Aus der Wörtersammlung: folgen

///

MLR X‑867

2

nord­pol : 3.55 — Fol­gen­dem Mol­lus­ken­we­sen gilt nacht­wärts mei­ne Auf­merk­sam­keit: MLR X‑867, 10 cm in der Län­ge, 1 cm in der Höhe, 2 cm in der Brei­te, sam­tig schwar­zer Kör­per, 30 Gramm schwer, hohl und höchst beweg­lich. Die­ses Schne­cken­we­sen lebt vor­nehm­lich im Was­ser, wes­we­gen es über Kie­men gebie­tet, wan­dert dort lang­sam auf Lamel­len­bei­nen über den Boden hin oder fel­si­ge Wän­de auf und abwärts. Aber auch in Gefan­gen­schaft über­lebt es ger­ne, solan­ge man war­me Flie­gen­lar­ven füt­tert, die groß­zü­gig über die Ober­flä­che des Mol­lus­ken­ge­wäs­sers zu ver­tei­len sind. Es ist viel­leicht so, dass in ste­ti­ger Erwar­tung, das klei­ne Tier in genau jenem Moment, da es der beben­den Lar­ven­kör­per ansich­tig gewor­den ist, Hoch­ge­schwin­dig­keits­zun­gen in Rich­tung sei­ner Beu­te schi­cken wird, Zun­gen, die einem schma­len Rücken ent­kom­men, dort reiht sich ein Mund an den nächs­ten, es sind sie­ben ins­ge­samt, die geschlos­sen voll­stän­dig unsicht­bar blei­ben. Nun wäre das noch nichts Beson­de­res, wenn es sich bei die­sem Wesen, nicht um eine Per­sön­lich­keit von her­vor­ra­gen­der Musi­ka­li­tät han­deln wür­de, man leuch­tet näm­lich in jeder erdenk­li­chen Far­be, sobald man Geräu­sche, noch die lei­ses­ten hört. Das Schwarz­sein bedeu­tet also Stil­le. Art und Posi­ti­on der Schne­cken­oh­ren sind zu die­sem Zeit­punkt, 3 Uhr 28 Minu­ten, noch nicht bekannt. — stop
ping

///

255 jahre

2

echo : 6.05 — Ich habe Fol­gen­des aus­ge­rech­net. Wenn ich jeden Tag 16 Stun­den arbei­te­te, in jeder die­ser Stun­den je eine Minu­te mit einem Men­schen spre­chen wür­de, ihm oder ihr die Hand geben, ihm oder ihr in die Augen sehen, dann könn­te ich mit 880 Men­schen am Ende eines Tages Kon­takt auf­ge­nom­men haben. Wenn ich nun 255 Jah­re in die­ser Wei­se arbei­te­te, ohne je einen Tag eine Pau­se ein­zu­le­gen oder Urlaub zu neh­men, wäre ich schließ­lich in der Lage, 82 Mil­lio­nen Men­schen per­sön­lich ken­nen­zu­ler­nen. Ich soll­te mög­lichst mit älte­ren Men­schen begin­nen, soll­te nach einem geeig­ne­ten, vor­zugs­wei­se mobi­len Haus für mein Unter­neh­men suchen, nach Spon­so­ren, Ver­pfle­gung, War­te­räu­men, einem Stab von Mit­ar­bei­tern. Ich stel­le mir vor, wie mei­ne begrü­ßen­de Hand nach ers­ten Jahr­zehn­ten der Arbeit sehr hart gewor­den sein wird, von ech­sen­ar­ti­ger Haut, auch könn­te viel­leicht ein gewis­ses Bedürf­nis ent­stan­den sein, mor­gens bereits vor nahen­den Besu­chern die Flucht zu ergrei­fen. — Was wäre nun zu unter­neh­men mit all den wah­ren, den erfun­de­nen, den beschei­de­nen, den groß­ar­ti­gen Minu­ten­ge­schich­ten, die sich wie Vögel in Schwär­men um mich her­um ver­sam­melt haben wer­den? — stop

