lima : 2.28 UTC — Für einen Moment dachte ich heute Nacht an eine Geschichte, die ich vor langer Zeit einmal erzählte. 2 Uhr. Ich hatte beobachtet aus mehreren Metern Entfernung, wie ein Käfer, der einem Zeppelinkäfer ähnlich war, sehr langsam durch mein Zimmer schwebte, um auf einer Tischlampe zu landen. Dort blieb er für einige Minuten sitzen. Sofort suchte ich nach jener Geschichte, die von einem Zeppelinkäfer handelt. Sobald ich sie gefunden hatte, segelte der Käfer, der mich an meine Notiz erinnert hatte, in die Dunkelheit davon, sodass ich ihn beinahe für die personifizierte Erinnerung dieser einen Geschichte halten möchte. Sie geht so: Ein seltsames Wesen schwebte kurz nach 1 Uhr in der Nacht schnurgerade eine unsichtbare Linie über den hölzernen Fußboden meines Arbeitszimmers entlang, wurde in der Mitte des Zimmers von einer Luftströmung erfasst, etwas angehoben, dann wieder zurückgeworfen, ohne allerdings mit dem Boden in Berührung zu kommen. — Ein merkwürdiger Auftritt. – Und dieser großartige Ballon von opakem Weiß! Ein Licht, das kaum noch merklich flackerte, als ob eine offene Flamme in ihm brennen würde. Ich habe mich zunächst gefürchtet, dann aber vorsichtig auf Knien genähert, um den Käfer von allen Seiten her auf das Genaueste zu betrachten. — Folgendes ist nun zu sagen. Sobald man einen Zeppelinkäfer von unten her besichtigt, wird man sofort erkennen, dass es sich bei einem Wesen dieser Gattung eigentlich um eine filigrane, flügellose Käfergestalt handelt, um eine zerbrechliche Persönlichkeit geradezu, nicht größer als ein Streichholzkopf, aber schlanker, mit acht recht langen Ruderbeinen, gestreift, schwarz und weiß gestreift in der Art der Zebrapferde. Fünf Augen in graublauer Farbe, davon drei auf dem Bauch, also gegen den Erdboden gerichtet. Als ich bis auf eine Nasenlänge Entfernung an den Käfer herangekommen war, habe ich einen leichten Duft von Schwefel wahrgenommen, auch, dass der Käfer flüchtet, sobald man ihn mit einem Finger berühren möchte. Ein Wesen ohne Laut. – Das Radio erzählt, im Keller eines verschütteten Hauses der Stadt Mariupol würde seit zwei Tagen ein Transistorradio seltsame Geräusche machen, pfeifen, piepsen, vermutlich deshalb, weil der Strom zurückgekommen ist. — stop
Aus der Wörtersammlung: schnurgerade
ein streichholzkopf
ulysses : 22.02 — Wann war es gewesen, dass ich zum ersten Mal bemerkte, wie meine Briefe kleiner und kleiner wurden? Wesen von wirklichem Papier, Bögen in Umschlägen, mit einem Postwertzeichen, das zuletzt die Anschriftseite meines Schreibens vollständig bedeckte. Im Postamt werde ich seither ernst genommen. Vor einigen Wochen kaufte ich sinnvollerweise ein handliches Mikroskop und einen Satz Bleistifte von äußerster Härte. Ich spitzte das Schreibwerkzeug eine Viertelstunde lang, dann legte ich einen Bogen Papier in das Licht einer Linse mittlerer Stärke. Ich näherte mich mit bebenden Fingern. Man sollte mich in diesem Moment gesehen haben. Bei jedem Wort, das ich auf das kleine Blatt notierte, hielt ich die Luft an. Tatsächlich habe ich in meinen Leben noch nie zuvor in einer derart sorgfältigen Weise geschrieben. Ich brauchte drei Stunden Zeit, um das Papier, das nicht größer gewesen war als eine Briefmarke von 1,5 cm Kantenlänge, vollständig zu beschriften. Ich schrieb folgende Zeilen an einen Freund: Lieber Stanislaw, Du wirst es nicht glauben, nach 1 Uhr heute Nacht schwebte ein Zeppelinkäfer einer nicht sichtbaren, schnurgeraden Linie über den hölzernen Fußboden meines Arbeitszimmers folgend entlang, wurde in der Mitte des Zimmers von einer Luftströmung erfasst, etwas angehoben, dann wieder zurückgeworfen, ohne allerdings mit dem Boden in Berührung zu kommen. – Ein merkwürdiger Auftritt. – Und dieser