Aus der Wörtersammlung: Jahrhundert

///

lichthals

pic

romeo : 1.28 — Noch ein Kind gewe­sen, beob­ach­te­te ich Flie­gen und Mücken mit arg­wöh­ni­schen Augen. Sie waren so wen­dig, wil­lens­stark und aus­dau­ernd in ihrer Jagd nach Zucker oder Blut, dass ich sie fürch­te­te und bewun­der­te zur sel­ben Zeit. Sir­ren­de Geräu­sche. Sturz­schrau­ben­flü­ge. Mos­ki­tos, die man nie­mals leben­dig mit einer Hand fan­gen, aber töten konn­te. Das Mikro­skop, mit des­sen Hil­fe ich vor lan­ger Zeit Flie­gen­lei­chen unter­such­te, habe ich unlängst wie­der­ge­fun­den. Ein schwe­res Objekt, schwarz lackier­tes Guss­ei­sen, dar­an befes­tigt, beweg­li­che Mes­sing­tei­le, Räd­chen ins­be­son­de­re, ein Spie­gel, und ein run­der, beweg­li­cher Tisch. Das Gerät war im zurück­lie­gen­den Jahr­hun­dert von Ernst Leitz in Wetz­lar gefer­tigt wor­den. An sei­nem zen­tra­len Licht­hals trägt es die Signa­tur No. 158461. Robert Koch soll aus die­ser Serie der Mikro­sko­pe das Mikro­skop mit der Zif­fer 100000 erhal­ten haben, Paul Ehr­lich das Mikro­skop mit der Num­mer 150000. Damals, als ich noch sehr klein gewe­sen war, konn­te ich das Mikro­skop kaum auf den Tisch heben, an den ich mich zur Unter­su­chung gefan­ge­ner Flie­gen setz­te sobald frü­her Abend gewor­den war. Um eine Flie­ge sezie­ren zu kön­nen, benö­tigt man sehr fei­nes Besteck, mei­ne Hän­de zit­ter­ten. Die ers­te Flie­ge, der ich mich mit einem Skal­pell näher­te, wach­te auf, sie beweg­te ihre Bein­chen, ich flüch­te­te aus dem Zim­mer. Die zwei­te Flie­ge, die ich unter­su­chen woll­te, war so gründ­lich tot, dass sie über kei­nen eigent­li­chen Kör­per mehr ver­füg­te, der unter­sucht wer­den konn­te. Die drit­te Flie­ge öff­ne­te sich, sie war uner­war­tet feucht gewe­sen. In einer metal­le­nen Schach­tel ver­wahr­te ich mei­ne Opfer. Der Schach­tel ent­kam eine bit­te­rer Geruch. Ich habe nun über­legt, ob ich die Unter­su­chung der Flie­gen oder klei­ne­rer Spin­nen­tie­re nicht drin­gend wie­der auf­neh­men soll­te. — stop
ping

