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daniel pearl

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nord­pol : 6.22 — In weni­gen Tagen wer­de ich die Woh­nung, in der ich lan­ge Zeit leb­te, ver­las­sen, um in eine ande­re, grö­ße­re Woh­nung zu zie­hen. Es wird eine Woh­nung unter dem Dach sein, ver­mut­lich wer­de ich Tau­ben hören, wie sie über mir plau­dernd spa­zie­ren. Ich habe erfah­ren, dass Tau­ben­paa­re auch nachts mit­ein­an­der spre­chen, wäh­rend ande­re Vögel still oder stumm zu sein schei­nen. Aber viel­leicht zwit­schern die­se Vögel, die nicht Tau­ben sind, doch, wenn sie träu­men. Es ist selt­sam, wie ein Frem­der füh­le ich mich nach und nach, wenn ich mich in mei­ner eige­nen Woh­nung bewe­ge. Ich über­leg­te, wer in weni­gen Wochen hier von einem Zim­mer in ein ande­res Zim­mer lau­fen wird. Die­ser Mensch oder die­se Men­schen wer­den zunächst kei­ne Ahnung haben, kei­ne Vor­stel­lung, sagen wir, wer vor ihnen in die­sen Räu­men wohn­te. Es ist denk­bar, dass sie viel­leicht mei­ne Nach­barn fra­gen wer­den. Ich könn­te eine Foto­gra­fie mit mei­nem Namen und einer Bot­schaft hin­ter­las­sen: Hal­lo, hier wohn­te Lou­is, hier an die­ser Stel­le stand mein Schreib­tisch, hier habe ich Tex­te notiert. In einem Win­ter vor lan­ger Zeit, ich ahn­te nicht, dass ich die­se mei­ne Woh­nung ein­mal auf­ge­ben wür­de, hat­te ich die Zeit ver­ges­sen. Ich schrieb Fol­gen­des: Was haben wir heu­te eigent­lich für einen Tag, Sonn­tag viel­leicht, oder Mon­tag? Abend jeden­falls, einen schwie­ri­gen Abend. Wür­de ich aus mei­ner Haut fah­ren, sagen wir, oder mit einem Auge mei­nen Kör­per ver­las­sen und etwas in der Zeit zurück­rei­sen, dann könn­te ich mich selbst beob­ach­ten, einen Mann, der gegen sechs Uhr in der Küche steht und spricht. Der Mann spricht mit sich selbst, wäh­rend er Tee zube­rei­tet, er sagt: Heu­te machen wir das, heu­te ist es rich­tig. Ein Bün­del von Melis­se zieht durchs hei­ße, sam­tig flim­mern­de Was­ser. Jetzt trägt er sei­ne damp­fen­de Tas­se durch den Flur ins Arbeits­zim­mer, schal­tet den Bild­schirm an, sitzt auf einem Gar­ten­stuhl vor dem Schreib­tisch und arbei­tet sich durch elek­tri­sche Ord­ner in die Tie­fe. Dann steht der Mann, er steht zwei Meter vom Bild­schirm ent­fernt, ein Mensch kniet dort auf dem Boden, ein Mensch, der sich fürch­tet. Da ist eine Stim­me. Eine schril­le Stim­me spricht schep­pernd Sät­ze in ara­bi­scher Spra­che, uner­träg­lich die­se Töne, sodass der Mann vor dem Schreib­tisch einen Schritt zurück­tritt. Er scheint sich zur Betrach­tung zu zwin­gen. Zwei Fin­ger der rech­ten Hand bil­den einen Ring. Er hält ihn vor sein lin­kes Auge, das ande­re Auge geschlos­sen, und sieht hin­durch. So ver­harrt er, leicht vor­ge­beugt, bewe­gungs­los, zwei Minu­ten, drei Minu­ten. Ein­mal ist sein Atmen hef­tig zu hören. Kurz dar­auf steht er wie­der in der Küche, lehnt mit dem Rücken am Kühl­schrank, denkt, dass es schneit und spürt eine Unru­he, die lan­ge Zeit in die­ser Hef­tig­keit nicht wahr­zu­neh­men gewe­sen war. Ein Mensch, Dani­el Pearl, wur­de zur Ansicht getö­tet. – Was machen wir jetzt? - stop

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