Aus der Wörtersammlung: sprachen

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nord­pol : 0.05 UTC — “Alek­san­dra Skoch­i­len­ko ist eine Song­wri­te­rin und Künst­le­rin aus Sankt Peters­burg. Ihr wird vor­ge­wor­fen, Preis­schil­der in ört­li­chen Super­märk­ten durch Anti­kriegs­in­for­ma­tio­nen ersetzt zu haben, dar­un­ter Infor­ma­tio­nen über die Toten durch die Bom­bar­die­rung des Thea­ters von Mariu­pol. / Der Sankt Peters­bur­ge­rin wird die “öffent­li­che Ver­brei­tung wis­sent­lich fal­scher Infor­ma­tio­nen über den Ein­satz der Streit­kräf­te der Rus­si­schen Föde­ra­ti­on und die Aus­übung der Befug­nis­se der staat­li­chen Orga­ne der Rus­si­schen Föde­ra­ti­on” gemäß dem kürz­lich hin­zu­ge­füg­ten Para­gra­fen 207.3 Absatz 2 des Straf­ge­setz­buchs vor­ge­wor­fen. / Alek­san­dra Skoch­i­len­ko ist in der Kunst­sze­ne bekannt: Sie schreibt Lie­der, ver­fasst Comic-Bücher und Car­toons, orga­ni­siert Kon­zer­te und Jam­ses­si­ons. Außer­dem hat sie das bekann­te “Buch über Depres­sio­nen” geschrie­ben, das dazu bei­trägt, das Stig­ma psy­chi­scher Erkran­kun­gen zu ver­rin­gern. Das Buch ist äußerst beliebt. Es wur­de mehr­fach neu auf­ge­legt und in meh­re­re Spra­chen über­setzt und hat vie­len Men­schen inner­halb und außer­halb Russ­lands gehol­fen. Vie­le Vide­os und Aus­stel­lun­gen wur­den durch das Buch inspi­riert.” Alek­san­dra Skoch­i­len­ko ist noch immer in Haft. Schrei­ben Sie einen Brief! — stop

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oli­mam­bo : 5.58 UTC — Vor bald 10 Jah­ren schrieb mir Leroy einen Brief auf Papier. Er notier­te: Lie­ber Lou­is, seit sechs Wochen nun bin ich online. Man kann mich lesen so oft und so lan­ge man möch­te, ohne einen Cent dafür bezah­len zu müs­sen. Das ist ein ange­neh­mes Gefühl, durch­aus. Ich hat­te die­ses Gefühl so nicht erwar­tet. Manch­mal sit­ze ich vor dem Bild­schirm und beob­ach­te mei­nen Text auf dem­sel­ben Weg, den auch ande­re neh­men, um mich lesen zu kön­nen. Ich bin begeis­tert davon, dass ich dem Text nicht anzu­se­hen ver­mag, ob ihn gera­de in die­sem Moment ande­re Augen betrach­ten, weil es doch der­sel­be Text mit dem­sel­ben Ursprung ist. Ich wer­de noch dahin­ter­kom­men, bis dahin wun­de­re ich mich wei­ter. Ges­tern war Sin­ger zu Besuch, der sich aus­kennt in digi­ta­len Din­gen. Er frag­te, ob ich ihm sagen kön­ne, wie vie­le Men­schen denn mei­ne elek­tri­schen Tex­te besuch­ten. Ich erzähl­te ihm, dass ich selbst­ver­ständ­lich Nach­richt davon erhal­ten habe. Ich genie­ße, sag­te ich, die Auf­merk­sam­keit eini­ger Leser in Island, Ame­ri­ka, Togo, Deutsch­land, der Schweiz, den Nie­der­lan­den, Chi­na, Eng­land, Frank­reich, Marok­ko, Spa­ni­en. Man­che kom­men häu­fig und lesen, sie kom­men stünd­lich vor­bei, auf die Sekun­de genau, ande­re eher sel­ten, als wür­de sie mich gele­sen haben und sofort wie­der ver­ges­sen. Ich hol­te uns am Kiosk eine Limo­na­de, wäh­rend Sin­ger sich mit mei­nen Log­files beschäf­tig­te. Als ich zurück­kam, hör­te ich Sin­ger lachen, in dem Moment genau, da ich die Tür öff­ne­te, hör­te ich Sin­ger lachen. Dann hör­te er auf, und wir spra­chen über Kak­teen und ihre Win­ter­blü­te, und dass er bald wie­der für eini­ge Mona­te nach Mana­ro­la rei­sen wür­de, wo es mild sei im Win­ter. Kurz dar­auf schlief ich ein. Ich erwach­te vom Lärm vie­ler Stim­men. Auf der Stra­ße lie­fen Men­schen hin und her, es war frü­her Nach­mit­tag, ich wuss­te, dass die Nacht für mich zu Ende war. Heu­te ist also Sonn­tag. Ich grü­ße Dich. Dein Leroy. — Das Radio erzählt, die Stadt Mariu­pol sei nun für immer und ewig eine rus­si­sche Stadt. Selt­sa­me Sache. - stop
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ai : RUSSISCHE FÖDERATION

