nordpol : 0.58 — Ich stellte mir Nachrichten vor, die dazu geeignet sind, Telefone der Nachrichtenempfänger unverzüglich in Brand zu setzen. Was könnte das für Nachricht sein? Vielleicht folgende Nachricht, dass eine Geschichte wie diese Geschichte hier möglich ist, eine Geschichte, die von einem Kind erzählt, das in Großbritannien lebt. Das Kind, so wird erzählt, öffnete zur Weihnachtszeit einen Geschenkkarton, welcher in China erzeugt worden sein soll. In diesem Geschenk fand das Kind einen Zettel sorgfältig versteckt, der von Hand beschriftet worden war. Auf dem gefalteten Zettel war Folgendes zu lesen: S O S! Neugierig geworden öffnete das Kind das akkurat gefaltete Päckchen Papier. Das Kind entdeckte Zeichen, die mittels eines Kugelschreibers in blauer Farbe auf das Papier gesetzt worden waren. Und weil das Kind unbedingt herausfinden wollte, was dort handschriftlich notiert worden war, wurde die Zeichenfolge übersetzt. Von einem Ort in China war die Rede, von einem Gefängnis nahe einer großen Stadt im Norden des Landes, von der furchtbare Not eines menschlichen Wesens. Auch von der Zeit, von einem Zeitort. Bald drei Jahre war der Brief auf Reisen gewesen, ehe das Kind aufmerksam geworden war. — stop
Aus der Wörtersammlung: norden
morgens gegen 7
tango : 8.18 UTC — Morgens gegen 7 Uhr hocken vier Tauben vor dem Fenster auf dem schmalen Sims unter dem Dach, das sich weit hinaus über die Hauswand wölbt. Sie sitzen und sind ganz still und feucht von der Luft, sitzen dicht an dicht, als wären sie gekommen, um in meiner Nähe Schutz zu suchen. Vermutlich würden sie sofort in mein Zimmer stürzen, wenn ich das Fenster öffnete. — Das Fernsehen erzählt, man habe Menschen nahe Mariupol die Flucht über Korridore befohlen. Wer nicht flüchtet, sagt man, dürfe getötet werden. Von wem hier die Rede ist? Man nennt sie Orks in der digitalen Sphäre! Sie sind über eine Grenze gekommen, zu Fuß oder auf Panzern sitzend. Irgendwo im Norden, wo Orks noch nicht sind, wird eine alte Frau in einem Rollstuhl sitzend über einen Fluss getragen. Sie sticht mit ihrem Gehstock in die Luft. — stop
teriberka
whiskey : 20.01 – Ich erinnere mich an Ludwig, er war gerade 8 Jahre alt geworden, als er beobachtet wurde, wie er eine Schuhschachtel vor das Fenster seines Zimmers stellte, um 1 Stunde lang das Licht eines frühen Nachmittags einzufangen. Er wendete in dieser Stunde nicht eine Minute seinen Blick von dem Behälter, den er sodann sorgfältig mit ernster Miene verschloss, um ihn noch an demselben Tag mit seiner Mutter zu einem Postamt zu bringen. Das ist für meinen Freund Janos, erklärte Ludwig dem Beamten, der bei der Verfertigung einer zollamtlichen Erklärung behilflich war, 1 Stunde Sonne für meinen Freund, der in Teriberka weit im Norden in Russland wohnt. Ludwig wartet. Es hoffte, dass er seinerseits zur Weihnacht vielleicht etwas Winternachtlicht geschenkt bekommen würde. Ich sollte Ludwig einen Brief schreiben. — stop
ai : MOSAMBIQUE
MENSCH IN GEFAHR: „Amade Abubacar arbeitet als Journalist beim kommunalen Radiosender Nacedje im Bezirk Macomia in der Provinz Cabo Delgado im Norden von Mosambik. Am 18. Januar ordnete das Bezirksgericht von Macomia eine Verlängerung seiner Untersuchungshaft in der Polizeizentrale von Macomia an. Der zuständige Richter erklärte seine Inhaftierung für rechtmäßig mit der Begründung, Amade Abubacar sei am Tag nach seiner Verbringung in den Polizeigewahrsam dem Gericht vorgeführt worden. Gemäß Paragraf 311 des Strafgesetzbuchs von Mosambik muss jede Person innerhalb von 48 Stunden nach der Inhaftierung vor Gericht erscheinen. Der Richter ließ im Fall von Amade Abubacar unbeachtet, dass dieser