Aus der Wörtersammlung: weise

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zeichentiere

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ulys­ses : 5.15 — Das suchen­de Ler­nen chi­ne­si­scher Schrift. Wie ich ges­tern in Gewit­ter­stun­den lächelnd beob­ach­tet wur­de, weil ich sag­te: Die Zei­chen Dei­ner Spra­che erin­nern mich an Dar­stel­lun­gen der ana­to­mi­schen Welt, an Ske­let­te, an Wesen, die ich leich­ter Hand erfin­de, um das eine Zei­chen, von dem ande­ren Zei­chen unter­schei­den zu kön­nen. Habe in die­ser Wei­se eine Säbel­zahn­ti­ger­schne­cke in mei­nen Kopf auf­ge­nom­men, einen acht­ar­mi­gen Klam­mer­af­fen, eine Dop­pel­kopf­amei­se. Das For­mu­lie­ren bald gan­zer Sät­ze, jubeln­de Zoo­lo­gie. Guten Mor­gen! — stop

ping

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perugia

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bamako : 0.02 — Ges­tern Nach­mit­tag, bei gro­ßer Hit­ze auf einer Wie­se lie­gend, fünf Zitro­nen­fal­ter beob­ach­tet, die sich höchst merk­wür­dig benah­men. Sie wir­bel­ten nicht, wie üblich, spie­lend und wer­bend umein­an­der her­um, ein Fal­ter viel­mehr flog unter dem ande­ren Fal­ter dahin, als ob sie ein­an­der Schat­ten spen­den woll­ten, eine Flug­schu­le, sagen wir, kunst­voll in die­ser Art und Wei­se. Einen Moment dach­te ich, dass die Son­ne mög­li­cher­wei­se mein Gehirn so weit erwärmt haben könn­te, dass es die Wirk­lich­keit vor mei­nen Augen gestal­te­te, wie es ihm gera­de pass­te. Aber ich hat­te doch einen Hut auf dem Kopf und ich erin­ner­te mich rasch an eine Mel­dung, Segel­fal­ter der Gat­tung Iphicli­des poda­li­ri­us 5 hät­ten sich in einem zen­tra­len Park der Stadt Peru­gia in ähn­li­cher Wei­se ver­hal­ten, und zwar im Herbst, noch nicht lang her. — Wer­de an die­sem Sonn­tag früh mit küh­lem Kopf von der Nacht in den Gar­ten mei­ner Beob­ach­tung zurück­keh­ren und nach­se­hen, ob wir bei Ver­stand geblie­ben sind.
lizzard

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von der hölle von der hoffnung