///

schwarzweißballone

9

india : 6.52 — Auf einer Schwarz­weiß­fo­to­gra­fie, die ich in den Maga­zi­nen mei­nes Vaters ent­deck­te, sind Wan­de­rer im Gebir­ge zu sehen. Die Auf­nah­me wur­de irgend­wann in den 20er Jah­ren des ver­gan­ge­nen Jahr­hun­derts gefer­tigt, 1926 oder 1928, undeut­li­che Schrift­zei­chen ver­hin­dern genaue­re Bestim­mung. Ich hat­te ein Ver­grö­ße­rungs­glas zu Hil­fe genom­men, um in die Tie­fe der Foto­gra­fie vor­drin­gen zu kön­nen. Acht Men­schen sind zu erken­nen, eini­ge lachen, ande­re schei­nen doch erschöpft zu sein. Sie sind in der Pha­se des Auf­stieg fest­ge­hal­ten. Ein sehr stei­ler Pfad. Jen­seits die­ses Pfa­des ein Abgrund. Die Wan­de­rer haben Stö­cke in der Hand, Hüte auf dem Kopf, fes­te, schwe­re Schu­he an den Füßen. Bemer­kens­wert ist, dass sie kei­ne Ruck­sä­cke auf dem Rücken tra­gen. Im Bild­aus­schnitt sind außer­dem kei­ne Trä­ger zu sehen, weder Mulis noch Pfer­de, statt­des­sen eini­ge Stein­bö­cke am obe­ren Bild­rand. Dort vor allem Fel­sen, kein Him­mel, eini­ge Lat­schen­kie­fern. Ich leg­te die Foto­gra­fie zur Sei­te. Eini­ge Zeit spä­ter bemerk­te ich unter wei­te­ren Foto­gra­fien, eine zwei­te Schwarz­weiß­fo­to­gra­fie der Wan­der­grup­pe. Sie hat­te nun einen Grat erreicht, Him­mel ist zu sehen, Him­mel ohne Wol­ken. Einer der Män­ner deu­tet abwärts ins Tal. Die Grup­pe scheint ins­ge­samt ange­hal­ten zu haben. Sie besteht noch immer aus acht Per­so­nen. Über die­sen Per­so­nen schwe­ben hel­le Bal­lo­ne, die mit den Men­schen ver­bun­den gewe­sen sein müs­sen, da sie sich je in der­sel­ben Höhe über den Köp­fen der Wan­de­rer befin­den. Unter den Bal­lo­nen hän­gen Körb­chen, in wel­chen sich Waren befin­den, die nur undeut­lich aus dem Pixel­sand des Bil­des tre­ten, Ahnun­gen. Ich hat­te Bal­lo­ne die­ser Art bis dahin weder mit eige­nen Augen gese­hen, noch hat­te ich je von der Erfin­dung flie­gen­der Ruck­sä­cke gehört. Die Foto­gra­fien waren ohne jede Beschä­di­gung, nur etwas gewölbt, als wären sie für kur­ze Zeit feucht gewor­den. Kei­ne Hin­weis auf Ort oder Urhe­ber der Arbei­ten. Viel­leicht Auf­nah­men mei­nes Groß­va­ters, den ich nie per­sön­lich ken­nen­ge­lernt habe, Auf­nah­men, die weni­ge Jah­re vor der Geburt mei­nes Vaters ange­fer­tigt sein müss­ten. Sie schwe­ben nun selbst frei, ohne leben­de Zeu­gen, wie Bal­lo­ne in der Zeit her­um. — stop
ping

///

hände

9

alpha : 3.12 — Ein jun­ger Mann erklärt, was zu tun ist, damit ich unter Men­schen, also unter sei­nen Freun­den, nicht unan­ge­nehm auf­fal­len wer­de. Er sag­te: Wenn ich Dich mit­neh­me ins Vier­tel, hältst Du am Bes­ten den Mund. Coo­le Män­ner spre­chen wenig, und wenn sie ein­mal spre­chen, dann ver­wen­den sie Wör­ter so spar­sam wie mög­lich! — Der jun­ge Mann, von dem hier die Rede ist, ver­brach­te sei­ne frü­he Kind­heit in Marok­ko. Da wo ich zu Hau­se war, das ist ein Dorf oder eine klei­ne Stadt am Ran­de des Atlas­ge­bir­ges, die er jedes Jahr im Herbst besucht. Sei­ne Ver­wand­ten leben dort seit Jahr­hun­der­ten. Er zeig­te mir eine Foto­gra­fie, deu­te­te auf ein Haus von roter­di­ger Far­be: Das ist das Haus mei­ner Geburt. Im Hin­ter­grund waren schrof­fe, baum­lo­se Ber­ge zu erken­nen, das Dorf selbst ruh­te gebor­gen in einem Kranz saf­ti­ger Wäl­der, Pal­men, Dat­teln, Fei­gen, Zypres­sen, Oran­gen, Zitro­nen. Der jun­ge Mann erklär­te, das Was­ser, das die­se schö­ne grü­ne Far­be mache, ent­kom­me ste­tig den stei­ner­nen Hügeln nahe der Häu­ser, die eigent­li­che Tür­me sei­en, stei­le, enge Trep­pen führ­ten in Zim­mer, wel­che nach oben hin schma­ler und schma­ler wür­den. Ich bin Afri­ka­ner, setz­te er hin­zu, mit Leib und See­le, eigent­lich bin ich mit Leu­ten wie Dir nicht bekannt, aber nun, da wir uns schon ein­mal begeg­net sind! Wenn ich Dich mit­neh­me, hältst also am Bes­ten den Mund. Sie wer­den Dich begrü­ßen, weil sie freund­lich sind. Dann hebst Du die rech­te Hand bis in Höhe der Schul­ter, Du öff­nest Dei­ne Hand und sie wer­den ein­schla­gen, sie wer­den Dei­ne Hand fest drü­cken und das wird weh tun, aber Du wirst Dir nichts anmer­ken las­sen. Nach eini­ger Zeit, Du hast nicht gespro­chen, son­dern nur zuge­hört, wer­den sie Dich mögen, weil Du cool bist. Zum Abschied machst Du eine Faust. Mit dem Rücken Dei­ner Faust berührst den Rücken der Fäus­te, die sich Dir ent­ge­gen­stre­cken, dann hast Du alles rich­tig gemacht, das mit den Hän­den ist sehr wich­tig, und alles ist gut, und Du weißt ein biss­chen mehr als vor­her. — stop
polaroidtaucher2

