india : 5.08 — Im Kongo, durch Bürgerkriegsmanipulation, wurden in 6 Jahren 3.800.000 Menschen getötet. — Ist das eine Nachricht?
null
echo : 0.02 — Ich schreibe, wenn ich denke wie es ist. — stop
papiersegel
romeo : 0.05 — Das Vergnügen, ein Manuskript auf Papier zu drucken. Die nadelnden, summenden, pfeifenden Geräusche der Maschine, Satz für Satz Sekundenseiten. Wie ich Arbeit von Tagen, von Wochen, vor mir zu einem Segel auf den Boden breite. Wie ich zufrieden und still vor dem Windgefäß im Zimmer stehe. Wie ich, bald wieder stürmisch geworden, in die Knie gehe, um weiteren Flugsand mit der Hand aufs Papier zu setzen. — Notierte: Ein menschliches Gehirn ruhte in meinen Händen. Und ich dachte, kühl ist es und weich und schwer. Ich hörte deutlich eine denkende Stimme, als wäre da noch ein anderer Beobachter gewesen, als ich selbst. Dann bemerkte ich, dass ich mit bloßem Auge nicht erkennen konnte, in welcher Sprache jenes Gehirn, das ich in meinen bebenden Händen hielt, ein Leben lang träumte, auch nicht, ob es glücklich oder doch eher unglücklich gewesen ist. Eine schweigende, eine verlassene, eine Welt ohne Licht. Ja, lilimambo, das Leuchten lebender Menschen! — stop
lilimambo
echo : 0.08 — Die Stille zwischen zwei Wörtern.
perugia
MELDUNG. Seltsame Dinge geschehen in den winterlichen Gärten zu Perugia. 722 Segelfalter der Gattung Iphiclides 5K haben sich zu Gruppen versammelt, fliegen in Formationen, bilden Kugeln, Quader und weitere geometrische Körper. Bei Regen, so heute Morgen geschehen, stellt man exakt gezirkelte Türme in die Luft. Die Stadt wird unter Quarantäne gestellt. — stop
erzählen
india : 1.02 — Niemals vergessen, dass ich nicht zu Steinen spreche.
=
echo : 5.05 — m a n d e l b u c h t
bild schlafen
whiskey : 2.15 — Vor dem Fenster knistern Kastanienbäume, vielleicht davon sind Violet und Daisy aufgewacht. Ein leises Geräusch zunächst, das schnurrende Geräusch einer Pedale, dann das Klappern einer Schreibmaschine im angenehm warmen Licht eines hölzernen Zimmers lange vor meiner Zeit. Was für eine seltsame Schreibtischlampe! Und wie die Mädchen lächeln, in einer Weise lächeln, dass sie zu leuchten scheinen. Es sieht ganz so aus, als hätte das eine Mädchen dem anderen Mädchen gerade eben noch eine Geschichte erzählt. Zufrieden lauscht sie ihren Worten nach, während das andere Mädchen die Geschichte in die Maschine notiert. Zwei Mädchen exakt gleichen Alters, vielleicht schon junge Frauen. In diesem Moment, in dieser Minute, da ich wieder einmal notiere oder bemerke oder erinnere, dass Daisy und Violet Hilton an einer Stelle ihres Körpers derart ineinander verwachsen sind, dass kein Luftraum sie je voneinander trennen wird, wieder der vertraute Eindruck, dass ich ihnen zu nahe kommen könnte, indem ich ihnen schreibe. Und tatsächlich sind sie nun wach geworden. Wie Daisy ihren Kopf zur Seite neigt, eine kaum wahrnehmbare Bewegung. Wie ich müde werde von einer Sekunde zur anderen. Wie Daisy noch sagt: Violet, schau, ist das nicht ein merkwürdiger Mann? Wartet so lange, wartet und wartet, dass wir uns bewegen. Und jetzt ist er eingeschlafen.
robert walser
echo : 0.05 — Vor wenigen Minuten habe ich entschieden, mir von einem hochverehrten Schriftsteller, den ersten Satz einer Geschichte zu leihen. Der Satz geht so: Es ist Mitternacht vorüber. Dieser erste Satz wurde von Robert Walser bereits im Jahre 1907 notiert, und ich dachte, ist es nicht wundervoll, dass Robert Walser und ich einmal einen ersten Satz teilen werden! — Noch zu tun heute Nacht: Einen situs inversus umkreisen. — stop
kofferzimmer
echo : 2.18 — Ich stellte mir eine Minute vor, dann eine Stunde, dann einen Tag. Ich stand auf und ging von Zimmer zu Zimmer, aß eine Banane, sah aus dem Fenster, setze mich an den Schreibtisch, stellte mir eine Woche vor, dann einen Monat, dann ein Jahr. Ich erhob mich, sah nach der Uhrzeit, dann aus dem Fenster, verließ das Haus, spazierte und kam zurück, setzte mich aufs Sofa. Eine harmlose Geschichte. Sogleich weiter gedacht. Seltsame Kerne leise in meinem Kopf hin und her bewegt, jene von den Schlafwaben zum Beispiel, von Kofferzimmern, in welchen erwerbslose Menschen dämmernd lagern. Wie ihnen schmerzlos die Zeit vergeht, wie sie, von besseren Zeiten träumend, Blutkonserven aus ihren Knochen destillieren. Kaum hatte ich aufgeschrieben und mich gewundert über das, was ich dachte, stand ich wieder in der Küche, aß eine weitere Banane und einen Pfirsich zum Nachtisch. Dann, endlich, bemerkte ich Geraldines Sommerhut, sein Schaukeln auf atlantischen Wellen. Ungeheure Stille. Absolute Stille. In dieser namenlosen Stille, ein Hut allein auf dem Meer. Kein Schiff. Kein Land. Aber einhundert Seemeilenkreise von Stille in einem Bild, das ich niemals mit Augen sehen, sondern immer wieder nur denken werde. stop. Guten Morgen!