bereits am 5. Januar von der Polizei festgenommen worden war. Anschließend hielt das Militär ihn dann zwölf Tage lang ohne Kontakt zur Außenwelt fest, bevor er am 17. Januar wieder an die Polizei übergeben wurde. Mit der anhaltenden Inhaftierung von Amade Abubacar wird gegen sein Recht auf ein faires und ordnungsgemäßes Verfahren verstoßen. / Ein von dem Journalisten eingereichter Antrag auf eine Freilassung unter Auflagen wies der Richter ab. Er begründete dies damit, dass Beweise, die in der polizeilichen Ermittlungsakte enthalten sind, keinerlei Zweifel an seiner Schuld ließen. Der Richter gab weiterhin an, dass Amade Abubacar im Falle einer Freilassung weitere Straftaten begehen könne und somit eine Gefahr für den sozialen Frieden darstellen würde. Die Polizei legte dem Gericht als Beweis gegen Amade Abubacar eine Liste von mutmaßlichen Mitgliedern der islamistischen Terrororganisation Al-Shabaab vor, die der Journalist bei seiner Festnahme bei sich trug. Zudem wies die Polizei darauf hin, dass der Vorgesetzte von Amade Abubacar nichts von den Interviews gewusst habe, die er durchgeführt hatte. / Amade Abubacar drohen konstruierte Anklagen wegen „öffentlicher Aufwiegelung mithilfe von elektronischen Medien“ (Paragraf 322 des Strafgesetzbuchs) und „Verletzung von Staatsgeheimnissen über soziale Medien“ (Paragraf 323 des Strafgesetzbuchs). Amnesty International befürchtet, dass er nur aufgrund seiner Arbeit als Journalist und wegen der Wahrnehmung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung unter Anklage steht.“ - Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen bis spätestens zum 7.3.2019 unter > ai : urgent action
ai : TÜRKEI
MENSCH IN GEFAHR: „Bis zu 17 Studierende der Universität Boğaziçi, die zum Teil seit bereits zwei Wochen in Polizeigewahrsam gehalten werden, weil sie gegen den türkischen Militäreinsatz in Afrin im Norden Syriens protestiert hatten, wurden am 3. bzw. 5. April vor drei Friedensgerichte in Istanbul gestellt. Die Staatsanwaltschaft hatte wegen „Propaganda für eine terroristische Organisation“ Untersuchungshaft für sie beantragt. Auf diesen Straftatbestand stehen bis zu fünf Jahre Gefängnis./ Am 3. April verhängte das Friedensgericht für Strafsachen Nr. 8 in Istanbul, das über den Antrag der Staatsanwaltschaft auf Untersuchungshaft für sieben der 17 Studierenden zu entscheiden hatte, Untersuchungshaft gegen vier Studierende, weil Kameraaufnahmen zeigten, dass ihre Münder in einer Weise geöffnet waren, die nahelegte, dass sie Parolen riefen. Dies zeige, dass sie eine aktive und andauernde Rolle in der Protestveranstaltung spielten, bei der auch Transparente mit Parolen wie „Kurdistan wird das Grab des Faschismus“, „Wir wollen keine Unterstützer_innen der Free Syria Army in unserer Universität“, „Seite an Seite gegen Faschismus“, „Der Palast will Krieg, das Volk will Frieden“ aufgehängt wurden. Das Friedensstrafgericht Nr. 6 in Istanbul, das die Fälle von acht Studierenden prüfte, verhängte ebenfalls Untersuchungshaft gegen fünf Studierende auf der Grundlage, dass sie „Transparente gehalten und Parolen gerufen haben.“ Die beiden Gerichte ließen die übrigen sechs Studierenden frei, weil Fotos darauf schließen ließen, dass sie zwar anwesend, aber nicht aktiv an dem Protest beteiligt waren. Am 5. April verhängte das Istanbuler Friedensgericht für Strafsachen Nr. 2 Untersuchungshaft gegen ein_e der am 3. und 4. April inhaftierten Studierenden und ließ die andere gegen Kaution frei./ Bei den zehn Studierenden in Untersuchungshaft handelt es sich um: Deniz Yılmaz, Yusuf Noyan Öztürk, Agah Suat Atay, Berke Aydoğan, Şükran Yaren Tuncer, Zülküf İbrahim Erkol, Esen Deniz Üstündağ, Sevde Öztürk, Kübra Sağır und Tevger Uzay Tulay. İbrahim Musab Çurabaz, Hamza Dinçer, Kültigin Demirlioğlu, Ali İmran Şirin, Denizhan Eren, Mustafa Ada Kök und Emir Eray Karabıyık wurden gegen Kaution freigelassen. / Durch die Teilnahme an der Protestveranstaltung nahmen die Studierenden lediglich ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung wahr, die im nationalen Recht und im Völkerrecht verbrieft sind.“ - Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen bis spätestens zum 18.5.2018 unter > ai : urgent action
