Aus der Wörtersammlung: still

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south ferry : ein mann

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del­ta : 0.32 — Im Was­ser das Wüh­len der Schrau­ben, die sich der Fahrt des Schif­fes ent­ge­gen­stem­men. Dann Ruhe, Stil­le, eine aus­at­men­de Bewe­gung, indem sich die Fäh­re dem Lan­de nähert, glei­ten­de Fahrt. Fang­ar­men einer Got­tes­an­be­te­rin ähn­lich lau­ern Gang­ways in den Schat­ten der Hafen­ter­mi­nals. Ein Matro­se steht dort, sehr gefähr­lich, hoch über schäu­men­dem Was­ser. Es ist das letz­te Schiff sei­ner Schicht, drei­ßig Fäh­ren hat er an die­sem Tag schon in der Annä­he­rung gese­hen. Am Bug ste­hen Men­schen, sie wer­den grö­ßer, er kann Gesich­ter erken­nen, ihren Atem in der kal­ten Luft. Man­che foto­gra­fie­ren. Ande­re ver­su­chen in der Men­ge einen Platz zu errei­chen, von dem aus sie unver­züg­lich los­lau­fen wer­den, ein klei­ner Vor­sprung, ein oder zwei Minu­ten Zeit. Das Schiff kommt von der Sei­te her, von rechts, es schrammt an schwe­ren Holz­pfäh­len ent­lang, sie geben nach unter dem Gewicht des mäch­ti­gen Kör­pers, ein Äch­zen, die rei­sen­den Men­schen suchen Halt in die­ser Sekun­de, dann, in einer sanf­ten Bewe­gung dreht sich das Schiff, kommt näher, schmiegt sich an, so dass kei­ne Hand, nicht die kleins­te, zwi­schen Schiff und Steg gelegt wer­den könn­te. Das ist der Moment, da der war­ten­de Mann den Weg in die Stadt frei­ge­ben, das ist der Moment, da er den war­men Geruch der Men­schen wahr­neh­men kann. Ein Tier kommt auf ihn zu, es ist eine Schlan­ge, die drei oder vier Minu­ten sei­ner Zeit an ihm vor­über­zie­hen wird. Gera­de war sie noch schweig­sam, jetzt spricht sie, sie spricht an ihrem Kopf und auch von ihren Sei­ten her. Und da ist ein offe­ner Blick, den der Mann viel­leicht wahr­neh­men kann, mein Blick, ein Blick, der sich um ihn küm­mert, der sich auf den Land­ma­tro­sen vor­be­rei­tet hat­te, der ein­sam­meln will, jede ein­zel­ne sei­ner Bewe­gun­gen, um sie spä­ter ein­mal wie­der­ho­len zu kön­nen. — stop

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chelsea : ein stunde

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echo : 0.28 — In der 22. Stra­ße West exis­tiert ein klei­ner Laden für Lam­pi­ons und ande­re papie­re­ne Licht­be­häl­ter. Wenn man den Laden betritt, meint man sofort, sich selbst in einem Lam­pi­on zu befin­den, weil Wän­de, wie sie in Häu­sern üblich sind, dort nicht zu exis­tie­ren schei­nen, nur Licht und eben Papie­re in allen erdenk­li­chen For­men. Ein Ort von Stil­le, die Luft duf­tet feinst nach der Wär­me tau­sen­der Lam­pen, die im Inne­ren der Lam­pi­ons sta­tio­nie­ren. Men­schen sind zunächst nicht zu sehen, weil sich jene Men­schen, die zum Laden gehö­ren, weder bewe­gen noch sich über Spra­che äußern, viel­leicht des­halb, weil sie in den Laden ein­tre­ten­de Men­schen nicht stö­ren wol­len im Bestau­nen leuch­ten­der Kro­ko­di­le, Schwert­fi­sche, Zep­pe­li­ne. Es ist nun tat­säch­lich mög­lich, die­se ver­bor­ge­nen Per­so­nen in Bewe­gung zu ver­set­zen, in dem man sie bemerkt, sagen wir, mit einem Blick berührt. Genau in die­sem Moment einer Berüh­rung tre­ten sie aus dem Licht her­aus in den Raum, eine zier­li­che Frau und ein zier­li­cher Mann, sie wer­den ver­mut­lich schon sehr lan­ge Zeit ver­hei­ra­tet sein, so wie sie sich beneh­men, glück­li­che, freund­li­che Men­schen. Alle ihre Waren im Übri­gen beschrif­ten sie noch von Hand, zwei Mon­de von blau­er Far­be zu je 1 Dol­lar 48 Cent. Im Schau­fens­ter fin­det sich fol­gen­des Schild: Täg­lich von Mon­tag bis Sonn­tag 25 Stun­den geöff­net. — stop

ping

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manhattan midtown — käfer der stille