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tan­go : 1.17 — Ein Freund erzählt von Näch­ten, die er vor 30 Jah­ren in den gefähr­lich gewor­de­nen Stra­ßen und auf den Dächern über der Stadt Isfa­han ver­brach­te. Das Rufen tau­sen­der Stim­men: Allah-o-Akbar. Wir haben das erfun­den, um den Schah zu ver­trei­ben, auch älte­re Men­schen konn­ten sich in die­ser Wei­se bemerk­bar machen. Wir kämpf­ten für Demo­kra­tie, hör­ten BBC, um her­aus­zu­fin­den, ob irgend­je­mand wahr­nimmt, was mit uns geschieht. Kannst Du ver­ste­hen, wie ich mich jetzt füh­le? — Furcht­bar wur­den sie betro­gen, eine Gene­ra­ti­on im Exil. – Kurz nach Mit­ter­nacht. Fereshteh Gha­zi, jun­ge Jour­na­lis­tin, notiert: Tonight, like past nights, the chants of “Allah-o-Akbar” were heard on roof tops of Tehr­an & other cities. Seit Tagen schreibt sie sich die Fin­ger wund. Per­sian­ki­wi aber, des­sen Zei­chen ich vie­le Stun­den lang auf dem Bild­schirm erwar­te­te, ist ver­stummt. Vor­ges­tern noch Zei­len auf Twit­ter fol­gen­de: > just in from Baha­re­stan Sq — situa­ti­on today is ter­ri­ble — they beat the ppls like ani­mals 3:34 PM Jun 24th I see many ppl with bro­ken arms/legs/heads — blood ever­y­whe­re — pep­per gas like war 3:35 PM Jun 24th 
they were wai­ting for us — they all have guns and riot uni­forms — it was like a mou­se trap — ppl being shot like ani­mals 3:53 PM Jun 24th saw 7/8 militia bea­ting one woman with baton on ground — she had no defen­se not­hing — sure that she is dead 3:55 PM Jun 24th so many ppl arres­ted — young & old — they take ppl away — we lose our group 3:59 PM Jun 24th ppl run into alleys and militia stan­ding the­re wai­ting — from 2 sides they attack ppl in midd­le of alleys 4:01 PM Jun 24th all shops was clo­sed — nowhe­re to go — they fol­low ppls with heli­c­op­ters — smo­ke and fire is ever­y­whe­re 4:03 PM Jun 24th pho­ne line was cut and we lost inter­net — get­ting more dif­fi­cult to log into net 5:05 PM Jun rumour they are track­ing high use of pho­ne lines to find inter­net users — must move from here now 5:09 PM Jun 24th reports of street fight­ing in Vanak Sq, Tajrish sq, Azadi Sq — now — Sea of Green — Allah Akbar 5:14 PM Jun 24th in Baha­re­stan we saw militia with axe cho­ping ppl like meat — blood ever­y­whe­re — like but­cher — Allah Akbar — 5:16 PM Jun 24th they catch ppl with mobi­le — so many kil­led today — so many inju­red — Allah Akbar — they take one of us — 5:18 PM Jun 24th Lale­zar Sq is same as Baha­re­stan — unbe­le­va­ble — ppls mur­de­red ever­y­whe­re — 5:19 PM Jun 24th they pull away the dead into trucks — like fac­to­ry — no human can do this — we beg Allah for save us — 5:23 PM Jun 24th Ever­y­bo­dy is under arrest & cant move — Mou­sa­vi — Kar­rou­bi even rumour Khat­a­mi is in house guard — 5:28 PM Jun 24th we must go — dont know when we can get inter­net — they take 1 of us, they will tor­tu­re and get names — now we must move fast — 5:34 PM Jun 24th thank you ppls 4 sup­port­ing Sea of Green — pls remem­ber always our mar­tyrs — Allah Akbar — Allah Akbar — Allah Akbar 5:36 PM Jun 24th Allah — you are the crea­tor of all and all must return to you — Allah Akbar 5:39 PM Jun 24th — stop
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absent

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romeo : 3.15 — Küh­le Luft, leich­ter Regen, herbst­li­che Stim­mung. Wie immer, wenn ich zer­streut bin, in einem Aben­teu­er­buch gele­sen. Fol­gen­de Stel­le in H.G. Wells’ Roman Die Insel des Dr. Moreau: Mein Onkel ver­schwand auf etwa 5° süd­li­cher Brei­te und 105° west­li­cher Län­ge aus den Augen der Men­schen, und er erschien nach elf Mona­ten in der­sel­ben Gegend des Oze­ans wie­der. Wäh­rend der Zwi­schen­zeit muss er auf irgend­ei­ne Wei­se gelebt haben. In dem Moment, als ich die­se Zei­len pas­sier­te, wie aus hei­te­rem Him­mel ein merk­wür­di­ges Gefühl der Unwirk­lich­keit, als ob ich die­se Nacht, das Buch, den Stuhl, auf dem ich saß, nur träum­te, auch mich selbst träum­te, wie ich las, die Bil­der Men­schen jagen­der Motor­rad­fah­rer und die Nach­richt im Kopf, ein Rat mäch­ti­ger, reli­giö­ser Wäch­ter habe ges­tern noch, am Ende einer ande­ren Nacht, bestä­tigt, im Iran sei­en drei Mil­lio­nen Stimm­zet­tel nicht exis­tie­ren­der Wäh­ler zu ver­zeich­nen. — Wohin ist die­se Nach­richt geflo­hen? — Wann wird sie wie­der zu uns kom­men? — Wo hält sie sich auf in den Zei­ten der Abwe­sen­heit? — Wie vie­le Men­schen sind in den ver­gan­ge­nen Stun­den küh­len Regens spur­los aus ihren Häu­sern oder aus Hos­pi­tä­lern der Stadt Tehe­ran ver­schwun­den? — stop

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elephantisland

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echo

~ : rob salter
to : louis
sub­ject : ELEPHANTISLAND
date : june 2 09 8.58 p.m.

