Aus der Wörtersammlung: elle

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ein unfall

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whis­key : 3.05 — Es war ges­tern Nacht um kurz nach drei Uhr, da ist etwas Schreck­li­ches gesche­hen. Eine Kaf­fee­tas­se fiel mir aus der Hand in genau dem Moment, da ich Esme­ral­da auf dem Weg von der Küche in mein Arbeits­zim­mer pas­sier­te. Die klei­ne Schne­cke war mir auf dem Fuß­bo­den ent­ge­gen­ge­kom­men, viel­leicht woll­te sie nach­se­hen, wo ich geblie­ben war. Natür­lich wur­de sie von der Tas­se getrof­fen, ich hör­te ein hel­les Geräusch, die Tas­se zer­brach, Kaf­fee spritz­te gegen die Wän­de, und ich dach­te, dass Esme­ral­da die­sen Unfall nicht über­lebt haben könn­te. Ich rief: Esme­ral­da! Um Him­mels­wil­len! Und ging in die Knie. Aber anstatt eines Kalk­stein­scher­ben­hau­fens, fand ich eine äußer­lich voll­stän­dig intak­te Schne­cke vor, die sich aller­dings nicht beweg­te, ver­mut­lich des­halb, weil sie erschro­cken gewe­sen war. Ich hob sie vor­sich­tig auf, setz­te sie in der Küche auf einen Tel­ler und war­te­te. Es dau­er­te unge­fähr drei Stun­den, bis Esme­ral­da wie­der Zei­chen von Leben zeig­te. In die­ser Zeit wich ich nicht von ihrer Sei­te, berühr­te sie immer wie­der vor­sich­tig, um sie zu wecken, rede­te ihr gut zu, ein­mal ent­schul­dig­te ich mich für mei­ne Unacht­sam­keit. Esme­ral­das Kör­per schien in mei­nen Augen hel­ler gewor­den zu sein, er schim­mer­te, plötz­lich streck­te sie einen Füh­ler nach mir aus und so war ich unver­züg­lich wie­der glück­lich gewor­den. Seit­her sind bei­na­he 24 Stun­den ver­gan­gen. Ich kann in die­sem Augen­blick noch nicht sagen, ob Esme­ral­das Kri­se über­stan­den ist, denn sie ver­hält sich wei­ter­hin merk­wür­dig, kriecht den Rand des Tel­lers ent­lang, ohne eine Pau­se ein­zu­le­gen, immer im Kreis her­um, immer im Kreis her­um. Zeit­wei­se folg­te ich ihr mit einer Lupe, um ihr Gehäu­se nach Bruch­spu­ren zu unter­su­chen. Nicht der kleins­te Riss war zu erken­nen, nicht ein­mal ein Abrieb, ich konn­te den Ort, da die Tas­se auf ihrem Gehäu­se zer­schell­te, nicht fin­den. Und so läuft Esme­ral­da immer wei­ter im Kreis her­um. — stop

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lichtschirmkoffer

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reming­ton : 6.56 — Beob­ach­te­te wie­der ein­mal mei­nen Fern­seh­bild­schirm, der so flach ist, dass ich mei­ne, das beweg­te Bild, wel­ches er emp­fängt, müss­te trans­pa­rent sein wie ein Schmet­ter­lings­flü­gel. Ich könn­te in die­ser Vor­stel­lung durch das Zim­mer lau­fen, um jene Sequen­zen, die von einem begin­nen­den Krieg, von Brand­bom­ben, prü­geln­den Men­schen, mas­kier­ten Sol­da­ten erzäh­len, von der ande­ren Sei­te her zu betrach­ten. Erin­ne­re mich an Boh­u­mil Hra­bal, von dem berich­tet wird, er wür­de bevor­zugt hin­ter sei­nem Fern­seh­ge­rät Platz genom­men haben. Das muss zu einer Zeit gewe­sen sein, als Bild­schir­me in den Rah­men mons­trö­ser Appa­ra­tu­ren hock­ten, Röh­ren­bild­schir­me genau­er, die noch explo­die­ren konn­ten. Indem Hra­bal sei­nen Bild­emp­fän­ger von hin­ten betrach­te­te, han­del­te er mit dem Aus­druck äußers­ter Ver­wei­ge­rung, er saß dort und konn­te sich dar­auf ver­las­sen, kei­nes der emp­fan­ge­nen Bil­der sehen zu kön­nen, er war genau dort hin­ter jener Maschi­ne, die die Bil­der erzeug­te, vor den Bil­dern sicher. Viel­leicht hat­te er über­dies das Fern­seh­ge­rät aus­ge­schal­tet, ich weiß es nicht, gern wür­de ich ihn fra­gen, ihm erzäh­len, wie ich das mache in die­sen Tagen, da ich nicht mehr sicher bin, Lüge von Halb­wahr­heit oder Wahr­heit unter­schei­den zu kön­nen. Ich höre Stim­men der Kom­men­ta­to­ren vom Arbeits­zim­mer her, die wei­ter spre­chen, obwohl ich nicht da bin. Und ich höre den Regen, es reg­net tat­säch­lich, dann hört es wie­der auf. Nacht­vö­gel oder Fle­der­mäu­se flie­gen vor­über. — stop

