Aus der Wörtersammlung: stimmen

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brooklyn : ausgebeulte Stimmen

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fox­trott : 2.32 — Wenn ich aus dem Fens­ter sehe, wenn tie­fe Nacht ist, dann schei­nen die Men­schen alle gleich­wohl noch immer zu arbei­ten oder sie ver­fü­gen über kei­ner­lei Licht­schal­ter in New York. Ja, die Men­schen arbei­ten und arbei­ten und arbei­ten und dann sit­zen sie eine hal­be oder eine gan­ze Stun­de Fahrt in der Sub­way und schla­fen. Das Selt­sa­me ist, dass sie zur rech­ten Zeit auf­wa­chen, jawohl, sie schei­nen mit ihrem Gehör an einer Geräusch­spur zu hän­gen, wie Stra­ßen­bah­nen in Euro­pa an einer Ober­lei­tung. Einer­seits schla­fen sie, ande­rer­seits war­ten sie dar­auf, von einem ver­trau­ten Signal geweckt zu wer­den. Viel­leicht ist da ein beson­de­res Krei­schen oder Rüt­teln, das nur an einer bestimm­ten Stel­le ihrer Stre­cke heim­wärts zu ver­neh­men ist, die aus­ge­beul­te Stim­me einer Maschi­nen­in­for­ma­ti­on. Kurz dar­auf ste­hen sie auf, so als wär kein Schlaf gewe­sen und spa­zie­ren aus dem Zug, erstaun­lich! — Sams­tag. Spä­ter Abend. Es heult wie­der her­um, da unten auf Höhe der Stra­ße, ein Unglück irgend­wo viel­leicht. Wenn man den Feu­er­wehr­au­tos so zuhört den Tag ent­lang, dann möch­te man bald mei­nen, die Stadt ins­ge­samt wür­de in Flam­men ste­hen. – stop
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new york — hurricane deck

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tango : 22.28 — Von einer Sekun­de zur ande­ren Sekun­de. Als wär der Sonn­tag ohne Augen­licht gewe­sen. Als hät­te ich nur geträumt, über den Atlan­tik geflo­gen zu sein, fünf­tau­send Kilo­me­ter schloh­wei­ßer Wol­ken­de­cke bis kurz vor Neu­fund­land. Jamai­ka-Sta­ti­on. Roo­se­velt Island. Lex­ing­ton Ave­nue. Das hel­le Zim­mer im 22. Stock. Ein küh­ler Wind bläst über den Bal­kon. Rau­schen von tief unten von der Stra­ße her. Wie ich bald vor das Haus tre­te, kommt mir eine älte­re Frau ent­ge­gen, in einen fei­nen Man­tel­stoff gehüllt, Hän­de seit­lich gegen den Hals gefal­tet. Eigent­lich müss­te ich ihr unver­züg­lich fol­gen, sehen, war­um sie das macht, einer Geschich­te fol­gen, und die­sem damp­fen­den, rot und grün und blau blin­ken­den Dioden­hund, der sie beglei­tet, einem Rie­sen­tier, das ich berüh­ren soll­te, sei­ne Tem­pe­ra­tur zu füh­len. Ich ver­ste­he an die­sem Abend kein Wort in mei­nem Kopf. Ja, die­ses Rau­schen der Stadt. Süd­wärts wan­dern. Aus dem Boden sind die Stim­men der Sub­way­spre­cher zu hören, next sta­ti­on : grand cen­tral, das Rum­peln, das Zischen der Züge. Ich könn­te ein paar Stun­den noch so wei­ter­ge­hen und schla­fen. — stop