///

stille

9

tan­go : 22.15 — Am 21. Dezem­ber des ver­gan­ge­nen Jah­res notiert Wolf­gang Herrn­dorf auf Posi­ti­on Arbeit und Struk­tur : Ago­ta Kris­tofs Tri­lo­gie zum drit­ten Mal nach­ein­an­der in Fol­ge gele­sen, das Per­so­nal ver­irrt sich schon in mei­ne Träu­me. Einer der ein­ei­igen Zwil­lin­ge, Klaus, Schrift­stel­ler wie im Buch, steht von Gaf­fern und Poli­zis­ten umringt auf dem Nürn­ber­ger Haupt­markt und hält ein Manu­skript mit dem Titel Die glück­li­che Stadt hoch, des­sen sofor­ti­ge Publi­ka­ti­on er ver­langt. Es hand­le von Unge­heue­rem, Skan­da­lö­sem, Ver­bor­ge­nem. Doch nie­mand, scheint ihm, nimmt ihn ernst; man behan­de­le ihn wie einen Wahn­sin­ni­gen. Ein Poli­zist sagt: War­um brin­gen Sie es nicht zur Zei­tung, um es dort ver­öf­fent­li­chen zu las­sen? / Klaus betritt ein Gebäu­de, des­sen Flu­re und Räu­me an einen vor Jahr­zehn­ten still­ge­leg­ten Büro­kom­plex der Deut­schen Post erin­nern, und gibt sein Manu­skript zusam­men mit einem klei­nen Zet­tel an der zustän­di­gen Stel­le ab. Beim Ver­las­sen der Redak­ti­on bemerkt er, daß alle ihm mit­lei­dig nach­schau­en. Er kehrt um. Ein jun­ger Mann erklärt: Sie kom­men jedes Jahr ein­mal mit Ihren Doku­men­ten hier­her und geben sie zusam­men mit einem Zet­tel ab, auf dem steht: “Bit­te neh­men Sie mein Manu­skript ent­ge­gen, tun Sie so, als ob Sie es dru­cken, und las­sen Sie mich nie­mals wis­sen, was auf die­sem Zet­tel steht.” / Das gro­ße Heft. / Der Beweis. / Die drit­te Lüge. / Die Geschich­te des Zwan­zigs­ten Jahr­hun­derts in einer Nuß­scha­le, die die Dimen­sio­nen eines Rie­sen­tan­kers hat, unge­heu­er, wahn­sin­nig, maxi­mal kaputt.Stil­le. - stop

