sierra : 22.58 — Sanfte Frauenstimme spricht: Achtung! Halten Sie 1 Meter 50 Abstand. Meiden Sie Menschenansammlungen! In der Halle, indessen kein Mensch zu sehen, kein Koffer, kein Hund, keine Katze, aber Mäuse, ein gutes Dutzend Mäuse, die über den spiegelnden Marmorboden flitzten, als hätten sie Schlittschuhe an ihren Füßen. Ich war die einzige menschliche Person an einem Ort, der vermutlich nie ohne Menschen gewesen ist. Ich erinnere mich, selbst inmitten der Nacht habe ich im Terminal immerzu flüsternde Menschen wahrgenommen, auch Schlafende auf Sitzbänken oder Stühlen der Cafés. Nun war Stille, kein Traum wurde erzählt. Selten einmal das Geräusch sich bewegender Zeichen auf einer Anzeigetafel. Aus Neuseeland kommend sollte Minuten später ein Flugzeug landen, ein Hinweis wie ein letzter Reflex. Jene über den spiegelnden Boden dahingleitenden Mäuse jedoch, unbeirrt, ob sie sich wunderten über diese eine wartende Person im Saal, die ich selbst gewesen war in einem Moment des Notierens auf meiner flachen Schreibmaschine? Wie ich sie vermisste, Stehschläfer, meine Stehschläfer, welche nicht Vögel sind, Flamingos, sagen wir, nein, Stehschläfer, die Menschen sind, gegenwärtige Personen, die sich, sollten sie einmal zurückkehren, genau so verhalten werden, wie das Wort, das sie bezeichnet: Sie schlafen im Stehen. — stop
Aus der Wörtersammlung: stille
von der reisenden warenwelt
kilimandscharo : 22.02 UTC — Ich dachte heute, in der Schweiz würden vielleicht Menschen existieren, die ich als Uhrenträger bezeichnen könnte. Uhrenträger, weil sie je 50 Uhren an Armen und Beinen dicht an ihren Körpern tragen. So, in dieser Weise von Uhrwerken geschmückt, geht man als Uhrenträger leise tickend vorsichtig spazieren, wandert in der schönen Natur herum, ohne selbstverständlich auch nur eine der Uhren je abzulegen. Auch im Schlaf werden alle Uhrwerke getragen, weshalb es in der nächtlichen Stille in den Zimmern leise rauscht. Nach ein oder zwei Wochen kehren Uhrenträger dann aus dem Leben in ihre Uhrenfabrik zurück. Dort sind sie nämlich angestellt, um vollständig neue Uhrgeschöpfe in bereits gebrauchte Ware zu verwandeln, warum? — stop
von zeichenfühlern
delta : 7.16 UTC — Ich träumte einen Mann, der in einer staubigen Stadt auf einem Schemel vor einer Schreibmaschine hockte. Der Mann schien zu warten, mit geschlossenen Augen oder schlief. Sobald sich jemand näherte und sich vor den Mann hin auf einen weiteren Schemel setzte, hob der Mann die Schreibmaschine vom Boden auf und setze sie auf seinen Oberschenkel ab, dann lauschte er. Nach wenigen Sekunden hob er eine Hand, um eine Sprechpause zu bewirken. Es war eine mächtige Geste, die Vögel hörten auf zu singen, und der Wind und die Automobile schwiegen. In dieser Stille, die ihm persönlich zu gehören schien, begann er unverzüglich die Tasten seiner Schreibmaschine mit winzigen, runden Papieren zu bekleben, zeichnete sodann mit roter Farbe Zeichen auf die Papiere, um kurz darauf mit einer zarten Handbewegung, den vor ihm Wartenden zu ermuntern, weiterzusprechen. Vorsichtig tippte er nun Zeichen um Zeichen in die Tasten, sie waren von zahllosen Papieren derart erhöht, dass sie wie Fühler eines Schreibmaschinentieres wirkten, die mit jeder Berührung einer der Tasten federnd sich hin und her und auf und ab bewegten. — stop
am nachmittag
