Aus der Wörtersammlung: fleisch

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puma 15 gramm

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echo : 7.05 – Abend war gewor­den. Wär­me stieg vom Holz des Tisches auf, die Luft beweg­te wie die Sei­ten des Buches, in dem ich las, als sich ein unbe­kann­tes Wesen auf lan­gen Bei­nen von Wes­ten her kom­mend näher­te. Eine tat­säch­lich höchst merk­wür­di­ge Erschei­nung war das gewe­sen. Irgend­je­mand hat­te den Kopf eines fili­gra­nen Tro­pen­vo­gels, den Kör­per eines Insekts und das Bewe­gungs­ver­mö­gen einer Raub­kat­ze lose ver­schraubt und frei­ge­las­sen. Geräusch­los, auf Giraf­fen­bei­nen, stol­zier­te das Mon­tier­te nun über mein Buch hin­weg, lang­sam, furcht­los, so dass ich alles genau betrach­ten konn­te. Indes­sen schien sich das Wesen nicht im min­des­ten für mich, sei­nen Beob­ach­ter, zu inter­es­sie­ren, son­dern war allein um das Buch bemüht, viel­leicht des­halb, weil das Buch ange­nehm duf­te­te. Nach eini­gen Minu­ten der Papier­un­ter­su­chung, leg­te sich das Tier mit­tels einer gra­zi­len Sink­be­we­gung seit­wärts auf den Tisch und lag genau dort immer noch, als ich am fol­gen­den Mor­gen zurück­kehr­te, um wei­ter­zu­le­sen. Ich blieb dann eini­ge Zeit wie gebannt unter frei­em Him­mel sit­zen und beob­ach­te­te das frisch ent­deck­te Lebe­we­sen, wie es frass, wie es ruh­te, wie es bade­te, atme­te, nach Flie­gen jag­te. Und weil ich nichts ver­ges­sen woll­te, notier­te ich, was ich sah und was ich den­ken konn­te, zum Bei­spiel schrieb ich fol­gen­de Notiz: Flü­gel­lo­ses Misch­we­sen. stop Haut­far­be blau. stop Fleisch­fres­ser. stop 15 Gramm. stop Sprach­los. stop Ich arbei­te­te fie­ber­haft. Drei Tage, drei Näch­te. Ein­mal leg­te ich mei­nen Kopf auf den Tisch, schlief ein und träum­te, wie sich der Kör­per des Tie­res öff­ne­te. Flü­gel ent­fal­te­ten sich, das Tier schweb­te, schnur­ren­des Geräusch, über mei­nem Gesicht auf und ab. stop. Schnee bis ins Tal. — stop
ping

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wassermelone

picping

MELDUNG. Robo­ter E‑Mi­na­tu­re-Z88 [ Serie lH78328 ] flüch­tet zehn­fünf­zehn in Was­ser­me­lo­ne. Wüten­de Pas­san­ten [ Fleisch­wun­den : Waden und Gesäß ] haben der fein­glied­ri­gen Flug­ma­schi­ne hef­tig zuge­setzt. Kurz­schluß, zeh­n­acht­zehn. [ Mila­no Sta­tio­ne Cen­tra­le : Süd­sei­te ] — stop