ping

///

cairo

9

alpha : 4.32 — Ich erin­ne­re mich an ein Gespräch, das ich vor zwei Jah­ren mit einem Bekann­ten führ­te, der lan­ge Zeit in Ägyp­ten leb­te, genau­er in Kai­ro am Nil. Er wur­de in der alten, rie­si­gen Stadt gebo­ren vor einem hal­ben Jahr­hun­dert. Ich hat­te von unse­rem Gespräch bereits erzählt. Immer, wenn ich ihn seit­her getrof­fen hat­te, stell­te ich ihm Fra­gen: Warst Du zu Hau­se im Som­mer? Wie geht es Dei­ner Fami­lie? Was kos­tet ein Hotel­zim­mer in Kai­ro in siche­rer Lage? Ich bemerk­te, dass Belem sich über mei­ne Fra­gen freu­te, aber er ant­wor­te­te nur sel­ten prä­zi­se, er sag­te immer wie­der, dass es eine Fra­ge des Respekts sei, dass man irgend­wie ler­nen müs­se, gemein­sam zu arbei­ten und zu leben. Vie­le Men­schen sei­en arm, das sei das größ­te Pro­blem, sie könn­ten nicht lesen und schrei­ben. Ein­mal frag­te ich, ob er bereit wäre, einen klei­nen Text aus der ara­bi­schen Spra­che für mich zu über­set­zen, einen Twit­ter­brief, den ich nicht lesen konn­te. Aber das woll­te Belem nicht, er schien sich in die­sem Moment vor mir oder den Zei­len, die ich auf ein Stück Papier gedruckt hat­te,  zu fürch­ten. — Mon­tag. Seit Stun­den komm ich nicht wei­ter in der Lek­tü­re digi­ta­ler Nach­rich­ten aus Kai­ro. Ich ver­su­che, zu ver­ste­hen. Es sind sehr selt­sa­me Tex­te, die mir Über­set­zungs­ma­schi­nen lie­fern, Bruch­stü­cke, Ahnun­gen, Wort­sand: Gott Ylank­wa auf der Erde und im Him­mel ein Fluch und Fluch ya Welad El Bha­im o obers­te Kar­te Hun­de vor Aiallk Ein­ak Ahan füh­len Sod­bren­nen Herz Eltern und alle da Les Ahan Scha­fe Iowa euch haben tat­säch­lich Amor­pho­phal­lus Rivie­ri CDDA Scha­fe ich Wor­te von Belei­di­gung und defekt, aber nach Li da Sie lip Tstahl­wa schmut­zigs­ten Belei­di­gung in Alas­han Antua eigent­lich Scha­fe und Hun­de und Skla­ven und Amrk­wa wel­che Hatb­ko­wa brau­chen euch eine Betharb­wa Alhan Cuesh Reli­gi­on und nicht in die Hei­mat Euch Betharb­wa Alhan 7tt jeder Hund und Ely ist Mur­si nicht bei­gelegt. Mur­si da wenn Ragel har­te Masche 7tt Khrong wur­de das Blut Divi­si­on zu hal­ten oder sogar min­des­tens sei­ner Fami­lie und sei­nen Clan aber Lebens­dau­er Staa­ten Khai­nin Brü­dern und bei­de Alai­kum Ya Ya Welad Hun­de Hun­de / Und Gott Staats­si­cher­heit haben sie Gna­de, die uns von DVD Elly Zico Btal­wa ver­ließ die Sicher­heit des Staa­tes und die Her­stel­lung da Ret­tung, wel­che Bek­tosh ken­nen sie lachen über Leu­te und Leu­te ich Tani Les ein Raza Ullah Ein­woh­ner in Sidi Gaber in der elf­ten Run­de ihre Brü­der Embareh Æøá­úæç Úáì Ãç Íþæã Èå Archi­tek­tur und schla­gen den Por­tier und sie in ihrer Woh­nung waren und eine Stim­me hör­te zu mir spre­chen und ich traf den Schuss und Aial­ha Hor­ror und wein­te und floh die besetz­ten Ober­flä­che Btaa Archi­tek­tur, und Vio­li­ne von Atrmi wur­de die Vio­li­ne ein Ver­bre­cher und Embareh füh­ren den Sicher­heits­sta­tus / Ers­te Bewer­tun­gen über den Stau­see ist klar, dass Kin­der nicht müs­sen manu­el­le Illus­tra­tor Gabe Archi­tek­tur der Ein­gang Por­tal Teil­neh­mer arbei­ten und mehr Men­schen sind ent­we­der Kin­der, ihre Eltern-Wäch­ter, die nur Sie der Stau­see-Ent­wick­lung her­aus­neh­men, aber sie Men­schen, die sie benö­ti­gen sind, um Schutz gegen unse­re Herrn sagen Ahan Mikhlinash Brü­der hass­te Sie jeden Bedarf wir sagen ganz klar die Sze­ne zu einem mei­ner Brü­der ist Bdkon NAS Keteer sehr Päd­ago­gen Dkonhm Ägyp­tens und Fami­li­en starr­te ist rüh­rend, mei­ne Brü­der und Les in eine fes­te Schie­ne Und sie neh­men ihre Mode Welaikh und Gen­tle­man und Men­schen Wakhd­in­ha das Alter des Pro­phe­ten Chris­ti­an Leh­man Daq­qoun Kin­der-und Jugend­sport hal­ten Masche einer Bank, es nicht Brü­der, ist vor­aus­ge­setzt die Tah­r­ir Daq­qoun Kteer waren die Rebel­len, nicht Brü­der natür­lich sage ich allen mein Ziel, dass alle Medi­en benö­tig­ten zu Fuß und wir sahen, Schlie­ßung des Auges Ehna Lina in ich weg­ge­las­sen Z Mabens­hov CBC tags­über Dream­Works benö­tigt, fin­den Sie unter Nile News und Ara­bisch und Al-Jaze­era sie­he Ent­war­nung Not­wen­dig­keit gezeigt Nicht alle Kanä­le Val­fol Wahr­heit und Bedau­ern-Ver­län­ge­rung. — stop
ping