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vögel

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lima : 0.57 — Düs­te­re Stra­ße, düs­te­res Haus, düs­te­re Trep­pe. Ich klin­gel­te an einer Tür, ein Mann, der nicht mehr ganz jung gewe­sen war, öff­ne­te. Kräf­ti­ger, bit­te­rer Geruch ström­te aus der Woh­nung. Die Luft war warm, war feucht und dicht, mei­ne Bewe­gun­gen, wie ich durch den Flur der Woh­nung ging, mühe­voll, als wür­de ich unter Was­ser lau­fen. Ich trat in ein Zim­mer, ein Tisch, ein Sofa, zwei Stüh­le, kei­ne Vor­hän­ge vor den Fens­tern, hin­ter den Schei­ben Kas­ta­ni­en­bäu­me, die blüh­ten. An den Wän­den des Zim­mers kleb­te eine Tape­te mit Kirsch­mo­ti­ven. Sie war an der ein oder ande­ren Stel­le von der Wand gefal­len. Auf höl­zer­nen Stan­gen, dicht unter der Decke, hock­ten hun­der­te Vögel ohne Federn. Ihre Haut war von hel­lem Braun, ihre Schnä­bel zitro­nen­gelb. Der Mann, der mich in das Zim­mer geführt hat­te, nahm einen der Vögel in sei­ne Hän­de. Der Vogel lag auf dem Rücken, ganz still. Er hat­te sei­ne Augen geschlos­sen, fei­ne hell­blaue Häut­chen wie Schir­me. Ich soll­te an dem Vogel rie­chen, und so nahm ich ihn in die Hand. Der Leib des Vogels war warm. Er zit­ter­te, als ich mich mit mei­ner Nase näher­te, als wür­de er frie­ren. Der Mann, der mich an das Zim­mer der Vögel geführt hat­te, sag­te, dass sie noch nicht ganz reif sei­en. Der Vogel duf­te­te nach gebrann­ten Man­deln. In einer Ecke des Zim­mers auf dem Boden ein Schall­plat­ten­spie­ler, ein uraltes Gerät, das Tom­my Dor­sey spiel­te: I’m Get­ting Sen­ti­men­tal Over You. — stop
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regengefäß

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sier­ra : 0.05 — Kurz nach Mit­ter­nacht: Leich­ter Regen. Aber nicht wirk­lich Regen, son­dern Regen, weil ich in mein Notiz­buch notier­te: 18. April – Regen­ge­räu­schwör­ter sam­meln. Also spa­zie­re ich durch die Woh­nung und ver­su­che, man­gels wirk­li­chen Regens, Regen vor­zu­stel­len. Das ist eine sehr ange­neh­me Übung: Regen in den Wäl­dern, Regen im Gebir­ge, Regen in der Stadt. Oder Nacht­re­gen, Herbst­re­gen, Regen, der auf ein Fähr­schiff fällt. Ges­tern Abend habe ich Regen­ge­räu­sche gehört, die durch ein Tele­fon über­tra­gen wur­den. Als ich noch Kind war, ver­ließ ich gern das Haus ohne Schirm, wenn es reg­ne­te. Kaum war ich auf der Stra­ße, kamen Schne­cken unter den Bäu­men her­vor. Der Regen mach­te sie schnell und mutig. Sie kann­ten den klei­nen Schne­cken­jä­ger bis­her nicht, der sie sam­mel­te, der sie in Glä­ser steck­te. Wenn ich sie betrach­te­te, hat­te ich den Ein­druck, ihr schim­mern­der Kör­per wür­de sich mit Regen gefüllt haben. Seit­her ist die Far­be des Regens von der Far­be der Schne­cken­fü­ße. — stop