foxtrott : 16.22 UTC — Im Park hörte ich ein Geräusch, das mich an einen Trompetenstoß erinnerte. Das Geräusch wiederholte sich, war mal lauter, dann wieder leiser zu hören, vielleicht weil es vom Wind davongetragen wurde. Wenig später trat ein Cello aus dem Unterholz. Das Cello spazierte auf zwei Beinen in Richtung des Geräusches, das ich als Trompetengeräusch identifizierte. Bald war es jenseits des Weges unter den Schattenschirm einer Kastanie getreten, wo es stoppte. Das Instrument, dessen Holz leuchtete, schien zu warten. Als ich nun weiter spazierte, begegneten mir ein Becken, das sich auf acht kurzen Beinen fortbewegte, die sich sowohl vorwärts als auch kreisend bewegten, nur Minuten später eine Oboe, die in einer horizontalen Haltung marschierte. Der Wind, der in ihr Mundstück drang, erzeugte leise hupende Klänge, ganz wundervoll. Als Becken, Oboe und Cello sich unter der Kastanie vereinigten, sendeten sie gemeinsam seltsame Frequenzen über die Wiese, die sich westwärts zur Stadt hin erstreckte. Dann Stille, dann von Neuem eine Wiederholung des bereits Gehörten, und wieder Stille. Man wartete nebeneinander stehend wie an einer Bushaltestelle, man wartete gemeinsam, worauf auch immer. — stop
stille
echo : 15.02 UTC — Still im Wald an einem warmen Sommertag. Das Licht der Sonne streifte durch Blattdächer der Bäume, die sich kaum noch bewegten, vielleicht weil die Bäume durstig waren. Da und dort ein Falter weiß oder orange oder gelb, die waren schon immer zu leise gewesen im Flug für meine Menschenohren. Zwei Käfer, schwarz und rund, knisterten über den Weg, Blätterrascheln, nur eine Vorstellung, unter ihren Krallenfüßen. Keine Fliegen in der Luft, nicht eine einzige Fliege, aber zwei Vögel, in der ersten Stunde meines Spazierganges im stillen Wald der eine Vogel, und in der zweiten Stunde meines Spazierganges im stillen Wald, ein zweiter Vogel. Auch keine Ameisen weit und breit, keine Laufkäfer, keine Grillen, keine Zikaden. Und die Vögel, die ich beobachtete, waren stumm, vielleicht weil sie durstig oder hungrig waren. Ich setzte mich auf eine Bank und beobachtete das Licht der Sonne, das nach mir suchte. Ich holte meine flache Radioschreibmaschine aus der Tasche, suchte in der digitalen Sphäre nach Geräuschen des Waldes, die kürzlich noch zu hören gewesen waren. Das Radio und der Wald. Eine Stille wie Wüste. — stop
“Hi!” — “Hi!”
romeo : 0.33 UTC — War Zeuge einer Begegnung zweier Algorithmen bei mir Zuhause auf einem Bildschirm, der sich teilte, und zwar in der Mitte. In rasender Geschwindigkeit wurden dort Zahlenketten erzeugt. Nach drei oder vier Minuten stoppte die Zahlenproduktion in der linken Spalte. Nach wenigen weiteren Sekunden erschien die Zeichenfolge: Hi! Kurz darauf stoppte auch in der rechten Spalte die Zahlenproduktion, wiederum für wenige Sekunden Stille oder Leere. Dann erschien auch hier die Zeichenfolge: Hi! Ich war gerührt, man stelle sich das einmal vor, Algorithmen, die sich zur Begrüßung einer Sprache bedienten, die ich zu lesen, in der Lage gewesen war. — stop
palmenhaus süd
ginkgo : 15.01 UTC — Im Wüstenhaus das feine Geräusch der Kakteen, sobald ich ihr Stachelhorn mit einem Pinsel, einem Mikadostäbchen, einem Finger berühre. Hell. stop. Federnd. stop. Propellernd. stop. Klänge, für die in meinem suchenden Wortgehör weiterhin keine eigene Zeichenfolge zu finden ist. stop. Die Stille beim Durchblättern eines feuchten Buches kurz darauf in der Mangrovenabteilung des Palmenhauses. Ich beobachtete, dass ich einen Satzgedanken, ehe der Gedanke zu einem Ende gekommen ist, in meinem Kopf nur dann anzuhalten vermag, sobald ich den Gedanken Wort für Wort vollziehe, also bereits so langsam denke, dass ich mitzuschreiben in der Lage bin. stop Man soll, hörte ich, Kakteendorne als Grammofonnadeln verwendet haben. Erstaunlich! — stop
trillerpfeife