ai : USA
MENSCH IN GEFAHR: „Sara Beltrán Hernández floh vor häuslicher Gewalt und Bandenkriminalität im November 2015 aus El Salvador in die USA, um dort bei Verwandten zu leben. Sie wird seither in einer Hafteinrichtung in Texas festgehalten, obwohl sie einen Asylanspruch hat. Sie benötigt dringend medizinische Versorgung und sollte bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag dringend auf Bewährung freigelassen werden. / Sara Beltrán Hernández befindet sich in einer Hafteinrichtung der US-amerikanischen Einwanderungs- und Zollfahndungsbehörde in Dallas im Norden von Texas und wartet auf den Gerichtsentscheid zu dem von ihr eingelegten Rechtsmittel gegen ihre Abschiebung aus den USA. Sie befindet sich seit ihrer Ankunft an der US-amerikanischen Grenze zu Mexiko am 4. November 2015 in Haft. Obwohl sie Angehörige mit US-amerikanischer Staatsangehörigkeit hat, die ihr Erscheinen bei allen zukünftigen Anhörungen sicherstellen können, verweigern ihr die US-Behörden eine Freilassung auf Bewährung und begründen dies mit Fluchtgefahr. / Sara Beltrán Hernández beantragte Asyl in den USA, weil sie ihren Aussagen zufolge in El Salvador Morddrohungen von einem Bandenführer und Bandenmitgliedern erhalten hat, die bereits Menschen getötet haben sollen. Sara Beltrán Hernández hat an Eides statt erklärt, dass sie schwere körperliche und seelische häusliche Gewalt erfahren hat und sexuell missbraucht wurde. / Laut ihrem Rechtsbeistand brach Sara Beltrán Hernández am 10. Februar 2017 in der Hafteinrichtung zusammen. Angestellte des Haftzentrums brachten sie daraufhin in das Huguley-Krankenhaus im texanischen Fort Worth. Am 13. Februar 2017 informierte sie ihren Rechtsbeistand darüber, dass bei ihr ein Gehirntumor diagnostiziert worden sei, der operativ entfernt werden müsse. Am 18. Februar, erst acht Tage nach ihrer Einlieferung ins Krankenhaus, gestattete die Einwanderungs- und Zollfahndungsbehörde Sara Beltrán Hernández, ihre Familie anzurufen. Sie sagte, sie habe inzwischen Krämpfe, Nasenbluten sowie Kopfschmerzen und Probleme klar zu denken. Sie sei aber immer noch nicht operiert worden. Am 22. Februar teilte ihr das Krankenhauspersonal mit, dass sie am 27. Februar operiert werde und brachte sie in die Hafteinrichtung zurück. / Eine Inhaftierung soll von Einwanderungsbehörden lediglich als letztes Mittel eingesetzt und jeder einzelne Fall muss begründet werden. Freilassung auf Bewährung sollte aus humanitären Gründen in den Fällen gewährt werden, in denen die Person keine Bedrohung für die öffentliche Sicherheit darstellt und keine Fluchtgefahr besteht. Da diese Vorgaben auf Sara Betrán zutreffen, sollte sie umgehend aus der Haft entlassen werden.“ — Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen, möglichst unverzüglich und nicht über den 7. April 2017 hinaus, unter > ai : urgent action
aleppo