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radio

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echo : 15.05 — Ich war ein­mal Besit­zer eines Radi­os mit elek­tri­schem Auge. Sobald ich auf einen Knopf drück­te, glüh­te das Auge zunächst däm­mernd, dann leuch­te­te das Auge grün wie das Was­ser eines Berg­sees und ich hör­te selt­sa­me Stim­men und Rau­schen und Pfei­fen. Das Radio war ein sehr gutes Radio. Es exis­tier­te seit dem Jah­re 1952, war also viel älter als ich selbst und muss­te nie zur Repa­ra­tur gebracht wer­den. Nur ein­mal hüpf­te eine Tas­te her­aus und das Radio sah fort­an aus, als habe es einen Zahn ver­lo­ren. An einem sehr hei­ßen Juli­tag des Jah­res 1974 saß ich gera­de vor dem Radio ohne Zahn, als gemel­det wur­de, Fall­schirm­jä­ger sei­en über Zypern abge­sprun­gen. Von einem Kon­flikt war die Rede und das Auge des Radi­os leuch­te­te dazu und die Mem­bran sei­nes Laut­spre­chers zit­ter­te. Ich erin­ne­re mich, dass ich dach­te, dass nun Krieg sei, ein wirk­li­cher Krieg, der ers­te Kriegs­be­ginn, den ich als Wel­len­emp­fän­ger mit­er­leb­te. Irgend­wann ver­schwand das alte Radio und ich bekam ein neu­es Radio. Die­ses Radio konn­te Geräu­sche spei­chern, und so spei­cher­te ich Geräu­sche, sin­gen­de Frö­sche viel­leicht, oder mei­ne Stim­me, die mich befrem­de­te, die nie mei­ne eige­ne Stim­me gewe­sen war, son­dern immer die Stim­me eines ande­ren, der ähn­li­che Din­ge sag­te. Bald mach­te ich mit einer wei­te­ren Maschi­ne Fil­me, nein, ich zeich­ne­te Fil­me auf ein Band, den Film der Stadt Bag­dad an einem Vor­kriegs­mor­gen zum Bei­spiel. Die Son­ne strahl­te vom Him­mel, und ein Vogel, der nicht zu sehen war, zwit­scher­te. Viel­leicht saß der Vogel auf einer gepan­zer­ten Kame­ra, die das Bild der leuch­ten­den Stadt zu mir hin über­trug. Die­ser Vogel war noch Radio gewe­sen. — stop

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16 33 45 78 minuten

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cho­mo­lung­ma : 8.56 — Neh­men wir ein­mal an, ich könn­te die Geschwin­dig­keit mei­nes Den­kens für die Dau­er eines Tages vor­aus­be­stim­men, etwa so, als wür­de ich die Dreh­ge­schwin­dig­keit einer Schall­plat­te durch das Umle­gen eines Hebels beschleu­ni­gen oder ver­lang­sa­men, wie wür­de ich in die­sem Moment ent­schei­den? Viel­leicht, dass ich etwas eili­ger als ges­tern noch durch den kom­men­den Tag den­ken soll­te? Oder wür­de ich sagen, mein Lie­ber, heu­te erle­ben wir ein­mal einen Tag sehr, sehr lang­sa­mer Gedan­ken? Wir den­ken einen Gedan­ken am Vor­mit­tag, und einen wei­te­ren Gedan­ken am Nach­mit­tag, und am Abend, wenn wir nicht doch schon zu müde gewor­den sein soll­ten, gön­nen wir uns noch eine sehr kur­ze, äußerst lang­sam vor­ge­tra­ge­ne Gedan­ken­ge­schich­te? Dann lang­sa­me Träu­me schla­fen. – Guten Morgen!

