Aus der Wörtersammlung: scheide

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papierlicht

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oli­mam­bo : 1.28 — Das Wort Papier in mei­nem Kopf, ein von jeher hel­les, wei­ßes Wort, wes­halb die Erfin­dung leben­der Papie­re, ihre Erfor­schung, ihre Beob­ach­tung in lich­te Räu­me führt. Ich könn­te dem­zu­fol­ge sagen, dass mein loten­des Fabu­lie­ren wie eine Bogen­lam­pe in mein Leben wirkt. – 1 Uhr 28 mit­tel­eu­ro­päi­scher Win­ter­zeit: Auf dem Kapi­tol zu Washing­ton, im Haus der Reprä­sen­tan­ten, erklärt die demo­kra­ti­sche Abge­ord­ne­te Debbie Was­ser­man Schultz / Flo­ri­da wäh­rend der Debat­te zur ent­schei­den­den Abstim­mung über Barak Oba­mas Gesund­heits­re­form mit fes­ter Stim­me: The night­ma­re ends tonight! — stop
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lufthupe

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gink­go : 6.25 — Ob sich die Trom­pe­ten­spra­che der Tief­see­ele­fan­ten von der Trom­pe­ten­spra­che der Step­pen­ele­fan­ten unter­schei­det? — Lässt sich die­se Fra­ge foto­gra­fie­ren? — stop
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fiebermöwen

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india

~ : louis
to : Mr. jona­than noe kekkola
sub­ject : FIEBERMÖWEN

Ver­gan­ge­ne Woche, lie­ber Jona­than, ist etwas Merk­wür­di­ges gesche­hen. Ich hat­te Fie­ber und geträumt, dass Sie mir einen Brief geschrie­ben haben. End­lich, end­lich, dach­te ich, um Him­mels wil­len, eine Fata Mor­ga­na, und wach­te auf und erin­ner­te mich an Ihre Wor­te in einer Wei­se, dass ich Traum von Wirk­lich­keit nicht unter­schei­den konn­te. Das mag an mei­nem hei­ßen Kopf gele­gen haben, und so ant­wor­te­te ich auf einen Brief, der nie­mals exis­tier­te. Sie wer­den sich, mein lie­ber Kek­ko­la, viel­leicht gewun­dert haben und noch immer amü­sie­ren. Nun, es geht auf Mit­ter­nacht zu, ist fol­gen­de Sache zu erwäh­nen. Im April wer­de ich eine Samm­lung von Papier­we­sen erhal­ten, einen Bogen 20 x 28 cm. Darf sie umsor­gen und pro­bie­ren, wie sie sich so machen, wenn einer wie ich sie mit wil­den Tex­ten beschreibt? Unse­ren Tief­see­ele­fan­ten geht’s vor­treff­lich. Nahe Ber­mu­da, so wird berich­tet, sol­len sie einen Schwarm ver­irr­ter Möwen aus der Luft gefan­gen haben. Ahoi! Bis bald am Strand. Ihr Louis

gesen­det am
1.03.2010
22.58 MEZ
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lou­is to jonathan
noe kekkola »

 

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j.d.salinger : 160 west 71st street