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habitat

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ulys­ses : 5.08 — Ich kam ins Gespräch mit einem Mann, der vom Pro­jekt einer Men­schen­ge­stal­tung erzähl­te. Das war inmit­ten der Nacht im Café gewe­sen. Ich erin­ne­re mich, dass ich ihn frag­te, ob er For­scher oder Desi­gner sei, weil er ana­to­mi­sche Zeich­nun­gen mit­tels eines iPads stu­dier­te. Eine der Zeich­nun­gen stell­te einen Unter­arm dar, wie er in der Wirk­lich­keit von oben her­zu­se­hen sein wür­de. Auf die­sem gezeich­ne­ten Arm waren Erhe­bun­gen zu erken­nen, waben­för­mi­ge For­ma­tio­nen von einem Zen­ti­me­ter Höhe, die mich an pocken­ar­ti­ge Gebil­de erin­ner­ten, aber doch regel­mä­ßig und eben künst­li­chen Ursprungs waren, mit Vor­satz erstellt. Ich hör­te, dass es sich bei die­sen Gebil­den um klei­ne Häu­ser han­deln soll, in wel­chen Tie­re ange­sie­delt wer­den könn­ten, Zwerg­bie­nen, jedoch bevor­zugt Amei­sen oder sehr klei­ne Flie­gen. Stel­len Sie sich vor, sag­te der Mann, was sie hier sehen an die­ser Stel­le, sind von Haut bewach­se­ne Habi­ta­te, dort exis­tier­ten tau­sen­de Tie­re, die nur dar­auf war­ten, bei bes­ter Gele­gen­heit aus­zu­schwär­men, sagen wir so. Unver­züg­lich flat­ter­te ein Nacht­fal­ter von dun­kel­blau­er Far­be um den Kopf des Man­nes her­um. Wei­te­re kamen hin­zu, bald waren es so vie­le, dass ich sie nicht zäh­len konn­te. Sie klet­ter­ten unter dem Hemd des Man­nes her­vor, an den Armen und am Kra­gen. Ein lei­ses Rau­schen war zu ver­neh­men und die Luft schmeck­te bit­ter. Ich hör­te noch, wie sich der Mann erkun­dig­te, ob ich nicht doch beein­druckt sei. Ich berich­te­te ihm aus­führ­lich von mei­ner Begeis­te­rung, von mei­nem Wunsch, selbst über Habi­ta­te die­ser Art ver­fü­gen zu dür­fen, es war eine nach­drück­li­che Art und Wei­se zu spre­chen, und doch weiß ich nicht, ob der Mann mich zu die­sem Zeit­punkt noch sehen konn­te oder hören, so dicht war die Wol­ke flat­tern­der Tie­re gewor­den. Nach weni­gen Minu­ten stand ich auf und ging davon und erwach­te. Und weil noch Nacht war, schlief ich gleich wie­der ein. — stop