ping

///

sumatrakäfer

2

sier­ra : 0.27 — Ges­tern, am spä­ten Abend, habe ich den Ver­such unter­nom­men, das Wort Streich­holz so lan­ge wie mög­lich in mei­nem Kopf hin und her zu bewe­gen, ohne indes­sen ein wei­te­res Wort zu den­ken. Kurz dar­auf habe ich mei­nen Ver­such wie­der­holt, in dem ich das Wort Streich­holz durch das Wort Suma­tra­kä­fer ersetz­te, eben­sol­ches eine Zehn­tel­stun­de spä­ter durch das Wort Kühl­schrank, wel­ches selbst kurz vor Mit­ter­nacht im Loop der Hibis­kus­blü­te ende­te. Vor­ges­tern noch hat­te ich eine ähn­li­che Nacht­übung durch­ge­führt. Wör­ter waren fol­gen­de gewe­sen: Sams­he­pard, Hum­mer­vo­gel, Tict­ac­to, Lepo­rel­lo. Ich stel­le fest: Die lang anhal­ten­de Wie­der­ho­lung des Wor­tes Lepo­rel­lo bewirkt in mei­ner See­le einer­seits deut­li­ches Gefühl von Hit­ze, ander­seits eine Ahnung der Far­be Gelb­oran­ge, ohne dass die­se Far­be selbst vor mei­nem inne­ren Auge sicht­bar wer­den wür­de. War­um? — stop

ping

///

erfundene fotografie mit kamelen

9

del­ta : 0.22 – Kame­le sind Tie­re, die ich schon immer moch­te. Sie erschei­nen mir ver­traut, als hät­te ich einen Teil mei­nes Lebens unter Kame­len zuge­bracht. Ihre gro­ßen Augen, die leicht aus dem Kopf her­vor­ste­hen, ihr sam­tig led­ri­ger Mund, ihr Geruch, ihr war­mer Bauch, das wei­che dich­te Fell. Ich erin­ne­re mich, dass man mir vor lan­ger Zeit ein­mal erzähl­te, ich sei wäh­rend mei­ner Besu­che mit mei­nem Vater im zoo­lo­gi­schen Gar­ten immer wie­der gern bei den Kame­len gewe­sen. Auch soll mein Vater mich auf den Schul­tern getra­gen haben, wäh­rend ich sei­nen gro­ßen Kopf mit mei­nen klei­nen Armen umfass­te. Merk­wür­dig ist, dass ich mich an kei­ne Foto­gra­fie erin­ne­re, die mich dort oben als einen stol­zen Rei­ter zeigt, ver­mut­lich des­halb, weil mein Vater vor Jah­ren der ein­zi­ge Foto­graf der Fami­lie gewe­sen war. Es exis­tie­ren über­haupt nur weni­ge frü­he Bil­der, die ihn und mich gemein­sam zei­gen. Und so habe ich nun fol­gen­des pro­biert. Ich habe eine Foto­gra­fie in mei­nem Kopf illu­mi­niert, ein Doku­ment, das nie exis­tier­te und doch sehr wirk­lich wer­den könn­te, wenn ich nur lan­ge genug dar­an arbei­te. Das Doku­ment ist eine Schwarz-Weiß-Auf­nah­me. Sie zeigt einen Mann in wei­ten dunk­len Hosen, mit hel­lem Hemd, das ist mein Vater. Auf sei­nen Schul­tern sitzt ein klei­ner Jun­ge, auch er trägt ein hel­les Hemd, San­da­len und kur­ze Leder­ho­sen, das bin ich. Über uns ver­zweigt sich ein Ulmen­baum. Es ist ein mäch­ti­ger Baum. In sei­nem Schat­ten hin­ter einem Zaun ste­hen zwei Kame­le, sie schau­en uns an. Da ist noch ein Fla­min­go­vo­gel, hung­ri­ge Gestalt, der auf einem Bein mit­ten auf dem Spa­zier­weg steht. Das sieht alles schon sehr gut aus, fin­de ich. Ich habe mir die­ses Bild vor­ge­stellt, bis ich es so genau vor mir sehen konn­te, dass ich es auf einem vor­ge­stell­ten Tisch dre­hen und wen­den könn­te. Mein Vater, den ich jetzt in die­ser Wei­se sehen kann, war ein jun­ger Mann, der lach­te. Er zeig­te in die Rich­tung der Kame­le. Und auch ich zeig­te mit einem Fin­ger in die Rich­tung der Kame­le und auch ich lach­te. Es war Som­mer. — stop
ping