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PRÄPARIERSAAL : periskop

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echo : 8.15 — Zur Win­ter­zeit mit einer jun­gen Frau, einer Male­rin, in einem bota­ni­schen Gar­ten spa­ziert. Sie erzähl­te von ers­ten Beob­ach­tun­gen im Prä­pa­rier­saal. Ihre lei­se Stim­me, tief, die hel­le Wölk­chen in der eis­kal­ten Luft erzeug­te. Und ein Blick, wenn sie mich ansah, der wie durch ein Seh­rohr zu kom­men schien. Auf dem Dach eines Glas­schau­hau­ses balan­cier­te ein Mann mit einer Schau­fel. Schwä­ne klap­per­ten Schnä­bel durch knie­ho­hen Schnee. Ent­deck­te eine Notiz, die sie mir weni­ge Wochen spä­ter über­mit­telt hat­te, weil ihr Kopf nach unse­rem Spa­zier­gang wei­ter­hin ana­to­mi­sche Sät­ze erzeug­te. Ein Aus­schnitt. Sophie schreibt: > Was ich sah, war Cha­os. Merk­wür­digs­te, fremd­ar­ti­ge For­men auf Tischen, die von Stu­die­ren­den bewegt wur­den. Es war absto­ßend und ängs­ti­gend. Ich dach­te dar­an, dass dies ein­mal Men­schen gewe­sen waren. Dann aber wur­den in mei­nen Gedan­ken aus jenen gewe­se­nen Men­schen Kör­per, und es wur­de mög­lich, das, was ich sah, mit Begrif­fen zu ver­se­hen. Ganz mecha­nisch sag­te ich Bezeich­nun­gen für Kör­per­tei­le, die ich iden­ti­fi­zie­ren konn­te, vor mich hin. Ich glau­be, dass sich in die­sem Moment mei­ne Emo­tio­na­li­tät von mei­nem Intel­lekt trenn­te und sich irgend­wo – sicher vor wei­te­ren Ein­drü­cken – ver­steck­te. Und ich war erleich­tert, zu sehen, dass das Geheim­nis des Todes ein Geheim­nis geblie­ben war. Ich beob­ach­te­te mit Ver­stand. Trotz­dem sah ich tief aus mir selbst her­aus. Ich wan­der­te zwi­schen Lei­chen umher, die von wei­ßen Kit­teln umringt waren, wie in einer Bla­se, die mich schütz­te, und doch war ich sehr zer­brech­lich. In der Mit­te der Kör­per, dort wo nor­ma­ler­wei­se der Bauch ist, war jeweils ein Loch zu sehen. Neu­gie­rig gewor­den, muss­te ich näher an die toten Kör­per her­an­tre­ten. Ich sah das vie­le Fleisch, gel­be fet­ti­ge Far­be unter farb­lo­ser Haut. Ich war über­haupt über­rascht von der Farb­lo­sig­keit der Kör­per und stell­te fest, wie wenig Mensch­li­ches, wie wenig Per­sön­li­ches noch an ihnen zu erken­nen gewe­sen war. Obwohl ich die­sen Ort besuch­te, um zu zeich­nen, hat­te ich bei mei­nen ers­ten Besu­chen weder Papier noch Blei­stift dabei. Ich woll­te zunächst nur sehen. — stop

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PRÄPARIERSAAL : zeppelin

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echo : 2.16 — Wall­street ges­tern Abend auf Fern­seh­bild­schirm. Hin­ter einem Repor­ter, der vom abwärts stre­ben­den Ver­hal­ten der Kur­se erzähl­te, war­te­ten japa­ni­sche Men­schen. Sie wink­ten fröh­lich in die Kame­ra, grüß­ten, fächel­ten sich Luft zu mit fleisch­far­be­nen Zei­tungs­pa­pie­ren. Es schien warm zu sein in New York, schwül. Wäre ich jetzt dort, dach­te ich, wür­de ich süd­wärts lau­fen zur nahe­ge­le­ge­nen Hafen­sta­ti­on, wür­de mich auf das obe­re Deck eines der alten Fähr­schif­fe bege­ben, wür­de bald im küh­len­den Fahrt­wind sit­zen, ein Coke in der lin­ken, eine Teig­ta­sche mit Hum­mer­fleisch in der rech­ten Hand, das Ton­band­ge­rät in der Tasche und Mels Stim­me im Kopf­hö­re­rohr, wie sie erzählt von ana­to­mi­scher Zeit. — 2 Uhr und zwan­zig Minu­ten. Regen. Blit­ze. Don­ner. Gera­de eben hör­te ich mich selbst, mei­ne eige­ne Stim­me. Ich for­mu­lier­te vor­sich­tig eine Fra­ge, woll­te wis­sen, ob Mel sich im ana­to­mi­schen Saal gefürch­tet habe? Nein, ant­wor­te­te Mel ohne zu zögern, sie habe sich nicht eine Sekun­de lang vor den Toten gefürch­tet. > Ich hat­te in die­sen 6 Wochen kei­ne Zeit, Angst zu haben. Ich habe mich auf mei­ne Auf­ga­be kon­zen­triert. Ich habe mich vor Testa­ten ein wenig gefürch­tet, und ganz am Anfang viel­leicht davor ein­mal rasch umzu­fal­len. Nur des­halb hat­te ich wirk­lich Angst, umzu­fal­len, das heißt nicht arbei­ten zu kön­nen, aber davon erzähl­te ich bereits. Wenn ich mir das jetzt genau über­le­ge, dann kann ich mich nicht erin­nern, dass im Prä­pa­rier­saal über­haupt irgend jemand umge­fal­len ist. Viel­leicht muss­te man mal aus dem Saal gehen und sich set­zen, weil man die Nacht zuvor nur kurz geschla­fen hat­te und des­halb müde war und weil die Augen brann­ten vom Form­alde­hyd in der Luft. Aber umge­fal­len, ich mei­ne, ohn­mäch­tig gewor­den, davon habe ich per­sön­lich nichts mit­be­kom­men. Ich habe manch­mal den Ein­druck, dass ich das alles nur geträumt habe. Auch in der Zeit, als ich noch prä­pa­rier­te, hat­te ich hin und wie­der den Ein­druck, dass die­ser Saal nicht wirk­lich war. Ich konn­te mei­ne Ein­drü­cke nicht mit der Stra­ße, über die ich nach Hau­se spa­zier­te oder mit den Gesprä­chen der Men­schen, die ich in der U‑Bahn gehört habe, in Ver­bin­dung brin­gen. Ich hat­te den Ein­druck, dass der Saal, dass die gan­ze Situa­ti­on irgend­wie frei schweb­te, also ganz für sich war, iso­liert. Und so reis­te ich also hin und her, von da nach dort und wie­der zurück, aber das war nicht schwer gewe­sen, so hin und her zu sprin­gen. Ich habe von dem ein oder ande­ren mei­ner Freun­de gehört, dass sie Alp­träu­me gehabt hät­ten. Ich selbst habe aber nie geträumt. Ich kann mich jeden­falls nicht dar­an erin­nern, geträumt zu haben. Ich glau­be, ich war in irgend­ei­ner Wei­se geschützt. Ich kann nicht genau sagen, was mich geschützt hat, viel­leicht war es die Dich­te der Auf­ga­ben, die mir gestellt waren. Ich hat­te kei­ne Zeit, lan­ge über die­se merk­wür­di­ge Situa­ti­on nach­zu­den­ken. Ich mei­ne, ich habe nicht lan­ge dar­über nach­ge­dacht, dass ich, Mel, hier den Kör­per einer alten Frau so lan­ge zer­le­ge und betrach­te, dass er fast ver­schwun­den sein wird, wenn ich fer­tig sein wer­de. Ja, — es war sehr viel zu tun. Das hat es leich­ter gemacht.
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ohren gebraten