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echo : 0.18 — Wie vie­le Cent wür­den Käfer kos­ten, die sich in mei­ne Ohren schmie­gen und von der Stil­le sum­mend erzäh­len? In wel­cher Art Woh­nung hau­sen Käfer, die von der Stil­le erzäh­len? Was und wie viel wür­den sie fres­sen? Sind Orte bekannt, da ihre Lieb­lings­spei­sen zur Abho­lung lagern? Leben Käfer der Stil­le für sich oder leben sie in Grup­pen? All die­se Fra­gen! All die­se Fra­gen! — Ich habe ein klei­nes Loch in den Zei­ge­fin­ger­strumpf mei­nes rech­ten Hand­schuhs fabri­ziert, um in der Käl­te mei­ne iPad-Schreib­ma­schi­ne bedie­nen zu kön­nen. Aber es ist warm gewor­den in New York. 15 °C. Regen. Alles dampft. Auf den Dächern der Häu­ser schnur­ren die Tur­bi­nen. — stop

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manhattan : atome

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tan­go : 1.56 — Ich hat­te in einem Café nahe Times Squa­re ein elek­tro­ni­sches Ton­band­ge­rät aus der Man­tel­ta­sche gezo­gen und rich­te­te es auf ein Fens­ter, um den Tumult mensch­li­cher Stim­men, Sire­nen, Luft­pum­pen und wei­te­rer unbe­stimm­ba­rer Geräu­sche auf­zu­neh­men. Ein jun­ger Mann, der neben mir vor sei­nem Note­book saß, beob­ach­te­te mich eine Wei­le auf­merk­sam. Plötz­lich lacht er: Das ist New York. Ver­rückt, nicht wahr? Ob ich in die­ser Stadt öffent­lich zugäng­li­che Orte von Stil­le fin­den könn­te, woll­te ich wis­sen. Gibt es nicht, ant­wor­te­te der Mann. Es wür­den jedoch Orte exis­tie­ren, die bei­na­he still sind. Dort aber hörst Du Geis­ter! — Sonn­tag. Minus 5° Cel­si­us. Lässt sich viel­leicht errech­nen, aus wie vie­len Ato­men die Stadt New York sich fügt? Wie vie­le Ato­me wer­den die Stadt täg­lich ver­las­sen, wie vie­le Ato­me ein­rei­sen in unse­re Rech­nung? Sub­way 28. Stra­ße war­te­te ein Mann kurz nach Mit­ter­nacht mit Angel­ru­te in hüft­ho­hen Fischer­stie­feln auf dem Bahn­steig. — stop

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sonar

ping

ping

sier­ra : 11.28 — Im Den­ken von Zeit zu Zeit laut und deut­lich aus­ge­spro­che­ne Wör­ter: Das ist unglaub­lich, nein, fan­gen wir noch ein­mal von vorn an, was habe ich zunächst gedacht? — Hör­ba­re Sät­ze. Atol­le. — Ich über­leg­te, wie viel Zeit von einem Gedan­ken zum nächs­ten Gedan­ken ver­geht, und was in die­ser Zeit, die ich ohne einen Gedan­ken zu ver­brin­gen mei­ne, eigent­lich geschieht. Ein selt­sa­mes Gefühl, die Vor­stel­lung der Gedan­ken­stil­le. Eine Besich­ti­gung der Luft. War­ten. Lau­schen. — stop