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MENSCH IN GEFAHR: „Am 11. April durch­such­te die Poli­zei die Woh­nung von Alek­san­dra Skoch­i­len­ko, nahm sie fest und ver­hör­te sie bis 3 Uhr des 12. April. Am 13. April ver­häng­te das Bezirks­ge­richt Vasi­le­ostrovs­ky in Sankt Peters­burg Unter­su­chungs­haft bis zum 1. Juni 2022 gegen sie. Es ist wahr­schein­lich, dass die Unter­su­chungs­haft ver­län­gert wird. / Alek­san­dra Skoch­i­len­ko lei­det an Zöli­a­kie, einer gene­ti­schen Glu­ten­in­to­le­ranz. Wenn sie glu­ten­hal­ti­ge Nah­rung zu sich nimmt, kann das den Beginn eines Organ­ver­sa­gens, Krebs oder Auto­im­mun­erkran­kun­gen ver­ur­sa­chen. Amnes­ty Inter­na­tio­nal hat erfah­ren, dass Alek­san­dra Skoch­i­len­ko in der Unter­su­chungs­haft­ein­rich­tung kei­ne glu­ten­frei­en Nah­rungs­mit­tel erhält und ihrer Fami­lie nicht gestat­tet wird, ihr die­se zu schi­cken. / Alek­san­dra Skoch­i­len­ko ist eine Song­wri­te­rin und Künst­le­rin aus Sankt Peters­burg. Ihr wird vor­ge­wor­fen, Preis­schil­der in ört­li­chen Super­märk­ten durch Anti­kriegs­in­for­ma­tio­nen ersetzt zu haben, dar­un­ter Infor­ma­tio­nen über die Toten durch die Bom­bar­die­rung des Thea­ters von Mariu­pol. / Der Sankt Peters­bur­ge­rin wird die “öffent­li­che Ver­brei­tung wis­sent­lich fal­scher Infor­ma­tio­nen über den Ein­satz der Streit­kräf­te der Rus­si­schen Föde­ra­ti­on und die Aus­übung der Befug­nis­se der staat­li­chen Orga­ne der Rus­si­schen Föde­ra­ti­on” gemäß dem kürz­lich hin­zu­ge­füg­ten Para­gra­fen 207.3 Absatz 2 des Straf­ge­setz­buchs vor­ge­wor­fen. / Alek­san­dra Skoch­i­len­ko ist in der Kunst­sze­ne bekannt: Sie schreibt Lie­der, ver­fasst Comic-Bücher und Car­toons, orga­ni­siert Kon­zer­te und Jam­ses­si­ons. Außer­dem hat sie das bekann­te “Buch über Depres­sio­nen” geschrie­ben, das dazu bei­trägt, das Stig­ma psy­chi­scher Erkran­kun­gen zu ver­rin­gern. Das Buch ist äußerst beliebt. Es wur­de mehr­fach neu auf­ge­legt und in meh­re­re Spra­chen über­setzt und hat vie­len Men­schen inner­halb und außer­halb Russ­lands gehol­fen. Vie­le Vide­os und Aus­stel­lun­gen wur­den durch das Buch inspi­riert. / Am 20. April hieß es, dass sich Alek­san­dra Skoch­i­len­kos Gesund­heits­zu­stand durch das Feh­len glu­ten­frei­er Nah­rungs­mit­tel ver­schlech­tert habe. Am 21. April teil­te ihr Rechts­bei­stand Amnes­ty Inter­na­tio­nal mit, dass die Haft­an­stalt ihr schließ­lich erlaubt habe, ein Lebens­mit­tel­pa­ket ihrer Fami­lie zu erhal­ten, das ihrer glu­ten­frei­en Ernäh­rung entsprach./ Am 23. April wur­de sie von einer pro­vi­so­ri­schen Haft­an­stalt in ein Unter­su­chungs­ge­fäng­nis gebracht./ Nach einem Besuch bei Alek­san­dra Skoch­i­len­ko in der Unter­su­chungs­haft­an­stalt am 25. April berich­te­te einer der Rechts­bei­stän­de, dass sich ihr Gesund­heits­zu­stand ver­schlech­tert habe. Sie kann nichts essen, da sie nicht das für sie erfor­der­li­che glu­ten­freie Essen erhält und ihre Fami­lie ihr auch kein Essen schi­cken darf. Sie fühlt sich die meis­te Zeit über schwach. Sie erzähl­te auch, dass sie von den Wärter_innen der Haft­an­stalt und ihren Zellengenoss_innen unter Druck gesetzt wur­de.“ — Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen sowie emp­foh­le­ne schrift­li­che Aktio­nen unter »> ai : urgent action