///

abschnitt neufundland

picping

Abschnitt Neu­fund­land mel­det fol­gen­de gegen Küs­te gewor­fe­ne Arte­fak­te : Wrack­tei­le [ See­fahrt – 125, Luft­fahrt — 1333, Auto­mo­bi­le — 1808 ], Gruß­bot­schaf­ten in Glas­be­häl­tern [ 18. Jahr­hun­dert — 6, 19. Jahr­hun­dert – 231, 20. Jahr­hun­dert – 747 , 21. Jahr­hun­dert — 88 ], phy­si­cal memo­ries [ bespielt — 102, gelöscht : 88 ], Licht­fang­ma­schi­nen [ Cine-Kod­ak Spe­cial II : 2 ], shop­ping lists [  8 ], Öle [ 1.8 Ton­nen ], Pro­the­sen [ Herz — Rhyth­mus­be­schleu­ni­ger – 10, Knie­ge­len­ke – 51, Hüft­ku­geln – 325, Bril­len – 67 ], Schu­he [ Grö­ßen 28 – 39 : 1002, Grö­ßen 38 — 45 : 756 ], Kühl­schrän­ke [ 37 ], Tief­see­tauch­an­zü­ge [ ohne Tau­cher – 2, mit Tau­cher – 15 ], Engels­zun­gen [ 6 ] | stop |

polaroidmeergehen

///

von nachthüten

pic

echo : 6.48 — Es war das ers­te Mal, dass ich ein Hut­ge­schäft betre­ten habe. Es roch sehr gut, es roch nach fei­nen Stof­fen und nach Leder, es roch eigent­lich eher nach einem Schuh­ge­schäft als nach einem Geschäft für Hüte. Der Mann hin­ter dem Tre­sen trug natür­lich selbst einen Hut auf dem Kopf. Als ich mich näher­te war er gera­de in ein Gespräch ver­tieft mit einem Herrn, der sich Hüte vor­füh­ren ließ. Er schien über sehr viel Geld zu ver­fü­gen, weil er jeden Hut, der ihm gefiel, unver­züg­lich kauf­te. Ein Turm von Hut­schach­teln, so hoch wie der Mann selbst, hat­te sich neben ihm gebil­det. Der Turm wur­de von einem Ange­stell­ten des Ladens fest­ge­hal­ten, damit er nicht stürz­te. Ein wei­te­rer jun­ger Mann klet­ter­te auf einer Lei­ter hin­ter dem Tre­sen vor einem Regal her­um, das aus einem frü­he­ren Jahr­hun­dert zu kom­men schien, das heißt, das Regal war übrig geblie­ben, wäh­rend ande­re Gegen­stän­de der­sel­ben Zeit längst ver­schwun­den waren. Eini­ge Minu­ten nahm kei­ner der Men­schen, die sich in dem Laden befan­den, Notiz von mir, und so konn­te ich die­se klei­ne Geschich­te beob­ach­ten, auch den Aus­füh­run­gen lau­schen, mit wel­chen der Mann, der Hüte kauf­te, sein Ver­hal­ten begrün­de­te. Obwohl auf sei­nem Kopf noch sehr viel Haar zu ent­de­cken war, schien der Mann sich bereits jetzt Gedan­ken dar­über zu machen, wie lan­ge er über sein Haar noch ver­fü­gen wür­de. Er schien damit zu rech­nen, dass er bald kein ein­zi­ges oder nur räu­di­ges Haar auf dem Kopf tra­gen wür­de, dar­un­ter blo­ße Haut, nichts also als sei­nen Kopf, was für ihn nicht akzep­ta­bel sein konn­te. Er woll­te nun vor­sorg­lich Hüte wie Fri­su­ren besit­zen, woll­te nichts ande­res, als mäch­tig sein über sei­ne Zukunft, vor­be­rei­tet, sagen wir. Selbst noch nachts, stell­te er sich vor, soll­te ein Hut sei­nen Kopf bede­cken, wes­we­gen er nach Nacht­hü­ten frag­te, aber so etwas gibt es nicht, oder noch nicht, Müt­zen ja, aber nicht Hüte, nicht Nacht­hü­te, was selt­sam ist, nicht wahr, dass es alles Mög­li­che gibt auf die­ser Welt, aber kei­ne Hüte, die rei­ne Nacht­hü­te sind. Seit ich das Hut­ge­schäft vor Stun­den ver­las­sen habe, den­ke ich dar­über nach, was einen Nacht­hut genau genom­men aus­ma­chen wür­de, was ihn von ande­ren Hüten unter­schei­den wür­de. Es müss­te ver­mut­lich sehr weich sein, das könn­te sein. Sehr viel wei­ter bin ich in mei­nen Über­le­gun­gen bis­lang nicht gekom­men. Es ist jetzt kurz nach drei Uhr. Schnee­wol­ken nähern sich von Nord­os­ten her. – stop