großartige Ballon von opakem Weiß! Ein Licht, das kaum noch merklich flackerte, als ob eine offene Flamme in ihm brennen würde. Ich habe mich zunächst gefürchtet, dann aber vorsichtig auf Knien genähert, um den Käfer von allen Seiten her auf das Genaueste zu betrachten. – Folgendes ist nun zu sagen. Sobald man einen Zeppelinkäfer von unten her besichtigt, wird man sofort erkennen, dass es sich bei einem Wesen dieser Gattung eigentlich um eine filigrane, flügellose Käfergestalt handelt, um eine zerbrechliche Persönlichkeit geradezu, nicht größer als ein Streichholzkopf, aber schlanker, mit sechs recht langen Ruderbeinen, gestreift, schwarz und weiß gestreift in der Art der Zebrapferde. Fünf Augen in graublauer Farbe, davon drei auf dem Bauch, also gegen den Erdboden gerichtet. Als ich bis auf eine Nasenlänge Entfernung an den Käfer herangekommen war, habe ich einen leichten Duft von Schwefel wahrgenommen, auch, dass der Käfer flüchtet, sobald man ihn mit einem Finger berühren möchte. Ein Wesen ohne Laut. Dein Louis, herzlichst. — Es war eine wirklich harte Arbeit, all diese Zeichen zu notieren. Dann faltete ich das Blatt Papier einmal kreuz und quer. Ich arbeite mit zwei Pinzetten wiederum unter starkem Licht, steckte den Brief in ein Couvert, dessen Herstellung noch mühevoller gewesen war als das Schreiben des Briefes selbst, und machte mich auf den Weg in das nächste Postamt. Dort wurde ich unverzüglich an den Schalter für besondere Briefformate weitergeleitet, wo mein Brief, den ich mit einer Pinzette auf den Tresen befördert hatte, von einer weiteren Pinzette entgegengenommen wurde. Ich war sehr glücklich. Ich beobachtete, wie der Beamte eine Briefmarke von der Größe eines Reiskorns behutsam auf meinen Brief legte und mittels eines Stempels, der vor meinen bloßen Augen kaum noch sichtbar gewesen war, entwertete. Dann ging mein Brief auf Reisen. Er flog sehr weit durch die Luft, und ich habe ihn für kurze Zeit vergessen. Nun aber, vor wenigen Stunden, wurde mir von einem Sonderboten der Post ein Brief von derart leichter Gestalt übergeben, dass ich zunächst die Anweisung erhielt, alle Fenster meiner Wohnung zu schließen. Dieser Brief, eine Depesche meines Freundes, ruht vor mir auf dem Tisch, ein Kunstwerk. Auf seiner Briefmarke sollen sich zwei Paradiesvögel befinden, die ihre Schnäbel kreuzen. Ich werde das gleich überprüfen. — Das Radio erzählt, dem ersten Offizier einer “Somalieinheit” soll in der Stadt Mariupol ein Orden übergeben worden sein, der fortan mittels einer Spangennadel für alle Zeit an der Brust des Mannes mittleren Alters befestigt sein wird. — stop
pripyat
echo : 21.08 UTC — Auf meinem Fernsehbildschirm sichtbar üben ukrainische Soldaten den Häuserkampf in der winterlichen Stadt Pripjat. Es ist Abend. Ich öffne mein Notebook, nähere mich in der digitalen Sphäre jener unheimlichen Stadt, Stadt eines Riesenrades, ich erinnere mich, ein Riesenrad in dieser seltsam einsamen Stadt. Da waren vor vielen Jahren noch Menschen gewesen, sie spazierten an einem sonnigen Tag durch einen Park, große Menschen und Kindermenschen kurz nach Havarie des nahen Reaktors. Da waren Blitze, Spuren starker radioaktiver Strahlung, die sich in das Filmmaterial, welches von den großen Menschen und den Kindermenschen erzählt, eingebrannt hatte. All das plötzlich wieder gegenwärtig an diesem Abend, da ich meine Bildschirmreise beginne. Ich komme von Süden, es ist Sommer. Winterbilder existieren von dieser nordukrainischen Landschaft nicht in den Magazinen der Google Earth Maschine, aber eben sommerliche Spuren, zwei Ströme, Juni 2015 und ein weiterer Strom, der im Sommer 2020 aufgezeichnet wurde. Je eine schnurgerade Straße kur vor dem Checkpoint Leliv. Im Juni 2015 kommen wir