Aus der Wörtersammlung: licht

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vom radieren

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romeo : 22.41 UTC — Zur Gat­tung der Radier­kä­fer ist Fol­gen­des zu sagen: Sie wur­de unlängst an einem Sonn­tag auf Posi­ti­on 50°06’54.7“N 8°38’47.5“E in 160 Meter Höhe gegen 20 Uhr und 12 Minu­ten ent­deckt. Es han­delt sich um Lebe­we­sen, die ihrer Erschei­nung nach Klopf- oder Nage­kä­fern ( Ptin­i­dae) ähn­lich sind, von dun­kel­ro­ter Kör­per­far­be und blau­em Augen­licht. Radier­kä­fer tra­gen ihre Namen des­halb, weil sie sehr ger­ne radie­ren. Sobald man näm­lich ein Blatt Papier vor einen Radier­kä­fer hin oder in sei­ner Nähe ablegt, wird sich der Käfer dar­auf zube­we­gen, um sofort damit zu begin­nen, Schrift oder ande­re Zei­chen, gleich ob sie nun mit Blei­stift oder Tin­te auf­ge­tra­gen wur­den, zu ver­til­gen, indem das Mate­ri­al ras­pelnd von der Ober­flä­che der Papie­re abge­tra­gen wird. Indes­sen schei­nen sich Käfer­we­sen jener Gat­tung tat­säch­lich aus­schliess­lich an Zei­chen­ma­te­ria­li­en zu ori­en­tie­ren, an Auf­trag oder Ein­trag, unbe­schrif­te­te Papie­re wer­den zwar unter­sucht, aber nicht wei­ter in die Tie­fe gehend behan­delt. Ein oder zwei­mal täg­lich hin­ter­lässt der Käfer sehr klei­ne, zylin­der­för­mi­ge Kör­per, die sehr dicht zu sein schei­nen. Wei­te­re Beob­ach­tungs­zeit wur­de avi­siert. — stop

ping

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lebenszeichen

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india : 11.28 UTC — Da sind Ther­mo­me­ter­werk­zeu­ge, 5 + 1, zur Mes­sung der Tem­pe­ra­tu­ren eines Zim­mers. Und fla­ckern­des Regen­licht, das von den Fens­tern her kommt. Ein Com­pu­ter­bild­schirm, in dem sich der Com­pu­ter selbst befin­det, zuletzt vor fünf Jah­ren ange­schal­tet. Auf dem Schreib­tisch ruhen ana­to­mi­sche Bücher, gedruckt in den 20er Jah­ren des ver­gan­ge­nen Jahr­hun­derts, bit­te­rer Duft steigt auf, sobald sie geöff­net sind. Das Hand­buch eines Opel-Rekord und eine Blech­do­se, drin sind Lie­bes­brie­fe: Mei­ne Liebs­te, wie ich mich nach Dir seh­ne! Eine Zigar­ren­schach­tel wei­ter­hin vol­ler Brief­mar­ken des deut­schen Rei­ches, die der Jun­ge noch sam­mel­te. Ein Kin­der­buch: Zwei Pin­gui­ne win­ken. Ein Gerät, das den Strom zu ver­mes­sen ver­mag, haar­dün­ner Zei­ger. Eine Kar­te der Stadt Lis­sa­bon und Fahr­kar­ten einer Stra­ßen­bahn, die in Lis­sa­bon noch immer anzu­tref­fen ist. Zwei Men­schen waren dort, die Lis­sa­bon lieb­ten. Dem Jun­gen, der Lis­sa­bon spä­ter ein­mal lie­ben soll­te, gehör­ten zwei Schul­bü­cher, er wird spä­ter ein Dok­tor der Phy­sik und ein Ver­eh­rer And­rei Sacha­rows. Sein Vater war Arzt gewe­sen, des­halb auch Skal­pel­le auf rotem Samt und eine Schach­tel, in wel­cher sich Objekt­trä­ger befin­den. Dort Spu­ren, die gelb­lich schim­mern. Und Dioden und Wider­stän­de und Rechen­ker­ne auf Pla­ti­nen geschraubt. Auch Luft­post­brie­fe, die ein jun­ger Stu­dent an sich selbst oder sei­ne Gelieb­te notier­te, da waren sie noch nicht nach Lis­sa­bon gereist, präch­ti­ge Mar­ken und Stem­pel und Son­der­wert­zei­chen der Bal­lon­post zu einer Zeit, als Express­brie­fe noch durch Eil­bo­ten zuge­stellt wor­den waren. Eine Film­do­se und noch eine Film­do­se, die man nicht wagt im Regen­licht zu öff­nen. Auf einem Dia ist sehr klein eine jun­ge Frau zu erken­nen, die vor dem World Trade Cen­ter in New York steht. Sie ist dem Auge ihres Soh­nes sofort bekannt. In einer Klad­de ver­schnürt, Blät­ter eines Her­ba­ri­ums: Schlüs­sel­blu­me von Blei­stift­be­schrif­tung umge­ben, das war alles notiert am 24. VIII 1904. Auch zwei Funk­an­ten­nen wie Füh­ler eines Insek­tes ohne Strom. Eine Post­kar­te ist da noch und immer noch Regen drau­ßen vor den Fens­tern. Auf der Post­kar­te steht in gro­ßen Buch­sta­ben rot umran­det ver­merkt: Lebens­zei­chen von L.K. aus der Brau­bach­stra­ße / 8. II. 44: Mei­ne Lie­ben! Wir sind gesund und unbe­schä­digt. Marie & Fami­lie. — stop