///

PRÄPARIERSAAL : schwärme

2

tan­go : 1.16 — Ges­tern, Punkt 10 Uhr abends, habe ich mei­ne ana­to­mi­sche Ton­band­ma­schi­ne wie­der ange­wor­fen. Ich hör­te eine Auf­nah­me, die ich mit der Beschrif­tung No 87 ver­se­hen hat­te. Lei­der konn­te ich mich nicht erin­nern, wo das Doku­ment auf­ge­nom­men wor­den sein könn­te, weil ich ver­säum­te, Zeit und Ort des Gesprächs, sowie den Namen der spre­chen­den Per­son zu notie­ren. Eine Frau­en­stim­me war zu hören und das Zwit­schern von Vögeln. Die Stim­me sprach rasend schnell, als ob sie den Vögeln nach­ei­fern woll­te. Mehr­fach muss­te ich die Auf­nah­me in einem ers­ten Durch­gang anhal­ten und wie­der­ho­len, um ver­ste­hen oder erah­nen zu kön­nen, was die Stim­me gesagt hat­te. Ich habe ihr einen pro­vi­so­ri­schen Namen gege­ben. Mela­nie erzählt: > Es ist eine auf­re­gen­de Zeit. Da sind Schwär­me von Gedan­ken, Geräu­schen, Bil­dern, Gerü­chen in mei­nem Kopf. Ich kann sie jeder­zeit her­vor­ho­len. Manch­mal kom­men sie von selbst. Unge­fragt. Viel­leicht dar­um, weil ich etwas Beson­de­res erle­be. Oft habe ich schon den Ver­such unter­nom­men, von mei­nen Erfah­run­gen zu berich­ten. Ich habe das Gespräch gesucht, Sie ver­ste­hen, ich bin stolz, der Auf­ga­be gewach­sen zu sein. Des­halb erzäh­le ich mit Begeis­te­rung. Ich habe zum Bei­spiel davon erzählt, dass ich sehr ger­ne an Mus­keln prä­pa­rie­re. Ich habe von der luzi­den, perl­mutt­far­be­nen Haut berich­tet, die Mus­keln umgibt. Ich habe von der Befrie­di­gung erzählt, die ich emp­fin­de, wenn ich einen Mus­kel voll­stän­dig frei­ge­legt habe, wenn ich den Mus­kel begrei­fen konn­te, sei­nen Ursprung und sei­nen Ansatz erken­nen. Ich habe, wäh­rend ich erzähl­te, mit mei­nen Hän­den vor­aus­ge­ar­bei­tet, habe mit mei­nen Hän­den auf dem Tisch Bewe­gun­gen aus­ge­führt, als war­te­te dort eine Struk­tur, die ich noch rasch prä­pa­rie­ren soll­te. Hand­ar­beit, sag­te ich, wenn du eine gute Ärz­tin sein willst, musst du zunächst eine gute Hand­wer­ke­rin sein. Wenn du nicht Hand anle­gen willst an einen Men­schen, ist alle Mühe nicht wert. Eine Pro­fes­so­rin erklär­te ein­mal: Sei­en Sie neu­gie­rig. Ver­fol­gen Sie die Struk­tu­ren wei­ter bis zu ihrem Ende. Glau­ben Sie nichts, prü­fen Sie, ob das, was in den Ana­to­mie­bü­chern steht, wirk­lich stimmt. Sehen Sie nach und sie wer­den mit Struk­tu­ren belohnt. — Ja, es ist auf­re­gend. Eine Assis­ten­tin notier­te eine wun­der­ba­re Geschich­te für mich. Das war an dem Tag gewe­sen, als Gehir­ne ent­nom­men wor­den waren. Da sei eine Kol­le­gin durch den Saal auf sie zuge­kom­men und habe ihr ein Gehirn in die Hän­de gelegt. Sie woll­te ihr eine ers­te Erfah­rung schen­ken, und sie woll­te in die­sem bedeu­ten­den Moment an ihrer Sei­te sein. Das Gehirn, ihr ers­tes Gehirn, sei uner­war­tet schwer gewe­sen. Sie erin­ner­te sich gut an ihre Sor­ge, sie könn­te das Gehirn fal­len las­sen. Sie habe in die­sem Augen­blick dar­an gedacht, dass sie eine ganz Welt in Hän­den hal­te, Träu­me eines Lebens, Bil­der, Sät­ze, Wör­ter, Wör­ter, die nie wie­der erreich­bar sein wer­den. – stop

