Aus der Wörtersammlung: lage

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sarajevo

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char­lie : 17.15 UTC — Ich erin­ne­re mich an einen jun­gen Mann, mit dem ich ein­mal vor sechs Jah­ren eine selt­sa­me Geschich­te erleb­te. Wenn sie mir damals jemand ande­res als ich selbst erzählt haben wür­de, hät­te ich sie viel­leicht nicht geglaubt. Die Geschich­te beginnt damit, dass ich in einem Café sit­ze und auf einen jun­gen Mann war­te, der mir etwas erzäh­len will. Ich bin früh­zei­tig gekom­men, bestel­le einen Cap­puc­ci­no und schal­te mein klei­nes Hand­ki­no an, beob­ach­te eine Doku­men­ta­ti­on der Arbeit Maceo Par­kers in New York, mit­rei­ßen­de Musik, gera­de eben umarmt die Sän­ge­rin Kym Mazel­le den Posau­nis­ten Fred Wes­ley, als der jun­ge Mann, den ich erwar­te­te, plötz­lich neben mir sitzt. Er schaut wie ich auf den klei­nen Bild­schirm. Sofort kom­men wir ins Gespräch. Ich fra­ge ihn, wel­che Musik er gehört habe, als Kind in der bela­ger­ten Stadt Sara­je­vo. Jeden­falls nicht sol­che Musik, ant­wor­tet er, und lacht, no Funk, wir hat­ten kei­nen Strom. Avi ist heu­te Anfang drei­ßig, und dass er noch lebt, ist ein Wun­der. Tat­säch­lich steht ihm jetzt Schweiß auf der Stirn, wie immer, wenn er von der Stadt Sara­je­vo erzählt. Ein­mal frag­te ich ihn, was er emp­fun­den habe, als er von Rado­van Kara­džićs Ver­haf­tung hör­te. Anstatt zu ant­wor­ten, perl­te in Sekun­den­schnel­le Schweiß von Avis Stirn. Heu­te beginnt er schon zu schwit­zen, ehe er über­haupt zu erzäh­len beginnt, weil er weiß, dass er gleich wie­der berich­ten wird von den Stra­ßen sei­ner Hei­mat­stadt, die nicht mehr pas­sier­bar waren, weil Scharf­schüt­zen sie ins Visier genom­men hat­ten. Man schleu­der­te Papie­re, Ziga­ret­ten, Bro­te, Was­ser­fla­schen in Kör­ben von einer Sei­te der Stra­ße zu ande­ren. Die­se Kör­be wur­den nicht beschos­sen, aber sobald ein Mensch auch nur eine Hand aus der Deckung hielt, ja, aber dann. Avi war ein klei­ner Jun­ge. Er war so klein, dass er nicht ver­ste­hen konn­te, was mit ihm und um ihn her­um geschah, auch dass ein Holz­split­ter sein lin­kes Auge so schwer ver­letz­te, dass er jetzt ein Glas­au­ge tra­gen muss, das so gut gestal­tet ist, dass man schon genau hin­se­hen muss, um sein künst­li­ches Wesen zu erken­nen. Er sagt, er könn­te, wenn ich möch­te, das Auge für mich her­aus­neh­men. Aber das will ich nicht. Ich erzäh­le ihm, dass ich damals, als er klein gewe­sen war, jeden Abend Bil­der aus Sara­je­vo im Fern­se­hen beob­ach­tet habe. Was das für Bil­der gewe­sen sei­en, will Avi wis­sen. Ich sage: Das waren Bil­der, die ren­nen­de Men­schen zeig­ten. Avi schwitzt. Und er lacht: Das Fern­se­hen kann nicht gezeigt haben, was geschah, weil es immer schnell und über­all pas­sier­te. Und die­se Geräu­sche. Plötz­lich nimmt der jun­ge Mann mein klei­nes Kino in die Hand zurück, setzt sich die Kopf­hö­rer in sei­ne Ohren ein, hört Maceo Par­ker, Kim Macel­le, Fred Wes­ley, Pee Wee Ellis, nickt im Rhyth­mus der Musik mit dem Kopf. Ein Wis­pern. — stop

