Aus der Wörtersammlung: google

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handschuhbäume

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alpha : 6.45 — Im Waren­haus ent­de­cke ich Prei­se, bei­spiels­wei­se den Preis von 1.99 für ein Paar Hand­schu­he, gestrickt. Das fünf­te Jahr in Fol­ge ist es gekom­men, dass die Prei­se für Hand­schu­he fal­len. Sie schei­nen inzwi­schen auf Bäu­men zu wach­sen wie Bana­nen. Auch Bana­nen wer­den immer bil­li­ger. An den Hand­schuh­spit­zen, dort wo man einen Zeig­er­fin­ger hin­ein­ste­cken kann, ent­kom­men dem Gewe­be Fäden. An die­ser Stel­le, so neh­me ich an, waren sie mit ihrem Baum ver­bun­den, hier wur­den sie getrennt vom Wind, der Schwer­kraft oder von Men­schen, die kaum etwas ver­die­nen, nur gera­de soviel, dass sie nicht ver­hun­gern oder ver­durs­ten, weil man sie noch gebrau­chen könn­te in den nächs­ten Jah­ren, geüb­te, gedul­di­ge Frau­en und Män­ner. Ver­mut­lich sind Hand­schuh­bäu­me ganz­jäh­rig blü­hen­de Wesen, irgend­wo ist immer Win­ter. Außer­dem las­sen sich Hand­schu­he gut auf­be­wah­ren, sie ver­der­ben nicht so schnell, man muss sie nicht ein­mal küh­len, nur gefrä­ßi­ge Tie­re ver­trei­ben. Das alles, dass Hand­schu­he von den Bäu­men kom­men, scheint noch sehr geheim zu sein. Ich habe vor weni­gen Minu­ten ver­sucht mit­tels der Such­ma­schi­ne Goog­le her­aus­zu­fin­den wo Bäu­me, wie ich sie mir vor­stell­te, wach­sen und wo man sie ihrer Früch­te beraubt. –stop

polaroidstrand5

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mikobeli

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alpha : 0.22 — Die Ent­de­ckung des Wor­tes mik­obe­li ereig­ne­te sich am 20. Dezem­ber des Jah­res 2007. Ich mach­te das so: Zunächst schloss ich die Augen. Dann ver­such­te ich laut­hals Wör­ter aus­zu­spre­chen, die ich nie zuvor hör­te. Eine nicht ganz leich­te Auf­ga­be. Kurz dar­auf notier­te ich das Wort mik­obe­li auf ein Blatt Papier und prüf­te, ob das Wort in den Ver­zeich­nis­sen der Goo­gle­ma­schi­ne bereits ent­hal­ten sein könn­te. Das war nicht der Fall, ich war zufrie­den. Eini­ge Zeit, zwei oder drei Wochen lang, ver­such­te ich wei­te­re unbe­kann­te und zugleich wohl­klin­gen­de Wör­ter zu ent­de­cken, dann hör­te ich damit auf. Heu­te, Diens­tag, 4. Sep­tem­ber 2012 um kurz nach 17 Uhr MESZ, wur­de mir das Wort mik­obe­li wie­der in Erin­ne­rung geru­fen, in dem ich bemerk­te, dass nahe Tibli­si (Geor­gi­en) nach genau die­sem erfun­de­nen Wort in den Goo­g­le­ver­zeich­nis­sen gesucht wor­den war. Und weil nun das Wort mik­obe­li in mei­nem digi­ta­len Schat­ten zu fin­den war, durf­te ich für weni­ge Minu­ten einen Besu­cher aus dem Kau­ka­sus auf mei­ner Par­tic­les – Sei­te ver­zeich­nen. Erstaun­lich ist, dass das Wort mik­obe­li von mei­ner Ana­ly­se­ma­schi­ne mit­tels geor­gi­scher Schrift­zei­chen wie­der­ge­ge­ben wird, fein und weich und voll­stän­dig fremd. Irgend­ein Mensch, stell­te ich mir vor, könn­te in der­sel­ben Art und Wei­se wie ich das Wort mik­obe­li erfun­den haben und hat­te kurz dar­auf nach Spu­ren sei­ner Exis­tenz im Inter­net gesucht. Eine auf­re­gen­de Geschich­te, die sich tat­säch­lich genau­so ereig­ne­te. Bit­te mel­den! — stop