ping

///

abschnitt neufundland

picping

Abschnitt Neu­fund­land mel­det fol­gen­de gegen Küs­te gewor­fe­ne Arte­fak­te : Wrack­tei­le [ See­fahrt – 254, Luft­fahrt — 1573, Auto­mo­bi­le — 2546 ], Gruß­bot­schaf­ten in Glas­be­häl­tern [ 18. Jahr­hun­dert — 5, 19. Jahr­hun­dert – 122, 20. Jahr­hun­dert – 568 , 21. Jahr­hun­dert — 118 ], phy­si­cal memo­ries [ bespielt — 251, gelöscht : 88 ], Licht­fang­ma­schi­nen [ Roll­eiflex Stan­dard 620/621 : 1 ], Dia­ry [ Mr. Kek­ko­la 1972 — 1978 : 1 ] Öle [ 4.2 Ton­nen ], Pro­the­sen [ Herz — Rhyth­mus­be­schleu­ni­ger – 12, Knie­ge­len­ke – 17, Hüft­ku­geln – 421, Bril­len – 1755 ], Schu­he [ Grö­ßen 28 – 39 : 744, Grö­ßen 38 — 45 : 867 ], Kühl­schrän­ke [ 88 ], Tief­see­tauch­an­zü­ge [ ohne Tau­cher – 5, mit Tau­cher – 21 ], Engels­zun­gen [ 18 ] | stop |