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nahe aleppo

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echo : 21.11 UTC — Der Wagen schau­kel­te vor sich hin wie ein Schiff im Sturm auf hoher See. Das war gewe­sen, als Mut­ter ver­such­te, im Lauf­schritt eine Stra­ße zu über­que­ren. Auch der Him­mel schau­kel­te und das höl­zer­ne Spiel, das vor mei­nen Augen ange­bracht wor­den war, damit ich das Grei­fen und Fan­gen übte. Kaum hat­ten wir die Stra­ße über­quert, sor­tier­te ich mein Bett im Wagen, mei­ne Ras­sel, mei­nen Ted­dy­bä­ren, mei­ne Hand­schu­he und Decke. Ein Win­ter­bild. Auch immer wie­der Gesich­ter, die näher kamen, um in mein schau­keln­des Zim­mer zu spä­hen. Und Hän­de, die mich neck­ten, frem­de Fin­ger. Manch­mal schlief ich ein, weil ich mich gut und sicher fühl­te. Ich war viel­leicht zwei Jah­re alt. Eine Foto­gra­fie exis­tiert vom Kin­der­wa­gen und mir, eine Hand, ich erin­ne­re mich, ist zu sehen, die aus dem Ver­deck greift, das sich über mei­nem Köpf­chen wölb­te, als woll­te sie etwas fan­gen in der Luft oder die Luft selbst. — Vor weni­gen Minu­ten noch habe ich beweg­te Bil­der von Kin­dern gese­hen, die nahe Alep­po blu­tend in einem Kran­ken­haus auf einer Bah­re ruh­ten. Die Kin­der wein­ten nicht. Ihre Arme und Hän­de ohne Bewe­gung, aber ihre Augen. Sie waren nah auf dem Bild­schirm mei­ner Fern­seh­ma­schi­ne. Ich hör­te kla­gen­de Stim­men aus dem Off, von dort, wohin mein Bild­schirm nicht reich­te. – stop
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ai : SRI LANKA

