echo : 8.15 — Drei Wochen zurück notierte ich einen Brief an Y. Ich schrieb folgenden Satz : Hast Du schon einmal Deine Hände aus der Luft betrachtet? Heute erreicht mich seine Antwort : Apollo. Apollo. stop. Begeistert etwas Zeit in Sidney Lumets Verdict verbracht. Ein herrlich spielender Newman. Feine, knisternde Glasgeräusche, als würde der Film in jedem nächsten Moment in tausend Stücke zerspringen. Kurz darauf nähert sich Maximilian Schell in Paris Marlene Dietrich. Ihre Stimme aus dem Off, die von dort ein wenig so klingt, als würde sie ein Glas Cognac getrunken haben oder zwei. Eine singende Stimme. Eine Stimme, die singt und spricht zur gleichen Zeit. Einmal will Maximilian Schell ihr eine männliche Frage stellen. Marlene Dietrich : Was isn das? — stop
Aus der Wörtersammlung: paris
körperzeit
15.35 – Körperzeit kennt nur eine Richtung. Die elektrische Wahrnehmung der Wirklichkeit, der gegenwärtigen wie der vergangenen Wirklichkeit, scheint dagegen niemals linear zu sein. Vielleicht deshalb, weil sich die Substanzen der Erinnerung wie Flüssigkeiten verhalten. Eine Ordnung hineinzudenken fordert Arbeit, ein Vorher und Nachher zu identifizieren, Konsequenz. Nie kann ich sicher sein, ob ich meine vergangene Zeit gerade wiederfinde oder ob ich eine ganz andere, nie dagewesene Zeit erfinde. — Habe einen Katalog jener Erscheinungen erstellt, die ich in der Google Earth Pixelwelt aufsuchen werde, beispielsweise Kamelkolonnen auf einer Wüstenoberfläche oder die Spuren des Krieges in der Stadt Grosny, Ground Zero, Goldgräbersiedlungen am Amazonas, meine alten Spazierwege in Paris, Eisverkäufer im Central Park, die kleine Stadt Petuschki und ihre Eisenbahn, Elephantisland, Menschenkarawanen auf dem Chomolungma, Soveto, Lampedusa, Alcatraz. — Null Uhr siebzehn in Lhasa, Tibet. — stop
flaubert
20.25 — Georges Perec zitiert Gustave Flaubert: Paris wird ein Wintergarten werden / Spaliere mit Früchten auf den Boulevards; die Seine filtriert und warm / Überfluss an künstlichen Edelsteinen – überreiche Vergoldung. Beleuchtung der Häuser – das Licht wird gespeichert werden, denn es gibt Körper, die diese Eigenschaft besitzen, wie etwa der Zucker oder das Fleisch gewisser Mollusken und der Phosphor aus Bologna. Die Häuserfassaden werden mit dieser phosphoreszierenden Substanz übertüncht werden müssen und ihre Ausstrahlung wird die Straßen hell erleuchten. | stop | Pléiade, II | stop | Endplan. | stop | Regen.
sekundengeschöpfe
20.14 — Im Haus sind alle Fernsehgeräte ausgeschaltet. Eine beinahe geräuschlose Welt. Aber da ist die Stimme einer indischen Frau in meinem Kopf, wie sie vor dem Meer stehend nach ihren Kindern ruft. Eine lange Zeit ist das her, das Meer und diese Frau. Ich scanne uralte Fotografien der Stadt Paris : Steine : Metalle : Wolken : Mäntel : schwarz und weiß und grau. Das summende Geräusch der Maschine, sobald Fotografien aus der Welt des Zelluloids in die Welt der digitalen Speicherung wandern. Ein Mann, der in der geöffneten Tür eines Metrowaggons unter Artgenossen steht. Eine junge Frau. Der Indische Ozean. Sie kniet jetzt. Sekundengeschöpfe. — stop