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PRÄPARIERSAAL : cerebum

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nord­pol : 8.02 — TONAUFNAHME / Mai 2005 — Yomo : Als wir das Gehirn ent­nah­men, haben wir uns zunächst kei­ne Gedan­ken dar­über gemacht, was für ein fas­zi­nie­ren­des Teil des mensch­li­chen Kör­pers wir gera­de in der Hand hiel­ten. Wir hat­ten das näm­lich so ver­stan­den, dass die Stu­die­ren­den das Gehirn selbst ent­neh­men dür­fen und wir haben das dann auch gemacht. Aber bald haben wir fest­ge­stellt, dass die Assis­ten­ten, nicht die Stu­die­ren­den, das an den ande­ren Tischen mach­ten. Wir hat­ten bei der Ent­nah­me einen Feh­ler gemacht und das Gehirn an der fal­schen Stel­le durch­trennt. Wir waren sofort damit beschäf­tigt, zu über­le­gen, was wir jetzt machen sol­len, um kei­nen Ärger zu bekom­men. Wir haben des­halb in die­ser Situa­ti­on nicht so sehr an das Gehirn gedacht. Zum Glück kam dann aber eine net­te Assis­ten­tin und hat das Gehirn voll­stän­dig ent­nom­men, ohne uns wei­ter Vor­wür­fe zu machen. Sie fand unse­re Art der Ent­nah­me fast noch bes­ser als die vor­ge­ge­be­ne Metho­de, da man vie­le Struk­tu­ren sehen konn­te, die wir anders nicht gese­hen hät­ten. Wir waren auf jeden Fall ziem­lich froh, dass wir kei­nen Ärger bekom­men haben. Ich habe erst etwas spä­ter ein beson­de­res Gefühl gespürt, als ich das Gehirn in den Hän­den hat­te. Viel­leicht lag das auch dar­an, dass wir uns am Anfang auch noch gar nicht so genau mit dem Gehirn aus­kann­ten. Ein paar Din­ge über das Gehirn wuss­te ich zwar schon aus der Schu­le, aber wie genau es auf­ge­baut ist, aus wie vie­len Struk­tu­ren das Gehirn besteht und was man alles an einem Gehirn sehen kann, das habe ich erst in der Ana­to­mie gelernt. So wur­de das Gehirn im Lauf Zeit zu einem immer inter­es­san­te­ren und fas­zi­nie­ren­de­ren Kör­per­teil für mich. An dem Tag, als wir die Sul­ci mit bun­ten Fäden aus­le­gen soll­ten, hat­te ich das Gehirn dann län­ger in der Hand. Das ist jener Tag, an den ich mich beson­ders inten­siv erin­nern kann, da ich ein beson­de­res Gefühl hat­te, als ich das Gehirn in der Hand gehal­ten habe. Ich war ein wenig glück­lich und stolz auch, denn wer hat schon die Mög­lich­keit ein Gehirn in der Hand zu hal­ten. Für mich war kaum vor­stell­bar, dass die­se Struk­tur in mei­ner Hand ein­mal so vie­le und wich­ti­ge Auf­ga­ben erfüllt hatte.

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radiusköpfchen

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echo : 10.18 — Neh­men wir ein­mal an, ich wäre nachts über eine däm­mern­de Kat­ze gestol­pert, wäre eine Trep­pe hin­un­ter­ge­stürzt, unsanft gelan­det, ich hät­te mir viel­leicht den Arm gebro­chen, und zwar den rech­ten in sei­ner Beu­ge, das Ellen­bo­gen­ge­lenk, Radi­us­köpf­chen zer­trüm­mert, Bän­der geris­sen, Mus­keln, im geschwol­le­nen Gewe­be suchen­de Struk­tu­ren. Bald Über­land­fahrt ins Hos­pi­tal, Minu­ten­schlaf im grel­len Licht einer chir­ur­gi­schen Ambu­lanz, vier Stun­den Zeit in Abwe­sen­heit, das Unter­su­chen, Beu­gen, Dre­hen, Zer­ren, Sägen, Boh­ren, Fei­len, Dis­ku­tie­ren, Nähen, ich hör­te, ich spür­te nichts. Wie ich, es ist Mit­tag gewor­den, mit mei­nem Namen von Fer­ne her geru­fen wer­de, Geis­ter­stim­men, Geis­ter­hän­de. Das stren­ge Kor­sett von dun­kel­blau­er Far­be, in dem der kran­ke Arm gebor­gen liegt in einer grü­ßen­den Hal­tung. Sand­au­gen­mü­dig­keit der Mor­phi­ne. Die Bewe­gung der Fin­ger, die mich glück­lich macht, einer nach dem ande­ren Fin­ger spür­bar, aber mei­ne Nase, mein Mund uner­reich­bar plötz­lich wie die Ober­flä­che des Mon­des. — stop