Kurz nach acht Uhr. Kal­te, tro­cke­ne Luft, ich notie­re mit klam­men Hän­den. Um 7 Uhr heu­te Mor­gen haben wir bei stür­mi­scher See Ele­phan­tis­land erreicht. Suche nach Mil­ler unver­züg­lich auf­ge­nom­men. Süd­west­li­che Bewe­gung die Küs­te ent­lang. Gegen 9 Uhr ers­te grö­ße­re See­ele­fan­ten­grup­pen gesich­tet. Hef­ti­ger Schnee­fall. Mit­tags dann auf mensch­li­che Spu­ren gesto­ßen. Eine Mul­de von zwei Fuß Tie­fe im gro­ben Unter­grund, hüft­ho­her Stein­wall nord­wärts. Im Wind­schat­ten: drei gebleich­te Wal­kno­chen, ein hal­bes Duzend fin­ger­di­cker Haut­stü­cke, ein Kamm, zwei ros­ti­ge Kugel­schrei­ber, eine Blech­t­as­se, zwölf Pin­gu­in­schnä­bel, fünf Bat­te­rien, drei Klum­pen ran­zi­gen Fet­tes, Bruch­stü­cke eines Son­nen­kol­lek­tors und einer Schreib­ma­schi­ne. Das Werk­zeug war in einer Wei­se sorg­fäl­tig demo­liert, als sei eine Dampf­wal­ze dar­über hin und her gefah­ren. Dann wei­te­re zehn Minu­ten die Küs­te ent­lang, dann auf Mil­ler gesto­ßen. Der Dich­ter stand mit dem Rücken zu einem Fel­sen hin und rich­te­te ein Mes­ser gegen einen See­ele­fan­ten. Das Tier, das sehr gewal­tig vor unse­rem Mann in den Him­mel rag­te, war nur noch zwei Armes­län­gen ent­fernt und scheu­er­te mit dem Rücken über den Fel­sen. Eigen­ar­ti­ge Geräu­sche. Geräu­sche wohl der Lust. Geräu­sche, als habe das Tier eine ver­beul­te Trom­pe­te ver­schluckt. Geräu­sche auch von Mil­ler. Hel­le Geräu­sche, krei­schen­de, irre Töne. Wir haben zu die­sem Zeit­punkt das Fol­gen­de über Mil­ler zu sagen: Unser Mann ist ent­kräf­tet und stark ver­schmutzt. Zwei Fin­ger der lin­ken Hand sind erfro­ren. Kopf­wärts wan­dern­de Spu­ren von Dehy­dra­ti­on. Mil­ler spricht nur einen Satz: All for not­hing. Wir haben den Rück­weg ange­tre­ten, indes­sen, bei genaue­rer Betrach­tung unse­rer Umge­bung, auf Fels­for­ma­tio­nen ent­lang der Küs­te Frag­men­te von Zei­chen­ket­ten ent­deckt. Ein­deu­tig Mil­lers Hand­schrift. Brin­gen Dich­ter Mil­ler jetzt nach Hause.

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22.57 UTC
1817 Zeichen

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papierhaut

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alpha : 18.07 — Blät­ter­te in Janet Frames auto­bio­gra­fi­scher Erzäh­lung Ein Engel an mei­ner Tafel. Blitz­ar­tig, nach Jahr­zehn­ten des Lesens, von einer Sekun­de zur ande­ren Sekun­de bemerkt, dass Tex­te über sicht­ba­re Struk­tu­ren, dass sie über Unter­bre­chun­gen ihrer Zei­chen­ket­ten ver­fü­gen, dass Kapi­tel oder Absät­ze sie zer­le­gen, dass sie also por­tio­niert sind, dass sie insel­wei­se auf einer Papier­haut von Stil­le schwim­men. — stop

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yanuk : xin

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sier­ra

~ : yanuk le
to : louis
sub­ject : XIN
date : mar 18 09 10.52 a.m.

