Aus der Wörtersammlung: schlafen

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auf dem bildschirm

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nord­pol : 3.55 UTC — Phil­ip Roth, der in einem Gespräch von einem Bild­schirm aus erzählt, ein Schrift­stel­ler müs­se los­schrei­ben, dür­fe sich nicht beschrän­ken, vor allem nicht sei­ne Spra­che. — Kurz vor Däm­me­rung. Sechs Mari­en­kä­fer haben in die­ser Nacht zu mir gefun­den. Wie sie geräusch­los über schnee­wei­ße Wän­de lau­fen, immer wie­der kurz sit­zen, dann wei­ter, dann wie­der sit­zen, viel­leicht schla­fen. — stop
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fred im zug

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sier­ra : 22.32 UTC — Im Zug, es war Sams­tag, saßen nur weni­ge Men­schen. Sie tru­gen alle eine Mas­ke vor Mund und Nase. Ein selt­sa­mer, berüh­ren­der Anblick. Gera­de des­halb, weil sie schlie­fen, wirk­ten sie ver­letz­lich. Wie ich lang­sam an den Schla­fen­den vor­über­ging, die Ver­su­chung je einer Foto­gra­fie. Plötz­lich dach­te ich an den Posau­nis­ten Fred Wes­ley: Wie geht es Dir, Fred? Ich erin­ner­te mich so im Gehen an eine Nacht vor Jah­ren, da ich Fred Wes­ley mit­tels eines Film­do­ku­ments so lan­ge beob­ach­tet hat­te, bis ich der fes­ten Über­zeu­gung gewe­sen sein konn­te, eine Posau­ne habe auf Fred Wes­leys Schul­ter wie ein Tier Platz genom­men, sie habe den kor­pu­len­ten, alten Herrn sozu­sa­gen okku­piert:  Fun­ky! Fun­ky! Mit Fred Wes­ley ist das hof­fent­lich noch immer so: Er bewegt sich geschmei­dig und ele­gant, er scheint zu tan­zen, selbst dann noch, wenn er reg­los, wie schein­bar ange­hal­ten, für Sekun­den vor einem Mikro­fon ver­harrt. Ich hat­te damals den Ver­dacht, der alte Posau­nist ver­fü­ge über die Fähig­keit, außer­ge­wöhn­lich lan­ge Zeit die Luft anzu­hal­ten. Des­halb notier­te ich unver­züg­lich fol­gen­de E‑Mail: Sehr geehr­ter Mr. Wes­ley, es ist Mit­ter­nacht in Euro­pa. Ich hei­ße Lou­is, und ich wüss­te ger­ne, wo Sie sich gera­de befin­den, weil ich ein Gespräch mit Ihnen zu füh­ren wün­sche über das Anhal­ten der Luft und die­se Din­ge, die einem Posau­nis­ten, wie sie einer sind, viel­leicht außer­or­dent­lich gut gelin­gen. Ges­tern auf dem Weg von einem Zim­mer in ein ande­res Zim­mer, wäre ich um Haa­res­brei­te umge­fal­len, weil mir schwin­de­lig wur­de, weil ich kurz zuvor eine Minu­te und eine hal­be Minu­te nicht geat­met hat­te. Ich fra­ge mich, ob ich viel­leicht etwas falsch gemacht haben könn­te. Wie trai­nie­re ich am bes­ten und was sind sinn­vol­le Zie­le, die ein Mensch in die­sem Sport errei­chen kann, ohne sein Leben aufs Spiel zu set­zen? Soll ich mir eine Posau­ne kau­fen? Wie auch immer, ver­ehr­ter Mr. Wes­ley, ich wäre Ihnen dank­bar, wenn Sie mir recht bald ant­wor­ten wür­den, damit ich sogleich mit mei­nen Übun­gen fort­fah­ren kann. Ihr Lou­is — stop
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missing flamingos