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MENSCH IN GEFAHR: „Der Schrift­stel­ler Shakt­hi­ka Sath­ku­ma­ra wur­de am 1. April 2019 fest­ge­nom­men, als er auf einer Poli­zei­wa­che erschien, um eine Aus­sa­ge zu einer Beschwer­de zu machen, die bud­dhis­ti­sche Mön­che hin­sicht­lich sei­ner Kurz­ge­schich­te ein­ge­reicht hat­ten. Er wur­de unter Para­graf 3(1) des IPb­pR-Geset­zes und Para­graf 291(B) des sri­lan­ki­schen Straf­ge­setz­buchs ange­klagt. Die­se Para­gra­fen las­sen eine Frei­las­sung gegen Kau­ti­on sei­tens regu­lä­rer Amts­ge­rich­te nicht zu. Des­halb befand sich Shakt­hi­ka Sath­ku­ma­ra fast vier Mona­te lang in Haft. Sei­ne nächs­te Anhö­rung soll am 30. Sep­tem­ber vor dem Obers­ten Gerichts­hof statt­fin­den. / Shakt­hi­ka Sath­ku­ma­ras lite­ra­ri­sche Arbeit ist von meh­re­ren Orga­ni­sa­tio­nen, dar­un­ter auch dem Minis­te­ri­um für kul­tu­rel­le Ange­le­gen­hei­ten und der Kul­tur­ab­tei­lung des Minis­ter­prä­si­den­ten der Nord­west­pro­vinz, für Aus­zeich­nun­gen vor­ge­schla­gen wor­den. Para­graf 3(1) des IPb­pR-Geset­zes und Para­graf 291 des Straf­ge­setz­buchs kri­mi­na­li­sie­ren das Pro­pa­gie­ren von ras­sis­ti­schem und reli­giö­sem Hass, der Dis­kri­mi­nie­rung, Feind­se­lig­keit und Gewalt schürt./ Die Fest­nah­me von Shakt­hi­ka Sath­ku­ma­ra ist Teil einer beun­ru­hi­gen­den Ten­denz, das IPb­pR-Gesetz dazu zu nut­zen, fried­li­chen Aktivist_innen und Autor_innen in Sri Lan­ka die Rech­te auf freie Mei­nungs­äu­ße­rung und Gedanken‑, Gewis­sens- und Reli­gi­ons­frei­heit abzu­spre­chen. Die­se Rech­te sind jedoch im Inter­na­tio­na­len Pakt über bür­ger­li­che und poli­ti­sche Rech­te fest­ge­schrie­ben. Im Mai 2019 wur­de eine Frau namens M. R. Mazahi­ma unter dem IPb­pR-Gesetz fest­ge­nom­men, weil sie eine Blu­se mit dem Auf­druck eines Schiffsteu­er­ra­des getra­gen hat­te. Als Begrün­dung wur­de von den anzei­gen­den Per­so­nen fälsch­li­cher­wei­se ange­ge­ben, dass dies ein bud­dhis­ti­sches Sym­bol sei. Sie wur­de mehr als drei Wochen lang in Gewahr­sam gehal­ten, bis ihr end­lich Kau­ti­on gewährt wur­de. Im Juni 2019 wur­de dem Kolum­nis­ten Kusal Perera unter dem IPb­pR-Gesetz mit der Fest­nah­me gedroht, weil er über den zuneh­men­den extre­mis­ti­schen Sin­ha­la-Bud­dhis­mus in Sri Lan­ka geschrie­ben hat­te. / Der will­kür­li­che Ein­satz des IPb­pR-Geset­zes – das Men­schen­rech­te schüt­zen und nicht gegen sie ver­sto­ßen soll – hat zu einem schwie­ri­gen Kli­ma im Land geführt. In Sri Lan­ka reagie­ren die Behör­den extrem sen­si­bel auf ver­meint­li­che Ver­un­glimp­fun­gen des Bud­dhis­mus und wer­den direkt von bestimm­ten Grup­pen bud­dhis­ti­scher Mön­che beein­flusst, die die Fest­nah­me und Straf­ver­fol­gung von Per­so­nen ver­lan­gen, von der sie mei­nen, dass sie die Reli­gi­on ver­un­glimpft haben./ Gemäß dem IPb­pR, an des­sen Umset­zung Sri Lan­ka gebun­den ist, darf das Recht auf freie Mei­nungs­äu­ße­rung und die Gedanken‑, Gewis­sens- und Reli­gi­ons­frei­heit nur in einem engen, klar defi­nier­ten Rah­men ein­ge­schränkt wer­den. Ein­schrän­kun­gen die­ser Rech­te sind nur dann zuläs­sig, wenn sie nötig sind, um die Rech­te und Frei­hei­ten ande­rer oder bestimm­te öffent­li­che Inter­es­sen (wie z. B. die natio­na­le bzw. öffent­li­che Sicher­heit, die öffent­li­che Ord­nung oder die öffent­li­che Gesund­heit oder Moral) zu schüt­zen, und wenn sie für die­sen Zweck nach­weis­bar not­wen­dig sind. Indi­rek­te oder direk­te Kri­tik an einer Reli­gi­on oder einem Glau­bens­sys­tem darf nicht als Volks­ver­het­zung kri­mi­na­li­siert wer­den.“ - Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen sowie emp­foh­le­ne schrift­li­che Aktio­nen bis spä­tes­tens zum 17.10.2019 unter > ai : urgent action
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vom warten

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hima­la­ya : 12.22 UTC — Da sind Men­schen, die in einem Kon­troll­zen­trum Bild­schir­me beob­ach­ten. Sie haben sich ver­sam­melt, gemein­sam die Lan­dung einer Mars­son­de zu erle­ben. Was gera­de geschieht, in gro­ßer Ent­fer­nung, ist der­art span­nend, dass sie alle ganz still sind. Sie ste­hen oder sit­zen und betrach­ten also Bild­schir­me, auf wel­chen nichts zu sehen ist, als Zah­len­rei­hen, die sie ver­mut­lich zu lesen in der Lage sind, als wären sie Wör­ter, wel­che eine Geschich­te erzäh­len, die in die­sem Augen­blick der Beob­ach­tung ver­mut­lich längst schon voll­endet ist. Black­out expec­ted, sagt eine Stim­me. — stop
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von blüten