an, im Juli des Jahres 2020 fahren wir weiter durch die Wälder des Sperrgebietes kurz vor Tschernobyl. Die Straße ist gepflegt, jenseits der Straße zerfallende Häuser, auch Gebüsch von leuchtendem Grün. Plötzlich eine kleine Stadt, die ich in dieser Wildnis nicht erwartet hatte. Häuserblocks. Stromleitungen führen über Brücken. Menschen stehen in kleinen Gruppen am Straßenrand. Dann wieder Juni 2015, wir passieren das Denkmal derer, die die Welt gerettet haben. Da und dort Birken, auch rötlich gefärbte Gewächse. Und Schilder, gelbe Schilder, die vor Strahlung warnen. Da und dort Wolken himmelwärts. — stop
eine wiese
echo : 22.05 UTC — Ich hatte einen lustigen Traum. Da war im Traum eine Wiese unter Apfelbäumen. Plötzlich lag ich in dieser Wiese herum und beobachtete Wespen, wie sie dicht über mir hin- und herflogen auf einer schnurgeraden Linie. Bemerkenswert war, dass sie alle sehr kleine Äpfel transportierten in eine der Richtungen, ich glaube westwärts. Am Rand der Wiese stand, halb schon im Wald, ein Haus. Im Haus traf ich eine alte Frau an, die mit sich selbst zu sprechen schien. Aber das war dann doch ganz anders gewesen, die alte Frau sprach mit den Wespen, sie bedankte sich für jeden der Äpfel, den die Wespen über einer Schale abwarfen, die im Schoß der alten Frau ruhte. Ich erinnere mich, die Küche duftete nach Kuchenteig. In einem Käfig in einer Ecke des Hauses hockte ein Huhn auf einem Apfel, den das Huhn selbst gelegt haben soll, auf einem Wespenapfel oder einem Apfel voller Wespen. Dann wachte ich auf. Ein schöner Tag begann. Und jetzt ist Abend geworden. In der Stadt Chemnitz tragen Menschen, die entweder Faschisten sind, oder sich nicht scheuen, in einer Reihe mit Faschisten herumzulaufen, weiße Rosen am Revers. Eine entsetzliche Geschichte. — stop
nachts gegen drei
sierra : 3.01 — Um kurz vor drei Uhr nachts stand ich vor dem geöffneten Fenster und schaute zu den Sternen. Ich hatte die Nachricht erhalten, am Himmel über mir werde die Internationale Raumstation ISS sichtbar werden ( Time: Thu May 26 3:01 AM, Visible: 6 min, Max Height: 69°, Appears: 10° above WNW, Disappears: 11° above E ) ein Pünktchen, das sich, von der bald aufgehenden Sonne beleuchtet, rasend schnell über das Firmament bewegen würde, genau so war es berichtet worden von einem Beobachter, der mehrfach Augenzeuge gewesen sein will. Aber der Himmel war bedeckt, es regnete leicht. Wie ich mich gerade abwenden wollte, entdeckte ich eine Fliege, die auf schnurgerader Bahn mein Fenster passierte. Sie kam von rechts, also von Norden her, und ich fragte mich, wie das möglich sei, weil es doch regnete, schwere Tropfen. Kaum hatte ich meine Frage im Kopf so formuliert, dass ich sie wahrnehmen konnte, war die Fliege, ohne eine Spur zu hinterlassen, ohne einen Beweis ihrer Existenz, in der Dunkelheit verschwunden gewesen. — stop
von zeppelinkäfern
marimba : 2.28 — Für einen Moment dachte ich heute Nacht an eine Geschichte, die ich vor langer Zeit einmal erzählte. Das war gegen 2 Uhr gewesen. Ich beobachtete aus mehreren Metern Entfernung, wie ein Käfer, der einem Zeppelinkäfer ähnlich war, sehr langsam durch mein Zimmer schwebte, um auf einer Tischlampe zu landen. Dort blieb er für einige Minuten sitzen. Sofort suchte ich nach jener Geschichte, die von einem Zeppelinkäfer handelt. Sobald ich sie gefunden hatte, segelte der Käfer, der mich an meine Notiz erinnert hatte, in die Dunkelheit davon, sodass ich ihn beinahe für die personifizierte Erinnerung dieser einen Geschichte halten möchte. Sie geht so: Ein seltsames Wesen schwebte kurz nach 1 Uhr in der Nacht schnurgerade eine unsichtbare Linie über den hölzernen Fußboden meines Arbeitszimmers entlang, wurde in der Mitte des Zimmers von einer Luftströmung