ping

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funkköpfe

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romeo : 6.22 — Ein klei­ne Geschich­te habe ich rasch zu erzäh­len. Sie ereig­ne­te sich ges­tern Abend gegen 22 Uhr. Ich war zu die­sem Zeit­punkt außer­or­dent­lich müde gewor­den, hat­te gera­de einen Brief an einen Freund geschrie­ben, in dem ich von neu­ro­chir­ur­gi­schen Kon­struk­ti­ons­ar­bei­ten in Funk­vö­gel­köp­fen berich­te­te, wie ich der Ein­pflan­zung eines Peil­sen­ders bei­gewohnt hat­te genau­er, von der Öff­nung eines Möwen­schä­dels, sowie ers­ten Flug­steue­rungs­ver­su­chen, Abstür­zen, aber auch geglück­ten Flug­ma­nö­vern, Loo­pings, über wel­che sich jene ers­te unter den fern­ge­steu­er­ten Möwen selbst ver­mut­lich sehr gewun­dert haben dürf­te. Kaum hat­te ich den Brief fer­tig notiert, klin­gel­te das Tele­fon. Ich wur­de in mei­ner Kon­zen­tra­ti­on gestört, und zwar genau in dem Moment, da ich die Adress­zei­le mei­nes E‑Mailprogramms bear­bei­te­te. Schon wars pas­siert, ich hat­te mei­ne E‑Mail ver­se­hent­lich an das Büro Vla­di­mir Putins geschickt, was nun eigent­lich von mei­ner Posi­ti­on aus nicht sehr gefähr­lich ist, aber doch unan­ge­nehm, weil ich dort­hin nicht in per­sön­li­cher Wei­se schrei­ben woll­te, weil man nicht weiß, wer bei Putin in Mos­kau her­ein­kom­men­de E‑Mails liest, und ob sie viel­leicht über­setzt oder wei­ter­ge­lei­tet wer­den. Inter­es­san­ter­wei­se beob­ach­te ich nun mit­tels der Live­ver­si­on der Goog­le — Ana­ly­tics­ma­schi­ne, dass mei­ne Par­tic­les – Tex­te seit Stun­den von Mos­kau her betrach­tet wer­den. Da ist ein ziem­lich eigen­ar­ti­ges Gefühl, das sich nach und nach ent­fal­tet. Bald frü­her Mor­gen. Die Amseln vor dem Fens­ter pfei­fen. Ich habe mir eine Enten­brust gebra­ten. Sie dampft sehr schön auf einem Tel­ler vor mir auf dem Tisch. Ja, eine wirk­lich unheim­li­che Geschich­te ist das, die Vögel, die Köp­fe, der Kreml. — stop
ping

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apfelohren

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del­ta : 6.35 — Ges­tern hab ich eine lus­ti­ge E‑Mail emp­fan­gen. Sie war irgend­wann wäh­rend ich schlief auf mei­nem Com­pu­ter laut­los ein­ge­trof­fen. Die Per­son, die mir geschrie­ben hat­te, woll­te wis­sen, wie ich vor­ge­he, wenn ich nachts einen Apfel oder eine Apri­ko­se oder Bana­nen belau­sche. Ich hat­te zunächst eini­ge gute Grün­de auf die­se Fra­ge nicht ein­zu­ge­hen, gera­de auch des­halb, weil der Absen­der der E‑Mail, einen selt­sa­men Namen ange­ge­ben hat­te, des­sen Exis­tenz ich über die Goog­le — Such­ma­schi­ne ver­geb­lich zu prü­fen such­te. Aber dann schien mir doch reiz­voll zu sein, dem Absen­der der E‑Mail zu ant­wor­ten. Ich notier­te kurz und bün­dig, dass ich, wenn ich einen Apfel belau­sche, den Apfel in eine mei­ner Hän­de neh­me, um ihn tat­säch­lich an eines mei­ner Ohren zu füh­ren. Was man, wenn man in die­ser Wei­se vor­geht, hören kann, ist natür­lich zunächst das Rau­schen des Blu­tes in den eige­nen Ohr­ge­fä­ßen, sonst aber nichts, abge­se­hen von Geräu­schen viel­leicht, die man sich gründ­lich vor­zu­stel­len ver­mag, Geräu­schen orga­ni­schen Zer­falls zum Bei­spiel, einem Pfei­fen, einem Sau­sen, oder den Beiß­ge­räu­schen eines Wurm­kie­fers in grö­ße­rer Apfel­tie­fe. Ich attes­tier­te in einem Ant­wort­schrei­ben sehr ernst­haft, dass ein Apfel ein stil­les Wesen sei, immer­hin habe ich nicht nur einen, ich habe min­des­tens fünf Äpfel belauscht, Bir­nen, Trau­ben, Bana­nen, Pfir­si­che, alle sind sie ohne tat­säch­li­che Geräu­sche in den Fre­quen­zen mensch­li­chen Hör­ver­mö­gens. Dafür leg ich eine Hand ins Feu­er, jawohl, es ist Mon­tag: Rasen­de Wol­ken. — stop