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körpergeräusch

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echo : 18.25 — Hat­te gera­de noch von einem schnar­ren­den Geräusch erzählt, das mei­nem Arm ent­kommt, sobald ich ihn hori­zon­tal bewe­ge, um zur Geschmei­dig­keit zu über­re­den. Ein Ras­peln, das ich spü­re und höre zur sel­ben Zeit. Ich leg­te den Tele­fon­hö­rer zur Sei­te. Genau in die­sem Moment war das Geräusch, von dem ich einem weit ent­fern­ten Men­schen berich­tet hat­te, wie­der im Raum gewe­sen, als ob es sich behaup­ten woll­te, bewei­sen, bestä­ti­gen, dass es tat­säch­lich exis­tiert. Ich über­leg­te, ob das Schnar­ren in mei­nem Arm vor­über­ge­hen­der Natur oder doch eher dau­er­haft sein könn­te, sagen wir, für immer, zeit mei­nes Lebens ein Ras­peln, ein Knar­zen, sehr lei­se, eigent­lich nur hör­bar in der Stil­le bei Bewe­gung. Sturm vor den Fens­tern. Regen knis­tert an den Schei­ben. Ich ent­de­cke in die­sen Minu­ten, dass ich Geräu­sche, die in mei­nem Kör­per unter der Haut sich ereig­nen, auch dann zu hören ver­mag, wenn ich sie nicht hören kann, weil sie zu lei­se sind in einer Regen­wind­um­ge­bung. Es knirscht die Erin­ne­rung an ein Geräusch, oder ich höre, – das ist denk­bar -, das Geräusch durch mei­nen Kör­per wan­dern. — stop

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eine fliege

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india : 6.28 — Eine Flie­ge war unlängst aus gro­ßer Höhe abge­stürzt und vor mir auf den Tisch gefal­len. Die Vor­stel­lung zunächst, das Tier könn­te, noch im Flug befind­lich, aus dem Leben geschie­den sein, dann aber war Bewe­gung im lie­gen­den Kör­per zu erken­nen, zwei der vor­de­ren Flie­gen­bein­chen beweg­ten sich bebend, bald zuck­ten zwei Flü­gel. Die Flie­ge schien benom­men, aber nicht tot gewe­sen zu sein, wes­we­gen sie bald dar­auf erwach­te, eine äußerst schnel­le Bewe­gung und schon hat­te die Flie­ge auf ihren Bei­nen Platz genom­men, das heißt genau­er, auf Fün­fen ihrer sechs Bei­ne Platz genom­men, das lin­ke hin­te­re Bein streck­te die Flie­ge steif von sich. Kei­ne Bewe­gung der Flucht in die­sem Zeit­raum mei­ner Beob­ach­tung. Auch dann, als ich mich mit dem Kopf näher­te, kei­ne Anzei­chen von Beun­ru­hi­gung. Die Flie­ge schien mit sich selbst beschäf­tigt zu sein, tas­te­te mit einem ihrer Hin­ter­bein­chen nach der gestreck­ten Extre­mi­tät, die ver­letzt zu sein schien, gebro­chen, viel­leicht oder gestaucht. Natür­lich stell­te sich sofort die Fra­ge, ob es mög­lich ist, das Bein einer Flie­ge medi­zi­nisch erfolg­reich zu ver­sor­gen, Bewe­gungs­still­stand zu errei­chen, sagen wir, um eine Ope­ra­ti­on zum Bei­spiel, die drin­gend gebo­ten sein könn­te, vor­zu­be­rei­ten. Ich mach­te ein paar Noti­zen von eige­ner Hand, ich notier­te in etwa so: For­schen nach Mikro­skop, Pin­zet­ten, Skal­pel­len, ana­to­mi­schen Auf­zeich­nun­gen, Schrau­ben, Nar­ko­ti­ka und Ver­bands­ma­te­ria­li­en für Ope­ra­ti­on an geöff­ne­ter Cal­li­pho­ra vici­na. Nein, fan­gen wir noch ein­mal von vor­ne an. Unlängst. Eine Flie­ge. — stop
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zehnstreifenleichtfuß