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tan­go : 2.15 — Kurz nach Mit­ter­nacht beginnt es zu schnei­en. Sit­ze mit Schreib­ma­schi­ne vor dem Fens­ter und übe das Fan­gen ein­zel­ner Flo­cken mit den Augen. Ich mache das genau so, wie ich’s als Kind schon mach­te, aber die Licht­pel­ze die­ser Stun­den fal­len aus der Dun­kel­heit, wäh­rend sie sich damals aus hel­len Wol­ken­räu­men lös­ten, deren Tie­fe nie zu ermes­sen gewe­sen war. — Eine selt­sa­me Nacht ist das heu­te. Ich habe eigent­lich viel zu tun, und doch sit­ze ich hier am Fens­ter und schaue him­mel­wärts und den­ke an Salin­ger, an den gro­ßen geheim­nis­vol­len Schrift­stel­ler, der ges­tern gestor­ben sein soll. Ich hat­te vor weni­gen Wochen noch einen Bal­lon in mei­ne Spa­zier­kar­te der Stadt New York ein­ge­tra­gen, um ein Gebäu­de in der 71. Stra­ße West zu mar­kie­ren, das Hotel Ala­mac genau­er, Hand­lungs­ort der Geschich­ten um Fran­ny und Zooey. Ich dach­te mir, hier wirst Du ein­mal in den kom­men­den Jah­ren für Tage lun­gern und notie­ren und war­ten, auf J.D. Salin­ger war­ten, dar­auf war­ten, dass Dir der alte Mann erschei­nen möge. Und so wird das nun also anders wer­den. Aber wirk­lich merk­wür­dig ist fol­gen­de Ein­sicht, die ich gewon­nen habe in den ver­gan­ge­nen Stun­den. Men­schen, die so beschei­den leb­ten, dass man sie für nicht wirk­li­che Wesen anse­hen konn­te, wer­den wahr­haf­tig, wer­den leben­dig, sobald man ihr Lebens­en­de mel­det. – Und jetzt wie­der der Him­mel und sein Licht. Zwan­zig Uhr zwölf in Port-au-Prin­ce, Hai­ti. — stop
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brooklynites

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tan­go : 6.03 – Das lang­sa­me Durch­que­ren einer nächt­li­chen Land­schaft frem­der Stim­men: Ten-four. David-David. Woman, black, in con­fu­si­on. 75, Varick­street. 12th flo­or. Ten-four. Ten-four. Ser­geant? — Ich hat­te, mei­ner neu­en Lei­den­schaft fol­gend, den Klän­gen des New Yor­ker Poli­zei­funks zuzu­hö­ren, gegen Mit­ter­nacht eine Ver­bin­dung über den Atlan­tik her­ge­stellt. Wie das dann genau gekom­men sein mag, all das Flüs­tern in der Dun­kel­heit, kann ich nicht sagen, viel­leicht war zu einer Zeit, da ich noch wach gewe­sen war, mei­ne trans­at­lan­ti­sche Über­tra­gung für zwei oder drei Stun­den unter­bro­chen gewe­sen, oder man schwieg in New York, wes­halb ich die geöff­ne­te Ver­bin­dung ver­ges­sen haben könn­te. Ich schlief jeden­falls ein gegen zwei Uhr, müde gewor­den vom Den­ken, und wie ich so schlief, kehr­ten die Stim­men zurück, ich träum­te Geräu­sche, die in der ame­ri­ka­ni­schen Spra­che plau­der­ten. Ten-Four. Ten-four. Auch mei­ne eige­ne Stim­me, sie berich­te­te von einer Wan­de­rung durch Brook­lyn, war in der Däm­me­rung deut­lich zu hören gewe­sen. Ein schnel­les, ein rasen­des Spre­chen, Lou­is, als hin­ge sein Leben davon ab. Dann fehl­te ihm ein Wort, ein ent­schei­den­des Wort. Von suchen­der Stil­le erwacht. — stop
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zeichentiere

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ulys­ses : 5.15 — Das suchen­de Ler­nen chi­ne­si­scher Schrift. Wie ich ges­tern in Gewit­ter­stun­den lächelnd beob­ach­tet wur­de, weil ich sag­te: Die Zei­chen Dei­ner Spra­che erin­nern mich an Dar­stel­lun­gen der ana­to­mi­schen Welt, an Ske­let­te, an Wesen, die ich leich­ter Hand erfin­de, um das eine Zei­chen, von dem ande­ren Zei­chen unter­schei­den zu kön­nen. Habe in die­ser Wei­se eine Säbel­zahn­ti­ger­schne­cke in mei­nen Kopf auf­ge­nom­men, einen acht­ar­mi­gen Klam­mer­af­fen, eine Dop­pel­kopf­amei­se. Das For­mu­lie­ren bald gan­zer Sät­ze, jubeln­de Zoo­lo­gie. Guten Mor­gen! — stop

