Aus der Wörtersammlung: staten island ferry

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staten island ferry : blizzard

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papil­le : 16.28 — Eigen­ar­tig, das Ver­hal­ten der Papie­re, das Ver­hal­ten mei­ner Hän­de, mei­ner Blei­stif­te. Seit ich wie­der stun­den­wei­se mit ein­fachs­ten Werk­zeu­gen notie­re, mit Werk­zeu­gen, die ohne Elek­tri­zi­tät funk­tio­nie­ren, der Ver­dacht, dass von eigen­sin­ni­ger Natur ist, was ich auf klei­ne­re oder grö­ße­re Zet­tel schrei­be. Mei­ne Wör­ter wol­len sich nicht auf Lini­en legen, sie wol­len flie­gen, wes­halb sie über den Zei­len auf­wärts stei­gen. An einem ande­ren Tag, wie­der einem Tag ohn­mäch­ti­ger Hori­zon­te, sin­ken sie, ohne dass ich prä­zi­se sagen könn­te, war­um es an dem einen Tag auf­wärts und an dem ande­ren Tag abwärts gehen will, immer­hin war jeweils nur ein wenig Schlaf zwi­schen da und dort zu ver­zeich­nen gewe­sen. Auch mit den Buch­sta­ben hab ich Mühe, mal bricht die Blei­stift­spit­ze, dann wie­der ist ein Zei­chen gemalt, das man doch eher für ein ganz ande­res hal­ten möch­te. Die Buch­sta­ben Z und G sind beson­ders wider­spens­ti­ge Gestal­ten, und das S und das A machen schon immer was sie wol­len. Dage­gen sind das I und das M an jedem mei­ner Arbeits­ta­ge zuver­läs­si­ge Erschei­nun­gen, Wel­le und Giraf­fen­hals, schlicht und weich. Ich nehm das jetzt, gera­de wie es kommt, in aller Ruhe. — stop

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staten island ferry : prozession

9

nord­pol : 5.55 – Eine Geschich­te ist zu erzäh­len an die­sem Mor­gen küh­ler Luft kurz vor Sep­tem­ber. Die­se Geschich­te ereig­ne­te sich bereits vor­ges­tern, nachts, bei mir zu Hau­se, weil ich mich nicht ent­schei­den konn­te, was ich unter vie­len Din­gen, die zu tun gewe­sen waren, zunächst erle­di­gen soll­te, also mach­te ich alles zur glei­chen Zeit. Ich hat­te eine Enten­brust zu Mor­cheln und Pflau­men gelegt. Außer­dem hat­te ich mir vor­ge­nom­men, ein wei­te­res ana­to­mi­sches Ton­band abzu­hö­ren, eine jugend­li­che Stim­me berich­te­te vom Dach des Kühl­schran­kes aus lei­se vor sich, wäh­rend ich kochend Fern­seh­bil­der eines Hur­ri­kans beob­ach­te­te, der sich auf die Stadt New York zube­weg­te. > Wenn ich von mei­nen Wochen im Prä­pa­rier­saal spre­che, dann spre­che ich ger­ne von mei­ner Traum­zeit. stop > Zu die­sem Zeit­punkt, das ist fest­zu­hal­ten, war ich nicht ganz bei der Sache gewe­sen, nicht wirk­lich in der Nähe der Gedan­ken, die ein jun­ger Mann für mich aus­ge­spro­chen hat­te, ande­rer­seits auch nicht aus­rei­chend kon­zen­triert auf das Gesche­hen jen­seits des atlan­ti­schen Oze­ans. Ein­mal stell­te ich den Ton des Fern­seh­ge­rä­tes lau­ter, wen­de­te die Brust des Vogels in der Pfan­ne und hör­te genau in die­sem Moment, der Schiffs­ver­kehr um Man­hat­tan her­um sei ein­ge­stellt, das war kurz nach Mit­ter­nacht euro­päi­scher Zeit gewe­sen. Ich mein­te außer­dem gehört zu haben, man sei gera­de damit beschäf­tigt, die Fäh­ren der Sta­ten Island Ver­bin­dung den Hud­son River hin­auf, in eine siche­re Umge­bung zu trans­fe­rie­ren. Ein fei­nes Bild, das sich vor mei­nen Augen sofort ent­wi­ckel­te. Acht oran­ge­far­be­ne Schif­fe in einer Rei­he hin­ter­ein­an­der auf dem gro­ßen Fluss, Schif­fe, die sich gewöhn­li­cher­wei­se pen­delnd anein­an­der vor­bei bewe­gen. Ich stürm­te aus der Küche, in der Hoff­nung auf dem Fern­seh­schirm ein Bild zu sehen, das dem gera­de eben noch in mei­nem Kopf ent­wor­fe­nen Bild ähn­lich gewe­sen sein könn­te. Anstatt einer Fähr­ge­schich­te, war nun jedoch vom Regen die Rede, von den Win­den des Hur­ri­kans, die über den feuch­ten Strand nahe der Stadt Oce­an Pines feg­ten. Ein Repor­ter, der tropf­te, ver­harr­te tap­fer, Füße im Was­ser, vor einer Fern­seh­ka­me­ra, die in grö­ße­rer Ent­fer­nung, dem­zu­fol­ge sicher, mon­tiert gewe­sen war. Er hielt ein Mikro­phon in der Hand, das merk­wür­dig fau­chen­de Geräu­sche erzeug­te. Möwen, spit­ze gel­be Schnä­bel in den Sturm gerich­tet, ver­harr­ten in sei­ner Nähe, sie mach­ten einen zufrie­de­nen Ein­druck, authen­ti­sche Tie­re, wäh­rend ich, wei­ter­hin die Pro­zes­si­on der Fähr­schif­fe im Kopf, zurück in die Küche spa­zier­te. Ein selt­sa­mes Gefühl von Nicht­wirk­lich­keit in der Nähe mei­ner Feu­er­stel­le, ein gro­ßes Durch­ein­an­der, das ich zu sor­tie­ren ver­such­te, in dem ich bis in den frü­hen Mor­gen des Sonn­tags hin­ein, auf allen zur Ver­fü­gung ste­hen­den Kanä­len ver­geb­lich Bewei­se dafür zu fin­den such­te, dass Fähr­schif­fe der Sta­ten Island Ver­bin­dung sich tat­säch­lich an die­sem spä­ten Sams­tag­abend, als ich mich nicht ent­schei­den konn­te, auf dem Hud­son River strom­auf­wärts beweg­ten. — stop. — Ende der Geschich­te. — stop

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schneebrille

2

alpha : 22.03 — Aus der Luft, aus dem Nichts her­aus, Gedan­ken, von Sekun­den­räu­men her, die sich unmit­tel­bar vor dem Zeit­punkt ihrer Wahr­neh­mung befin­den. Ob es über­haupt mög­lich sein kann, einen Gedan­ken erfin­dend zu kon­stru­ie­ren? Das Wort S c h n e e b r i l l e in die­sem Moment, viel­leicht des­halb, weil ich vor Stun­den notier­te: Win­ter­pen­del­fahrt auf Sta­ten Island Fer­ry. stop. Obe­res Deck. stop. Fes­te Schu­he. stop. Penn­sta­ti­on ab: 7.49 am. stop. Montauk an: 10.52 am. stop. Strand­spa­zier­gang. — stop
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