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tan­go

~ : louis
to : dai­sy und vio­let hilton
sub­ject : OHREN

In der ver­gan­ge­nen Nacht hab ich von Euch geträumt. Hört zu! Wir spa­zier­ten am Atlan­tik an einem frü­hen Abend in der Däm­me­rung. Schnee war gefal­len. Eis schin­del­te in der Bucht vor Coney Island, ein ver­rück­tes Geräusch, eines, das ich nicht beschrei­ben kann, viel­leicht weil das Geräusch so flüch­tig gewe­sen war, dass ich nichts fest­hal­ten konn­te von sei­ner Sub­stanz in mei­ner Erin­ne­rung, obwohl uns das Geräusch über Stun­den beglei­te­te. Ihr hat­tet rote Stie­fel an den Füßen und wart in Pel­ze gewi­ckelt, viel zu groß, so dass man Euch kaum noch sehen konn­te. Ein­mal wach­te ich auf, sah mich im Zim­mer um, schlief dann sofort wei­ter, weil ich Eue­re hel­len Stim­men noch hören konn­te. Ihr hat­tet Euch in der Nähe einer fahr­ba­ren Bude in den Schnee gesetzt. Feu­er fla­cker­ten in Fäs­sern. Unweit lag ein Wal­fisch im Was­ser ohne Haut. Über den Flam­men schau­kel­ten Pfan­nen, in wel­chen mensch­li­che Ohr­mu­scheln in der Hit­ze saus­ten. Das Kra­chen, das Knis­tern des knusp­ri­gen Flei­sches zwi­schen unse­ren Zäh­nen beglei­te­te mich durch den ver­gan­ge­nen Tag, der ein Tag gewe­sen war, da ich bald stünd­lich die Gegen­wart mei­ner Wach­oh­ren prüf­te. Nie zuvor habe ich mir vor­zu­stel­len ver­sucht, wie ich selbst oder mei­ne Ohren, — nein, das ist schon eine ganz ande­re Geschich­te, die ich Euch nur dann erzäh­len wer­de, wenn Ihr mir schrei­ben soll­tet, dass ihr sie unbe­dingt hören wollt. Euer Lou­is, gute Nacht!

gesen­det am
27.05.2011
8.48 MESZ
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lou­is to dai­sy and violet »

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malta : operation odyssey dawn