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kleiner mann

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nord­pol : 18.16 UTC — Eine Samm­lung von Ker­zen am Ende eines Bahn­stei­ges, Samm­lung von Rosen, Nel­ken, Tul­pen, hun­der­te Sträu­ße und Brie­fe in allen mög­li­chen Far­ben und Spra­chen: Mach’s gut, klei­ner Mann! Immer wie­der die­ser Satz, es leuch­tet auch am Tag, und Men­schen erschei­nen oder blei­ben ste­hen. Sie sind still, weil ein Kind von einem Zug über­fah­ren wur­de, weil ein ver­wirr­ter Mann das Kind vor einen Zug gesto­ßen hat­te, ein Mann, der in Afri­ka gebo­ren wur­de, wes­we­gen auch sehr böse Per­so­nen immer wie­der ein­mal böse Sät­ze über Haut­far­ben und Men­schen aus der Frem­de sagen. Meist aber ist es still, auch des­halb, weil die Foto­ap­pa­ra­te heut­zu­ta­ge Tele­fo­ne sind, die sich auch wie Foto­ap­pa­ra­te beneh­men, man hört nicht, wenn sie das Licht ein­fan­gen. Es wird viel foto­gra­fiert, viel­leicht weil es hier berührt, hun­der­te Ted­dy­bä­ren. Eine Frau, sie trinkt aus einer klei­nen Fla­sche Cognac, neben ihrem Roll­stuhl kau­ert ein Hund. Die Frau sieht elend aus, weint: Das arme Kind, sagt sie, und dass die hier foto­gra­fie­ren, das auch noch. Furcht­bar ist das. Dann fährt sie davon, sehr dicht an der Bahn­steig­kan­te ent­lang, Tage spä­ter ist vor Ort nichts mehr zu sehen, aber die Bil­der in digi­ta­len Kam­mern, auch vom Jun­gen, vom klei­nen Mann, ein Bild, eine Fäl­schung. — stop
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paperwhite

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echo : 15.12 UTC — Esme­ral­da erzähl­te im Zug zur Arbeit, sie lese schon seit drei Jah­ren an einem Buch in ihrem Kind­le “Paper­white” Lese­ge­rät, das von Rei­sen durch die Stadt New York erzäh­le. Du liest lang­sam, fra­ge ich. Nein, ant­wor­te­te Esme­ral­da, ich bin eine geüb­te Lese­rin, ich glau­be, ich wer­de immer schnel­ler. Das Buch ist wohl sehr umfang­reich, fuhr ich fort, wer hat es denn geschrie­ben, woll­te ich wis­sen. Ein Spa­zier­gän­ger namens L., sag­te sie, es heißt, das Buch sei noch gar nicht fer­tig, son­dern wür­de immer wei­ter fort geschrie­ben, wäh­rend ande­re es bereits lesen. Das ist eine gute Erklä­rung, ant­wor­te­te ich, kann ich ein­mal sehen? Esme­ral­da reich­te mir das Lese­ge­rät, das leicht war wie eine Tafel Pop­corn­scho­ko­la­de, dort tat­säch­lich schö­nes Papier­licht wie geschäl­ter Reis. Ich las: Frei­tag. Es ist Frei­tag gewor­den. Fah­re im Zug der Sta­ten Island Rail­way ans Ende der Welt durch bors­ti­ge Land­schaft. Ort­schaf­ten, die sich ähn­lich sind, Häu­ser von Holz, ein oder zwei Stock­wer­ke hoch, hel­le Far­ben, Gär­ten, klein und von Holz­wän­den umzäunt, als woll­ten die Bewoh­ner die­ser selt­sa­men Gegend ein­an­der nicht sehen, nicht hören. Kirch­turm­spit­zen, Tank­stel­len, Fabri­ken, Stra­ßen ohne Ende, eine eiser­ne Wild­nis, in wel­cher Öltanks und Schrott­ber­ge wie Pil­ze aus kar­gen Wäl­dern wach­sen. Durch die­se Men­schen­land­schaft schau­kelt der Zug, dass man sich fest­hal­ten muss. Auf einem Schiffs­dock liegt ein Schau­fel­rad­damp­fer, den ich sofort mit mir neh­men wür­de, wenn ich ihn in mei­ne Hosen­ta­sche ste­cken könn­te. Frie­ren­de Men­schen stei­gen ein und frie­ren wei­ter. Aus einer Tasche ragt die damp­fen­de Schwanz­flos­se eines gekoch­ten Fisches. Kon­duk­teu­re wan­dern von Abteil zu Abteil, schla­gen Eis von den Türen. Und da ist die­ser wil­de Kerl, läuft rufend und sin­gend im Wagon auf und ab. Gefro­re­ne Möwen fal­len vom Him­mel. Tomp­kins­vil­le. Gre­at Kills. Atlan­tic. - stop
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ein mann wird belichtet