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sier­ra : 22.58 — Sanf­te Frau­en­stim­me spricht: Ach­tung! Hal­ten Sie 1 Meter 50 Abstand. Mei­den Sie Men­schen­an­samm­lun­gen! In der Hal­le, indes­sen kein Mensch zu sehen, kein Kof­fer, kein Hund, kei­ne Kat­ze, aber Mäu­se, ein gutes Dut­zend Mäu­se, die über den spie­geln­den Mar­mor­bo­den flitz­ten, als hät­ten sie Schlitt­schu­he an ihren Füßen. Ich war die ein­zi­ge mensch­li­che Per­son an einem Ort, der ver­mut­lich nie ohne Men­schen gewe­sen ist. Ich erin­ne­re mich, selbst inmit­ten der Nacht habe ich im Ter­mi­nal immer­zu flüs­tern­de Men­schen wahr­ge­nom­men, auch Schla­fen­de auf Sitz­bän­ken oder Stüh­len der Cafés. Nun war Stil­le, kein Traum wur­de erzählt. Sel­ten ein­mal das Geräusch sich bewe­gen­der Zei­chen auf einer Anzei­ge­ta­fel. Aus Neu­see­land kom­mend soll­te Minu­ten spä­ter ein Flug­zeug lan­den, ein Hin­weis wie ein letz­ter Reflex. Jene über den spie­geln­den Boden dahin­glei­ten­den Mäu­se jedoch, unbe­irrt, ob sie sich wun­der­ten über die­se eine war­ten­de Per­son im Saal, die ich selbst gewe­sen war in einem Moment des Notie­rens auf mei­ner fla­chen Schreib­ma­schi­ne? Wie ich sie ver­miss­te, Steh­schlä­fer, mei­ne Steh­schlä­fer, wel­che nicht Vögel sind, Fla­min­gos, sagen wir, nein, Steh­schlä­fer, die Men­schen sind, gegen­wär­ti­ge Per­so­nen, die sich, soll­ten sie ein­mal zurück­keh­ren, genau so ver­hal­ten wer­den, wie das Wort, das sie bezeich­net: Sie schla­fen im Ste­hen. — stop

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zwei wale

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marim­ba : 12.01 UTC — An einem neb­li­gen Abend fuhr ich mit einem Fähr­schiff nach Sta­ten Island. Ich ging eine Stun­de spa­zie­ren, kauf­te etwas Brot und Käse, dann war­te­te ich in der zen­tra­len Hal­le des Saint Geor­ge Fer­ry Ter­mi­nals auf das nächs­te Schiff nach Man­hat­tan zurück. Eini­ge Kin­der spiel­ten vor einem mäch­ti­gen Aqua­ri­um, sie toll­ten um den Glas­be­häl­ter her­um. Plötz­lich blieb eines der Kin­der ste­hen, auf­ge­regt deu­te­te es zum Aqua­ri­um hin. Wei­te­re Kin­der näher­ten sich. Sie schie­nen begeis­tert zu sein. Ich schlen­der­te zu ihnen hin­über, stell­te mich neben sie. Da war etwas Erstaun­li­ches zu sehen, da waren näm­lich Ele­fan­ten im glas­kla­ren Was­ser, sie wan­der­ten auf dem san­di­gen Boden des Aqua­ri­ums in einer Rei­he von Wes­ten nach Osten. Ihre meter­lan­gen Rüs­sel hat­ten sie zur Was­ser­ober­flä­che hin aus­ge­streckt, such­ten in der See­luft her­um und berühr­ten ein­an­der in einer äußerst zärt­li­chen Art und Wei­se. Ein fas­zi­nie­ren­des Geräusch war zu hören, sobald ich eines mei­ner Ohren an das hand­war­me Glas des Was­ser­ge­he­ges leg­te. Auch Geräu­sche, wie ich sie von Mikro­fo­nen ken­ne, die Wal­ge­sän­ge nahe Grön­land auf­ge­zeich­net hat­ten. Wie ich zur Ober­flä­che des Was­sers hin blick­te, ent­deck­te ich zwei Wale, die durch das Was­ser schweb­ten, sie waren je groß wie eine Faust und stie­ßen etwas Luft aus von Zeit zu Zeit, wie man das von wil­den Walen kennt, die so groß sind, dass wir über sie stau­nen. Manch­mal tauch­ten die klei­nen Wale zu den Ele­fan­ten­tie­ren hin, behut­sam näher­ten sie und schau­ten sich inter­es­siert unter den Wan­dern­den um, man schien sich natür­lich zu ken­nen. — Ich konn­te nicht schla­fen. Noch in der­sel­ben Nacht fuhr ich nach Man­hat­tan zurück. Ich mach­te einen Text­ent­wurf für eine Zei­tung, obwohl ich noch kei­ne wirk­li­che Ahnung hat­te, wie von den Zwerg­wa­len zu erzäh­len sei. Ich notier­te: Man möch­te viel­leicht mei­nen, bei der Gat­tung der Zwerg­wa­le han­de­le es sich um Wale, die dem Wort­laut nach klei­ner sind, als ihre doch gro­ßen Ver­wand­ten, Pott­wa­le oder Grön­land­wale, sagen wir, oder Blau­wa­le. Nun sind sie bei genaue­rer Betrach­tung wirk­lich win­zig, nur 8 cm in der Län­ge. Als man sie in einer künst­lich erzeug­ten Gebär­mut­ter, eben­falls win­zig, her­an­wach­sen ließ, glaub­te im Grun­de nie­mand, dass sie lebend zur Welt kom­men wür­den. Plötz­lich waren sie da, und ver­schwan­den zunächst in einem Aqua­ri­um, das für sehr viel grö­ße­re Fisch­we­sen ange­legt wor­den war. Nun waren die Wale zu klein, sie ver­lo­ren sich in den Wei­ten des Beckens. Man leg­te zier­li­che Behäl­ter an, ver­sorg­te sie mit Mee­res­was­ser, kühl­te die Gewäs­ser, sorg­te für Wind und Wel­len, selbst an Eis­ber­ge wur­de gedacht, Eis von der Höhe eines mensch­li­chen Fin­gers, die dort in der künst­li­chen Natur­um­ge­bung ein­fach so vom Him­mel fie­len. Jetzt konn­te man sie gut sehen, aus der Nähe betrach­ten. Es waren zunächst drei Wale, sie exis­tier­ten zwei Jah­re, ehe man über eine Aus­stel­lung, dem­zu­fol­ge über ihre Ver­öf­fent­li­chung dis­ku­tier­te. Bis­lang hat­te man gesagt: Wir demen­tie­ren und wir bestä­ti­gen nicht. So viel sei bemerkt: Die­se win­zi­gen Wale ernäh­ren sich von Plank­ton, sie lie­ben Mee­res­wal­nüs­se, sie tau­chen oft stun­den­lang. Auch wur­den Sprün­ge beob­ach­tet, aber nur sel­ten und nur bei Nacht­licht. Der­zeit leben noch zwei klei­nen Wale, der Drit­te wur­de zwecks Erfor­schung geöffnet. 
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herzwesen