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libellencafe

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tan­go : 8.08 — Ein Notiz­buch, ein beson­ders Notiz­buch, eines, das mei­ne Gedan­ken ver­zeich­nen wür­de, sobald ich spa­zie­ren gehe. Hand­lich müss­te es sein und leicht und geräusch­los schrei­ben. Viel­leicht wäre es mög­lich, die­se klei­ne Gedan­ken­schreib­ma­schi­ne, so zu pro­gram­mie­ren, dass sie jene Gedan­ken, die neue Gedan­ken sind, zu unter­schei­den ver­mag von allen wei­te­ren Gedan­ken, von Gedan­ken, die sich wie­der und wie­der den­ken wol­len, von krei­sen­den Gedan­ken, von Karus­sell­ge­dan­ken. – Wäh­rend ich ges­tern Abend vor der Kas­se eines Super­mark­tes war­te­te, hat­te ich die Idee, dass man eines Tages ein­mal ein Haus erfin­den müss­te, ein Kaf­fee­haus, in dem unter den Gäs­ten Libel­len schwir­ren, präch­tigs­te Flug­we­sen, die an Wän­den und auf Tischen sit­zen, auf den Tas­sen, den Glä­sern, den Zei­tun­gen, den Gäs­ten selbst. Ja, das wäre eine fei­ne Sache, ein auf­re­gen­der Ort, eine ange­neh­me Fan­ta­sie, die von der Gedan­ken­schreib­ma­schi­ne, die ich mir wün­sche, sehr sicher und sofort notiert wor­den wäre. Man wür­de zum Früh­stück zur Füt­te­rung der Libel­len­tie­re dort viel­leicht Flie­gen­schäl­chen rei­chen. Ja, das ist sehr gut denk­bar, Flie­gen­schäl­chen gro­ßer Flie­gen für gro­ße Libel­len, und Flie­gen­schäl­chen klei­ner Flie­gen für klei­ne Libel­len. Wie wür­de die Atmo­sphä­re die­ses Ortes wohl auf der Zun­ge schme­cken? Und was wäre noch zu hören vom Gespräch der Gäste?

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nehmen wir einmal an …

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fox­trott : 7.28 — Neh­men wir ein­mal an, ich wür­de gefragt, ob ich viel­leicht über ein wei­te­res Auge ver­fü­gen möch­te, ein wirk­li­ches drit­tes Auge, ein Auge für sich, ein Auge, mit dem ich in die Welt hin­aus­schau­en könn­te, was wäre zu tun? – Ruhe bewah­ren! – Nach­den­ken! – Ant­wor­ten! – Sehr bald ant­wor­ten, jawohl ja, das wäre ein fei­nes Geschenk, die­ses Auge wür­de ich sehr ger­ne und sofort ent­ge­gen­neh­men. Natür­lich wür­de das nicht so leicht sein, ich mei­ne, die Über­ga­be eines wei­te­ren Auges an mei­nen bereits exis­tie­ren­den Kör­per, wie man sich das viel­leicht vor­stel­len mag, nein, nein, das wäre sicher eine außer­or­dent­lich kom­pli­zier­te Geschich­te. Ein geeig­ne­ter Ort wür­de zu fin­den sein, an dem das brand­neue Sin­nes­or­gan an mei­nem Kör­per oder in mei­nem Kör­per mon­tiert wer­den könn­te, und ich müss­te mich viel­leicht zunächst ent­schei­den, wel­cher Art das Auge sein soll­te, ein gro­ßes, strah­len­des Schmuck­au­ge bei­spiels­wei­se, oder ein eher klei­nes, kaum sicht­ba­res Auge, ein gehei­mes Auge, sagen wir, um unbe­merkt die Welt um mich her­um unter­su­chen zu kön­nen. An die­sem schö­nen Nebel­mor­gen nun, ich bin noch nicht ganz wach gewor­den, wür­de ich Fol­gen­des fra­gen: Ist es even­tu­ell mög­lich, das Auge rech­ter Hand in den mitt­le­ren Fin­ger­knö­chel nahe dem Hand­rü­cken ein­zu­set­zen? Wann könn­ten wir damit begin­nen? Sind Sie noch bei Ver­stand, oder wie oder was? — Ja, so wür­de ich wohl spre­chen, genau die­se Bestel­lung wür­de ich auf­ge­ben. Stellt sich nun die Fra­ge, was wür­de ein Auge die­ser Art mit mei­nem Gehirn unter­neh­men? Wür­de es wach­sen? Und wohin wür­de es wach­sen? — Ich muss das nicht heu­te ent­schei­den! — stop

