Aus der Wörtersammlung: freiheitsstatue

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hurricane

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char­lie

~ : louis
to : dai­sy und vio­let hilton
sub­ject : HURRICANE

Es wird Win­ter, nicht wahr, lie­be Dai­sy, lie­be Vio­let, es wird Win­ter. Habe Pull­over, Män­tel, Hand­schu­he, Hüte, Schals auf mein Bett gebrei­tet, alles ist jetzt geprüft, ich bin gerüs­tet. Nicht viel ist zu erzäh­len zur Zeit, viel­leicht dass ich ges­tern am spä­ten Abend die Lek­tü­re eines Romans von Ray Lori­ga auf­ge­nom­men habe, der von der Erfin­dung Man­hat­tans han­deln soll, ein ange­nehm leicht­fü­ßig erzähl­ter Text. Wäh­rend ich las, erin­ner­te ich mich an ein Gespräch, das ich mit einem Matro­sen der Sta­ten Island Fäh­ren noch im Janu­ar führ­te. Er berich­te­te, wie er mit einem der Schif­fe, es war die Andrew J. Bar­be­ri gewe­sen, den Hud­son auf­wärts fuhr, um das Schiff vor dem Hur­ri­kan Ire­ne in Sicher­heit zu brin­gen. Es sei eine unheim­li­che Rei­se gewe­sen, Not­be­leuch­tung an Bord, Möwen waren mit strom­auf­wärts gefah­ren, unbe­wegt saßen sie auf den Hand­läu­fen der Reling, hun­der­te Vögel, als hät­ten sie das Flie­gen ver­lernt. Ein Lot­se, nicht der Kapi­tän, führ­te Kom­man­do über das Schiff. Er selbst habe sich zum ers­ten Mal in sei­nem Leben land­ein­wärts von der Küs­te fort­be­wegt. Ich erin­ne­re mich gern an die­sen klei­nen Mann, der in Brook­lyn groß gewor­den war. Manch­mal trug er eine blin­ken­de Kopf­be­de­ckung, die den Strah­len­rin­gen der Frei­heits­sta­tue nach­emp­fun­den wor­den war. Heu­te, an die­sem Abend, wird er viel­leicht wie­der unter­wegs sein mit sei­nem Schiff den Hud­son auf­wärts, es geht nun um San­dy, und es geht um Barack Oba­ma. Ich fra­ge mich, lie­be Dai­sy, lie­be Vio­let, wen, wenn ihr noch in heim­li­chen Wahl­re­gis­tern ver­zeich­net sein soll­tet, wür­det Ihr wäh­len? Euer Lou­is, sehr herz­lich, wünscht eine gute Nacht!

ps. Mr. Sal­ter hat sei­ne Dro­hung nun wahr gemacht. Im Hof, ver­packt in meh­re­re Kis­ten, war­tet das Eisen­bahn­ab­teil eines Pull­mann­wa­gens dar­auf aus­ge­packt, und in mei­ner Woh­nung mon­tiert zu wer­den. Es ist angeb­lich mög­lich, dass ich mich in das Abteil setz­ten und dort arbei­ten könn­te. Land­schaf­ten, die ich frei wäh­len kann, sol­len an Fens­tern vor­über­zie­hen. Stim­men sind zu hören, das ist sicher, Stim­men aus Nach­bar­ab­tei­len, die nicht exis­tie­ren. Und die Bewe­gung eines wirk­li­chen Zuges unter mei­nen Hän­den. — stop

gesen­det am
28.10.2012
5.16 MEZ
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lou­is to dai­sy and violet »

MELDUNGEN / ENDE

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upper west side : broadway

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del­ta : 8.05 — Das Haus am River­si­de Dri­ve, in dem Uwe John­son leb­te und arbei­te­te. Pfa­de, die Uwe John­son spa­ziert haben könn­te. Eine Sub­way Sta­ti­on, 96. Stra­ße, uralte, dunk­le Bäu­me. Das Regen­licht über dem Hud­son. Was­ser­tanks, die auf Dächern wach­sen. Auf dem Broad­way tor­kelt eine Ampel. Klei­ne, schwar­ze, schweig­sa­me Män­ner in grü­nen Uni­for­men der Frei­heits­sta­tue ver­tei­len Ein­la­dun­gen zur Schiff­fahrt. Eine Kut­sche wei­ßer Pfer­de, damp­fen­de Nüs­tern, klap­pert in Rich­tung Cen­tral Park. Es ist Mon­tag, oder Diens­tag oder Sonn­tag. Eine Frau, sie tele­fo­niert in einer Spra­che, die ich noch nie zuvor hör­te. Ein Mann mit Kühl­schrank war­tet am Stra­ßen­rand. Schnel­le, scheue Bli­cke. — stop

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holly

pic

del­ta : 6.58 — Im Traum mit Jürg Feder­spiel auf Fähr­schif­fen zwi­schen Man­hat­tan und Sta­ten Island hin und her unter­wegs. Sobald wir eines der bei­den Ufer erreich­ten, ver­lie­ßen wir unser Schiff, um sofort das nächs­te Schiff in die Gegen­rich­tung zu bestei­gen. Wir mach­ten das so selbst­ver­ständ­lich, als hät­ten wir nie etwas ande­res an die­sem Ort getan. Jedes Mal muss­ten wir eine Schleu­se pas­sie­ren, wir zogen dann unse­re Schu­he und unse­re Gür­tel aus und setz­ten bedeu­tungs­vol­le Gesich­ter auf, indem wir an schwer bewaff­ne­ten Poli­zis­ten vor­über­gin­gen. Bald schon stan­den wir wie­der bug­seits, Nasen im Fahrt­wind, Schul­ter an Schul­ter, und Herr Feder­spiel wie­der­hol­te sei­ne Lieb­lings­ge­schich­te, eine kur­ze Erzäh­lung, die von den Augen der Frei­heits­sta­tue berich­te­te. Das sei­en ohne Zwei­fel die Augen jener Men­schen, die übers Meer gekom­men waren, um in Ame­ri­ka ein neu­es Leben zu begin­nen. Rie­si­ge Möwen­ma­schi­nen beglei­te­ten das Schiff, sie jag­ten nach Foto­ap­pa­ra­ten und ande­ren glit­zern­den Din­gen. Kaum hat­ten wir ein Ufer erreicht, war der Dich­ter zu Ende gekom­men und die Geschich­te ver­ges­sen, wes­we­gen sie unver­züg­lich erin­nert wer­den muss­te. Und so fuh­ren wir wei­ter und immer wei­ter hin und her. Auch Hol­ly war da. Ich konn­te ihren Rücken sehen und ihren Hut, der sich auf dem Kopf lang­sam dreh­te. — stop
ping