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segelfalterschatten

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romeo : 8.15 — In einem Pro­to­koll der Goo­g­le­such­ma­schi­ne fin­de ich den Hin­weis, dass ich am 3. Mai 2007 nach einer Foto­gra­fie des Dich­ters Julio Cor­ta­zar gesucht haben soll, dann, erfolg­los, nach einem Segel­fal­ter­schat­ten der Gat­tung Iphicli­des poda­li­ri­us 5, nach Spu­ren Patrick Modia­nos, nach Chi­mä­ren und Match­box­au­to­mo­bi­len. Kei­ne Erin­ne­rung an den Aus­gangs­punkt mei­ner Suche. — stop

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venenstern

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echo : 20.55 — Ein Schat­ten von Wör­tern exis­tiert in der elek­tri­schen Welt, Anfra­gen der Such­ma­schi­ne g o o g l e, die par­tic­les mit­tel­bar oder unmit­tel­bar berühr­ten: > Flie­ge
 : Mond­fisch 
: Schreib­ma­schi­ne
 : Roman Opal­ka : Koli­bri gezeich­net : DNA : Dop­pel­he­lix
 : Trom­pe­ten­kä­fer 
: Venen­stern 
: Brumm­krei­sel 
: Geräu­schwör­ter : Per­ga­ment­haut
 : Chir­urg
 : Pyra­mi­den­bahn : > 2345 Begrif­fe im Monat August. stop. Feu­er­kä­fer. stop. Ich könn­te viel­leicht sagen, dass Wör­ter die­ser Art Lock­stof­fen ähn­lich sind. Oder Lan­de­bah­nen. Oder Flie­gen­fal­len. — stop

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manhattan : eine frau verschwindet und kehrt wieder

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nord­pol : 7.05 — Ges­tern Abend folg­te ich mit­tels der Goo­g­lee­arth­ma­schi­ne einer beson­de­ren Rou­te durch das süd­li­che Man­hat­tan. Ich kann­te die­se Stre­cke, war dort im Spät­som­mer des ver­gan­ge­nen Jah­res auf eige­nen Füßen spa­ziert, war Mal­colm Lowry auf der Spur gewe­sen, sei­nen enger und enger wer­den­den Krei­sen, die den Schrift­stel­ler ein hal­bes Jahr­hun­dert zuvor in das Bel­le­vue Hos­pi­tal führ­ten, wo er sich, in höchs­ter Not befind­lich, vom Schmerz­man­tel des Alko­hols zu befrei­en such­te. Immer wie­der hat­te ich damals jene Gegend nahe des East River auf­ge­sucht, so dass ich eine bei­na­he ver­trau­te Umge­bung in digi­ta­ler Wei­se berühr­te. Gegen Mit­ter­nacht dann, ich hat­te die Third Ave­nue gekreuzt, bog ich nach Nor­den ab, erreich­te 30 Minu­ten spä­ter die 70th Stra­ße. Da war an einer Ecke ein klei­ner Laden, an den ich mich erin­ner­te. Ver­such­te ihm näher zu kom­men, zoom­te her­an, aber dann über­quer­te ich im Sprung die Stra­ße mit­tels einer zar­ten Bewe­gung der Mou­se, beweg­te mich im Kreis und bemerk­te in die­sem Augen­blick, dass eine Frau mit Hund, die gera­de noch die Stra­ße in nächs­ter Nähe über­quert hat­te, ver­schwun­den war, in dem ich die Kreu­zung von Osten her betrach­te­te. Auch war die Stra­ße dunk­ler gewor­den, als wäre kurz zuvor Regen gefal­len oder die Däm­me­rung des Abends ein­ge­trof­fen. Um ein paar wei­te­re Meter gedreht, war die Frau dann wie­der da gewe­sen und ihr Hund, den Schwanz erho­ben, und die Stra­ße tro­cken. Eine Kreu­zung, so mein Ein­druck, gefal­te­ter Zeit. Ich muss das beobachten.