erfasst, etwas angehoben, dann wieder zurückgeworfen, ohne allerdings mit dem Boden in Berührung zu kommen. — Ein merkwürdiger Auftritt. – Und dieser großartige Ballon von opakem Weiß! Ein Licht, das kaum noch merklich flackerte, als ob eine offene Flamme in ihm brennen würde. Ich habe mich zunächst gefürchtet, dann aber vorsichtig auf Knien genähert, um den Käfer von allen Seiten her auf das Genaueste zu betrachten. — Folgendes ist nun zu sagen. Sobald man einen Zeppelinkäfer von unten her besichtigt, wird man sofort erkennen, dass es sich bei einem Wesen dieser Gattung eigentlich um eine filigrane, flügellose Käfergestalt handelt, um eine zerbrechliche Persönlichkeit geradezu, nicht größer als ein Streichholzkopf, aber schlanker, mit acht recht langen Ruderbeinen, gestreift, schwarz und weiß gestreift in der Art der Zebrapferde. Fünf Augen in graublauer Farbe, davon drei auf dem Bauch, also gegen den Erdboden gerichtet. Als ich bis auf eine Nasenlänge Entfernung an den Käfer herangekommen war, habe ich einen leichten Duft von Schwefel wahrgenommen, auch, dass der Käfer flüchtet, sobald man ihn mit einem Finger berühren möchte. Ein Wesen ohne Laut. – Guten Morgen! Heute ist Sonntag bei großer Hitze. — stop
ein zeppelinkäfer
echo : 2.54 — Wann war es, dass ich zum ersten Mal bemerkte, wie meine Briefe kleiner und kleiner wurden? Wesen von wirklichem Papier, Bögen in Umschlägen, mit einem Postwertzeichen, das zuletzt die Anschriftenseite meines Schreibens vollständig bedeckte. Im Postamt werde ich seither ernst genommen. Vor einigen Wochen kaufte ich sinnvollerweise ein handliches Mikroskop und einen Satz Bleistifte von äußerster Härte. Ich spitzte das Schreibwerkzeug eine Viertelstunde lang, dann legte ich einen Bogen Papier in das Licht einer Linse mittlerer Stärke. Ich näherte mich mit bebenden Fingern. Man sollte mich in diesem Moment gesehen haben. Bei jedem Wort, das ich auf das kleine Blatt notierte, hielt ich die Luft an. Tatsächlich habe ich in meinen Leben noch nie zuvor in einer derart sorgfältigen Weise geschrieben. Ich brauchte drei Stunden Zeit, um das Papier, das nicht größer gewesen war als eine Briefmarke von 1,5 cm Kantenlänge, vollständig zu beschriften. Ich schrieb folgende Zeilen an einen Freund: Lieber Stanislaw, Du wirst es nicht glauben, nach 1 Uhr heute Nacht schwebte ein Zeppelinkäfer einer nicht sichtbaren, schnurgeraden Linie über den hölzernen Fußboden meines Arbeitszimmers entlang, wurde in der Mitte des Zimmers von einer Luftströmung erfasst, etwas angehoben, dann wieder zurückgeworfen, ohne allerdings mit dem Boden in Berührung zu kommen. – Ein merkwürdiger Auftritt. – Und dieser großartige Ballon von opakem Weiß! Ein Licht, das kaum noch merklich flackerte, als ob eine offene Flamme in ihm brennen würde. Ich habe mich zunächst gefürchtet, dann aber vorsichtig auf Knien genähert, um den Käfer von allen Seiten her auf das Genaueste zu betrachten. – Folgendes ist nun zu sagen. Sobald man einen Zeppelinkäfer von unten her besichtigt, wird man sofort erkennen, dass es sich bei einem Wesen dieser Gattung eigentlich um eine filigrane, flügellose Käfergestalt handelt, um eine zerbrechliche Persönlichkeit geradezu, nicht größer als ein Streichholzkopf, aber schlanker, mit sechs recht langen Ruderbeinen, gestreift, schwarz und weiß gestreift in der Art der Zebrapferde. Fünf Augen in graublauer Farbe, davon drei auf dem Bauch, also gegen den Erdboden gerichtet. Als ich bis auf eine Nasenlänge Entfernung an den Käfer herangekommen war, habe ich einen leichten Duft von Schwefel wahrgenommen, auch, dass der Käfer flüchtet, sobald man ihn mit einem Finger berühren möchte. Ein Wesen ohne Laut. Dein Louis, herzlichst. — Es war eine wirklich harte Arbeit, all