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echo : 22.01 – Zu Fuß die Stra­ße von Mdi­na rauf zu den fel­si­gen Höhen, ihrem groß­ar­ti­gen Blick süd­wärts über das Meer. Links und rechts der asphal­tier­ten Stra­ße, Fel­der, wie in Fächer gelegt von stei­ner­nen Wäl­len umge­ben. In den Blät­tern der Kak­teen­ge­wäch­se sit­zen Schne­cken in Höh­len und schmau­sen vom fau­lig gewor­de­nen Fleisch. Was ich höre in die­sen Minu­ten des Lau­fens ist der Wind, der sich an den Wider­stän­den der wil­den Land­schaft reibt. Er scheint gegen die stei­len Fel­sen, die schon in nächs­ter Nähe sind, him­mel­wärts zu pfei­fen, ein afri­ka­ni­scher Wind an die­sem Tag ein Mal mehr, ein Wind aus einem mili­tä­ri­schen Ope­ra­ti­ons­ge­biet, das einen Namen trägt: Odys­sey Dawn. Aber vom Krieg ist nichts zu sehen an die­ser Stel­le, in die­sem Moment, da ich die Cliffs errei­che, wie mein Augen­licht sich zu einem Kame­ra­licht ver­wan­delt, wie das Land unter den Füßen weicht, wie ich für einen kur­zen Moment glau­be, abhe­ben zu kön­nen und zu flie­gen weit raus auf  him­mel­blaue Was­ser­flä­che, deren Ende nicht zu erken­nen ist. Kein Flug­zeug, kein Schiff, außer einem klei­ne­ren Boot, das auf dem Weg nach Misu­ra­ta sein könn­te, ein­ge­schlos­se­nen Men­schen Mehl und Medi­ka­men­te zu brin­gen. Tau­ben lun­gern im bereits tief über dem Hori­zont ste­hen­den Licht der Son­ne auf war­men Stei­nen, Eidech­sen, grün und blau und gol­den schim­mernd, sit­zen erho­be­nen Kop­fes und war­ten. Sie beneh­men sich, als hät­ten sie noch nie zuvor ein mensch­li­ches Wesen gesehen.

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malta : 81er bus

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echo : 22.05 – Sagen wir das so: Ich bin heu­te, an die­sem son­ni­gen Mon­tag mit dem Bus hin und her übers Land gefah­ren, mit einem 81er Bus, mit Luca’s Bus, und zwar die Stre­cke von Val­let­ta nach Rabat bis rauf zu den Ding­li Cliffs, von wo man weit aufs Meer hin­aus süd­wärts nach Afri­ka schau­en könn­te, wenn die Erde nicht rund wäre wie wir sie vor­ge­fun­den haben. Luca ist ein Bus­fah­rer aus Lei­den­schaft. Er trägt ein blau­es Hemd, sei­ne Arme sind gebräunt wie sein Gesicht, rechts, von wo die Son­ne kommt, etwas stär­ker als von links. 47 Cent kos­tet eine ein­fa­che Fahrt nach Rabat. Jeder, der her­ein­kommt, wird begrüßt: Wel­co­me, wel­co­me! Dann 15 Kilo­me­ter ste­tig dem Him­mel zu, links und rechts der Stra­ße, Spu­ren von Wei­zen, Toma­ten, Kar­tof­feln, Inseln blü­hen­der Blu­men, Mohn und Mar­ge­ri­ten und Lini­en von Kak­teen­pflan­zen, als sei­en Mee­res­wel­len zu flei­schi­gen Blatt­kör­pern gefro­ren für alle Zeit. Da und dort ein Dorf, Büsche, Oran­gen­bäu­me, Wind­rä­der, Funk­an­ten­nen. Nach einer Stun­de kommt man dann an in Rabat oder Mdi­na, man weiß jetzt, dass man über einen Kno­chen­kör­per ver­fügt, und man ahnt, dass Luca sei­nen Weg noch fin­den wür­de, wenn er ein­mal blind gewor­den sein soll­te. Luca sam­melt Mari­en­bil­der wie ich Über­ra­schun­gen samm­le, Momen­te wie die­sen, da Luca bemerkt, dass ich nicht aus­stei­gen, dass ich wie­der mit ihm zurück­fah­ren wer­de, dass der Bus und er selbst für mich bedeu­ten­der sind, als Orte und Land­schaft, die wir durch­rei­sen. Jetzt darf ich ihn foto­gra­fie­ren und sein Arma­tu­ren­brett, Die­sel, Die­sel! Und ich darf ihm eine Fra­ge stel­len, ich woll­te näm­lich wis­sen, ob es für ihn denk­bar ist, sei­nen Bus ein­mal bis hin unter die Decke mit Was­ser zu fül­len, ob er sich vor­stel­len kön­ne, mit einem Bus voll leben­der Fische über Land zu fah­ren. Luca’s Hupe, eine Lufttrompete.

