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licht

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india : 10.02 — Da war ein Buch vor lan­ger Zeit, ein Buch, das Tho­mas Alva Edi­sons Leben erzähl­te. In die­sem Buch, ich seh das noch genau vor mir, wur­de das elek­tri­sche Licht erfun­den. Zunächst mach­te man einen glä­ser­nen Behäl­ter, der glüh­te und flüs­sig war und heiß, denn die Män­ner, die an ihm arbei­te­ten, tru­gen kräf­ti­ge Hand­schu­he, auch ihre Gesich­ter waren mit Tüchern ver­bun­den. Man konn­te das Glas, so flüs­sig war es unter dem Feu­er gewor­den, wie hei­ße Scho­ko­la­de von einer Tas­se in eine ande­re gie­ßen. Ich habe die­se Zeich­nung als Jun­ge stun­den­lang betrach­tet und erzählt, was dort für mich zu sehen war. Seit­her ist alles Licht, vor allem dann, wenn es warm, gold­far­ben, ja, wenn es sicht­bar ist, flüs­sig und von Schokolade.

teilchen5

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copernic

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echo : 8.27 — Ich stel­le mir vor, an die­sem wun­der­schö­nen Mor­gen unterm Regen­licht, ein­mal die Spu­ren eines Men­schen zu erfin­den, von dem nichts geblie­ben ist, als der Schat­ten sei­ner Fra­gen an die Meta-Such­ma­schi­ne COPERNIC auf einem Note­book, das ihn von Geburt an beglei­te­te. Kön­nen Kro­ko­di­le hören? Eine Spur feins­ter Boh­run­gen der Luft. – Wäh­rend ich die­se Zei­len notier­te, ist mir auf­ge­fal­len, dass bis vor Kur­zem noch Men­schen exis­tier­ten, die in der Elek­tro­sphä­re nie eine Spur zeich­ne­ten. Mei­ne Lieb­lings­tan­te zum Bei­spiel, ein wun­der­ba­res Geschöpf, das an Sonn­ta­gen immer oder an Mon­ta­gen zu Besuch gekom­men war. Wir nann­ten sie Wal­ly. Sie hat­te sehr wei­che, rosi­ge Haut und immer­zu küh­le Hän­de und war von einem Bal­lon Laven­del­duft umhüllt. Da war Moos, ein moos­grü­nes Kleid, und da war ein spin­nen sei­di­ges Haar­netz (War­um?), und eine rußi­ge Stirn zur Win­ter­zeit, und das Rascheln der Papier­tü­ten, das Lauch­ge­mü­se, das dort her­aus­rag­te, und klei­ne Geschen­ke, die sie uns Kin­dern mit­brach­te, – Match­box­au­tos, Füll­fe­der­hal­ter, Mal­bü­cher -, und ihre Schen­kel, auf denen ich turn­te, der nas­se, bit­te­re Kuss, der nie­mals abge­wen­det wer­den konn­te. Eine Bril­le, nicht wahr, saß locker auf ihrer Nase, ein Gestell von Holz, dar­in run­de Glä­ser, die ich gern mit mei­nen Fin­gern berühr­te. Irgend­wann ein­mal erzähl­te mir jemand, die Wal­ly sei 1919, als Räte ihre Hei­mat­stadt ver­tei­dig­ten, im Kugel­ha­gel über die Mün­che­ner Gol­lier­stra­ße gerobbt. Des­halb die Pis­to­le in ihrer Tasche, des­halb das Feu­er in ihren Augen. So alt ist sie jetzt gewor­den, die Wal­ly, dass sie auf­ge­hört hat zu leben.

walli

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feuerkäfer

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hima­la­ya : 15.01 — Mit Freu­de an der Ent­de­ckung, an der Erfin­dung leuch­ten­der Wör­ter : Pini­en­syn­ap­se Bobol­i­no Lamel­le­ni­ris Tim­buk­tu Posau­ne Pata­go­ni­en metro­po­li­tan Kirsch­was­ser Kolo­ni­al­wa­ren­la­den Unter­was­ser­pan­ther Kamel Kara­wa­ne Zünd­holz Lumum­ba Got­tes­an­be­te­rin Kak­tee­nor­ches­ter Fla­neur Neu­fund­land Pene­lo­pe Stam­pe­ria Ohr­fei­ge Schi­rok­ko Him­mels­lei­ter Hibis­kus Sand­sturm Ohren­kuss Papier­licht Nas­horn­vo­gel Ping­pong luxie­ren Sala­man­der Depe­sche Engels­zun­ge Pyra­mi­den­bahn Glüh­bir­ne Suma­tra Madras Sema­pho­ring Cen­tral­sta­ti­on Feu­er­kä­fer Laby­rinth Nacht­haus Ölträ­ne Schnee­spin­ne Holo­lo­lun­der : silen­zio. — Sonn­tag. Leich­ter Regen. Wie ver­dammt gut die Luft heut riecht. — stop