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PRÄPARIERSAAL : traumzeit

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kili­man­dscha­ro : 15.16 — Einen Raum der Zeit, den ich dafür ver­wen­de, Stim­men mit­tels eines Ton­band­ge­rä­tes ein­zu­fan­gen, benö­ti­ge ich etwas spä­ter zum zwei­ten Mal, um die ver­zeich­ne­ten Stim­men von dem­sel­ben Ton­band­ge­rät aus wie­der frei­zu­las­sen. stop. Mar­kus an einem Mitt­woch. Febru­ar. Abend: Ver­su­chen Sie bit­te sich vor­zu­stel­len, Sie wüss­ten für sechs lan­ge Wochen nicht, ob Sie sich in einem Traum befin­den oder ob Sie doch eher wach sind. Wenn ich von mei­ner Zeit im Prä­pa­rier­saal spre­che, dann spre­che ich ger­ne von mei­ner Traum­zeit. Ich hat­te den Ein­druck, einen gewal­ti­gen Satz zu tun. Ich mei­ne, ich mach­te eine Erfah­rung, die nicht ganz all­täg­lich ist. Ich stand mor­gens um 6 Uhr auf und wenn ich abends um 10 Uhr zurück­kam, dann hat­te ich drei oder vier Stun­den mit einem Skal­pell am Kör­per eines toten Men­schen gear­bei­tet. Ich hat­te eine gewis­se Vor­stel­lung davon, was in einem Prä­pa­rier­saal geschieht, nicht aber davon, dass der Kör­per ins­ge­samt unter mei­nen Hän­den ver­schwin­den wird. Das Ver­schwin­den die­ses Kör­pers vor mir auf dem Tisch habe ich als etwas Unwirk­li­ches, als traum­ar­ti­ges Gesche­hen emp­fun­den. Das war kein Alb­traum, ganz gewiss nicht. Viel­mehr hat­te ich den Ein­druck, mich in einem Film zu befin­den, der mal zu schnell und mal zu lang­sam abge­spielt wur­de, so dass ich nie wis­sen konn­te, wie schnell ich mich, oder ob ich mich über­haupt bewe­gen wür­de im nächs­ten Augen­blick. Ich konn­te mich selbst nicht berech­nen. Ich war zu lang­sam einer­seits und zu schnell ande­rer­seits. Ich habe mei­ne Hän­de betrach­tet, wie sie Haut vom Gesicht eines Men­schen ent­fern­ten. Ich hat­te den Ein­druck, mei­ne Hän­de wür­den nicht zu mir gehö­ren. — stop
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tonwellenschrauben

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echo : 22.18 – Lun­ger­te im Wald unter Loui­sia­na-Moo­sen. Sturm­ge­räu­sche, auch Zika­den waren zu hören gewe­sen, ihre Flü­gel­stim­men, hell, schrill, glä­sern, Ton­wel­len­schrau­ben. Auf Knien kroch ich bald jagend durchs Unter­holz, woll­te eines der locken­den Tie­re fan­gen. Anstatt Insek­ten ent­deck­te ich Spiel­do­sen, hun­der­te, ja tau­sen­de, krei­sen­de Lärm­ma­schi­nen. Sie leuch­te­ten, feu­er­rot und blau, je nach Höhe oder Tie­fe ihres Gesangs. Sobald ich mich näher­te, um eines der Wesen zu ergrei­fen, schos­sen sie senk­recht in die Luft, ganz so als wür­den sie über prall gefüll­te Druck­luft­bäu­che fürs flüch­ten­de Rei­sen gebie­ten. Dann wur­de ich wach. Es war Abend gewor­den. Sams­tag. Ein Orkan näher­te sich von Wes­ten, knis­tern­de Fens­ter, Frö­sche schweb­ten sum­mend vor den Fens­tern. Zwei Stun­den lang dach­te ich über die Erfin­dung dienst­ba­rer Käfer nach, Gat­tung, die Stil­le zu erzeu­gen ver­mag, wann immer gewünscht. Ich stell­te mir vor, wie sie sich rück­wärts über mei­ne Wan­gen hin zu mei­nen Ohren bewe­gen, wie sie ihre küh­len Lei­ber in mei­ne Gehör­gän­ge ver­sen­ken, wie sie sich deh­nen und stre­cken, sanft, sanft, bis sie nahe­zu ver­schwun­den sein wer­den. Zwei Füh­ler noch, ein Paar kleins­ter Augen links, ein Paar kleins­ter Augen rechts, Doch­te, nein, Dioden­lich­ter. Ich hör­te nichts. — stop