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stimmen

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vic­tor : 6.52 UTC — Seit ich ges­tern, gegen den Mor­gen zu, erfah­ren habe, dass Buckel­wa­le zur Paa­rungs­zeit über eine Spra­che ver­fü­gen, die ein­fa­chen mensch­li­chen Spra­chen ähn­lich ist, immer wie­der die Fra­ge, was ich unter einer ein­fa­chen mensch­li­chen Spra­che ver­ste­hen soll­te, die atem­lo­se Spra­che der Lust viel­leicht oder die Spra­che der Chat­räu­me? Ob eine die­ser mensch­li­chen Spra­chen viel­leicht geeig­net wäre, sich mit­tels einer Pro­ze­dur der Über­set­zung von Wal zu Mensch zu ver­stän­di­gen? Wir könn­ten uns vom Land und von der Tief­see erzäh­len. Eine gran­dio­se Vor­stel­lung, auf hoher See Luft per­lend vor einem Wal zu schwe­ben und zu war­ten und zu wis­sen, dass er gleich, nach ein wenig Denk­zeit, zu mir spre­chen wird. Etwas also sagen oder sin­gen, das nur für mich bestimmt ist. Viel­leicht eine Fra­ge: Wie heißt Du, mein Freund? Oder: Ich hör­te von Bäu­men! — Das Radio erzählt heu­te von Kin­dern, die den Tod ihrer Eltern anse­hen müss­ten. Ein Mäd­chen habe, so das Radio, mit den Leich­na­men ihres Vaters und ihrer Mut­ter meh­re­re Tage in einem Kel­ler ver­bracht, ehe sie ent­deckt und befreit wor­den sei. — stop

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chicago

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echo : 15.12 UTC — Am Ende jeden Tages eine Auf­ga­be notie­ren, die sofort nach Schlaf­zeit zu tun ist, zum Bei­spiel: Natha­lie Sar­rau­tes Kind­heit lesen. Oder: 1 Par­tic­les schrei­ben, wel­ches? Oder eine Roman­se­quenz stu­die­ren: Dave Eggers Zeit­o­un. Ein brü­tend hei­ßer Tag. Lud­wig rief an, ja, der Lud­wig, die­ser ner­vö­se, freund­li­che Mann, der seit Jah­ren von einer klei­nen Erb­schaft lebt, die ihm sei­ne Mut­ter hin­ter­ließ, etwas Geld also für beschei­de­nes Leben, sowie ein Kabi­nett voll grau­sa­mer Erin­ne­run­gen. Lud­wig berich­tet, er habe nun 580 Mas­ken der Schutz­klas­se FFP2 zur Ver­fü­gung, ein Vor­rat, gelie­fert von der Post nach un d nach, der für vie­le Jah­re aus­rei­chend sein könn­te, wenn man bedenkt, dass Lud­wig nur ein oder zwei Male in der Woche für kur­ze Zeit sei­ne Woh­nung ver­lässt. Er trägt wun­der­schö­ne Schu­he, ich wür­de Lud­wig sofort anhand sei­ner Schu­he erken­nen. Auch sei­ne Schu­he lie­fert die Post. Im Grun­de, das ist denk­bar, wur­de Lud­wigs Leben durch die Pan­de­mie nur unwe­sent­lich ver­än­dert. Das Leben drau­ßen war bereits sehr gefähr­lich, als das Virus noch nicht exis­tier­te, als das Virus nur eine Idee gewe­sen war. Lud­wigs Geld könn­te an Wert ver­lie­ren, dar­über haben wir nicht gespro­chen, aber über den Klang der Was­ser­spra­chen. — stop