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char­lie : 20.26 UTC — Ein­mal, vor zwölf Jah­ren, habe ich eine merk­wür­di­ge Per­son erfun­den, einen Mann, der vor einer schwe­ren, mecha­ni­schen Schreib­ma­schi­ne sitzt. Er notiert, ohne ein Farb­band ein­ge­legt zu haben. Dann nimmt er das Papier aus der Maschi­ne und macht den Ein­druck der Zei­chen­sät­ze sicht­bar, in dem er mit einem Blei­stift das Papier ver­dun­kelt. Es ist viel­leicht des­halb so gekom­men, weil der Mann sei­ne Schreib­ma­schi­ne nicht auf­ge­ben moch­te, ein Lebe­we­sen, für das seit lan­ger Zeit kein Farb­band mehr auf­zu­fin­den ist. Die Exis­tenz die­ses Man­nes scheint Jahr für Jahr wahr­schein­li­cher gewor­den zu sein. — stop

ping

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stille

Waldspaziergang

echo : 15.02 UTC — Still im Wald an einem war­men Som­mer­tag. Das Licht der Son­ne streif­te durch Blatt­dä­cher der Bäu­me, die sich kaum noch beweg­ten, viel­leicht weil die Bäu­me durs­tig waren. Da und dort ein Fal­ter weiß oder oran­ge oder gelb, die waren schon immer zu lei­se gewe­sen im Flug für mei­ne Men­schen­oh­ren. Zwei Käfer, schwarz und rund, knis­ter­ten über den Weg, Blät­ter­ra­scheln, nur eine Vor­stel­lung, unter ihren Kral­len­fü­ßen. Kei­ne Flie­gen in der Luft, nicht eine ein­zi­ge Flie­ge, aber zwei Vögel, in der ers­ten Stun­de mei­nes Spa­zier­gan­ges im stil­len Wald der eine Vogel, und in der zwei­ten Stun­de mei­nes Spa­zier­gan­ges im stil­len Wald, ein zwei­ter Vogel. Auch kei­ne Amei­sen weit und breit, kei­ne Lauf­kä­fer kei­ne Gril­len, kei­ne Zika­den. Und die Vögel, die ich beob­ach­te­te, waren stumm, viel­leicht weil sie durs­tig oder hung­rig waren. Ich setz­te mich auf eine Bank und beob­ach­te­te das Licht der Son­ne, das nach mir such­te. Ich hol­te mei­ne fla­che Radio­schreib­ma­schi­ne aus der Tasche, such­te in der digi­ta­len Sphä­re nach Geräu­schen des Wal­des, die kürz­lich noch zu hören gewe­sen waren. Das Radio und der Wald. Eine Stil­le wie Wüs­te. — stop