romeo : 0.15 — Ärzte ohne Grenzen notieren am 15. Oktober 2016: „Syrische und russische Luftangriffe haben innerhalb von 24 Stunden vier Krankenhäuser im belagerten Ost-Aleppo getroffen. Eines der Krankenhäuser wurde dabei schwerbeschädigt, mindestens zwei Ärzte wurden verletzt. Auch ein Krankenwagen wurde bei den Angriffen zerstört und dessen Fahrer getötet. / Das Gesundheitssystem im belagerten Ost-Aleppo erlitt damit am 14. Oktober die schwersten Schäden seit dem Scheitern der kurzen Waffenruhe Ende September. Die Intensität der Luftangriffe auf die nordsyrische Stadt nahm in den Tagen zuvor weiter zu. / Laut der Direktion für Gesundheit sowie dem forensischen Zentrum in Ost-Aleppo starben dort zwischen dem 11. und dem 14. Oktober mindestens 62 Menschen, 467 Menschen wurden verletzt, darunter 98 Kinder. Die Zahl der Toten und Verwundeten liegt möglicherweise noch höher, denn viele Familien begraben ihre Toten selbst, ohne sie in ein Krankenhaus zu bringen. / “Die Stadt bricht immer weiter zusammen” / „Die rücksichtslosen Luftangriffe sind eindeutig noch schlimmer geworden“, sagt Carlos Francisco, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen für Syrien. „Eines der Krankenhäuser, die gestern getroffen wurden, wurde stark beschädigt. Es ist ein wichtiges chirurgisches Zentrum, das in den vergangenen Wochen schon dreimal getroffen worden ist. Die Intensität der Angriffe erstickt die wenigen medizinischen Kapazitäten, die das Gesundheitssystem in Aleppo noch hat. Die Stadt bricht immer weiter zusammen, Tag für Tag, Stunde für Stunde. Syrien und Russland zerstören die letzten Orte, an denen noch Leben gerettet werden können. Damit zeigen sie, dass sie in Ost-Aleppo jegliches Leben unmöglich machen wollen.“ / Laut Berichten von Krankenhausmitarbeitern in Ost-Aleppo wurden bei den Angriffen vom 14. Oktober zwei Ärzte verletzt, ein Lagerverwalter eines der Krankenhäuser erlitt Verbrennungen. Bislang gab es in Aleppo noch 35 Ärzte für rund 250.000 Menschen. Nur sieben von ihnen sind Chirurgen, die Kriegsverletzte operieren können. Seit dem Beginn der Belagerung des Ostteils im Juli wurden die wenigen verbliebenen Krankenhäuser 27 Mal getroffen, nicht ein einziges Krankenhaus ist bei den Luftangriffen ohne Schaden geblieben. / Nur noch elf funktionstüchtige Krankenwagen / Auch ein Krankenwagen der Nichtregierungsorganisation (NGO) Al-Scham-Humanitarian-Foundation (AHF) wurde am 14. Oktober komplett zerstört, der Fahrer wurde getötet. Die AHF stellt den Menschen in Syrien seit 2011 kostenlose medizinische Hilfe zur Verfügung. Erst einige Tage zuvor hatte die Direktion für Gesundheit berichtet, dass aufgrund der Luftangriffe sowie der fehlenden Ersatzteile nur noch elf funktionsfähige Krankenwagen in Ost-Aleppo bereitstehen. Freiwillige und NGOs nutzen einfache Fahrzeuge, um Verwundete zu transportieren. / „Wir haben es bereits gesagt und sagen es erneut: Alle Konfliktparteien müssen ermöglichen, dass schwer Verwundete und Kranke aus der Stadt gebracht werden, bevor es zu spät ist“, sagt Pablo Marco, Leiter der Nahost-Programme von Ärzte ohne Grenzen. „Überlebenswichtige Güter und medizinisches Material müssen in die Stadt gebracht werden können. Die Menschen dort leiden nicht nur unter dem anhaltenden Bombenhagel, sondern auch darunter, dass sie überhaupt keine Unterstützung erhalten.“ / Ärzte ohne Grenzen unterstützt in Ost-Aleppo alle acht verbliebenen Krankenhäuser. Landesweit unterstützt die Hilfsorganisation mehr als 150 Gesundheitszentren und Kliniken. Im Norden Syriens betreibt Ärzte ohne Grenzen selbst sechs medizinische Einrichtungen. Zu den von der syrischen Regierung kontrollierten Gebieten einschließlich West-Aleppo erhält die Organisation keinen Zugang. - stop
60.432875 : 22.158961