ping

///

hell’s kitchen : ballroom

2

alpha : 20.02 — Die Port Aut­ho­ri­ty Bus­sta­ti­on Höhe 42. Stra­ße soll die größ­te Bus­sta­ti­on der Ver­ei­nig­ten Staa­ten sein, 7200 Auto­mo­bi­le ver­las­sen oder errei­chen an einem durch­schnitt­li­chen Tag das Gebäu­de in der Nähe des Hud­son Rivers. Ich soll­te ein­mal von hier aus nach Mexi­ko fah­ren oder rauf nach Alas­ka oder Neu­fund­land, ein Ort der Kof­fer, der Ruck­sä­cke. Ich habe Men­schen beob­ach­tet, die aus einem ande­ren Jahr­hun­dert kom­mend hier ein­ge­trof­fen zu sein schei­nen, Frau­en mit Röcken bis zum Boden, Män­ner in Kni­cker­bo­cker­ho­sen, Golf­schu­hen, hel­len Som­mer­ja­cken inmit­ten des Win­ters in einem sich lang­sam dre­hen­den Wir­bel von Kör­pern. Im Erd­ge­schoss des Gebäu­des befin­det sich in einem Gehäu­se von Glas und Stahl eine Maschi­ne, die mit Bil­lard­ku­geln spielt, eine Skulp­tur des Künst­lers Geor­ge Rhoads. Man kann sie weit­hin hören, klin­geln­de, rat­tern­de Geräu­sche, und das Glück der Kin­der beob­ach­ten, die mit ihren Augen den Kugeln fol­gen, wel­che von der Schwer­kraft in Bah­nen gegen den Boden gezo­gen wer­den. Ein Wesen, das bei Tag und bei Nacht arbei­tet, indem ein Auf­zug, von einem klei­nen Elek­tro­mo­tor ange­trie­ben, jene stein­har­ten Bäl­le in die Höhe hebt, um sie bald wie­der los­zu­las­sen in ein Laby­rinth mög­li­cher Bah­nen. Es ist ein wenig so, als wür­de die Maschi­ne spre­chen oder sin­gen oder spie­len, selbst­ver­ges­sen, hei­ter, leicht. Ich muss mich nicht wun­dern, ein­mal waren alle Kugeln, weiß der Him­mel, war­um, aus ihren Bah­nen gesprun­gen, und ich hat­te den Ein­druck, die ver­stumm­te Maschi­ne sei aus dem Leben gegan­gen. Gera­de eben, es ist Mon­tag­abend gewor­den, fällt mir ein, dass ein Freund unlängst erzähl­te, dass er sehr trau­rig sei, weil sei­ne Groß­mutter im unge­fäh­ren Alter von 105 Jah­ren in Afri­ka gestor­ben sei. Sie habe noch eine Wüs­ten­spra­che gespro­chen, die ohne Zei­chen gewe­sen war für Papie­re, Holz, Stein, Erde. — stop

