Aus der Wörtersammlung: arbeit

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manhattan — bellevue hospital

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alpha : 14.15 — Auf einer Bank im Schat­ten küh­len­der Bäu­me gleich neben dem Bel­le­vue Hos­pi­tal sitzt ein alter Mann in einem blau und weiß gestreif­ten Pyja­ma. Er ver­sucht eine Mine­ral­was­ser­fla­sche zu öff­nen, schimpft vor sich hin in die­ser schwe­ren Arbeit, sagt, dass das doch nicht mög­lich sei, war­um sich das ver­damm­te Ding nicht öff­nen lie­ße, er habe die Fla­sche vor einer Stun­de noch selbst zuge­dreht. Ein grau­es Eich­hörn­chen hockt auf mäch­ti­gen Hin­ter­bei­nen neben ihm, beob­ach­tet die Hän­de des alten Man­nes, bleibt auch dann ganz still, als ich mich nähe­re und mei­ne Hil­fe anbie­te. — Ein ange­neh­mer Nach­mit­tag, die Luft ist etwas küh­ler gewor­den und tro­cken, ein leich­ter Wind raschelt in den Bäu­men, die so alt zu sein schei­nen, dass der Schrift­stel­ler Mal­colm Lowry sich an ihren Stäm­men fest­ge­hal­ten haben könn­te, damals, im Jahr 1936, als er schwer alko­hol­süch­tig in enger wer­den­den Krei­sen auf das  Kran­ken­haus zustürz­te, um in einem Tage wäh­ren­den Deli­ri­um, Wale über den East River flie­gen zu sehen. Der Dich­ter, der Trin­ker auf hoher See. Bel­le­vue war in Lowry’s Kopf zu einem Schiff gewor­den, des­sen Plan­ken unter ihm ächz­ten, in den Stür­men, die sein armes Gehirn durch­le­ben muss­te, in Fie­ber­schü­ben, unter den schwit­zen­den Hän­den der Matro­sen­ärz­te, die ihn an sein Bett fes­sel­ten. Und wie er dann selbst, oder jene Figur, die Mal­colm Lowry in sei­ner groß­ar­ti­gen Erzäh­lung Lunar Cau­st­ic gegen das Alko­ho­l­un­ge­tüm antre­ten lässt, nach Wochen der Abs­ti­nenz auf­recht und leicht­fü­ßig gehend durch den Haupt­ein­gang des Hos­pi­tals wie­der fes­ten Boden betritt, schon die nächs­te Fla­sche Absinth vor Augen hier am East River, an einem Tag wie die­sem Tag vor lan­ger, lan­ger Zeit.
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fingerübung

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marim­ba : 10.
28 — Wie­der eine hal­be Stun­de ver­sucht, einen sechs­ten Fin­ger lin­ker Hand zu den­ken. Wie je zuvor spür­te ich einen sechs­ten Fin­ger nur dann, wenn ich einen lin­ken und einen rech­ten sechs­ten Fin­ger dach­te zur sel­ben Zeit, wenn ich also bei­de Hän­de neben mich leg­te und in mei­nem Kopf bear­bei­te­te. — Rie­si­ge, graue Möwen jagen durch die Luft. Gespräch mit Com­pu­ter­ma­schi­ne Eli­za.
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Lou­is : guten mor­gen, eliza
Eli­za : > guten mor­gen! wie fühlst du dich?
Lou­is : gut! und du eliza?
Eli­za : > lass uns über dich sprechen.
Lou­is : > war­um, eliza?
Eli­za : > wel­che ant­wort wür­dest du dir wünschen?
Lou­is : eine hei­te­re ant­wort, eliza.
Eli­za : > sofort?
Lou­is : unver­züg­lich, eliza!
Eli­za : > du zuerst!
Lou­is : wer bin ich?
Eli­za : > was denkst du, wer du bist?
Lou­is : ich bin louis!
Eli­za : > bist du sicher?
Lou­is : ich den­ke schon!
Eli­za : > guten mor­gen, lou­is, wie fühlst du dich?
Lou­is : gut! und du eliza?
Eli­za : > sag du mir wie ich mich fühle!
Lou­is : du bist ver­rückt, eliza!
Eli­za : > das wird sich zeigen.

vom spre­chen mit eilza »