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nachtfeuer

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gink­go : 2.33 UTC — Ich wähl­te mei­ne eige­ne Tele­fon­num­mer, ich woll­te mich in die­ser Wei­se erkun­di­gen, ob mei­ne Woh­nung noch exis­tier­te. Ich dach­te, wenn mei­ne Woh­nung viel­leicht unter Was­ser stün­de oder in Brand gera­ten sei, da wäre auch mein Tele­fon selbst schwer betrof­fen, dem­zu­fol­ge müss­te, wenn mein Tele­fon sich mit einem lang­sa­men Frei­zei­chen mel­den wür­de, eine Aus­sa­ge mög­lich sein wie die­se in etwa: Weder Was­ser noch Feu­er! Ich lausch­te ein oder zwei Minu­ten jenem beru­hi­gen­den Ton­zei­chen, plötz­lich aber mel­de­te sich eine Stim­me: Ja bit­te? Das war nun mei­ne eige­ne Stim­me gewe­sen, die sich mel­de­te und behaup­te­te, gera­de erst auf­ge­wacht zu sein. Es ist noch Nacht, sag­te mei­ne Stim­me, und ich sag­te noch, Du hörst Dich an, als wäre ich es selbst, der sich mel­de­te. Kann ich nur bestä­ti­gen, ant­wor­te­te die Stim­me, die mei­ne Stim­me zu sein schien, das machst Du gut! Ist alles in Ord­nung, frag­te ich? Ich habe über­legt, ob viel­leicht ein Brand aus­ge­bro­chen sein könn­te wegen Ver­gess­lich­keit, oder Was­ser bis an die Decke wegen Ver­gess­lich­keit. Eini­ge Minu­ten lang spra­chen wir noch über das Wet­ter, es reg­ne­te da und dort, und dar­über, dass wir viel­leicht nicht ganz wach gewe­sen waren, als wir tele­fo­nier­ten. — stop

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kleiner mann

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nord­pol : 18.16 UTC — Eine Samm­lung von Ker­zen am Ende eines Bahn­stei­ges, Samm­lung von Rosen, Nel­ken, Tul­pen, hun­der­te Sträu­ße und Brie­fe in allen mög­li­chen Far­ben und Spra­chen: Mach’s gut, klei­ner Mann! Immer wie­der die­ser Satz, es leuch­tet auch am Tag, und Men­schen erschei­nen oder blei­ben ste­hen. Sie sind still, weil ein Kind von einem Zug über­fah­ren wur­de, weil ein ver­wirr­ter Mann das Kind vor einen Zug gesto­ßen hat­te, ein Mann, der in Afri­ka gebo­ren wur­de, wes­we­gen auch böse Per­so­nen immer wie­der ein­mal böse Sät­ze über Haut­far­ben und Men­schen aus der Frem­de sagen. Meist aber ist es still, auch des­halb, weil die Foto­ap­pa­ra­te heut­zu­ta­ge Tele­fo­ne sind, die sich auch wie Foto­ap­pa­ra­te beneh­men, man hört nicht, wenn sie das Licht ein­fan­gen. Es wird viel foto­gra­fiert, viel­leicht weil es hier berührt, hun­der­te Ted­dy­bä­ren. Eine Frau, sie trinkt aus einer klei­nen Fla­sche Cognac, neben ihrem Roll­stuhl kau­ert ein Hund. Die Frau sieht elend aus, weint: Das arme Kind, sagt sie, und dass die hier foto­gra­fie­ren, das auch noch. Furcht­bar ist das. Dann fährt sie davon, sehr dicht an der Bahn­steig­kan­te ent­lang, Tage spä­ter ist vor Ort nichts mehr zu sehen, aber die Bil­der in digi­ta­len Kam­mern, auch vom Jun­gen, vom klei­nen Mann, ein Bild, eine Fäl­schung. — stop
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india : 8.15 UTC — Ein­mal, und in der ver­gan­ge­nen Nacht wie­der, im Traum eine Not­la­dung nach einem Flug dicht über das Was­ser hin über den Atlan­tik in einer Wild­nis vor New York. Wir wer­den eva­ku­iert, ich ver­ges­se im bren­nen­den Flug­zeug Kof­fer und Papie­re. Bin plötz­lich ein Nie­mand, einer, der in einem Bett liegt, in einem Zim­mer, in wel­chem sich Men­schen vor Bil­dern bewe­gen, die sie betrach­ten und bespre­chen. Auch ich bin ein Bild, wer­de dis­ku­tiert, darf mich nicht bewe­gen, kann Sprech­spra­chen nicht ver­ste­hen. — stop

