Aus der Wörtersammlung: mailand

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nachtzug

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whis­key : 3.28 — Minu­ten­be­ob­ach­tung gegen drei Uhr nachts: Von Mai­land her rollt ein Schlaf­wa­gen­zug sehr lang­sam in einen Bahn­hof. Die Fens­ter der Wag­gons ver­hüllt, im Abteil hin­ter der Loko­mo­ti­ve sind Zug­be­glei­ter zu erken­nen, blü­ten­wei­ße Hem­den, dun­kel­ro­te Flie­gen. Etwas dampft, man berei­tet viel­leicht das Früh­stück vor. Aus der Ent­fer­nung betrach­tet, schei­nen die Män­ner zu flüs­tern, fröh­li­che Nacht­per­so­nen. Laut­spre­cher­stim­men peit­schen plötz­lich wie in einem Gespräch durch den Bahn­hof. Einer der Zug­be­glei­ter schleu­dert eine Tas­se zu Boden. In die­sem Augen­blick fährt der Zug lang­sam wei­ter. Ein Bahn­steig. — stop

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mailand

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ulys­ses : 6.56 — Die fol­gen­de Nach­richt ist selbst­ver­ständ­lich Wort für Wort erfun­den. Auch Satz­zei­chen, die in der erfun­de­nen Nach­richt ent­hal­ten sein wer­den, sind ver­mut­lich nicht authen­tisch. Wenn Sie also von erfun­de­nen Nach­rich­ten nichts hal­ten, soll­ten Sie nicht wei­ter­le­sen. Hier beginnt es sofort, bereits der nächs­te Satz wird erfun­den sein, die gan­ze Geschich­te, die sich im geschäf­ti­gen Mai­land gegen­wär­tig in der Sta­zio­ne Cen­tra­le ereig­net. Zwei­hun­dert sehr beson­de­re Zwerg­baumm­äu­se sol­len auf einem Labor­trans­port befind­lich aus dem Besitz der städ­ti­schen Uni­ver­si­tät ent­kom­men sein. Wenn ich das spe­zi­el­le Ver­mö­gen die­ser flüch­ti­gen Mäu­se beschrei­ben woll­te, müss­te ich sie zunächst als fun­ken­de Zwerg­baumm­äu­se oder schlicht als Funk­baumm­äu­se bezeich­nen. Sie fun­ken tat­säch­lich, sind, prä­zi­se for­mu­liert, in der Lage, mit­tels einer tech­ni­schen Erwei­te­rung ihres Gehirns, Not­ruf­zen­tra­len von Poli­zei und Ambu­lanz anzu­wäh­len. Das machen sie gern, ohne jedoch mit einer der ange­wähl­ten Stel­len je zu kom­mu­ni­zie­ren. Sie schwei­gen statt­des­sen oder piep­sen voll­stän­dig unhör­bar. Ver­mut­lich haben sie von ihren Tele­fon­an­ru­fen per­sön­lich kei­ne Kennt­nis, immer dann, wenn sie rechts­her­um im Krei­se tan­zen, sen­den sie ihren Code, weil sie nicht anders kön­nen. Man möch­te sie nun gern zum Schwei­gen brin­gen, man rück­te ihnen mit süßen Gif­ten, die sie nicht zu sich nah­men, und Blas­roh­ren zu Lei­be. Umsonst. Jetzt war­tet man dar­auf, dass sie bald alt wer­den und ster­ben, viel­leicht in einem Monat schon wer­den sie aus­rei­chend alt gewor­den sein, nie­mand weiß das genau zu sagen. Noch immer sind sie schnell, ihr Fell ist sei­dig, es schim­mert röt­lich, und ihre Augen sind von einem vor­neh­men Blau, sie fun­keln, manch­mal leuch­ten sie rot. Auf den Köp­fen der Zwerg­baumm­äu­se wach­sen wie­der Haa­re, die noch sei­di­ger sind als die Haa­re ihres Bau­ches oder ihres Rückens. Die Stirn krönt eine Aus­buch­tung, nicht grö­ßer als eine Steck­na­del. Wenn man sie so sieht, möch­te man sie gern in die Hand neh­men und behut­sam schüt­teln. — stop

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perugia

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MELDUNG. Per Kurs­wa­gen via Rom – Flo­renz – Mai­land – Paris in Lon­don ein­ge­trof­fen: Sing­zi­ka­den auf Ach­se, ein gutes Dut­zend, Gleis 18, Water­loo Sta­ti­on. Man kommt aus Peru­gia, man spielt sich zur­zeit etwas Wär­me unter den Pan­zer. — stop

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leonardo

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MELDUNG. Mit dem Nacht­zug Leo­nar­do da Vin­ci [D57228] via Mai­land – Zürich – Frank­furt – Ham­burg in Kopen­ha­gen ein­ge­trof­fen: Sing­zi­ka­den auf Ach­se, ein gutes Dut­zend, Gleis 24, Zen­tral­bahn­hof. Man kommt aus Bolo­gna, man spielt sich zur­zeit etwas Wär­me unter den Pan­zer. — stop
polaroidstrandturm

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wim wenders

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15.32 — Viel, wie­der nachts, spa­ziert. Tra­ge einen Sta­pel klei­ner Kar­ten in der Hosen­ta­sche und einen Blei­stift. Sobald mir etwas ein­fällt im Gehen, notie­re ich. Ein­mal, im Som­mer, sehe ich einen Mann, der in einem Bahn­hof neben einem Zug auf dem Boden liegt. Der Zug war soeben via Mai­land aus Rom gekom­men, und als ich den Mann fra­ge, ob er Hil­fe benö­ti­ge, ant­wor­tet er, dass er sie hören, nicht aber sehen kön­ne. — Wim Wen­ders, stel­le ich mir vor, wür­de die­sen lie­gen­den Herrn sofort foto­gra­fiert haben und sei­ne Geschich­te zur Foto­gra­fie wür­de mit dem ange­neh­men Wort — E i n ­m a l — begin­nen. Ein­mal, an einem spä­ten Abend, lag ein Mann auf einem Bahn­steig neben einem Zug und lausch­te ita­lie­ni­schen Zika­den. — stop

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