Waldspaziergang

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nachts

pic

sier­ra : 3.02 — Lou­is bat mich, eine Geschich­te zu erzäh­len vom Glück als ich noch ein Kind gewe­sen war. Ich muss­te nicht lan­ge über­le­gen. Ich sag­te, dass ich abends, sobald das Licht in mei­nem Zim­mer aus­ge­schal­tet wur­de, heim­lich in mei­nen Büchern gele­sen habe. Zu die­sem Zweck hat­te ich eine Taschen­lam­pe unter mei­nem Kopf­kis­sen ver­steckt. Ich las immer im Sit­zen, die Bei­ne ver­schränkt, Jules Ver­nes zum Bei­spiel. Auf­re­gend, nicht nur die Bücher, son­dern das ver­bo­te­ne Lesen zur Nacht­zeit selbst. Wäh­rend ich Lou­is von mei­nem Glück berich­te­te, erin­ner­te ich mich, wie mein Bru­der, der in dem­sel­ben Zim­mer geschla­fen hat­te, ein­mal erzähl­te, ich, der Älte­re, habe zur Som­mer­zeit wie ein leuch­ten­der Berg aus­ge­se­hen, der sich manch­mal beweg­te. Hin und wie­der, ich erin­ne­re mich, fla­cker­te das Licht, weil die Kraft der Bat­te­rien in der klei­nen Lam­pe zur Nei­ge ging. Ich muss­te dann immer ein wenig war­ten, bis sich die Bat­te­rien wie­der erhol­ten. Oft war ich in die­ser Zeit des War­tens noch im Sit­zen ein­ge­schla­fen. Da lach­te Lou­is, ver­mut­lich, weil er sich erin­ner­te.- stop

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von blüten

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lima : 15.01 UTC — 15.01 UTC — Vor der Ver­kün­dung des Urteils hat sich das Gericht vor­nehm zurück­ge­zo­gen. Der Ange­klag­te sitzt auf sei­nem Platz und war­tet. Links und rechts etwas erhöht haben sich auch die Ver­tei­di­ger, zwei ange­se­he­ne Anwäl­te der Stadt, von ihren Plät­zen nicht erho­ben, man rech­net mit einer raschen Ent­schei­dung. So auch der Staats­an­walt, ein jün­ge­rer Herr, nicht ein­mal sei­ne Robe hat er abge­legt, wäh­rend­des­sen er den Ange­klag­ten glei­chen Alters betrach­tet, als sei er sich nicht sicher, mit sei­nem Plä­doy­er eine aus­rei­chen­de Begrün­dung für die hohe Stra­fe dar­ge­legt zu haben, die er zuletzt über den Ange­stell­ten der städ­ti­schen Biblio­the­ken zu wer­fen for­der­te. Genau so hat­te er noch gespro­chen, wer­fen, nicht ver­hän­gen sol­le man eine Stra­fe über die­sen Mann, der sich hier im Saa­le so unauf­fäl­lig benom­men hat­te, in eben die­ser unauf­fäl­li­gen Art und Wei­se, Wann hat er die ers­te Blu­me los­ge­las­sen, wann den ers­ten Samen aus­ge­streut? War es ihm denn nicht in den Sinn gekom­men, dass er sich ins Unrecht setz­te, als er mit Vor­satz ver­such­te Urwald in der Stadt aus­zu­set­zen? Ja wie konn­te er denn glau­ben, dass man ihn ohne Stra­fe davon kom­men las­sen wür­de, nach­dem sei­ne Laren­tiae Sinen­si­os vor dem Opern­haus das Pflas­ter spreng­ten, nach­dem man im schöns­ten der zen­tra­len Parks gera­de noch ver­hin­dern konn­te, dass der gold­ro­te Samen­staub der Lobe­lia Frasen­sis sich des Pal­men­hau­ses bemäch­tig­te? Ja wie konn­te er gestat­ten, dass man ihn rühm­te als einen guten Men­schen, da doch die von ihm vor­nehm­lich unter der Stra­ßen­bahn­fahrt in die Luft gepu­der­ten Kost­bar­kei­ten der Nemuso Lasas­tro in den Lun­gen der städ­ti­schen Bür­ger wun­der­sa­me Blü­ten zu trei­ben began­nen? Man hat­te lan­ge Zeit Mühe, sie in ihrem Wachs­tum zu begren­zen. Das Wun­der ihrer feu­er­ro­ten Kel­che drang aus den Grä­bern derer, die an den Blü­ten erstick­ten. Dort, unter den Ulmen und Kas­ta­ni­en­bäu­men, kämpf­ten die Gärt­ner einen unglei­chen Kampf, wie ihre Brü­der und Schwes­tern in den hän­gen­den Gär­ten der glä­ser­nen Ban­ken­tür­me, die ver­geb­lich ver­such­ten, die Tar­a­xa­ca des gefrä­ßi­gen Schä­fer­korb­baums aus ihren Häu­sern zu kämp­fen. Mor­gens, wenn die herr­li­che Okto­ber­son­ne von Osten her in die rie­si­gen Atri­ien schien, sah man wohl­ge­form­ten Fall­schir­me die­ser frucht­bars­ten Pflan­zen­ge­schöp­fe in den künst­li­chen Win­den des Gebäu­des auf und nie­der gehen. Es war dies die Stun­de, da man sich geschla­gen gab, um dann doch wie­der aus­zu­schwär­men, um den Not­ru­fen zu fol­gen, die von ver­zwei­fel­te Ange­stell­ten aus ihren Büros abge­setzt wor­den waren. Der jun­ge Staats­an­walt sieht durch das küh­le Licht des Saa­les zu dem Ange­klag­ten hin­über, und ein Schau­er über­läuft ihn bei dem Gedan­ken, dass gera­de jene von der Stadt bezahl­ten Stun­den des Stu­di­ums es dem Biblio­the­ka­ren ermög­lich­ten, in den bio­lo­gi­schen Samm­lun­gen und Archi­ven nach den Gie­rigs­ten unter den Blu­men die­ser Welt zu for­schen. Er sieht die­sen beschei­de­nen Herrn an einem behörd­li­chen Schreib­tisch sit­zen, einem höl­zer­nen, wie er die Fächer sei­ner leder­ne­ren Tasche mit Samen muni­tio­niert. Und dann sieht er ihn spa­zie­ren, da dort lächelnd eine Dosis Blü­ten­sa­men auf den Boden wer­fend, sodass schon bald dar­auf im Wech­sel der Duft von Kamil­le, der Duft der blau­en Anden­hya­zin­ten vom Schot­ter der Stra­ßen­bahn­ge­lei­se auf­zu­stei­gen begann. Aus der Regen­rin­ne des Poli­zei­prä­si­di­ums wuchert noch heu­te eine Com­mel­ine Cest­re him­mel­hoch über Radio­an­ten­nen hin­aus, das Bers­ten ihrer Nüs­se im Okto­ber ist noch über hun­der­te Metern hin deut­lich zu hören, es sind Schüs­se, es ist die reins­te Gefahr, die dort über den Dächern der Stadt auf den Win­ter lau­ert. Da sit­zen sie nun, ein jun­ger Herr, ein Samen­wer­fer und ein jun­ger Staats­an­walt, und war­ten auf das Urteil, das eine gerech­te Stra­fe aus­spre­chen möge. — stop

