echo : 15.57 — Kleinste Waffentiere. stop. Sagen wir : Ebola : Pocken : Marburg : Antrax. stop. Schlafen wir in unseren Weltstädten nur deshalb noch friedlich, weil wir nicht denken, wovon wir wissen? — stop
Aus der Wörtersammlung: echo
in der paukenhöhle
echo : 16.02 — Ich habe mir eine Maschine vorgestellt, derart filigran konstruiert, dass ich sie meinen inneren Ohren zufügen könnte, und zwar in nächster Nähe der Gehörknöchelchen, eine Trafomaschine, 50 mg von Gewicht und mit bloßem Auge kaum noch zu erkennen. Dort in den Paukenhöhlen befindlich, würde das Maschinenwesen in physikalischer Weise Strom erzeugen, würde durch die Bewegung eines Gedankens gesteuert, Geräusche der Welt dämpfen, das heißt bremsen, aber niemals verstärken. Je lauter die Welt, in der ich mich befinde, je leiser ich sie höre, desto heller das Glühbirnenlicht, das von gesammelten Strömen zunehmender Stille entzündet sein wird. — stop
luftraum
echo : 17.18 — Da war ein junger Mann, der leise zu seinem Handtelefon sprach, eine Beschwörung ohne Pause in einem Subwayzug auf dem Hochgleis über Brooklyn. Als der Zug in den Tunnel taucht, als die Funkübertragung längst abgebrochen ist, spricht er weiter, wohin? — stop
raymond carver goes to hasbrouck heights
echo : 22.12 — Es ist die Welt des Raymond Carver, die ich betrete, als ich mit dem Bus die Stadt verlasse, westwärts, durch den Lincoln Tunnel nach New Jersey. Der Blick auf den von Steinen bewachsenen Muskel Manhattans, zum Greifen nah an diesem Morgen kühler Luft. Dunst flimmert in den Straßen, deren Fluchten sich für Sekundenbruchteile öffnen, bald sind wir ins Gebiet niedriger Häuser vorgedrungen, Eiszapfen von Plastik funkeln im Licht der Sonne unter Regenrinnen. Der Busfahrer, ein älterer Herr, begrüßt jeden zusteigenden Gast persönlich, man kennt sich hier, man ist schwarz oder weiß oder gelb oder braun, man ist auf dem Weg nach Hasbrouck Heights, eine halbe Stunde Zeit, deshalb liest man in der Zeitung, schläft oder schaut auf die Landschaft, auf rostige Brückenriesen, die flach über die sumpfige Gegend führen. Und schon sind wir angekommen, ein liebevoll gepflegter Ort, der sich an eine steile Höhe lehnt, einstöckige Häuser in allen möglichen Farben, großzügige Gärten, Hecken, Büsche, Bäume sind auf den Zentimeter genau nach Wünschen ihrer Besitzer zugeschnitten. Nur selten ist ein Mensch zu sehen, in dem ich hier schlendere von Straße zu Straße, werde dann freundlichst gegrüßt, how are you doing, ich spüre die Blicke, die mir folgen, Bäume, Blumen, Gräser schauen mich an, das Feuer der Azaleen, Eichhörnchen stürmen über sanft geneigte Dächer: Habt ihr ihn schon gesehen, diesen fremden Mann mit seiner Polaroidkamera, diesen Mann ohne Arme! Gleich wird er ein Bild von uns nehmen, wird klingeln, wird sagen: Guten Tag! Ich habe Sie gerade fotografiert. Wollen Sie sich betrachten? — stop
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echo : 8.58 — d e l i l l o f e d e r
lexingtonlineparticle
echo : 2.32 — Subway 86 St., Linie 4, spätester Abend: Menschenstille. Aber das Brausen tausender Ventilatoren, die kühle Luft durch blecherne Arterien blasen. Eine Rolltreppe, einsam quietschend, selbstgenügsames Wesen. Und das Wasser, woher, an den Wänden. Hier muss nicht geatmet werden, solange der Boden bebt von der Erwartung des Zuges. Man hört ihn schon von weit her kommen, dumpfe, pochende Erschütterung. Und wenn er dann hereinfliegt aus den Schatten, das rote, das gelbe, das blaue Zahlenauge. Luft zischt, Menschen treten hervor oder bleiben. Jede Kammer, jeder Waggon, hinter jedem Fenster, eine eigene, einzigartige Versammlung lebender Geschichten. stop. Wie sich die Türen schließen. stop. Wie man verschwindet. — stop
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echo : 20.58 — e l e f a n t e n f e d e r
bronx — flug
echo : 23.
