Aus der Wörtersammlung: uhr

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papiere

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23.30 — Ob es viel­leicht mög­lich ist, Papie­re zu erfin­den, die ess­bar sind, nahr­haft und gut ver­dau­lich? Man könn­te sich in einen Park set­zen, bei­spiels­wei­se und etwas Chat­win beob­ach­ten oder Lowry oder Cal­vi­no, Bücher, die Sei­te für Sei­te nach bel­gi­schen Waf­feln schmeck­ten, nach Bir­nen, Gin, Petro­le­um oder sehr fei­nen Höl­zern. Einen spe­zi­el­len Duft schon in der Nase, wird die ers­te Sei­te eines Buches gele­sen, und dann blät­tert man die Sei­te um und liest wei­ter bis zur letz­ten Zei­le, und dann isst man die Sei­te auf, ohne zu zögern. Oder man könn­te zunächst das ers­te Kapi­tel eines Buches durch­kreu­zen, und wäh­rend man kurz noch die Geschich­te die­ser Abtei­lung reka­pi­tu­liert, wür­de man Stür­me, Per­so­nen, Orte und alle Anzei­chen eines Ver­bre­chens ver­spei­sen, dann bereits das nächs­te Kapi­tel eröff­nen, wäh­rend man noch auf dem Ers­ten kaut. Man könn­te also, eine Biblio­thek auf dem Rücken, für ein paar Wochen eisi­ge Wüs­ten durch­strei­fen oder ein paar sehr hohe Ber­ge bestei­gen und abends unter dem Gas­licht in den Zel­ten lie­gen und lesen und kau­en und wür­de von Nacht zu Nacht leich­ter und leich­ter wer­den. – Sechs Uhr drei­ßig in Nay­py­idaw, Bur­ma. Mor­gen­däm­me­rung. — stop

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fjorde

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3.15 — Höl­zer­ne Schritt­ge­räu­sche, als wür­de ich über eine Marim­ba gehen. Hoch über Wol­ken­fjor­den, eine Ebe­ne. Kräf­ti­ge, von der Arbeit ste­ti­ger Win­de gegen den Boden gezwun­ge­ne, feu­er­ro­te Ahorn­bäu­me. Eine uralte stei­ner­ne Stra­ßen­bahn, die stei­ner­nen Rauch aus­stößt, fährt auf stei­ner­nen Schie­nen unter stei­ner­nen Bäu­men hin und her. Leucht­bir­nen von glü­hen­der Lava. — Bin vor dem Schreib­tisch ein­ge­schla­fen. Kurz nach 3 Uhr von Regen­ge­räu­schen geweckt. Ste­he auf. Lau­fe ein wenig von Zim­mer zu Zim­mer. Höre etwas Monk. Schnei­de Ing­wer für den Tee. Sor­tie­re Ton­bän­der. Notie­re Wort­bo­jen. — Sinus­kno­ten. — Venen­stern. — Pyra­mi­den­bahn. — Wie ver­dammt gut die Luft heut riecht. – Zehn Uhr fünf­zehn in Nay­py­idaw, Bur­ma. — stop

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licht und dunkel

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1.25 — Das Licht mei­ner Schreib­tisch­lam­pe. Das Licht mei­ner Uhren. Das Licht, das vom Bild­schirm kommt. Das Dioden­licht mei­ner Musik­ma­schi­nen. Der Licht­ne­bel der Stadt unter den Wol­ken. Das mensch­li­che Licht wird über­haupt erst sicht­bar, sobald Dun­kel gewor­den ist. — stop

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luftbeben

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2.15 — Heu­te Nacht, weiß der Him­mel war­um, knis­tern die Wän­de mei­ner höl­zer­nen Zim­mer. Viel­leicht ist der Boden unter der Stadt nach Nor­den vor­ge­rückt, und ich höre in die­sen Stun­den das Nach­fe­dern des Hau­ses. Oder aber feins­te Sub­stan­zen der Luft sind in elek­tri­scher Bewe­gung, weil hin­ter den wan­dern­den Erd­ma­gne­ten bereits Win­ter wird. Um eins gehe ich aus dem Haus. Um zwei bin ich zurück. Jetzt ist es fünf­zehn Minu­ten spä­ter und in New York gera­de kurz nach sie­ben Uhr Abend, bes­te Zeit einen klei­nen Imbiss zu mir zu neh­men. Dann wie­der an die Arbeit. Habe noch ein paar Namen zu erfin­den. Geräu­sche, sagen wir: — Bur­ma 8. Man­drill. Sub­se­ven. Mila­n­o­ma­ki. — Gern würd ich die kom­men­den 500 Jah­re über­le­ben. — stop

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kartäusernelke

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2.30 — Unter dem Begriff Kar­täu­ser­nel­ke notiert Wal­ter Ben­ja­min, dass dem Lie­ben­den der gelieb­te Mensch immer ein­sam erschei­ne. – Ein selt­sa­mer, ein geheim­nis­vol­ler Gedan­ke. – stop

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luren

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12.55 — Das Wort l u r e n : ein zunächst opti­sches Wort, dann ein Zei­chen­satz, der in mei­nem Gehirn einen akus­ti­schen Ein­druck erzeugt. Genau dort, zwölf Uhr drei­ßig, im Papier­licht Duft plötz­lich von gebrann­ten Man­deln, war­um? — stop
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