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lima : 5.18 UTC — Ein klei­ner Kopf, das ist eine Tat­sa­che. Und Augen ja, aber im Grun­de nicht unver­zicht­bar. Kaum Bei­ne, kaum Arme, das Wesen ruht in einer Scha­le, die über einen Abfluss ver­fü­gen soll­te, weil sein Kör­per von Was­ser umspült wird, weil das Wesen Nah­rung zu sich nimmt, gefüt­tert wird, manch­mal mit einem Löf­fel, übli­cher­wei­se mit­tels einer Son­de. Das Wesen ist mensch­li­cher Natur, ein redu­zier­ter mensch­li­cher Kör­per, der über kaum nen­nens­wer­tes Gehirn ver­fügt, es han­delt sich um einen Basis­herz­kör­per, um ein Herz­we­sen. Sobald erwach­sen gewor­den, es wird schnell erwach­sen, kann das fer­tig­ge­stell­te Herz von sei­nem klei­nen Kopf befreit wer­den. Nun kann man das fri­sche Herz aus der Scha­le neh­men und trans­plan­tie­ren, zum Bei­spiel, um ein kran­kes Herz zu erset­zen. Zurück in der Scha­le ver­blei­ben ein klei­ner Kopf und ein klei­ner Bauch. Die Augen des klei­nen Kop­fes sind geschlos­sen. Sobald man sich nähert, möch­te man mei­nen, das Wesen wür­de nur schla­fen. — stop