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lima : 15.01 UTC — Vor der Ver­kün­dung des Urteils hat sich das Gericht vor­nehm zurück­ge­zo­gen. Der Ange­klag­te sitzt auf sei­nem Platz und war­tet. Links und rechts etwas erhöht haben sich auch sei­ne Ver­tei­di­ger, zwei ange­se­he­ne Anwäl­te der Stadt, von ihren Plät­zen nicht erho­ben, man rech­net mit einer raschen Ent­schei­dung. So auch der Staats­an­walt, ein jün­ge­rer Herr, nicht ein­mal sei­ne Robe hat er abge­legt, wäh­rend­des­sen er den Ange­klag­ten glei­chen Alters in einer vor­sich­ti­gen Art und Wei­se betrach­tet, als sei er sich nicht sicher, mit sei­nem Plä­doy­er eine aus­rei­chen­de Begrün­dung für die hohe Stra­fe dar­ge­legt zu haben, die er zuletzt über den Ange­stell­ten der städ­ti­schen Biblio­the­ken zu wer­fen for­der­te. Genau so hat­te er noch gespro­chen, wer­fen, nicht ver­hän­gen sol­le man eine Stra­fe über die­sen Mann, der sich hier im Saa­le höchst unauf­fäl­lig benom­men hat­te. Wann hat­te er die ers­te Blu­me frei­ge­las­sen, wann den ers­ten Samen aus­ge­streut? War es ihm denn nicht in den Sinn gekom­men, dass er unrecht han­del­te, als er mit Vor­satz ver­such­te Urwald in der Stadt aus­zu­set­zen? Ja, wie konn­te er denn glau­ben, dass man ihn ohne Stra­fe davon kom­men las­sen wür­de, nach­dem sei­ne Laren­tiae Sinen­si­os vor dem Opern­haus das Pflas­ter spreng­ten, nach­dem man im schöns­ten der zen­tra­len Parks gera­de noch ver­hin­dern konn­te, dass der gold­ro­te Samen­staub der Lobe­lia Frasen­sis sich des Pal­men­hau­ses bemäch­tig­te? Ja wie konn­te er gestat­ten, dass man ihn rühm­te als einen guten Men­schen, da doch die von ihm vor­nehm­lich unter der Stra­ßen­bahn­fahrt in die Luft gepu­der­ten Kost­bar­kei­ten der Nemuso Lasas­tro in den Lun­gen der städ­ti­schen Bür­ger wun­der­sa­me Blü­ten zu trei­ben began­nen? Man hat­te lan­ge Zeit Mühe, sie in ihrem Wachs­tum zu begren­zen. Das Wun­der ihrer feu­er­ro­ten Kel­che drang aus den Grä­bern derer, die an den Blü­ten erstick­ten. Dort, unter den Ulmen und Kas­ta­ni­en­bäu­men, kämpf­ten die Gärt­ner einen unglei­chen Kampf, wie ihre Brü­der und Schwes­tern in den Hän­gen­den Gär­ten der glä­ser­nen Ban­ken­tür­me, die ver­geb­lich ver­such­ten, die Tar­a­xa­ca des gefrä­ßi­gen Schä­fer­korb­baums aus ihren Häu­sern zu kämp­fen. Mor­gens, wenn die herr­li­che Okto­ber­son­ne von Osten her in die rie­si­gen Atri­ien schien, sah man wohl­ge­form­ten Fall­schir­me die­ser frucht­bars­ten Pflan­zen­ge­schöp­fe in den künst­li­chen Win­den des Gebäu­des auf und nie­der­ge­hen. Es war dies die Stun­de, da man sich geschla­gen gab, um dann doch wie­der aus­zu­schwär­men, um den Not­ru­fen zu fol­gen, die von ver­zwei­fel­te Ange­stell­ten aus ihren Büros abge­setzt wor­den waren. Der jun­ge Staats­an­walt sieht durch das küh­le Licht des Saa­les zu dem Ange­klag­ten hin­über, und ein Schau­er über­läuft ihn bei dem Gedan­ken, dass gera­de jene von der Stadt bezahl­ten Stun­den des Stu­di­ums es den Biblio­the­ka­ren ermög­lich­ten, in den bio­lo­gi­schen Samm­lun­gen und Archi­ven nach den Gie­rigs­ten unter den Blu­men die­ser Welt zu for­schen. Er sieht die­sen beschei­de­nen Herrn an einem behörd­li­chen Schreib­tisch sit­zen, einem höl­zer­nen, wie er die Fächer sei­ner leder­nen Tasche mit Samen muni­tio­niert. Und dann sieht er ihn spa­zie­ren, da dort lächelnd eine Dosis Blü­ten­sa­men auf den Boden wer­fend, sodass schon bald dar­auf im Wech­sel der Duft von Kamil­le, der Duft der blau­en Anden­hya­zin­ten vom Schot­ter der Stra­ßen­bahn­ge­lei­se auf­zu­stei­gen begann. Aus der Regen­rin­ne des Poli­zei­prä­si­di­ums wuchert noch heu­te eine Com­mel­ine Cest­re him­mel­hoch über Radio­an­ten­nen hin­aus, das Bers­ten ihrer Nüs­se im Okto­ber ist noch über hun­der­te Metern hin deut­lich zu hören, es sind Schüs­se, es ist die reins­te Gefahr, die dort über den Dächern der Stadt auf den Win­ter lau­ert. Da sit­zen sie nun, ein jun­ger Herr, ein Samen­wer­fer und ein jun­ger Staats­an­walt, und war­ten auf das Urteil, das eine gerech­te Stra­fe aus­spre­chen möge. — stop

