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bienenfarbe

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india : 0.08 UTC — Ich habe in den Maga­zi­nen der digi­ta­len Sphä­re nach­ge­se­hen, schwarz­far­be­ne Bie­nen exis­tie­ren tat­säch­lich. Holz­bie­nen sind schwarz gefärbt. Je nach Licht­ein­fall wer­den sie blau. Das Blau ist ein schil­lern­des Blau. Es scheint nicht wirk­lich zu sein. Nie habe ich eine schwar­ze oder ein blaue Bie­ne gese­hen, aber vor­ge­stellt. — stop

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reisende spinne

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tan­go : 22.07 UTC — Auf dem Sat­tel mei­nes Fahr­ra­des lief ein sehr klei­nes, rotes Wesen hin und her als wür­de es etwas nähen. Kaum näher­te ich mich mit einem Fin­ger, kaum mach­te ich Schat­ten, duck­te es sich, um dann so schnell es eben mög­lich war, unter dem Sat­tel zu ver­schwin­den. Ich fuhr los, ich radel­te durch den Nord­park. Ein son­ni­ger Tag, in den Wie­sen lagen Hun­de und Men­schen, in den Bäu­men dös­ten Vögel, Flü­gel gespreizt, Schnä­bel weit geöff­net. Am Him­mel ein Zep­pe­lin, lang­sam. Ich sass bald auf einer Bank, ich beob­ach­te­te den Sat­tel mei­nes Fahr­ra­des. Kurz ein wenig Regen. Dann fuhr ich wie­der nach Hau­se. — stop

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fensterlicht

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nord­pol : 15.01 UTC — Im Spa­zie­ren kurz vor Aus­gangs­sper­re Blick zu den Fens­tern hin. Licht von Lam­pen, die selbst nicht sicht­bar sind, oder Lam­pen­we­sen selbst, ihre Schir­me, Bal­lo­ne, Bir­nen. Da und dort Bewe­gung, ein Mensch, der am Fens­ter steht oder sich bewegt in der nicht sicht­ba­ren Tie­fe der Zim­mer, das Licht der Fern­seh­bild­schir­me, unru­hig, auch rote und grü­ne und blaue Simu­la­tio­nen. Und Fens­ter, die ohne Licht sind. — stop

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mundsegel

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del­ta : 18.28 UTC — Abends kommt sie mir ent­ge­gen im Trep­pen­haus 2. Stock. Sie geht sehr lang­sam, rech­te Hand am Gelän­der, ihre wei­te­re Hand stützt auf ihrem lin­ken Ober­schen­kel, der­art drückt sie sich Stu­fe für Stu­fe zur Woh­nung hoch. Sie sieht, dass ich oben auf dem Trep­pen­ab­satz war­te, damit ich Platz machen kann damit wir uns nicht zu nahe kom­men. Ver­mut­lich erkennt sie mich bereits an den Schu­hen. Von Unten ruft ein jun­ger Mann, der ihr den Ein­kauf nach oben trägt, er gehe jetzt los. Und wie sie an mir vor­über kommt, sie lächelt hin­term Mund­se­gel, ent­de­cke ich, das das schwe­re dich­te Segel zu einem leich­te­ren Segel gewor­den ist, das knis­tert, indem sie ein oder aus­at­met. Zwei Tage spä­ter höre ich, sie sei geimpft wor­den. Ihre dunk­len Augen, ich erin­ne­re mich, fun­kel­ten im Halb­licht. Sie trug Som­mer­schu­he. Und sie wuss­te in ihrem beschwer­li­chen Auf­stieg ver­mut­lich schon, dass sie am Abend, beglei­tet vom gedul­di­gen jun­gen Mann aus dem ers­ten Stock, mit ihrem Roll­wä­gel­chen in den nahen Park spa­zie­ren wür­de, um einer Bekann­ten Pfand­fla­schen wei­ter­zu­rei­chen. Es sind dies­mal nicht so vie­le, wird sie viel­leicht ent­schul­di­gend sagen. — stop

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vom nachtstrassenmuseum

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alpha : 22.25 UTC — Es ist nicht etwa so, dass Men­schen auf der Stras­se tief unter mei­nem Fens­ter nach Süden hin kurz vor Beginn der Aus­gangs­sper­ren sich beei­len wür­den nach Hau­se zu kom­men. Sie gehen vor­an so wie immer um die­se Zeit, aber allein. Es sind aus­ser­dem weni­ge Men­schen, die sich dort unten bewe­gen. Für einen Moment dach­te ich, viel­leicht haben sie Ein­tritt bezahlt für das Muse­um der Nach­stras­sen zu Zeit der Aus­gang­sper­re: 150 Euro. Ich muss das beob­ach­ten, das Muse­um, die Men­schen, und die Nacht­bie­nen, ihre Geräu­sche, ihre Wege, ihre Besu­che hier oben, wo ich am Fens­ter ste­he. — stop

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luftschreiben

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char­lie : 6.55 UTC — Beim Nach­barn im Kel­ler ruht auf einem klei­nen run­den Tisch, der von Wachs­fle­cken bedenkt ist, eine mecha­ni­sche Schreib­ma­schi­ne. Immer wie­der ein­mal den­ke ich an die­se Schreib­ma­schi­ne, wenn ich in den Kel­ler abstei­ge, um nach dem Strom­zäh­ler zu sehen. Ges­tern war sie noch immer dort in gelb­li­chen Licht auf dem Tisch zu sehen, bedeckt von etwas feuch­tem Staub und Mör­tel, der von der Decke fällt, sobald die Erde bebt unter der Stadt. Ich dach­te, ich soll­te mir eine mecha­ni­sche Schreib­ma­schi­ne in die Woh­nung holen, das Schrei­ben wie­der­ho­len wie frü­her noch ohne Mög­lich­keit einer Kor­rek­tur, auch mit der Kraft der Hän­de arbei­ten. Da sind Geräu­sche der Kin­der­zeit, sofort kann ich sie aus dem Gedächt­nis holen, wie ich mit jeder Tas­te einen Ton anschla­ge, manch­mal so sanft, so vor­sich­tig, dass ich das Papier, das über einer Wal­ze spannt, mit dem Druck­zei­chen nicht errei­che, dass ich, sagen wir, Zei­chen in die Luft set­ze, weich. — stop

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