ping

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hydra

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sier­ra : 20.34 — Eine Film­da­tei exis­tiert seit Jah­ren im Gedächt­nis mei­ner Com­pu­ter­ma­schi­ne. Ich habe die­se Datei noch nie geöff­net. Sie soll Bil­der ent­hal­ten, die den gewalt­sa­men Tod des Jour­na­lis­ten Dani­el Pearl vor lau­fen­der Kame­ra zei­gen. Immer wie­der der Gedan­ke, die Fra­ge, was ich unter­neh­men, was ich füh­len, wie ich leben wür­de, wenn ich wüss­te, dass Bil­der des Todes eines von mir gelieb­ten Men­schen, sei­ne Ernied­ri­gung, sei­ne Ver­zweif­lung betrach­tet wer­den oder betrach­tet wer­den könn­ten von Aber­tau­sen­den wil­der und frem­der Augen­paa­re. — Kann man mit einer Hydra ver­han­deln? — stop

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salto

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tan­go : 20.01 — Kein Lebe­we­sen, das nicht über eine Spra­che ver­füg­te. Aber doch Lebe­we­sen, deren Spra­che ich zunächst ent­de­cken oder erfin­den muss. — Eine Spring­spin­ne, die mei­nen Schreib­tisch bewohnt. Wie sie zwi­schen Blei­stif­ten tollt, wie sie inne­hält und mich minu­ten­lang zu beob­ach­ten scheint. Viel­leicht schläft sie oder sonnt sich in der Wär­me mei­ner Lam­pe. Wie sie sich duckt, wenn ich mich nähe­re, aber nicht flüch­tet. Vor weni­gen Minu­ten, wäh­rend ich las, hüpf­te sie von Ost nach West über das Buch hin­weg. Eine Vor­stel­lung viel­leicht, um mei­ne Auf­merk­sam­keit zu gewin­nen. — stop

ping

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tian’anmen

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oli­mam­bo : 23.32 — Das Gespräch am spä­ten Abend mit Din. Ihre lei­se, sin­gen­de Stim­me. Sie sei, als die Pan­zer kamen, in eine Sei­ten­stra­ße geflüch­tet. Wie sie ihre Augen schließt, wie sie sagt, sie habe kei­ne Men­schen mehr gese­hen nach kur­zer Zeit, eini­ge Freun­de nur, die sich an die Wän­de der Häu­ser drück­ten. Die Hand ihrer gro­ßen Schwes­ter. Die Luft, die auf ihrem klei­nen Kör­per beb­te. Aber Men­schen­stil­le. Wie sie nach Wör­tern sucht, nach Wör­tern in deut­scher Spra­che, die geeig­net wären, zu beschrei­ben, was sie in dem Moment, da ich auf die Fort­set­zung ihrer Erzäh­lung war­te, hört in ihrem Kopf. Das fei­ne, das selt­sa­me Lächeln auf ihrem Gesicht, als sie am Aus­druck mei­ner Augen bemerkt, dass ich wahr­ge­nom­men haben könn­te, dass die Bil­der, die ich wuss­te, tat­säch­lich gesche­hen waren, das Mas­sa­ker auf dem gro­ßen Platz, stol­pern­de Men­schen, Men­schen auf Bah­ren, zer­malm­te Fahr­rä­der, der Mann mit Ein­kaufs­tü­ten in sei­nen Hän­den auf der Para­de­stra­ße vor einem Pan­zer ste­hend. Dann die Flucht ins häus­li­che Leben zurück wie in ein Ver­steck, das stum­me Ver­schwin­den jun­ger Leben für immer. Staub. Du soll­test mit Stäb­chen essen, sagt Din, das machst Du so, schau! — stop

ping