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“Hi!” — “Hi!”

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romeo : 0.33 UTC — War Zeu­ge einer Begeg­nung zwei­er Algo­rith­men bei mir Zuhau­se auf einem Bild­schirm, der sich teil­te, und zwar in der Mit­te. In rasen­der Geschwin­dig­keit wur­den dort Zah­len­ket­ten erzeugt. Nach drei oder vier Minu­ten stopp­te die Zah­len­pro­duk­ti­on in der lin­ken Spal­te. Nach weni­gen wei­te­ren Sekun­den erschien die Zei­chen­fol­ge: Hi! Kurz dar­auf stopp­te auch in der rech­ten Spal­te die Zah­len­pro­duk­ti­on, wie­der­um für weni­ge Sekun­den Stil­le oder Lee­re. Dann erschien auch hier die Zei­chen­fol­ge: Hi! Ich war gerührt, man stel­le sich das ein­mal vor, Algo­rith­men, die sich zur Begrü­ßung einer Spra­che bedien­ten, die ich zu lesen, in der Lage gewe­sen war. — stop
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im park

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nord­pol : 0.18 UTC — Es war ein war­mer Regen­tag, den ich unter dem Schirm spa­zie­rend im Pal­men­gar­ten ver­brach­te. Ich ging Stun­de um Stun­de im Kreis, mit einem wun­der­ba­ren Gefühl dahin, etwas Neu­es zu erle­ben. Der Schirm näm­lich war ein beson­de­rer Regen­schirm, ich trug ihn zur Pro­be, es war ein Schirm, der über eine wei­te­re fei­ne Haut ver­füg­te, die das eigent­li­che schüt­zen­de Gewe­be wie eine zwei­te Haut bespann­te. Die­se Haut war nun in der Lage, die Zahl der Trop­fen, die auf die Ober­flä­che des Schir­mes tra­fen, zu zäh­len, indes­sen win­zi­ge Kame­ra­au­gen die Bewe­gun­gen mei­nes Kör­pers beob­ach­te­ten, der sich exakt wie der Kör­per eines Spa­zier­gän­gers ver­hielt. Sie saßen in der Kro­ne des Regen­schirms fest, und ich den­ke, es ent­ging ihnen nichts, sodass ein quan­ten­me­cha­ni­scher Algo­rith­mus in Bruch­tei­len von Sekun­den zu ent­schei­den ver­moch­te, wie vie­le Regen­trop­fen mei­nen spa­zie­ren­den Kör­per getrof­fen hät­ten, wenn ich nicht beschirmt unter­wegs gewe­sen wäre. Gegen acht Uhr abends hör­te es auf zu reg­nen und ich ging nach Hau­se, um in der digi­ta­len Sphä­re nach Algo­rith­men des Sor­tie­rens zu suchen. Fol­gen­de Bezeich­nun­gen wur­den sofort gefun­den: bina­ry tree sort, bogo­s­ort, bubble­sort, buckets­ort, comb­s­ort, coun­tings­ort, gno­me­s­ort, heap­sort, hybrid­sort, inser­ti­ons­ort, intro­sort, mer­ge inser­ti­on, mer­ge­sort, quick­s­ort, radix­sort, sel­ec­tions­ort, shakers­ort, shells­ort, slow­sort, smooth­s­ort, stoo­ge­sort, swap-sort, tim­sort. Nichts wei­ter. — stop