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unterwasservögel

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mum­bai : 8.03 — Nie­mand kann sagen, wie das gekom­men ist. Viel­leicht, weil die Wäl­der, die sie bewohn­ten, ver­schwun­den sind, haben Koli­bris sich ins nahe lie­gen­de Was­ser gestürzt, haben das Wei­te gesucht, das Meer, und konn­ten atmen, wie durch ein Wun­der, konn­ten sie das Was­ser atmen, das Salz, das Plank­ton. Von einem Tag zum ande­ren Tag, stel­le ich mir vor, war die Gat­tung der Unter­was­ser­vö­gel gebo­ren, nicht zeit­wei­se tau­chen­de Wesen der Luft, son­dern wirk­li­che Vögel, die sich wie Fische der­art fröh­lich durchs Was­ser bewe­gen, als sei­en sie schon immer hier gewe­sen. Ja, sie flie­gen, sie rasen, sie schwär­men durch Koral­len­bän­ke, ver­dre­hen Tau­chern den Kopf, naschen von allem, was sie noch ent­fernt an süße Blü­ten erin­nert. Aber schmal sind sie gewor­den, nas­ses Gefie­der, und haben bis­her nicht gelernt, Freund von Feind zu unter­schei­den. Ich habe mir heu­te Mor­gen gedacht, dass jemand am Code gear­bei­tet haben könn­te, dass bald schon die Möwen den Luft­raum ver­las­sen wer­den, eine Möwe nach der ande­ren Möwe, dann wer­den Tau­ben, Bus­sar­de, Amseln fol­gen, und auch die Zei­si­ge, die Nach­ti­gal­len, die Spat­zen und Papa­gei­en­vö­gel, alle wer­den sie das Was­ser besu­chen. Ich muss das im Auge behal­ten. — stop

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abenteuer auf dem tisch

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3.15 – Kaum drei Minu­ten zurück, über­quer­te sehr lang­sam, Stelz­schritt für Stelz­schritt, eine Spin­ne von enor­mer Grö­ße mei­nen Schreib­tisch. Sie kam von rechts über die Tisch­kan­te, also von Wes­ten, und mar­schier­te auf einer schnur­ge­ra­den Linie ost­wärts. Als sei ich schon immer hier gewe­sen, der Tisch, der mein Tisch ist, zwei Bücher, die mei­ne Lese­bü­cher sind, mei­ne Schreib­ma­schi­ne, mei­ne Hän­de und mei­ne gro­ßen Augen, klet­ter­te sie an einem Mann vor­über, der die Luft anhielt, der Flucht­in­stink­te zähm­te, der sich sag­te, dass die­se Spin­ne, eine sehr ent­schei­den­de Spin­ne dar­stell­te, dass, wenn er die Gegen­wart die­ser Spin­ne nicht ertra­gen könn­te, er, der gan­ze Mann, für Urwald jeder Art nicht geeig­net sei. — Haben Spin­nen die­ser Grö­ße einen per­sön­li­chen Geruch? — Könn­te ich je eine Spin­ne ver­zeh­ren? — Ist es mög­lich, einen Gedan­ken zu erfin­den? — stop

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