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stonington island

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whis­key : 2.32 — Das Labor der Eis­bü­cher, mit dem ich vor weni­gen Minu­ten tele­fo­nier­te, befin­det sich seit zwölf Wochen auf Ston­ing­ton Island, einer fel­si­gen Gegend am nörd­li­chen Rand des ant­ark­ti­schen Kon­ti­nents. Ich habe einen Text trans­fe­riert, der in die­sen Minu­ten mög­li­cher­wei­se von feins­ten Frä­sen in Eis­blät­ter ein­ge­tra­gen wird. Ich stel­le mir vor, ein hel­les Geräusch ist zu ver­neh­men, in dem ein Robo­ter äußerst behut­sam zu schrei­ben beginnt. Es geht dar­um, das Eis­blatt nicht zu zer­bre­chen, das so dünn ist, dass man mit einer Taschen­lam­pe hin­ter die Zei­chen mei­nes Tex­tes leuch­ten könn­te. Es ist kalt, der Wind pfeift um höl­zer­ne Bara­cken, in wel­chen hun­der­te Schreib­ma­schi­nen bewe­gungs­los war­ten, bis man sie anruft. Fol­gen­de Geschich­te habe ich ins Tele­fon gespro­chen: Drau­ßen, vor weni­gen Stun­den noch, rausch­te Was­ser vom Him­mel. Aber jetzt ist es still. Es ist eine tat­säch­lich nahe­zu geräusch­lo­se Nacht. Die letz­te Stra­ßen­bahn ist längst abge­fah­ren, kein Wind, des­halb auch die Bäu­me still und die Vögel, alle Men­schen im Haus unter mir schei­nen zu schla­fen. Für einen Moment dach­te ich, dass ich viel­leicht wie­der ein­mal mein Gehör ver­lo­ren haben könn­te, ich sag­te zur Sicher­heit ein Wort, das ich ges­tern ent­deck­te: Kapr­un­bi­ber. Das Wort war gut zu hören gewe­sen, mei­ne Stim­me klang wie immer. Aber auf dem Fens­ter­brett hockt jetzt ein Mari­en­kä­fer, einer mit gel­bem Pan­zer, sie­ben Punk­te, ich habe nicht bemerkt, wie er ins Zim­mer geflo­gen war. Es ist nicht der ers­te Käfer die­ses Jah­res, aber einer, den ich mit ganz ande­ren Augen betrach­te. Ich hat­te für eine Sekun­de die Idee, die­ser Käfer könn­te viel­leicht ein künst­li­cher Käfer sein, einer, der mich mit dem Vor­satz besuch­te, Foto­gra­fien mei­ner Woh­nung auf­zu­neh­men, oder Gesprä­che, die ich mit mir selbst füh­re, wäh­rend ich arbei­te. War­um nicht auch ich, dach­te ich, ein Ziel. Ich nahm den Käfer, der sei­ne Geh­werk­zeu­ge unver­züg­lich eng an sei­nen Kör­per leg­te, in mei­ne Hän­de und trans­por­tier­te ihn in die Küche, wo ich ihn in das grel­le Licht einer Tisch­lam­pe leg­te. Wie ich ihn betrach­te­te, bemerk­te ich zunächst, dass ich nicht erken­nen konn­te, ob der Käfer in der künst­li­chen Hel­lig­keit sei­ne Augen geschlos­sen hat­te. Weder Herz­schlag noch Atmung waren zu erken­nen, auch nicht unter einer Lupe, nicht die gerings­te Bewe­gung, aber ich fühl­te mich von dem Käfer selbst beob­ach­tet. Also dreh­te ich den Käfer auf den Rücken und such­te nach einem Zugang, nach einem Schräub­chen da oder dort, einer Ker­be, in wel­che ich ein Mes­ser­werk­zeug ein­füh­ren könn­te, um den Pan­zer vom Käfer zu heben. Man stel­le sich ein­mal vor, ein klei­ner Motor wäre dort zu fin­den, Mikro­fo­ne, Sen­der, Lin­sen, es wäre eine unge­heu­re Ent­de­ckung. Gegen­wär­tig zöge­re ich noch, den ers­ten Schnitt zu setz­ten, es reg­net wie­der, jawohl, ich wer­de am bes­ten zunächst noch ein wenig den Regen beob­ach­ten, es ist kurz nach drei. – stop

polaroidtapete

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lissabon

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nord­pol : 22.01 — Unter Zei­tun­gen, die sich in mei­nem Brief­kas­ten befan­den, ent­deck­te ich eine selt­sa­me Post­kar­te. Auf der einen Sei­te des Papiers war die Stadt Lis­sa­bon zu erken­nen, eine gel­be Tram­bahn zwi­schen Häu­sern einer steil anstei­gen­den Stra­ße. Es muss spä­ter Abend gewe­sen sein, als die Auf­nah­me gefer­tigt wur­de. Men­schen sit­zen in beleuch­te­ten Abtei­len, eini­ge schla­fen, ande­re schau­en aus den Fens­tern der Wag­gons her­aus. Wie ich sie betrach­te­te, die Über­le­gung, man­che der foto­gra­fier­ten Men­schen könn­ten viel­leicht nicht mehr unter uns Leben­den sein, weil ihr Licht bereits Anfang der Fünf­zi­ger­jah­re ein­ge­fan­gen wur­de. Das jeden­falls ist so auf der Rück­sei­te der Ansichts­kar­te ver­merkt, Lis­boa 1952. Ihr Post­wert­zei­chen, das tat­säch­lich in Lis­sa­bon abge­stem­pelt wor­den war, ist eines, wie man sie zu jener Zeit ver­wen­de­te, sodass ich ver­mu­te­te, die Post­kar­te habe eine sehr lan­ge Rei­se­zeit hin­ter sich gebracht. Sie ist in mei­nen Augen über­haupt eine erstaun­li­che Erschei­nung. In die­sem Moment ruht sie im Nacht­licht auf mei­nem Schreib­tisch. Wör­ter, die ich nicht ken­ne. Nicht ein­mal die Buch­sta­ben, die Wör­ter bil­den, ver­mag ich zu ent­zif­fern, äußert fei­ne Zei­chen, eine Art gehei­mer Schrift, Male­rei, die vie­le Stun­den Arbeit gefor­dert haben dürf­te. Merk­wür­dig vor allem, auf der Post­kar­te ist kei­ne Anschrift zu fin­den. Sosehr ich nach mei­nem oder einem ande­ren Namen such­te, nichts ist zu ent­de­cken, was eine Begrün­dung dafür dar­stel­len könn­te, dass gera­de ich die­se Kar­te erhal­ten soll­te. Ich habe kei­ne Vor­stel­lung, wer sie geschrie­ben haben könn­te, auch nicht, ob eine Anschrift ver­se­hent­lich oder mit Absicht ver­ges­sen wur­de. — Däm­me­rung. Fle­der­mäu­se zwit­schern durch die Luft. Vor weni­gen Tagen ist Urs Wid­mer gestor­ben, vor genau zwei Jah­ren mein Vater um 17.32 Uhr. — stop
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sahara