32 — In der Dämmerung des Abends gegen die 241 St. zu, letzte Station weit oben im Norden. Eine halbe Stunde Tiefflug über steinerne Landschaften der Bronx, Miethauskasernen, rot, grau, rußig schwarz. Nach und nach leert sich der Zug, aber da draußen, da unten hinter den scheppernden Scheiben des Zuges, geräuschlos, stumm, Straßenzüge voller Menschen bis zum Horizont. Und wie sich die Lichtmembranen dann beruhigen, wie wir langsamer und langsamer werden, der schmale Kopf eines metallenen Fühlers, unser Bahnsteig, an den der Zug sich müde lehnt wie ein Schiff an einen Landungssteg nach langer Reise. Wald, wild und dornig, jenseits der Schienen, blühende Gräser erheben sich vom brüchigen Boden. Eine Bank, warmes Holz, auf dem ich sitze, rot leuchtende Falter eilen westwärts. Weit entfernt, am anderen Ende des schlafenden Zuges noch, die Gestalt einer Frau mit Besen, die sich durch die schimmernde Schlange fädelt, eine Frau von schwarzer Hautfarbe. Sie trägt kräftige Schuhe und einen Overall. Als sie bei mir ankommt, zögert sie kurz, will wissen, was ich hier tue, seltene Erscheinung, formuliert so rasend schnell, dass ich ihr kaum folgen kann. Bald geht sie weiter, schleift ihren Besen hinter sich her, macht den Zug zu Ende, kommt wieder zurück, setzt sich neben mich, spricht wie in Zeitlupe mit leicht erhobener Stimme: I — s — - t – h — a — t — - s — l – o — w — - e – n — o — u – g – h ?
linie d – nordwestwärts
echo : 15. 02 — Von Brooklyn nach Manhattan Subwayfahrt, eine alte Dame vis–à–vis. Seit einer halben Stunde reisen wir so dahin, ich schreibe, sie scheint zu schlafen. Ein kariertes Hüttchen trägt sie auf dem Kopf und einen Seidenschal um einen grazilen Hals gewickelt. Ihr dunkelhäutiges Gesicht, zart gefaltet. Von Zeit zu Zeit öffnet sie für eine oder zwei Sekunden eines ihrer Augen und berührt mich mit einem festen Blick. Ich würde gerne wissen, ob sie mich wirklich sieht. Gleich werden wir die 33. Straße erreichen. Ich stelle mir vor, wie die alte Frau weiterfahren wird, um kurz darauf erneut eines ihrer Augen zu öffnen. Ich werde dann nicht mehr da sein, ein anderer Mensch wird an meiner Stelle sitzen, vielleicht wird auch dieser Mensch bald eingeschlafen sein, und gerade in dem Moment, da die alte Dame ihr Auge öffnet, eine ebensolches, wachsames Auge geöffnet haben. — stop
miniatur — world trade center
olimambo : 0.02 — Ein Frauenwesen spätabends in der Subway Linie 1 südwärts. Vollständig in Weiß gekleidet, blau geschminkter Mund, hochgewachsene, schmale Statur, faltenlose Stirn, die bis hin an die Decke des Zuges reicht. Leicht gebeugt verharrt sie von Taschen umgeben neben einer Tür in der eisigen Luft, ernstes Gesicht, verschenkt Zettel, auf welchen je nur ein Wort, das Wort LOVE, handschriftlich verzeichnet ist. Ihre heisere Stimme, die Lautsprecheransagen wiederholt. stop. Echoes. stop. Ladies and Gentlemen! Please stay clear of the closing doors. This is a local A‑Train. — stop