///

manhattan : zuccotti park

2

marim­ba : 17.55 — Die fol­gen­de Geschich­te, oder Tei­le die­ser Geschich­te, haben sich in mei­nem Leben nicht gera­de so ereig­net, wie ich sie erzäh­len wer­de. Ich habe sie mir aus­ge­dacht, das heißt, die Geschich­te, die von einer Piz­ze­ria berich­tet, ist mir ein­ge­fal­len, als ich tat­säch­lich genau die­se erzähl­te Piz­ze­ria besuch­te in der Green­wich Street nahe dem Zuc­cot­ti Park. Ich war eini­ge Stun­den in der Fäh­re zwi­schen Man­hat­tan und Sta­ten Island gepen­delt, hat­te Geräu­sche auf­ge­nom­men, foto­gra­fiert und über Gerü­che notiert. Saß nun auf einem Hocker am Fens­ter des klei­nen ita­lie­ni­schen Ladens in der Wär­me, aß und trank und schau­te auf den Zaun, hin­ter dem sich unmit­tel­bar das Gelän­de des World Trade Cen­ters befin­det. Ich ver­such­te mir vor­zu­stel­len, wie die­ser Ort den Ein­sturz der rie­si­gen Gebäu­de über­ste­hen konn­te, was in die­sen Räu­men gesche­hen war in den Minu­ten der Kata­stro­phe. Fens­ter könn­ten gebors­ten, Tisch und Stüh­le vom Luft­druck der Staub­wol­ke durch den Raum geschleu­dert wor­den sein. Viel­leicht hat­ten sich Men­schen bis hier­her geflüch­tet, viel­leicht waren sie ver­letzt, viel­leicht waren sie an die­ser Stel­le gestor­ben, erstickt, erschla­gen oder ver­brannt. Der klei­ne Laden jeden­falls hat­te sich gut erholt. Kei­ner­lei Spur von der Höl­le, die sich in nächs­ter Nähe ent­fal­tet hat­te. Auch der Mann hin­ter dem Tre­sen wirk­te kräf­tig und gesund, obwohl der Lärm der gewal­ti­gen Bau­stel­le hin­ter dem Zaun an sei­nen Ner­ven gezerrt haben muss­te. Ich über­leg­te, ob er Augen­zeu­ge gewe­sen sein könn­te, beob­ach­te­te ihn eine Wei­le, und als er sich ein­mal näher­te, frag­te ich ihn. Der Mann mus­ter­te mich mit einem schnel­len Blick, ohne zu ant­wor­ten. Bald stand er wie­der hin­ter sei­nem Tre­sen, so als wäre nichts gesche­hen, kei­ne Gegen­fra­ge, kein Ver­such, in der Zeit zurück­zu­kom­men. Ich konn­te in die­sem Moment nicht ein­mal sagen, ob ich tat­säch­lich gefragt oder mir die Fra­ge nur vor­ge­nom­men hat­te, auch ob der Mann so lan­ge geschwie­gen hat­te, bis ich mich der Türe näher­te, um auf die Stra­ße zu tre­ten, konn­te ich nicht mit Sicher­heit behaup­ten. Sei­ne Stim­me in die­sem Moment: It was hor­ri­ble! Dann wie­der das Rat­tern der Motor­schrau­ber. Im Park, im berühm­ten Zuc­cot­ti Park, eine Hand­voll Men­schen von Poli­zis­ten umringt. Kei­ne Zel­te, kei­ne Möwen, aber Tau­ben, Tau­ben, Tau­ben. — stop

///

abschnitt neufundland

picping

Abschnitt Neu­fund­land mel­det fol­gen­de gegen Küs­te gewor­fe­ne Arte­fak­te : Wrack­tei­le [ See­fahrt – 208, Luft­fahrt — 1287, Auto­mo­bi­le — 86734], Gruß­bot­schaf­ten in Glas­be­häl­tern [ 18. Jahr­hun­dert — 5, 19. Jahr­hun­dert – 106, 20. Jahr­hun­dert – 437 , 21. Jahr­hun­dert — 722 ], phy­si­cal memo­ries [ bespielt — 215, gelöscht : 188 ], Kas­si­ber Type SOS Homs / Syria [ 18455 ], Öle [ 0.5 Ton­nen ], Pro­the­sen [ Herz — Rhyth­mus­be­schleu­ni­ger – 14, Knie­ge­len­ke – 18, Hüft­ku­geln – 235, Bril­len – 876 ], Schu­he [ Grö­ßen 28 – 39 : 276, Grö­ßen 38 — 45 : 2187 ], Kühl­schrän­ke [ 18 ], Tief­see­tauch­an­zü­ge [ ohne Tau­cher – 15, mit Tau­cher – 3 ], Engels­zun­gen [ 886 ] | stop |