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PRÄPARIERSAAL : nachtarbeit

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tan­go : 23.15 — Im Regen mit Ton­band­ge­rät unter dem Schirm am See. Sams­tag. August­kas­ta­ni­en fal­len aus den Bäu­men. Auf den Häup­tern der Rot­wan­gen­schild­krö­ten, die sich zu mei­nen Füßen arg­los ver­sam­meln, als lausch­ten sie wie ich Magnet­kopf­stim­men, feuch­te Häub­chen von Ahorn­sa­men. Kaum ein Mensch unter­wegs. Ich dach­te für einen Moment, weiß nicht wie das gekom­men ist, dass ich an die­sem Ort ohne Zeu­gen sofort den Ver­such unter­neh­men könn­te, eine der Schild­krö­ten an ihrem Hals zu packen, sie aus dem Was­ser zu heben, um sie zu Hau­se in der Küche mit einem Mei­ßel zu öff­nen. Auf Por­zel­lan gebet­tet kurz dar­auf ein Rep­ti­li­en­häuf­chen, rosa­far­ben, feins­te Strei­fen Schild­krö­ten­bau­ches, des­sen eigent­li­che Gestalt ich mir hin­ter Pan­zer­häu­ten lie­gend zur­zeit nicht vor­stel­len kann. — 22 Uhr 58. Jani­ne erzählt: > Ich kann mich noch gut dar­an erin­nern, dass ich nachts auf­wach­te und den haar­lo­sen Kopf mei­nes Freun­des vor mir gese­hen habe. Ich erschrak fürch­ter­lich. Ich saß ein paar Minu­ten senk­recht im Bett, dann bin ich auf­ge­stan­den. Wir haben eine sehr schö­ne Küche. Ich habe von Zeit zu Zeit in der Küche kam­piert. Ich habe dort gelernt und manch­mal bin ich mit dem Kopf auf dem Ana­to­mie­at­las ein­ge­schla­fen. Merk­wür­dig, über wie viel Kraft ich doch ver­fü­ge. Ich war beim Tan­zen, zwei­mal wan­dern in den Ber­gen, ich habe gepaukt und ich habe mit dem Skal­pell gear­bei­tet. Ich habe vor­mit­tags und mit­tags und Abend für Abend in der Biblio­thek gele­sen. Und wenn ich nachts in der Küche ein­ge­schla­fen bin, dann waren da plötz­lich sehr schar­fe Bil­der in mei­nem Kopf. Auf­blit­zen­de Foto­gra­fien, die über­fall­ar­tig Angst erzeug­ten. Der geöff­ne­te Mund eines Toten. San­di­ge Zun­gen. Ein hoch auf­ra­gen­der, dun­kel­ro­ter Penis. Das zer­teil­te und gehäu­te­te Gesicht einer alten Frau. Das war nicht geträumt, ich habe die­se Bil­der bei vol­lem Bewusst­sein vor mir gese­hen. Jetzt kom­men sie mich sel­te­ner besu­chen. — stop



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