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gebäck

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gink­go : 6.05 — War bei Har­rods gewe­sen, ein hell aus­ge­leuch­te­ter Saal. Ver­käu­fe­rin­nen in grü­nen Over­alls sta­pel­ten kunst­voll mensch­li­che Arme und Bei­ne und Köp­fe auf Tische. Kla­re, in den Augen schmer­zen­de Sub­stanz fiel von der Decke. Bald dar­auf Kurz­stre­cken­fahrt im U‑Bahnwaggon. Ein feuch­ter mensch­li­cher Arm ruh­te auf mei­nen Ober­schen­keln. Die­ser Arm nun war in Zei­tungs­pa­pier gewi­ckelt, sei­den­wei­ße Sub­stanz tropf­te auf den Boden. Gleich gegen­über ein Mann und eine Frau. Das Gesicht des Man­nes dampf­te. Die Frau, die eine Melo­die vor sich hin­summ­te, schäl­te mit einem Tee­löf­fel­chen gramm­schwe­re Fleisch­pro­ben aus den Wan­gen des Man­nes, um sie ent­we­der sofort zu ver­zeh­ren oder wei­te­ren Fahr­gäs­ten dar­zu­bie­ten. — stop. — Mon­tag. stop. Duke Elling­ton : Take the “A” Train. stop. Es ist denk­bar, dass ich über das Gedächt­nis eines Ele­fan­ten ver­fü­ge. — stop

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am viktoriasee

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hima­la­ya : 0.01 — Bil­der. Bild­schirm­bil­der, die ich wahr­neh­me, die mich berüh­ren, weil mei­ne Augen, mein Gehirn sie wahr­neh­men, flüch­tig, im Vor­über­ge­hen, im Neben­bei­se­hen. Ein Fischer­boot auf dem Vik­to­ria­see. Wie leben­de dun­kel­häu­ti­ge Män­ner in Shorts ( sie ste­hen balan­cie­rend in ihrer höl­zer­nen Scha­le ) dun­kel­häu­ti­ge leb­lo­se Kör­per ohne Shorts in ihren Net­zen aus dem Was­ser zie­hen. Das leuch­ten­de, hell­blaue Fleisch der Toten, die in Ruan­da gewalt­sam ihr Leben ver­lo­ren, Nil­barsch­spei­se­fi­sche haben von ihren Kör­pern gefres­sen. Zwei Tage lang ein Loop ( CNN ) vom Lei­chen­fang, dann ver­schwan­den die Bil­der aus der Übertragungswirklichkeit. 

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am viktoriasee

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lima : 5.18 — Am Vik­to­ria­see Men­schen, jun­ge Men­schen und alte Men­schen, wie sie sich durch modern­de Abfäl­le einer Fisch­fa­brik wüh­len. Gel­be Augen. Salz­wun­de Hän­de. Ver­ei­ter­te Füße. Bauch­bal­lo­ne. stop. Beob­ach­te­te zum fünf­ten Male den Doku­men­tar­film Dar­wins Alb­traum war­um? Kurz dar­auf notier­te ich: Licht fällt in klei­nen Pake­ten vom Him­mel. Und ich dach­te noch, das geht heu­te nicht, so ein Satz doch nicht nach jenem Film in die­ser Nacht. Lan­ge Zeit schon ist von afri­ka­ni­schen Eis­fi­schen zu erzäh­len, von Luft­rei­sen­den in rus­si­schen Waren­trans­port­flug­zeu­gen gegen den Nor­den zu, von all dem Elend erzäh­len, das sie bewir­ken, vom Hun­ger, von dem ich mit eige­nen Ohren hör­te, von Nil­barsch­fi­lets, vom rosen­höl­zer­nen Fleisch auf kost­ba­ren Tel­lern euro­päi­scher Sand­ma­nu­fak­tu­ren. stop. Wie erzäh­len? stop. Wem erzäh­len? stop. Bald wie­der Däm­me­rung. stop. Licht fällt in klei­nen Pake­ten vom Him­mel. stop. 

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