ping

///

chelsea : ein stunde

2

echo : 0.28 — In der 22. Stra­ße West exis­tiert ein klei­ner Laden für Lam­pi­ons und ande­re papie­re­ne Licht­be­häl­ter. Wenn man den Laden betritt, meint man sofort, sich selbst in einem Lam­pi­on zu befin­den, weil Wän­de, wie sie in Häu­sern üblich sind, dort nicht zu exis­tie­ren schei­nen, nur Licht und eben Papie­re in allen erdenk­li­chen For­men. Ein Ort von Stil­le, die Luft duf­tet feinst nach der Wär­me tau­sen­der Lam­pen, die im Inne­ren der Lam­pi­ons sta­tio­nie­ren. Men­schen sind zunächst nicht zu sehen, weil sich jene Men­schen, die zum Laden gehö­ren, weder bewe­gen noch sich über Spra­che äußern, viel­leicht des­halb, weil sie in den Laden ein­tre­ten­de Men­schen nicht stö­ren wol­len im Bestau­nen leuch­ten­der Kro­ko­di­le, Schwert­fi­sche, Zep­pe­li­ne. Es ist nun tat­säch­lich mög­lich, die­se ver­bor­ge­nen Per­so­nen in Bewe­gung zu ver­set­zen, in dem man sie bemerkt, sagen wir, mit einem Blick berührt. Genau in die­sem Moment einer Berüh­rung tre­ten sie aus dem Licht her­aus in den Raum, eine zier­li­che Frau und ein zier­li­cher Mann, sie wer­den ver­mut­lich schon sehr lan­ge Zeit ver­hei­ra­tet sein, so wie sie sich beneh­men, glück­li­che, freund­li­che Men­schen. Alle ihre Waren im Übri­gen beschrif­ten sie noch von Hand, zwei Mon­de von blau­er Far­be zu je 1 Dol­lar 48 Cent. Im Schau­fens­ter fin­det sich fol­gen­des Schild: Täg­lich von Mon­tag bis Sonn­tag 25 Stun­den geöff­net. — stop

ping

///

east village : gehschläfer

2

marim­ba : 0.18 — So, stel­le ich mir vor, könn­te das sein. Es ist Abend gewor­den, Zeit das Büro zu ver­las­sen. Man tritt vor das Gebäu­de, in dem man sei­ne Tage fris­tet, setzt sich ein elek­tri­sches Häub­chen auf den Kopf und schon schließt man die Augen und schläft und geht in die­ser Wei­se schla­fend auf Wegen nach Hau­se, die für schla­fen­de Men­schen vor­ge­se­hen sind. Nie­mand wür­de je auf die Idee kom­men, einen schla­fen­den Pend­ler zu wecken. Drei Stun­den, sagen wir, im Tief­schlaf schrei­tet man die 5th Ave­nue down­town, biegt bald in die 23. Stra­ße ein, folgt ihr, weiß der Him­mel wovon man gera­de träumt, bis zur 1st Ave­nue, um kurz dar­auf in der 20. Stra­ße zu lan­den, Haus No 431, dort wird man geweckt und fin­det sich im Auf­zug wie­der, wie frisch geba­det im Kopf, um eine Nacht rei­cher gewor­den, zu fei­ern, zu lie­ben, mit Kin­dern zu spie­len. Am nächs­ten Mor­gen macht man sich wie­der auf den Weg, setzt sich sein Häub­chen, und auch die Kin­der set­zen sich ihre Häub­chen auf den Kopf, und so wei­ter und so fort. Irgend­wo soll­te eine zen­tra­le Sta­ti­on exis­tie­ren, die Schlaf und Schrit­te jener schlum­mern­den Men­schen steu­ert. — stop

ping



ping

ping