in welcher im Westen die Stadt Chioggia, im Osten die Stadt Venedig zu finden sind, sollen 120 Roboterfische kreuzen, ein Schwarm, der das Wasser erkundet, Strömungen, Plankton, Metalle, die im Wasser schweben oder sich bereits mit dem Wasser verbunden haben. Wie lange Zeit, dachte ich, müsste ich nahe der Vaporetto — Station Zitelle unter Seemöwen sitzen und ins Wasser spähen, bis ich einen dieser kleinen Roboterfische mit eigenen Augen beobachtet haben würde. Ein seltsames Wesen werden jene schönen, großen, scheuen Vögel vielleicht denken. Es wartet, es schaut ins Wasser, es ist auch in der Nacht noch vor Ort, es schläft nicht, es scheint nicht gefährlich zu sein, es verspeist Äpfel, wir müssen nur warten, dann bekommen wir ein wenig von den Äpfeln vorgelegt. Gleich neben mir steigt das Meer eine steile Treppe hinauf und wieder hinab. — stop