nordpol : 6.08 — Eine tragische Geschichte soll sich in einer kleinen, finnischen Stadt nahe Turku ereignet haben. Ich konnte mir den Namen der Stadt nicht merken, aber die Geschichte sehr wohl, die mir ein Freund erzählte, während wir gerade auf ein Flugzeug warteten. Dort oben im Norden soll der Geschichte zur Folge, eine Frau mittleren Alters nach Jahren des Schreibens bemerkt haben, dass sie wiederholt bestohlen wurde, dass man geduldig darauf wartete, dass sie etwas aufschreiben und im Internet veröffentlichen würde, dann wollte man nämlich sofort interessante und auch weniger interessante Abteilungen ihrer neu hinzugefügten Geschichte und ihre Gedanken markieren mittels eines Mauszeigers, um die in dieser markierten Abteilung befindlichen Wörter zu kopieren, sie durch Speicher eines oder mehrerer Computer zu transportieren, bis eben jene Zeichen, die gestohlene Zeichen waren, an einer weiteren Stelle im Internet unter Texten, die nicht gestohlen worden waren, zum Stillstand kommen würden. Den Zeichen selbst war niemals anzusehen, dass sie eigentlich nicht dort hingehörten, dass sie fremde Zeichen waren. Als nun die bestohlene Frau zufälligerweise bemerkte, dass sie beraubt und immer weiter beraubt worden war, wollte sie sich wehren. Sie bemühte sich um Unterstützung, sie bat ihre besten und auch weniger gute Freunde zu lesen, was sie notiert hatte, Textstellen zu vergleichen und Anklage zu erheben. Einige Tage später bereits machte sich die Frau auf den Weg in die Wälder, jemand behauptete, sie sei nicht gewandert, sondern geflohen. Jetzt, vorgestern, soll sie gefunden worden sein. Man berichtet, dass sie schweigend auf einem recht hohen Baum sitzen würde. Sie lese in Büchern, die sie mit Schnüren an Ästen des Baumes befestigt habe. Sie wolle partout nicht heruntersteigen. Es werde doch bald Winter werden. — stop
unordentliches kind
india : 0.58 — Unordentliches Kind: Jeder Stein, den es findet, jede gepflückte Blume und jeder gefangene Schmetterling ist ihm von Anfang an schon Sammlung, und alles, was es überhaupt besitzt, macht ihm eine einzige Sammlung aus. An ihm zeigt diese Leidenschaft ihr wahres Gesicht, der in den Antiquaren, Forschern, Büchernarren nur noch getrübt und manisch weiterbrennt. Kaum tritt es ins Leben, so ist es Jäger. Es jagt die Geister, deren Spur es in den Dingen wittert. Seine Nomadenjahre sind Stunden im Traumwald. Dorther schleppt es die Beute heim, um sie zu reinigen, zu festigen, zu entzaubern. Seine Schubladen müssen Zeughaus und Zoo, Kriminalmuseum und Krypta werden. Aufräumen hieße einen Bau vernichten voll stacheliger Kastanien, die Morgensterne, Stanniolpapiere, die ein Silberhort, Bauklötze, die Särge, Kakteen, die Totembäume und Kupferpfennige, die Schilder sind. Walter Benjamin. Ein Pfiff. — stop
nachts gegen drei
sierra : 3.01 — Um kurz vor drei Uhr nachts stand ich vor dem geöffneten Fenster und schaute zu den Sternen. Ich hatte die Nachricht erhalten, am Himmel über mir werde die Internationale Raumstation ISS sichtbar werden ( Time: Thu May 26 3:01 AM, Visible: 6 min, Max Height: 69°, Appears: 10° above WNW, Disappears: 11° above E ) ein Pünktchen, das sich, von der bald aufgehenden Sonne beleuchtet, rasend schnell über das Firmament bewegen würde, genau so war es berichtet worden von einem Beobachter, der mehrfach Augenzeuge gewesen sein will. Aber der Himmel war bedeckt, es regnete leicht. Wie ich mich gerade abwenden wollte, entdeckte ich eine Fliege, die auf schnurgerader Bahn mein Fenster passierte. Sie kam von rechts, also von Norden her, und ich fragte mich, wie das möglich sei, weil es doch regnete, schwere Tropfen. Kaum hatte ich meine Frage im Kopf so formuliert, dass ich sie wahrnehmen konnte, war die Fliege, ohne eine Spur zu hinterlassen, ohne einen Beweis ihrer Existenz, in der Dunkelheit verschwunden gewesen. — stop