Seit ges­tern Abend ist es wie­der mög­lich, zu notie­ren, weil ich mei­ne Schreib­ma­schi­ne zurück­er­hal­ten habe. Mein lie­ber Lou­is, so ver­ge­hen nun die Tage wie­der schnel­ler, als die Tage zuvor noch ohne Schreib­ma­schi­ne, da ich auf mei­ner Platt­form Höhe 510 war­te­te, dass Xin, – so nen­ne ich das Mäd­chen, das mich mei­nes Schreib­ge­rä­tes beraub­te -, sie mir zurück­ge­ben wür­de, auch Blei­stif­te, Hef­te und mei­nen Foto­ap­pa­rat, die sie eines Nachts, wäh­rend ich schlief, mit sich genom­men hat­te. Es ist selt­sam, wenn man so sitzt und denkt und doch über kei­ne Werk­zeu­ge ver­fügt, auf­zu­schrei­ben, was man dach­te, wird man müde. Natür­lich habe ich in erprob­ter Wei­se, Zei­chen in den Baum­stamm hin­ter mir geritzt, aber wäh­rend ich an ihnen arbei­te­te, wuss­te ich doch in jeder Sekun­de, dass ich sie zurück­las­sen, dass ich sie viel­leicht nie wie­der­se­hen wür­de. Ja, man wird müde, wenn man denkt, ohne notie­ren zu kön­nen, als wür­de man in lau­war­mem Was­ser lie­gen, im Halb­schlaf alle die­se fei­nen, ver­geb­li­chen Stim­men im Kopf. — Ich neh­me an, Du hast Dich um mich gesorgt, weil ich kei­ne Nach­richt sen­de­te. Vor weni­gen Stun­den noch hör­te ich das Geräusch eines Flug­zeu­ges, das sehr lang­sam den Him­mel dort oben durch­kreuz­te. Natür­lich bin ich mir nicht sicher, ob ich nicht doch nur ein Wunsch­ge­räusch hör­te. Das flie­gen leich­te Mäd­chen Xin jeden­falls schien nichts gehört zu haben. Sie ver­harrt wie­der in mei­ner Nähe, hängt an einem Arm über dem Abgrund, schläft und spricht träu­mend in ihrer merk­wür­di­gen Spra­che lei­se vor sich hin. Ich wünsch­te, ich könn­te sie ver­ste­hen. Mor­gen wer­den wir auf­bre­chen, wer­den wei­ter auf­wärts stei­gen. Nach wie vor ist nicht zu erken­nen, woher das Licht kom­men mag, das uns so ange­nehm flat­ternd bestrahlt. Cucur­ru­cu – Yanuk

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20.58 UTC
1805 Zeichen

yanuk to louis »

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MELDUNGEN : YANUK LE TO LOUIS / ENDE

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bild schlafen

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whis­key : 2.15 — Vor dem Fens­ter knis­tern Kas­ta­ni­en­bäu­me, viel­leicht davon sind Vio­let und Dai­sy auf­ge­wacht. Ein lei­ses Geräusch zunächst, das schnur­ren­de Geräusch einer Peda­le, dann das Klap­pern einer Schreib­ma­schi­ne im ange­nehm war­men Licht eines höl­zer­nen Zim­mers lan­ge vor mei­ner Zeit. Was für eine selt­sa­me Schreib­tisch­lam­pe! Und wie die Mäd­chen lächeln, in einer Wei­se lächeln, dass sie zu leuch­ten schei­nen. Es sieht ganz so aus, als hät­te das eine Mäd­chen dem ande­ren Mäd­chen gera­de eben noch eine Geschich­te erzählt. Zufrie­den lauscht sie ihren Wor­ten nach, wäh­rend das ande­re Mäd­chen die Geschich­te in die Maschi­ne notiert. Zwei Mäd­chen exakt glei­chen Alters, viel­leicht schon jun­ge Frau­en. In die­sem Moment, in die­ser Minu­te, da ich wie­der ein­mal notie­re oder bemer­ke oder erin­ne­re, dass Dai­sy und Vio­let Hil­ton an einer Stel­le ihres Kör­pers der­art inein­an­der ver­wach­sen sind, dass kein Luft­raum sie je von­ein­an­der tren­nen wird, wie­der der ver­trau­te Ein­druck, dass ich ihnen zu nahe kom­men könn­te, indem ich ihnen schrei­be. Und tat­säch­lich sind sie nun wach gewor­den. Wie Dai­sy ihren Kopf zur Sei­te neigt, eine kaum wahr­nehm­ba­re Bewe­gung. Wie ich müde wer­de von einer Sekun­de zur ande­ren. Wie Dai­sy noch sagt: Vio­let, schau, ist das nicht ein merk­wür­di­ger Mann? War­tet so lan­ge, war­tet und war­tet, dass wir uns bewe­gen. Und jetzt ist er eingeschlafen.