ping

///

australien

2

oli­mam­bo : 3.26 — Im ana­to­mi­schen Insti­tut, unter dem Prä­pa­rier­saal, befin­den sich Arbeits­räu­me für Prä­pa­ra­to­ren, das sind klei­ne­re Zim­mer, in wel­chen metal­le­ne Tische ste­hen, hel­les Licht, sehr hel­les Licht, Lupen­leuch­ten, Pin­zet­ten, Skal­pel­le, Gefä­ße aller Art. Ich besuch­te dort meh­re­re Male einen älte­ren Herrn, durf­te ihm gegen­über Platz neh­men, beob­ach­te­te ihn bei der Arbeit an einem Herz, das vor uns auf dem Tisch ruh­te. Ich erin­ne­re mich noch gut an sei­ne hel­len, fein­glied­ri­gen Hän­de, wie sie rasend schnell Gewe­be vom Herz­kör­per zupf­ten. Der alte Mann war sehr erfah­ren in der Prä­pa­ra­ti­on, und er war schweig­sam, also spra­chen wir wenig. Ges­tern Abend habe ich an ihn gedacht, weil ich nach einem Tele­fon­ge­spräch eine Fra­ge ent­deck­te, die ich nun ger­ne sofort an ihn rich­ten wür­de, wenn ich nur wüss­te, ob er noch exis­tiert. Ich wür­de näm­lich ger­ne erfah­ren, wie es mög­lich sein kann, das Ske­lett eines Men­schen, der gera­de erst gestor­ben ist, sei­nem Kör­per zu ent­neh­men und auf dem Luft­post­weg von Aus­tra­li­en nach Euro­pa zu sen­den. Genau das ist näm­lich vor nicht ein­mal einem hal­ben Jahr­hun­dert gesche­hen. Eine Freun­din, die in Grie­chen­land auf­ge­wach­sen war, eine Grie­chin also, erzähl­te mir ges­tern, sie habe in ihrer Schul­zeit ein mensch­li­ches Ske­lett vor Augen gehabt, von dem sie wuss­te, dass es echt gewe­sen war, dass es zu einem Bür­ger der Stadt, in der sie leb­te, gehör­te. Die­ser Mann war nach Aus­tra­li­en aus­ge­wan­dert, um vor der Armut und Hoff­nungs­lo­sig­keit, in der er leb­te, zu flüch­ten. Kaum in Aus­tra­li­en ange­kom­men, starb der Mann. Und weil er nichts wei­ter zu ver­schen­ken hat­te, ver­mach­te er sein Ske­lett der Schu­le sei­ner Stadt. Der Mann hieß mit Vor­na­men Teofa­nis, wes­halb auch das Ske­lett die­sen Namen trug. Teofa­nis kehr­te also an den Ort zurück, an dem er gebo­ren wor­den war, genau­er sogar in das Klas­sen­zim­mer, in dem er sei­ne Matu­ra abge­legt hat­te, um dort dau­er­haft zu ver­wei­len in einer fei­nen Geschich­te, deren eigent­li­ches Ende in der Zeit noch nicht abzu­se­hen ist. — stop

polaroidtraumbild

///

rom : antennenbild

pic

nord­pol : 2.28 — Däm­me­rung. Die Kup­pel der Peters­ba­si­li­ka plötz­lich in Sicht wie ich um eine Häu­ser­ecke kom­me. Selt­sam blau­es Leuch­ten, als wür­de sich das abwan­dern­de Licht des Him­mels auf den Kup­fer­ble­chen des Daches spie­geln. Dann ist’s stock­fins­ter gewor­den und die Kup­pel schim­mert noch immer blau­tür­ki­se wie zuvor. Sehr klei­ne Men­schen spa­zie­ren über Bernini’s Platz, sit­zen in der war­men Abend­luft auf Brun­nen­rän­dern und Trep­pen­stu­fen, die unter Kolon­na­den den Platz umar­men. Ziem­li­che Stil­le. Kaum Tau­ben. Kei­ne Kat­zen, nicht ein­mal schläf­ri­ge Augen­lich­ter. Ein paar Män­ner arbei­ten sich pfei­fend durch Tür­me von Stüh­len. Sobald sie einen Stuhl von einem der Gebäu­de heben, wird es etwas klei­ner, bil­det eine Rei­he aus wie einen Arm, der sich an einer Schnur ent­lang aus­rich­tet, tau­sen­de war­ten­de Objek­te, auf wel­chen bald Men­schen sit­zen wer­den, die beten oder schrei­en oder ihre Stüh­le bestei­gen, weil auch ande­re bereits auf Stüh­len ste­hen. Das ist der Moment, da man als Pil­ger oder Beob­ach­ter viel­leicht sei­nen Namen heim­lich in einen der Stüh­le rit­zen möch­te oder eine Figur zeich­nen, die Ähn­lich­keit zur eige­nen Per­son auf­zei­gen wird, sodass man etwas zurück­lässt auf dem Platz, ein Anten­nen­bild um spä­ter­hin päpst­li­chen Segen aus der Fer­ne ein­fan­gen zu kön­nen. Michel­an­ge­lo heim­lich, eine Vor­stel­lung, die mög­lich ist in der Nacht im sanf­ten Later­nen­licht nahe des Mader­no-Brun­nens, wie er sich nach Jahr­hun­der­ten wun­dert über das Blau die­ser Kup­pel, das er so nicht ange­ord­net haben mag. — stop