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sier­ra : 3.28 — Jane Goo­dall erzählt eine fas­zi­nie­ren­de Geschich­te von Wahr­neh­mung und Wirk­lich­keit in den ers­ten Minu­ten eines Doku­men­tar­films, der ihr Leben schil­dert. Sie sagt Fol­gen­des: Ich hat­te es ziem­lich satt, dass mich die Leu­te für Dia­ne Fos­sey hiel­ten und sag­ten: Ihr Film Goril­las im Nebel war wun­der­voll. Ich sag­te dann immer: Sie haben den Film gese­hen? — Ja! — Dann wis­sen die doch, dass die Dame getö­tet wur­de, oder? — Ja!  ‑Aber ich bin doch da! — stop. Frü­he Nacht. In die­sem Jahr zum ers­ten Mal die Fens­ter nach Mit­ter­nacht geöff­net. Esme­ral­da sitzt auf dem Brett neben Kak­teen, sie scheint Ster­ne zu betrach­ten. Gedämpf­tes Licht vom nord­ost­wärts rei­sen­den Staub der Saha­ra. Ges­tern noch träum­te ich von einem Tele­fon­ge­spräch mit Jules Ver­ne, der mit hel­ler Stim­me Züge eines Schach­spiels mel­de­te. Merk­wür­dig ins­be­son­de­re das Vor­kom­men einer Ken­tau­ren­fi­gur im Spiel, wel­che sich durch Bewe­gung auf unsicht­ba­re Spiel­fel­der in der Luft vor jedem Zugriff in Sicher­heit brin­gen konn­te. — stop

polaroidgondeln

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manhattanstunde

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ulys­ses : 1.58 — Ich stel­le mir eine hand­li­che Box vor, nicht grö­ßer als eine Streich­holz­schach­tel. Wenn ich die­se Box öff­ne­te, wür­de 1 Stun­de der Stadt New York in ihr fest­ge­hal­ten sein, jeder Mensch und jeder sei­ner Atem­zü­ge, Gedan­ken, Gesprä­che und Wün­sche. Auch alle gro­ßen und klei­nen Häu­ser, Stra­ßen, Züge wären ver­sam­melt, das Licht und sei­ne Schat­ten, Vögel und Wol­ken, das Was­ser der Flüs­se, das Meer, das Lachen der Kin­der, und jede der Beckett­ge­stal­ten, die mir begeg­nen, wohin ich auch geh. Könn­te zufrie­den bald in einem Park sit­zen und war­ten, 1 Stun­den­zeit in der Hosen­ta­sche. Auf dem Tisch eine Trau­be, mein Blick ruht sich aus. Dann wie­der gehen, Stun­de um Stun­de gehen und schla­fen, schau­en und zugleich nicht schau­en, kur­ze Bli­cke, Sekun­den­bil­der, Augen geschlos­sen, Bli­cke durchs trans­pa­ren­te Lid abends auf der gro­ßen alten Brü­cke mit der blät­tern­den ros­ti­gen Haut, das Vibrie­ren der Schrit­te, der Stim­men auf höl­zer­nen Ste­gen von Insel zu Insel. — stop
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