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vom schnee

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echo : 22.08 UTC — Vor zwei Jah­ren notier­te ich eine Geschich­te von zwei alten Frau­en, die seit Mona­ten auf­ge­hört haben zu sein. Die Geschich­te aber, die ich erzähl­te, exis­tiert wei­ter fort. Sie geht so: Vor dem Roll­stuhl, in dem die alte Dame hock­te, knie­te ein Mäd­chen im Alter von 6 Jah­ren. Die alte Dame erzähl­te dem Mäd­chen eine Geschich­te. So lei­se war die Stim­me der alten Dame gewor­den, dass sie kaum noch zu hören war, man­che der lei­sen Wör­ter waren nur in Gedan­ken zu ver­neh­men, waren Ver­mu­tung. Je mehr der Ver­mu­tun­gen sich in den laut aus­ge­spro­che­nen Wör­tern der Erwach­se­nen, die links und rechts des Roll­stuh­les ste­hend, in gebück­ter Hal­tung lausch­ten, anein­an­der reih­ten, des­to stren­ger wur­de der Blick der alten Dame, sie schien unzu­frie­den, viel­leicht sogar ver­zwei­felt zu sein. Plötz­lich sag­te das Mäd­chen: Ihr hört nicht rich­tig zu! Die Tan­te sagt, dass sie an Weih­nach­ten immer den Got­tes­dienst in der Kir­che St. Paul besuch­te. Sie sagt über­haupt gar nichts über das Wet­ter mor­gen. Unver­züg­lich begann die alte Dame zu lächeln. Sie wink­te das Mäd­chen zu sich her­an und flüs­ter­te ihm etwas ins Ohr. Ja, sag­te das Mäd­chen, das stimmt, ich kann gut hören, ich glau­be, ich kann auch Fle­der­mäu­se hören, wenn sie bei uns im Gar­ten her­um­flie­gen. Die alte Dame flüs­ter­te etwas Wei­te­res in das Ohr des Mäd­chens, sofort stand das Mäd­chen auf und schob den Roll­stuhl der alten Dame auf den Flur hin­aus. Im Flur vor einem Fens­ter hock­te eine wei­te­re alte Dame in einem Roll­stuhl, sie schien zu schla­fen. Schnee fiel vor dem Fens­ter, dich­te, gro­ße und run­de Flo­cken. Bald saßen nun zwei alte Damen Sei­te an Sei­te in ihren Stüh­len. Und das Mäd­chen ging vor den Damen in die Hocke. Sie weck­te die schla­fen­de alte Dame und sag­te mit ihrer hel­len Stim­me: Du, du woll­test heu­te Mor­gen mei­ner Tan­te etwas erzäh­len. Ich bin jetzt ganz Ohr! — stop

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vorletztes telefon

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vik­to­ry : 15.02 UTC — D. rief an. Sie habe, sag­te sie, eben noch ein­mal unse­re gemein­sa­me Freun­din B. besucht, die im Ster­ben lie­ge. Es war spät am Abend und ich dach­te, ich kön­ne nicht anru­fen am Bett einer Ster­ben­den um die­se Uhr­zeit. Ich war­te­te also und schlief, dann war die Nacht vor­über. B. mel­de­te sich mit kaum noch hör­ba­rer Stim­me. Ihre Toch­ter sit­ze neben ihr und wür­de das Tele­fon hal­ten, ja, es wird lang­sam Zeit, sag­te sie, 94 Jah­re, nein, ins Kran­ken­haus mag sie nicht mehr gehen, sie möch­te jetzt auf­hö­ren, sie sei dank­bar, es gehe ihr gut, ich sol­le an sie den­ken und wün­schen, dass es nicht lang dau­ern möge, ja, sie kön­ne schla­fen. Schö­ne Gesprä­che, sag­te sie, haben wir geführt in die­sem Som­mer, Wal­ter Kem­pow­ski, ja, den ken­ne ich per­sön­lich. Ich ant­wor­te­te, dass ich ihr dank­bar sei für ihre Geschich­ten von der Geschich­te, von Ros­tock, und die­sen Din­gen, wie sie den Krieg gera­de so über­leb­te. Und ich hör­te, dass sie immer müder wur­de, und ich fra­ge noch, ob ich sie viel­leicht mor­gen noch ein­mal anru­fen dür­fe. Du kannst es ver­su­chen, sag­te sie. — stop