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mauritius

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nord­pol

~ : louis
to : Mr. lichtenberg
sub­ject : MAURITIUS

Mein lie­ber Lich­ten­berg, wie uner­mess­lich mei­ne Freu­de, seit ich weiß, dass Sie lesen, was ich notie­re. Noch immer bin ich wie benom­men, sit­ze her­um und über­le­ge, ob sich nun mei­ne Schreib­welt mög­li­cher­wei­se wesent­lich ver­än­dern wird. Nicht leicht, für einen klei­nen Schrift­stel­ler, wie ich einer bin, zu wis­sen, wer von oben her zusieht, ohne sofort alle Unbe­fan­gen­heit zu ver­lie­ren. Neh­me an, Sie haben einen voll­stän­di­gen Blick auf mich, auf mei­ne Per­son, nicht nur auf Zei­chen und Bil­der. Ganz sicher beob­ach­te­ten Sie des­halb mei­nen Luft­sprung ges­tern, kurz nach­dem ich das Post­fach geöff­net hat­te. Ihr Brief, das wun­der­bar kräf­ti­ge und raue Papier des Cou­verts, ein Stem­pel auf einer blau­en Mar­ke. Eine Mau­ri­ti­us, nicht wahr? Ich habe, nein, nein, ich habe sie nicht über­se­hen und wenn ich mich nicht irre, aus­ge­sorgt, mit Ihrer Hil­fe bis an mein Lebens­en­de. Jetzt fra­ge ich mich natür­lich, schrei­ben Sie denn noch mit der Hand dort oben? Sit­zen Sie auf Stüh­len oder schwe­ben sie her­um und den­ken sich alles nur aus und sofort aufs Papier? Wird noch Nacht und Tag oder ist immer­zu das rich­ti­ge Licht, so wie Sie’s gera­de brau­chen? Ob sie mir wohl manch­mal zuhö­ren, ver­zeich­nen, was ich spre­che, wenn ich träu­me? — Ihr Lou­is, mit herz­li­cher Freude!

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elefanten

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zou­lou : 8.30 — In der ver­gan­ge­nen Nacht träum­te ich eine lus­ti­ge Geschich­te, das heißt, ich träum­te mich in ein Bild, das mir bekannt zu sein schien, wes­halb ich ein Selbst­ge­spräch führ­te, in etwa so, als wür­de ich einen Film kom­men­tie­ren. Als ich wach gewor­den war, erin­ner­te ich mich, vor eini­ger Zeit eine Traum­ge­schich­te auf­ge­zeich­net zu haben, die von selt­sa­men Men­schen­oh­ren erzähl­te. Und tat­säch­lich habe ich die­se Geschich­te und mit ihr den Traum der ver­gan­ge­nen Nacht soeben wie­der­ge­fun­den, sodass heu­te Mor­gen nichts zu tun ist, als die Wie­der­ho­lung des Trau­mes von den selt­sa­men Ohren und sei­nen Zei­chen­schat­ten auch an die­ser Stel­le zu doku­men­tie­ren. Ich saß also vor län­ge­rer Zeit und noch vor weni­gen Stun­den > in einem Café nahe einem Meer unter Män­nern, die Go oder etwas ande­res spiel­ten mit klei­nen, run­den, bern­stein­far­be­nen Stei­nen. Die Luft an die­sem Ort war heiß und tro­cken, des­halb wun­der­te ich mich nicht, dass die Män­ner, die von hohem Alter gewe­sen waren, sich mit gewal­ti­gen Ohren Luft zufä­chel­ten in der Art und Wei­se der Ele­fan­ten. Selt­sa­me Geräu­sche waren zu hören, schwe­re, knar­zen­de Töne, als wür­de an höl­zer­nen Schrau­ben gedreht. Und doch war die Haut der Ohren so fein, dass man durch sie hin­durch sehen konn­te. Sobald sie hin­ter den ver­wit­ter­ten Köp­fen zusam­men­schlu­gen, wur­den die Augen der Her­ren zu Schlit­zen, beweg­ten sich die luf­ti­gen Häu­te zurück, öff­ne­ten sie sich. Hin­ter dem Tre­sen däm­mer­te ein wei­te­rer Mann, der hat­te sich mit sei­nem Per­ga­ment das Gesicht zuge­deckt. Ich betrach­te­te ihn eine Wei­le, und schon war ich, noch im Ste­hen, dem heu­ti­gen Tag zu ein­ge­schla­fen. – Guten Mor­gen! Heu­te ist Sonntag.

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