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palmenhaus süd

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gink­go : 15.01 UTC — Im Wüs­ten­haus das fei­ne Geräusch der Kak­teen, sobald ich ihr Sta­chel­horn mit einem Pin­sel, einem Mika­do­stäb­chen, einem Fin­ger berüh­re. Hell. stop. Federnd. stop. Pro­pel­lernd. stop. Klän­ge, für die in mei­nem suchen­den Wort­ge­hör wei­ter­hin kei­ne eige­ne Zei­chen­fol­ge zu fin­den ist. stop. Die Stil­le beim Durch­blät­tern eines feuch­ten Buches kurz dar­auf in der Man­gro­ven­ab­tei­lung des Pal­men­hau­ses. Ich beob­ach­te­te, dass ich einen Satz­ge­dan­ken, ehe der Gedan­ke zu einem Ende gekom­men ist, in mei­nem Kopf nur dann anzu­hal­ten ver­mag, sobald ich den Gedan­ken Wort für Wort voll­zie­he, also bereits so lang­sam den­ke, dass ich mit­zu­schrei­ben in der Lage bin. stop Man soll, hör­te ich, Kak­te­en­dor­ne als Gram­mo­fon­na­deln ver­wen­det haben. Erstaun­lich! — stop

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radar

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oli­mam­bo : 0.05 UTC — Ich habe eine Bit­te: Wer in der Lage ist, fol­gen­de Zei­chen in einer für mich les­ba­ren Art und Wei­se dar­zu­stel­len, bit­te mel­den! >

! [ W Y à  &  / – U c ! É F Ç  ä  ¬  ‡ O ‘ £ % ø È ¨   < ’ ≥ ∫ z . \  G ‹ — t V Ê … ì è z t O ˇ í  ß _ “ \ ˛ m  ˚ t ÿ Ì “ Î ! = M ? • { ü ø Y § Î 7 i Q ˛ Ω π  À < Ø  . v › π Å ã y ∫ X — 7 i ª € ß ≈ r µ à  ö — — l ’ f 3 ¢ y  ≥ ø à ˝ ¸ Ò ” ˇ … ¯ Æ_ • ˚ W i ±µ o ∑ i ? O ã’ ” ] Ω J ˜ Æ Æ 2 ‹ ´ Á È Ô © ˇ Á ù 4 ü — ∫ ~ »  ó ©  } ’ ] »  ©  ˆ ≤ | í Ø æ ∑ K /  ≈ O ¯ Ä A … $ > ’ ] è / ® É c _  { © ?  Q ± C e œ ‘ G ¥ ˛ # ] } ï æ ∏ J è ª ˝ a ∂ Y Ô Ö é ˝ z ù  õ ’ l ∑ fi o  } a Á fi 7 √ Î Î · Á ” Ø œ ^ ¶ ◊ / Ñ Ñ ï ˙ + æ   ˇ w Î m ¶ · fi  ´ E z p Ï  ß { fl  / ü ù ^ º  > æ < æ ~ Ò j 8 Ω ~ q ≠  ’ Ÿ  ” Ê Û ˘ 2 ] ] K D å H  2 O À › Æ ´ à Ï á Î  ƒ £ ´  Ë , ” y 2 ì h . ˜ ≥ Õ n ª ÿ   π ª ç Ç û œ ÷ € ¸ ø ¸ ù } Í ¯ È ¶ X V  V Àï ≈ r … X ˛ ß Ñ ¡ Ÿ ◊ p  «  á  ; ı É F Y b ˚ ° î H ï ∞ #   ∞ í   û í  1 ( g ≥ ≠ F ∏ > T  ; … ∂ ”  P l p ¸ ’ , * Ç ‘ ø   È – X Ó , œ k À B µ Ü « π  — ö ◊ P ˇ ù ô ˘ ± 8 * ú \ fl È T ‚ 4 Ö ë  Ÿ @ @ © ! Ö § ∂ ñ í ¥ ˚ › ! ≠ v  À   Ú  “ ? ≤ ø  ± ø _  ê œ Ï ø  | q k « ◊ K  x ∞    x Ï —  G / ñ ª Ÿ ∫ Î  Ü â 1  _ ê I ˝ √ © – ( e w ] ∫ + K ÿ å Œ  ° ≈ fl I  ∫ ü ò ”  ã K ] é ø * ¬ µ k | Ò É Ç l Í fl  È @ Ä  ’ ! N É  ≈ E V  È r  G ‘ © Ç A . 2 @  > N 8 ˚ ◊ ‚Ä T fl ë ›  ‘ ∏ “÷ Í s À ã fl Õ € ” …  x j ¬ ‘ ı ó & w  M ∞ F _ a l Ç ¥ fl L  ¸ î ± t – 4 & | Ω Ç Ø œ J y â ” b Î √ ≈ T ’ Û z Ω  ’ s »  û À ˆ b ≥ ù Ì R ? ∆ à § p ë Ø ç ’ · ∑ ; “ }  ñ /// — stop