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tiefseeelefanten

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echo

~ : louis
to : Mr. jona­than noe kekkola
sub­ject : MONTAUK

Lie­ber Mr. Kek­ko­la, haben Sie vie­len Dank für die fei­ne Foto­gra­fie, die Sie mir ges­tern Abend über­mit­tel­ten. Wie ich mich herz­lich freue, dass Sie sich an mich erin­ner­ten, an die Geschich­te uralter Ele­fan­ten­wan­der­we­ge, die den Grund des Kari­ba­sees durch­kreu­zen. Und doch glau­be ich, ist der See, an den ich vor lan­ger Zeit ein­mal dach­te, viel zu tief und viel zu breit, als dass Ele­fan­ten ihn pas­sie­ren könn­ten, ohne Scha­den zu neh­men. Nun, wir wer­den sehen. Ich bin beru­higt, weil Sie mir schrei­ben, dass ich Ihren Namen als Pseud­onym wei­ter­hin ver­wen­den darf, auch für unheim­li­che Geschich­ten, wie die Geschich­te mei­ner spe­zi­el­len Käfer­we­sen von Men­schen­haut. Schön muss es bei ihnen sein in Montauk. Ich besuch­te Ihre Gegend mit der Goog­le — Earth­ma­schi­ne, habe ihr Haus beob­ach­tet und am Strand den Schat­ten einer mensch­li­chen Gestalt. Denk­bar, dass Sie das gewe­sen sind, so klein, so win­zig. Habe ich Ihnen berich­tet, dass ich ein Wunsch­buch für Träu­me füh­re seit eini­gen Tagen? Ich könn­te, nein, ich soll­te für die kom­men­de Nacht notie­ren: Schla­fen gegen zwei! Erzähl dir Ele­fan­ten­her­den, die den Atlan­tik durch­que­ren. Schwe­bend unter Rüs­seln von phan­tas­ti­scher Län­ge, leicht, wie Men­schen auf dem Mond, spa­zie­ren sie schnor­chelnd über schnee­wei­ßen Tief­see­sand. Herz­lich grüßt Sie Ihr Lou­is. Ahoi!


gesen­det am
12.07.2009
22.58 MEZ
1425 zeichen

lou­is to jonathan
noe kekkola »

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sahara/ahorn

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hima­la­ya : 1.28 — 1 hal­be Stun­de im Goo­gle­flug­zeug über die Saha­ra auf dem Bild­schirm. Leuch­ten­de, tür­kis­far­be­ne Flä­chen, aus­ge­dehn­te, sand­far­be­ne Ebe­nen, und Ber­ge, die rot sind, als wür­den an ihren Hän­gen Ahorn­hai­ne blü­hen. Da und dort Spu­ren mensch­li­cher Sied­lun­gen, gewür­fel­te Ker­ne. Pis­ten der Auto­mo­bi­le erschei­nen in der Stär­ke eines Haa­res. Etwas Wüs­ten­sand, von glü­hen­den Win­den him­mel­wärts getra­gen. Koral­len­stäu­be. Vipern­haut. Kamel­kno­chen­ge­stei­ne. Zeit­fer­men­te. So sicht­bar, wie denk­bar. — Was sehe ich noch in die­sen Stun­den? — stop

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flut

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india : 2.11 — Hoch­was­ser. Mei­ne Woh­nung ist mit dem Boot erreich­bar. In den Kro­nen der Kas­ta­ni­en, gleich jen­seits der Fens­ter, haben sich Kör­per toter Men­schen ver­fan­gen. Gesich­ter, die ich ken­ne. Ent­stellt. Dunk­le Haut. An den Zim­mer­wän­den tau­sen­de Flie­gen. Sobald ich mich bewe­ge, ein Brau­sen der Luft. Schüs­se. Zwei Ker­zen noch im Schrank, drei Liter Was­ser, fünf Pfund Mac­ca­ro­ni, eine Packung schwe­di­sches Knä­cke­brot, Salz, Pfef­fer, Thy­mi­an, Ros­ma­rin, Mus­kat­nuss. Das Was­ser, warm und schwarz. Ein Kon­tra­bass, dann ein Kro­ko­dil trei­ben vor­über. Die Luft, dumpf und scharf in der­sel­ben Sekun­de. stop Kei­ne Foto­gra­fie ist vor­stell­bar, die einen leben­den Men­schen zeigt, in der nicht auch Bewe­gung ent­hal­ten wäre. Dage­gen jene Auf­nah­men von Men­schen, die zur Kame­ra­zeit bereits leb­los waren. Ich begeg­ne­te einer die­ser Foto­gra­fien ohne Bewe­gung vor weni­gen Jah­ren im World­Wi­de­Web. Sie zeigt den Leich­nam Mari­lyn Mon­roes weni­ge Stun­den nach­dem ihr Kör­per auf­ge­fun­den wor­den war. Ich habe mich an die­se Auf­nah­me immer wie­der erin­nert, an das feuch­te Haar der jun­gen toten Frau, an die Spu­ren der Nach­zeit, die sich bereits in ihrem Gesicht abzeich­ne­ten, und auch dar­an, dass ich hef­tig erschro­cken war, in die Küche stürm­te und zwei Glä­ser Was­ser trank. Als ich nun vor eini­ger Zeit den Namen Mari­lyn Mon­roes in die Bild­such­ab­tei­lung der Goo­gle­ma­schi­ne tipp­te, erschien genau die­ses Bild an ers­ter Stelle.
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