romeo : 15.42 UTC — Ich kann mich nicht erinnern, wann genau ich mit der Sammlung von Wörtern begann, die ich an dieser Stelle einmal verwendete, Wörter, die mich zu beobachten scheinen, als wären sie Lebewesen, fragende Persönlichkeiten: Bin ich an dieser Stelle richtig angekommen, kann ich mich entfalten, ist zu verstehen, was ich bedeute, was ich zu sagen wünsche? Wenn man in dieser Weise Wörter sammelt, als würde man Käferwesen fangen, kommt man aus dem Staunen nicht heraus, was alles so existiert in der Buchstabenwelt, wovon man Kenntnis zu haben meint, sagen wir Wörter wie diese: Windstille . Trillerpfeife . Trommelfell . Ameisenpanther . Lauchstange . Zungenkäfer . Staunen Sie doch mit mir, sobald Sie Zeit finden, Zapfenzungen sind HIER hinter in diesem geführten ZUGRIFF sofort zu finden. — Weiterhin Regen. Es regnet bereits so lange, dass man glauben möchte, dieser Aprilregen könnte reine Erfindung sein. — stop
tools
ulysses : 6.55 UTC — Über die Umgebung der Kieferwerkzeuge eines Polarkäfers ist nach der Beobachtung zweiter Übersetzungsmaschinen oder Algorithmen folgendes zu bemerken. Sehen Sie selbst: Google Translator: „A polar beetle, imagine, that’s a very cool beetle. So cool or cold is his body that the air around him crackles, that water begins to freeze immediately, that snow falls in rooms, because the air is damp, birds fall to the ground if they come too close to a polar beetle, mice and other small animals freeze. Therefore, polar beetles love warm areas of the world, because there are delicious creatures to catch by cold, worms as well and woodlice and ants, which taste particularly wonderful. You can hear the crunching of your jaw tools silently. They are rather rare and white as snow and inside the bluish color of the glacier ice. What is completely unknown is why they are so cold, their method. — stop“ — Oder nach Deepl: “A polar beetle, imagine that’s a very cool beetle. His body is so cool or cold that the air around him crackles, water begins to freeze instantly, snow falls in rooms because the air is damp, birds fall to the ground when they come too close to a polar beetle, mice and other small animals freeze. Polar beetles love warm parts of the world because they catch delicious creatures by cold, worms and isopods and ants, which taste especially wonderful. You can hear the crunching of their jaw tools in silence. They are rather rare and white as snow and inside of the bluish color of the glacial ice. What is completely unknown is the reason why they are so cold, their method. — stop” // Übersetzungen nach: Ein Polarkäfer, stellen Sie sich vor, das ist ein sehr kühler Käfer. Derart kühl oder kalt ist sein Körper, dass die Luft um ihn herum knistert, dass Wasser augenblicklich zu frieren beginnt, dass Schnee fällt in Räumen, da die Luft feucht ist, Vögel fallen zu Boden, wenn sie einem Polarkäfer zu nahe kommen, Mäuse und andere kleine Tiere erstarren. Polarkäfer lieben deshalb warme Gegenden der Welt, weil dort köstliche Lebewesen durch Kälte zu fangen sind, Würmer auch und Asseln und Ameisen, die ganz besonders wunderbar schmecken. Man kann das Knirschen ihrer Kieferwerkzeuge in der Stille gut vernehmen. Eher selten sind sie und weiß wie Schnee und im Inneren von der bläulichen Farbe des Gletschereises. Was ganz und gar unbekannt ist, das ist der Grund, warum sie so kalt sind, ihre Methode. — stop
polarkäfer
sierra : 0.28 — Ein Polarkäfer, stellen Sie sich vor, das ist ein sehr kühler Käfer. Derart kühl oder kalt ist sein Körper, dass die Luft um ihn herum knistert, dass Wasser augenblicklich zu frieren beginnt, dass Schnee fällt in Räumen, da die Luft feucht ist, Vögel fallen zu Boden, wenn sie einem Polarkäfer zu nahe kommen, Mäuse und andere kleine Tiere erstarren. Polarkäfer lieben deshalb warme Gegenden der Welt, weil dort köstliche Lebewesen durch Kälte zu fangen sind, Würmer auch und Asseln und Ameisen, die ganz besonders wunderbar schmecken. Man kann das Knirschen ihrer Kieferwerkzeuge in der Stille gut vernehmen. Eher selten sind sie und weiß wie Schnee und im Inneren von der bläulichen Farbe des Gletschereises. Was ganz und gar unbekannt ist, das ist der Grund, warum sie so kalt sind, ihre Methode. — stop