Aus der Wörtersammlung: regentropfen

///

im park

2

nord­pol : 0.18 UTC — Es war ein war­mer Regen­tag, den ich unterm Schirm spa­zie­rend im Pal­men­gar­ten ver­brach­te. Ich ging Stun­de um Stun­de im Kreis mit einem wun­der­ba­ren Gefühl dahin, etwas Neu­es zu erle­ben. Der Schirm näm­lich war ein beson­de­rer Regen­schirm, ich trug ihn zur Pro­be, es war ein Schirm, der über eine wei­te­re fei­ne Haut ver­füg­te, die das eigent­li­che schüt­zen­de Gewe­be wie eine zwei­te Haut bespann­te. Die­se Haut war nun in der Lage, die Zahl der Trop­fen, die auf die Ober­flä­che des Schir­mes tra­fen, zu zäh­len, indes­sen sehr klei­ne Kame­ra­au­gen die Bewe­gun­gen mei­nes Kör­pers beob­ach­te­ten, der sich exakt wie der Kör­per eines Spa­zier­gän­gers ver­hielt. Sie saßen in der Kro­ne des Regen­schirms fest, und ich den­ke, es ent­ging ihnen nichts, sodass ein quan­ten­me­cha­ni­scher Algo­rith­mus in Bruch­tei­len von Sekun­den zu ent­schei­den ver­moch­te, wie vie­le Regen­trop­fen mei­nen spa­zie­ren­den Kör­per getrof­fen hät­ten, wenn ich nicht beschirmt unter­wegs gewe­sen wäre. Gegen acht Uhr abends hör­te es auf zu reg­nen und ich ging nach Hau­se, um in der digi­ta­len Sphä­re nach Algo­rith­men des Sor­tie­rens zu suchen. Fol­gen­de Bezeich­nun­gen wur­den sofort gefun­den: bina­ry tree sort, bogo­s­ort, bubble­sort, buckets­ort, comb­s­ort, coun­tings­ort, gno­me­s­ort, heap­sort, hybrid­sort, inser­ti­ons­ort, intro­sort, mer­ge inser­ti­on, mer­ge­sort, quick­s­ort, radix­sort, sel­ec­tions­ort, shakers­ort, shells­ort, slow­sort, smooth­s­ort, stoo­ge­sort, swap-sort, tim­sort. Nichts wei­ter. — stop

///

radioisotop

9

marim­ba : 6.58 — In der Ver­gan­gen­heit habe ich mir oft gewünscht, ich könn­te mein Leben aus der Sicht eines Vogels auf­zeich­nen, der mich beglei­tet, Gesprä­che, die ich täg­lich mit Men­schen füh­re oder heim­li­che Gesprä­che mit mir selbst. Auch wür­de auf­ge­nom­men, was ich gese­hen habe, wäh­rend ich reis­te, einen Ken­tau­ren nahe des Müll­ner­horns, Regen­trop­fen am Strand von Coney Island, eine Amei­se auf Geor­ges Perecs Schul­ter wäh­rend einer Fahrt in der Pari­ser Metro, mei­nen Kör­per, wäh­rend ich schlief. Manch­mal ist es ange­nehm, sich zu wün­schen, was nicht mög­lich zu sein scheint, eine gro­ße Frei­heit der Spe­ku­la­ti­on. Aber in den ver­gan­ge­nen Tagen wur­de mir bewusst, dass die Ver­wirk­li­chung eines mich beglei­ten­den Vogel­we­sens nicht län­ger uto­pisch ist. Ich kann mir eine flie­gen­de Maschi­ne ohne wei­te­re Anstren­gung vor­stel­len, ein künst­li­ches Luft­we­sen, vier Pro­pel­ler, ange­trie­ben von einer leich­ten Radio­nu­klid­bat­te­rie, die sich tat­säch­lich für Jahr­zehn­te an mei­ner Sei­te in der Luft auf­hal­ten könn­te, ein bei­na­he laut­lo­ses Wesen in der Gestalt eines Koli­bris, eines Tau­ben­schwänz­chens oder einer Bie­ne. Kaum hat­te ich das Flug­ob­jekt aus sei­ner Trans­port­box geho­ben und akti­viert, wuss­te ich, dass es für immer mei­ner Per­son ver­bun­den sein wird, mei­nem per­sön­li­chen Luft­raum, den ich mit mir füh­re wohin ich auch gehe. Selt­sam ist viel­leicht, dass es gleich­wohl unmög­lich sein wird, die­ses Wesen je wie­der ein­zu­fan­gen, weil es sehr schnell ist in sei­nen Reak­tio­nen, schnel­ler als mei­ne Hand, schnel­ler als eine Gewehr­ku­gel, ein Wesen, das über die Flug­flucht­fä­hig­keí­ten einer Stu­ben­flie­ge ver­fügt. – Heu­te Nacht pfeift ein Sturm­wind übers Dach. Ich fra­ge mich, was die Vögel gera­de machen. Höre das Moped eines Zei­tungs­bo­ten. Ich habe den Mann, der eine Frau sein könn­te, noch nie gese­hen. Er ist pünkt­lich wie immer. Ich wer­de gleich das Fens­ter öff­nen. — stop

polaroidqueen