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nachts

 

sier­ra : 3.02 — Lou­is bat mich, eine Geschich­te zu erzäh­len vom Glück, als ich noch ein Kind gewe­sen war. Ich muss­te nicht lan­ge über­le­gen. Ich sag­te, dass ich abends, sobald das Licht in mei­nem Zim­mer aus­ge­schal­tet wur­de, heim­lich in mei­nen Büchern gele­sen habe. Zu die­sem Zweck hat­te ich eine Taschen­lam­pe unter mei­nem Kopf­kis­sen ver­steckt. Ich las immer im Sit­zen, die Bei­ne ver­schränkt, Jules Ver­ne zum Bei­spiel. Auf­re­gend, nicht nur die Bücher, son­dern das ver­bo­te­ne Lesen zur Nacht­zeit selbst. Wäh­rend ich Lou­is von mei­nem Glück berich­te­te, erin­ner­te ich mich, wie mein Bru­der, der in dem­sel­ben Zim­mer geschla­fen hat­te, ein­mal erzähl­te, ich, der Älte­re, habe zur Som­mer­zeit wie ein leuch­ten­der Berg aus­ge­se­hen, der sich manch­mal beweg­te. Hin und wie­der, ich erin­ne­re mich, fla­cker­te das Licht, weil die Kraft der Bat­te­rien in der klei­nen Lam­pe zur Nei­ge ging. Ich muss­te dann immer ein wenig war­ten, bis sich die Bat­te­rien wie­der erhol­ten. Oft war ich in die­ser Zeit des War­tens noch im Sit­zen ein­ge­schla­fen. Da lach­te Lou­is, ver­mut­lich, weil er sich erin­ner­te.- stop

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im park

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hima­la­ya : 15.45 UTC — Ob viel­leicht digi­ta­le Tex­te exis­tie­ren, wel­che über eine nicht enden­de Zahl von Zei­chen ver­fü­gen, Tex­te, die sich wie von selbst fort­schrei­ben, Tex­te, die von Bots aus Archi­ven digi­ta­li­sier­ter Bücher gefer­tigt wer­den, die sie in der Art und Wei­se Nest bau­en­der Vögel ver­we­ben. Da und dort wer­den Zei­chen­sät­ze ein­ge­fügt, Pas­sa­gen, die wie Kleb­stof­fe wir­ken, Trans­fer­tex­te, wel­che bestehen­de Tex­te schritt­wei­se aus­blen­den, um neu hin­zu­kom­men­de Tex­te eben­so behut­sam ein­zu­blen­den, Pas­sa­gen, die zunächst vom Schla­fen erzäh­len, dann vom Erwa­chen. Da sitzt man nun Jahr um Jahr abends in einem Park und liest und wun­dert sich, weil es im Text immer­zu wei­ter­geht. — Noch immer kein Regen. Kaum Flie­gen, kaum Käfer, kaum Fal­ter in der Luft. — stop

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von pfirsichen

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echo : 10.26 UTC — Wie die Brie­fe lang­sam ster­ben, ihre Umschlä­ge, Papie­re, Post­wert­zei­chen, wel­che Flug­zeu­ge und Schmet­ter­lin­ge zei­gen, die gleich­falls sel­te­ner wer­den. Wenn die Brie­fe lang­sam ster­ben, dann auch jene, die Brie­fe schrei­ben für ande­re Men­schen, die nicht lesen kön­nen. Ich stell­te mir einen älte­ren Herrn vor, der in einem Büro von Holz in Lon­don sitzt, letz­ter sei­ner Zunft, dut­zen­de Kol­le­gen haben schon vor Jah­ren ihre Arbeit ein­ge­stellt, haben ihre höl­zer­nen Schreib­ab­tei­le und ihre Schreib­ma­schi­nen ver­las­sen, da wer­den jetzt Lam­pen ver­kauft oder Schmuck oder Tele­fo­ne oder Kar­tons mit Reis und gebra­te­nen Hüh­nern. Wie ist solch eine Vor­stel­lung mög­lich, wer­den Sie viel­leicht fra­gen. Nun, es ist so, dass ich mir dach­te, dass die­ser letz­te Brief­schrei­ber der Stadt Lon­don den Auf­trag erhal­ten hat­te, einen unend­li­chen Brief zu schrei­ben, wes­we­gen sie zu zweit sind, ein fein geklei­de­ter älte­rer Herr, der den Brief dik­tiert, der Auf­trag­ge­ber, und eben jener älte­re Herr, der die Zei­chen des Brie­fes mit­tels einer Tas­ta­tur auf Papier­bö­gen trägt. Sie sind zu einer klei­nen Attrak­ti­on gewor­den. Manch­mal schla­fen sie oder neh­men etwas vom nach­bar­schaft­li­chen Reis zu sich, auch Pfir­si­che oder Melo­nen bei gro­ßer Hit­ze. — stop



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