diese Zeichen zu notieren. Dann faltete ich das Blatt Papier einmal kreuz und quer. Ich arbeite mit zwei Pinzetten wiederum unter starkem Licht, steckte den Brief in ein Couvert, dessen Herstellung noch mühevoller gewesen war als das Schreiben des Briefes selbst, und machte mich auf den Weg in das nächste Postamt. Dort wurde ich unverzüglich an den Schalter für besondere Briefformate weitergeleitet, wo mein Brief, den ich mit einer Pinzette auf den Tresen befördert hatte, von einer weiteren Pinzette entgegengenommen wurde. Ich war sehr glücklich. Ich beobachtete, wie der Beamte eine Briefmarke von der Größe eines Reiskorns behutsam auf meinen Brief legte und mittels eines Stempels, der vor meinen bloßen Augen kaum noch sichtbar gewesen war, entwertete. Dann ging mein Brief auf Reisen. Er flog sehr weit durch die Luft, und ich habe ihn für kurze Zeit vergessen. Nun aber, vor wenigen Stunden, wurde mir von einem Sonderboten der Post ein Brief von derart leichter Gestalt übergeben, dass ich zunächst die Anweisung erhielt, alle Fenster meiner Wohnung zu schließen. Dieser Brief, eine Depesche meines Freundes, ruht vor mir auf dem Tisch. Es ist ein kleines Kunstwerk. Auf seiner Briefmarke sollen sich zwei Paradiesvögel befinden, die ihre Schnäbel kreuzen. Ich werde das gleich überprüfen. — Es ist Freitag! Guten Morgen! — stop / fürs mariechen
nachtzeppelin
echo : 2.18 — Ein Zeppelinkäfer, seltsames Wesen, schwebte kurz nach 1 Uhr heute Nacht eine schnurgerade, eine unsichtbare Linie über den hölzernen Fußboden meines Arbeitszimmers entlang, wurde in der Mitte des Zimmers von einer Luftströmung erfasst, etwas angehoben, dann wieder zurückgeworfen, ohne allerdings mit dem Boden in Berührung zu kommen. — Ein merkwürdiger Auftritt. – Und dieser großartige Ballon von opakem Weiß! Ein Licht, das kaum noch merklich flackerte, als ob eine offene Flamme in ihm brennen würde. Ich habe mich zunächst gefürchtet, dann aber vorsichtig auf Knien genähert, um den Käfer von allen Seiten her auf das Genaueste zu betrachten. — Folgendes ist nun zu sagen. Sobald man einen Zeppelinkäfer von unten her besichtigt, wird man sofort erkennen, dass es sich bei einem Wesen dieser Gattung eigentlich um eine filigrane, flügellose Käfergestalt handelt, um eine zerbrechliche Persönlichkeit geradezu, nicht größer als ein Streichholzkopf, aber schlanker, mit acht recht langen Ruderbeinen, gestreift, schwarz und weiß gestreift in der Art der Zebrapferde. Fünf Augen in graublauer Farbe, davon drei auf dem Bauch, also gegen den Erdboden gerichtet. Als ich bis auf eine Nasenlänge Entfernung an den Käfer herangekommen war, habe ich einen leichten Duft von Schwefel wahrgenommen, auch, dass der Käfer flüchtet, sobald man ihn mit einem Finger berühren möchte. Ein Wesen ohne Laut. – Guten Morgen! Heute ist Samstag. Leichter Regen vielleicht. — stop
abenteuer auf dem tisch
3.15 – Kaum drei Minuten zurück, überquerte sehr langsam, Stelzschritt für Stelzschritt, eine Spinne von enormer Größe meinen Schreibtisch. Sie kam von rechts über die Tischkante, also von Westen, und marschierte auf einer schnurgeraden Linie ostwärts. Als sei ich schon immer hier gewesen, der Tisch, der mein Tisch ist, zwei Bücher, die meine Lesebücher sind, meine Schreibmaschine, meine Hände und meine großen Augen, kletterte sie an einem Mann vorüber, der die Luft anhielt, der Fluchtinstinkte zähmte, der sich sagte, dass diese Spinne, eine sehr entscheidende Spinne darstellte, dass, wenn er die Gegenwart dieser Spinne nicht ertragen könnte, er, der ganze Mann, für Urwald jeder Art nicht geeignet sei. — Haben Spinnen dieser Größe einen persönlichen Geruch? — Könnte ich je eine Spinne verzehren? — Ist es möglich, einen Gedanken zu erfinden? — stop