Aus der Wörtersammlung: rabat

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beckett

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char­lie : 6.32 UTC — In dem klei­nen Café, das den Namen Saha­ra trägt, wird Men­schen, die am Flug­ha­fen arbei­ten, Rabatt gewährt. Iclal ist müde, sie kommt gera­de von der Arbeit. Außer­dem schneit es in einer Wei­se, als wäre Win­ter. Sie zieht ihren Man­tel aus und die Hand­schu­he, legt sie auf den Tisch vor sich hin und sagt: Ich will über die Abstim­mung in der Tür­kei nicht spre­chen. Spre­chen wir über mei­ne nächs­te Rei­se, ich weiss nicht wohin ich rei­sen soll, ich bin seit ich den­ken kann, immer in die Tür­kei gereist, dies­mal wer­de ich nicht in die Tür­kei rei­sen. — Ist es zu gefähr­lich, fra­ge ich. — Nein, ant­wor­tet lcal, es ist nicht gefähr­lich für mich, ich will nicht. Wohin könn­te ich nur rei­sen im Som­mer? — Ich sage: Vene­dig ist schön, aber eher im spä­ten Herbst, viel­leicht magst Du in die Ber­ge gehen, Du könn­test auf einer Hüt­te im Kar­wen­del­ge­bir­ge woh­nen und wan­dern, das ist ganz wun­der­bar dort. In die­sem Moment ent­de­cke ich einen Schrift­zug von weis­ser Far­be, der Iclals rosa­far­be­nes T‑Shirt bedeckt: Ever tried. Ever fai­led. No mat­ter. Try Again. Fail again. Fail bet­ter. Das sind wun­der­ba­re Wor­te, sage ich, Samu­el Beckett hat sie geschrie­ben. — Ja, wirk­lich, ant­wor­tet Ical, wer ist das? Sie sieht an sich her­ab. Ich habe nicht dar­auf geach­tet, was da steht, das ist Eng­lisch, ich kann kein Eng­lisch, was steht da, das Beckett geschrie­ben hat? — Ich über­le­ge, wie ich Becketts Sät­ze kor­rekt über­set­zen könn­te. ich über­le­ge lan­ge. Das ist offen­sicht­lich schwie­rig, sagt Iclal. Nein, sage ich, das ist Poe­sie, da muss man sehr behut­sam mit den Wör­tern umge­hen, man muss sehr genau sein. Kurz dar­auf wer­de ich mit mei­ner Über­set­zung fer­tig. Iclal hört zu. Iclal beginnt zu lachen. Bald bekommt sie kaum noch Luft wie so lacht, und ich dach­te noch, wie ger­ne ich ihr Lachen in die­sem Moment auf Ton­band auf­ge­nom­men hät­te — stop

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lissabon

picping

MELDUNG. Infol­ge nächt­li­chen Blitz­schlags haben zwei präch­ti­ge Bar­sche [ hibis­kus­rot : 16 cm : Tan­sa­nia ] unter 12 jun­gen Suma­trabar­ben [ krei­de­bleich : 4 cm : Indo­ne­si­en ] im städ­ti­schen Aqua­ri­um zu Rabat für immer auf­ge­räumt. Nahe Lis­sa­bon, bei­na­he zeit­gleich, sind Men­schen [ 15 Per­so­nen ] von hell­blau­er Haut wie aus dem Nichts her­aus an Land gekom­men. Man ist fieb­rig, aber freund­lich wie immer. — stop

ping

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malta : 81er bus

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echo : 22.05 – Sagen wir das so: Ich bin heu­te, an die­sem son­ni­gen Mon­tag mit dem Bus hin und her übers Land gefah­ren, mit einem 81er Bus, mit Luca’s Bus, und zwar die Stre­cke von Val­let­ta nach Rabat bis rauf zu den Ding­li Cliffs, von wo man weit aufs Meer hin­aus süd­wärts nach Afri­ka schau­en könn­te, wenn die Erde nicht rund wäre wie wir sie vor­ge­fun­den haben. Luca ist ein Bus­fah­rer aus Lei­den­schaft. Er trägt ein blau­es Hemd, sei­ne Arme sind gebräunt wie sein Gesicht, rechts, von wo die Son­ne kommt, etwas stär­ker als von links. 47 Cent kos­tet eine ein­fa­che Fahrt nach Rabat. Jeder, der her­ein­kommt, wird begrüßt: Wel­co­me, wel­co­me! Dann 15 Kilo­me­ter ste­tig dem Him­mel zu, links und rechts der Stra­ße, Spu­ren von Wei­zen, Toma­ten, Kar­tof­feln, Inseln blü­hen­der Blu­men, Mohn und Mar­ge­ri­ten und Lini­en von Kak­teen­pflan­zen, als sei­en Mee­res­wel­len zu flei­schi­gen Blatt­kör­pern gefro­ren für alle Zeit. Da und dort ein Dorf, Büsche, Oran­gen­bäu­me, Wind­rä­der, Funk­an­ten­nen. Nach einer Stun­de kommt man dann an in Rabat oder Mdi­na, man weiß jetzt, dass man über einen Kno­chen­kör­per ver­fügt, und man ahnt, dass Luca sei­nen Weg noch fin­den wür­de, wenn er ein­mal blind gewor­den sein soll­te. Luca sam­melt Mari­en­bil­der wie ich Über­ra­schun­gen samm­le, Momen­te wie die­sen, da Luca bemerkt, dass ich nicht aus­stei­gen, dass ich wie­der mit ihm zurück­fah­ren wer­de, dass der Bus und er selbst für mich bedeu­ten­der sind, als Orte und Land­schaft, die wir durch­rei­sen. Jetzt darf ich ihn foto­gra­fie­ren und sein Arma­tu­ren­brett, Die­sel, Die­sel! Und ich darf ihm eine Fra­ge stel­len, ich woll­te näm­lich wis­sen, ob es für ihn denk­bar ist, sei­nen Bus ein­mal bis hin unter die Decke mit Was­ser zu fül­len, ob er sich vor­stel­len kön­ne, mit einem Bus voll leben­der Fische über Land zu fah­ren. Luca’s Hupe, eine Lufttrompete.