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hima­la­ya : 7.32 — Ein Licht­bild auf einem Tisch. Die Auf­nah­me zeigt das Inne­re mei­nes Armes. Es ist zunächst nicht ein­fach, in den dar­ge­stell­ten Kno­chen­struk­tu­ren, mei­ne eige­nen Struk­tu­ren zu erken­nen. Ich weiß, das bin ich, aber ich sehe mich nicht. Das, was ich sehe, habe ich immer schon mit mir geführt, und trotz­dem betrach­te ich unbe­kann­tes Gebiet. Die­se klei­ne Schrau­be hier, sie leuch­tet, ich kann ihr Gewin­de erken­nen, ist jetzt mei­ne Schrau­be. Im abge­dun­kel­ten Rönt­gen­raum arbei­tet eine Frau, die mei­nen Arm auf den Tisch bet­tet, sodass er prä­zi­se auf der Foto­plat­te zu lie­gen kommt. Ich sol­le ganz still sit­zen, sagt sie, wes­we­gen ich die Luft anhal­te und mei­ne Augen weit öff­ne, weil ich nach­schau­en will, ob ich nicht doch vom radio­lo­gi­schen Licht einen Schim­mer wahr­neh­men kann. Eine Sekun­de Atem­stil­le. Und noch eine Sekun­de Atem­stil­le. Ein Sum­men hin­ter Blei­glas­fens­tern. — Ich hat­te die Exis­tenz der Zehn­strei­fen-Leicht­fuß-Käfer ver­ges­sen. — stop
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alpenregen

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echo

~ : oe som
to : louis
sub­ject : ALPENREGEN
date : okt 31 11 10.52 p.m.

Bes­ten Dank, lie­ber Lou­is, für das fei­ne Ton­ma­te­ri­al, das Du uns gesen­det hast. Wir haben Dei­ne Alpen­re­gen­ge­räu­sche am ver­gan­ge­nen Don­ners­tag zu Noe in die Tie­fe über­mit­telt. Gro­ße Freu­de! Gleich­wohl sehnt Noe sich nach wie vor eine Uhr her­bei, die wir ihm lei­der nicht gewäh­ren kön­nen. Es ist nun fol­gen­des gesche­hen. Noe press­te, viel­leicht zunächst ohne einen Vor­satz, sei­ne rech­te Hand gegen die Innen­sei­te sei­nes Tau­cher­an­zu­ges und konn­te in die­ser Wei­se Pul­se erspü­ren. Von die­sem Moment an zähl­te Noe die Schlä­ge sei­nes Her­zens, er zähl­te bis er die Zahl 70 erreich­te, eine Minu­te Zeit, seit zwei Tagen immer­zu der­sel­be Pro­zess der Zäh­lung mit lau­ter Stim­me, eine Demons­tra­ti­on sei­ner Wil­lens­stär­ke, die uns nach und nach unheim­lich wird, Noe, eine Uhr, auch schla­fend, däm­mernd, träu­mend, eine Uhr, ver­dammt, ich war mehr­fach ver­sucht gewe­sen, Noes Mikro­phon aus­zu­schal­ten, Ruhe an Bord, eine Gewalt­tat, die Bewe­gung eines klei­nen Fin­gers nur, Stil­le, und doch nicht Stil­le, weil ich die Fort­set­zung des Zäh­lens in der Tie­fe anneh­men müss­te, ein­und­fünf­zig, zwei­und­fünf­zig, drei­und­fünf­zig. Kurz nach 10 Uhr, eis­kal­te Nacht, auf­kom­men­der Wind von Nord­west, wir haben schwe­ren See­gang zu erwar­ten. Dein OE SOM – Ahoi!

gesen­det am
31.10.2011
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ohrlamellenschirm

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pupil­le : 5.08 — 28 Lamel­len, eine kreis­för­mi­ge Ver­samm­lung feins­ter Häu­te, die unbe­merkt eng an mei­nen Gehör­gang­wän­den zu lie­gen gekom­men sind, famo­ses Werk. Und doch kann ich zu die­sem Zeit­punkt noch nicht sagen, dass ganz und gar geglückt ist, was man erdach­te, um den Lärm der Welt aus­zu­schlie­ßen, eine Schirm­ver­schluss­kon­struk­ti­on, Adap­ti­on, durch­blu­tet, einer Blen­de, ers­ter Ver­such, ers­te Ver­hand­lung. Da war ein ange­neh­mes Zie­hen heu­te Nacht gegen zwei, als sich die Schir­me in mei­nen Ohren schlos­sen. Es ist still jetzt, unver­gleich­bar stil­ler als sonst, nichts als mei­ne Kno­chen­räu­me pochen. Nein, nein, ich kann zu die­ser Stun­de nicht wirk­lich sagen, dass ganz und gar geglückt ist, was man erdach­te. Noch wird das Alles mit­tels mei­ner Augen gesteu­ert. Die­ser klei­ne Text zum Mor­gen wur­de von einem zeit­wei­se Blin­den geschrie­ben. — stop



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