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vierzehn schwalben

picping

MELDUNG. Bei bes­tem Büch­sen­licht von 8 bis 10, wur­den bereits am Sams­tag, ges­tern, 301 Tau­ben, 14 Schwal­ben, sowie 5 hei­li­ge Figu­ren vom Dach der Jesui­ten­kir­che zu Aschaf­fen­burg geschos­sen. Der Schüt­ze : Staats­förs­ter Leu­en­ber­ger Juni­or, 42, aus Lin­den­berg [ Oden­wald ] — stop

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von teefliegen

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ulys­ses : 22.55 UTC — Wie ist das mit der Wirk­lich­keit oder der Wahr­heit in mei­nem schrei­ben­den Leben? Jah­re­lang wohn­te bei­spiels­wei­se eine Schne­cke in mei­ner Woh­nung, außer­dem ein Lich­ten­berg­fal­ter, Spring­spin­nen, Libel­len, ein Puma und Tee­flie­gen, immer wie­der Tee­flie­gen. Ich habe sie mit eige­nen Augen alle gese­hen oder mit mei­nen erfin­den­den Augen, die in mei­nem Kopf ver­wei­len. Ich könn­te des­halb sagen, nicht jeder mei­ner Trom­pe­ten­kä­fer wäre vor­zeig­bar, aber doch vor­stell­bar. Nun habe ich eine wei­te­re deut­li­che Spur gelegt hin zur Arbeits­be­schrei­bung, Radar ist zu lesen unter jedem mei­ner Par­tic­les — Tex­te, ein Hyper­link, der auf einen Text ver­weist, wel­cher mei­ne Arbeit beschreibt. Die­ser Text exis­tiert seit 12 Jah­ren, heu­te habe ich ent­spre­chen­de Text­pas­sa­ge, die Wirk­lich­keit und Erfin­dung bedeu­tet, zunächst unter­stri­chen, dann, weni­ge Minu­ten spä­ter in kur­si­ve Zei­chen gesetzt. Das muss genü­gen. — Ich wünsch­te, eine Rau­pe wür­de noch heu­te durch mein Zim­mer spa­zie­ren. — stop