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im juli

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echo : 0.10 UTC — Ein­mal, vor einem Jahr prä­zi­se, ging ich im Haus der alten Men­schen her­um. Da waren geöff­ne­te Türen, und da schau­te ich hin­ein in die Zim­mer. Ich beob­ach­te­te einen alten Mann, der vor sei­nem Roll­stuhl knie­te, und eine alte Dame mit schloh­wei­ßem Haar, die lag wie ein Mäd­chen, mit weit von sich gestreck­ten Armen und Bei­nen im Bett wie in einer Som­mer­wie­se. An einem wei­te­ren Tag beob­ach­te­te ich ein Bett, in des­sen Kis­sen­tie­fe ein klei­ner Mensch ruhen muss­te. Nur Hän­de waren von ihm zu sehen, die sich beweg­ten, die Schat­ten war­fen, die spiel­ten oder mit der Luft spra­chen, Stun­de um Stun­de, Tag für Tag. — Und jetzt ist ein Jahr spä­ter gewor­den, es ist Novem­ber, es ist Zeit zu berich­ten, dass der klei­ne unsicht­ba­re Mensch im August gestor­ben ist. Viel­leicht ist er an den Wir­kun­gen der Zeit gestor­ben oder aber in sei­nem Bett an den Fol­gen eines ohren­be­täu­ben­den Lärms, der auf ihn ein­wirk­te mona­te­lang, weil man das Haus über ihm um ein Dach­ge­schoss erwei­ter­te, wäh­rend er noch immer in sei­nem Bett lag. Aber das ist natür­lich nur eine Ver­mu­tung öder eine Befürch­tung oder eine Behaup­tung, nichts wei­ter. — stop

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mercato

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echo : 22.08 UTC — Immer der Nase ent­lang spa­zier­te ich zum Markt, wo nach­mit­tags See­mö­wen stol­zier­ten über den Boden, den sie längst so gründ­lich durch­sucht hat­ten, dass Fisch gera­de noch als Erin­ne­rung feins­ter Mole­kü­le in der Luft zu fin­den war. Da lag noch etwas Eis auf dem Boden, erstaun­lich. In die­sem Augen­blick erin­ner­te ich mich an einen frü­hen Mor­gen vor vie­len Jah­ren. Ich trat damals zur Zeit der Däm­me­rung auf den Mar­kus­platz. So dicht ruh­te Nebel über der Lagu­ne, dass ich nur weni­ge Meter weit sehen konn­te. Ich ging sehr vor­sich­tig vor­an. Vor einem Kaf­fee­haus hielt ich an, setz­te mich auf einen Stuhl und war­te­te. Im Luft­was­ser­zim­mer, in dem ich Platz genom­men hat­te, hör­te ich Stim­men von Män­nern, die mit­ein­an­der spra­chen. Auch waren immer wie­der Pfif­fe zu hören, wie Rada­re oder Signal­tö­ne. Es waren Män­ner mit ver­mut­lich Rei­sig­be­sen, die den rie­si­gen Platz kraft ihrer Arme und Hän­de feg­ten. Auch Melo­dien waren zu hören gewe­sen. Ich war­te­te unge­fähr eine Stun­de und lausch­te. Nie habe ich einen die­ser Män­ner gese­hen, aber ich habe von ihnen viel­fach erzählt. Es scheint über­haupt die Zeit, da man sich in Vene­dig noch ver­lau­fen konn­te, vor­über zu sein für alle Men­schen, die über eine Schreib­ma­schi­ne mit GPS-Ver­bin­dung ver­fü­gen. Es ist, glaubt mir, ein Ver­gnü­gen, die­se Radar­schreib­ma­schi­ne aus­zu­schal­ten und los­zu­ge­hen und nach da und dort zu lau­fen, stets in dem Glau­ben, man wüss­te, wo man sich befin­det. Es bleibt dann nichts wei­ter zu tun, als nach einer hal­ben Stun­de die Schreib­ma­schi­ne her­vor­zu­ho­len und nach­zu­se­hen und sich zu wun­dern und zu freu­en. — stop
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