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ai : KOLUMBIEN

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MENSCHEN IN GEFAHR: „In Bojayá im Depart­a­men­to Chocó befin­den sich 7.000 Ange­hö­ri­ge afro-kolum­bia­ni­scher und indi­ge­ner Gemein­schaf­ten in Unión Baquia­za, Egoró­quera, Unión Cui­tí, Play­ita, Meso­po­ta­mia und Car­ri­l­lo im Kreuz­feu­er der Kampf­hand­lun­gen zwi­schen bewaff­ne­ten Grup­pen. Amnes­ty Inter­na­tio­nal betrach­tet die Lage mit Sor­ge und ist der Ansicht, dass die Gefahr mas­sen­haf­ter Tötun­gen und Ver­trei­bun­gen besteht. Im Depart­a­men­to Chocó wur­den in jüngs­ter Zeit meh­re­re Gemein­de-spre­cher_in­nen ermor­det, und die Prä­senz bewaff­ne­ter Grup­pen stellt eine stän­di­ge Bedro­hung für die dor­ti­gen Gemein­schaf­ten dar. Die kolum­bia­ni­schen Behör­den haben bis­her nichts unter­nom­men, um die­se Men­schen zu schüt­zen. / Die meis­ten der betrof­fe­nen Per­so­nen kön­nen sich bereits seit mehr als einem Jahr nicht mehr frei bewe­gen, da sie ver­su­chen, sich vor den Akti­vi­tä­ten der Gue­ril­la­grup­pe Ejérci­to de Libe­r­ación Nacio­nal (Natio­na­le Befrei­ungs­ar­mee) und der para­mi­li­tä­ri­schen Grup­pe Auto­de­fen­sas Gai­ta­ni­s­tas de Colom­bia zu schüt­zen. Die­se haben im ver­gan­ge­nen Jahr Anti­per­so­nen­mi­nen in der Gegend gelegt, Kin­der rekru­tiert, Gemein­de-spre­cher_in­nen getö­tet und gan­ze Gemein­schaf­ten bela­gert. Es gab eini­ge Fäl­le, in denen Ange­hö­ri­ge der Gemein­schaf­ten die Zusam­men­ar­beit der bewaff­ne­ten Grup­pen mit Ange­hö­ri­gen der kolum­bia­ni­schen Armee ange­pran­gert haben. / Amnes­ty Inter­na­tio­nal warn­te in einem 2017 ver­öf­fent­lich­ten Bericht, dass die kolum­bia­ni­sche Regie­rung in die­ser Gegend von Chocó ein Kli­ma der Aus­gren­zung und Ver­nach­läs­si­gung geschaf­fen hat, was die Schutz­be­dürf­tig­keit der dor­ti­gen Gemein­schaf­ten noch wei­ter ver­stärkt. Die Reak­ti­on der Behör­den auf die dor­ti­ge Lage war bis­her alles ande­re als umfas­send und kon­zen­triert sich ledig­lich auf mili­tä­ri­sche Maß­nah­men.“ - Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen sowie emp­foh­le­ne schrift­li­che Aktio­nen bis spä­tes­tens zum 30. Mai 2019 unter > ai : urgent action



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