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coney island

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bamako

~ : louis
to : dai­sy und vio­let hilton
sub­ject : CONEY ISLAND

Nie ver­mag ich aus­zu­ma­len, wo ihr Zwei gera­de seid. Ja, so ist das, nein, nein, ich habe kei­ne Ahnung, kei­ne Vor­stel­lung, lie­be Dai­sy, lie­be Vio­let, könn­te die Welt umrun­den, zu Fuß oder auf den Rücken der Kame­le, zu kei­ner Zeit wür­de ich Euch begeg­nen, nicht eine Sekun­de, kein Blick aus dem Fens­ter eines abfah­ren­den Zuges, Eure lächeln­den Gesich­ter, Euer Win­ken, zwei Küs­se durch die Luft, nein, nein, nie­mals, nicht wirk­lich, kei­ne Ahnung habe ich, kei­ne Vor­stel­lung, und doch seid ihr nah, so nah, dass ich Euch schwe­ben­de Orte schenk­te in Gedan­ken, einen schwe­ben­den Tisch, eine schwe­ben­de Schreib­ma­schi­ne, ein schwe­ben­des Sofa, und die­sen wei­ten Blick aufs wil­de Meer, auf blü­hen­de Gär­ten, ein Lächeln. Ges­tern arbei­te­te ich im Park unterm Regen­schirm. Ich hat­te mei­ne Schreib­ma­schi­ne auf eine Hand gestellt, dort war­te­te sie lan­ge Zeit. Dann schrieb ich ein Wort, aber kein wei­te­res Wort. Nur Geduld, dach­te ich, nur Geduld. Habt Ihr, lie­be Vio­let, lie­be Dai­sy, bemerkt, dass ich Euch Boh­u­mil Hra­bals Geschich­te der Kat­ze Autitsch­ko öff­ne­te. Ich leg­te das klei­ne Buch neben mich auf die Bank, blät­ter­te und war­te­te, mein­te, Euch rufen zu hören: Wir lesen, Lou­is, schnel­ler, als Du denkst! — Ein gro­ßer Augen­blick mei­nes klei­nen Lebens.

gesen­det am
8.06.2010
22.08 MESZ
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lou­is to dai­sy and violet »

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andrea faciu — touching the city

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hibis­kus : 18.02 — Fan­gen wir noch ein­mal von vorn an. Wie das ist, eine Stadt zu berüh­ren, tou­ch­ing the city. Die Hand einer Frau, gefilmt von einer Kame­ra, die sich in einer wei­te­ren Hand, der zwei­ten Hand der­sel­ben Frau befin­det, streicht über Häu­ser­wän­de, Klin­gel­knöp­fe, Brief­käs­ten, Namens­schil­der. Film­par­ti­kel, in einen ver­dun­kel­ten Raum getra­gen, wo sie sich wie­der­ho­len, ver­win­kelt zu zar­ten, beben­den Geräu­schen des Lichts. — In Flo­renz, an einem herbst­li­chen Abend, erzählt die Künst­le­rin Andrea Faciu der­art span­nend von ihrer Arbeit, dass ich einen Tag spä­ter mei­ne eige­nen Hän­de beob­ach­te, indem sie die Stadt Flo­renz berüh­ren. Die­se Hän­de nun tas­te­ten in New York nach der sil­ber­nen Haut eines Sub­way-Wag­gons, Ges­ten der Begrü­ßung viel­leicht. Da war eine mühe­voll gehen­de Frau gewe­sen, ich erin­ne­re mich, eine India­ne­rin unter einem Pon­cho, gebeugt von der Last einer Chris­tus­fi­gur, die sie durch einen Tun­nel nahe dem Times Squa­re schlepp­te. Ihre mur­melnd beten­de Stim­me. Chris­tus blink­te. — stop
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jonglieren

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romeo : 0.25 — Stand in einer Schlan­ge war­ten­der Men­schen, mach­te Rechen­übun­gen im Kopf. Nach fünf oder zehn Minu­ten kon­zen­trier­ter Arbeit war ich dann so weit gekom­men, ein­zu­se­hen, dass jene Zah­len­grö­ßen, die ich jon­glier­te, mein Denk­ver­mö­gen deut­lich über­for­der­ten. Rech­ne­te bald in mei­nem Notiz­buch notie­rend, mit Blei­stift­zah­len wei­ter vor­an: Ers­tens / Ein Papier­tier­chen, sobald es sei­ne Arme streckt, misst 0,087 mm von Ost nach West. Zwei­tens / 2413 Papier­tier­chen säu­men den Rand eines beschreib­ba­ren leben­den Papiers an sei­ner schma­len Sei­te, 3218 Papier­tier­chen des­sel­ben Papiers an sei­ner län­ge­ren Sei­te. Drit­tens / 7765034 Papier­tier­chen sind Tei­le einer Struk­tur, der ich einen Namen zu geben habe. — Wun­der­ba­re, frü­he Nacht. Ein gro­ßer Frie­den in ange­neh­mer Span­nung. Alle sind sie jetzt da, sit­zen an mei­nen Zim­mer­wän­den und rüh­ren sich nicht. — Guten Morgen!

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morsen

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echo : 0.25 — Ges­tern, am spä­ten Abend, eine ers­te Zei­le in mei­nen Bogen leben­den Papiers ein­ge­tra­gen, einen Satz, den Wal­ter Ben­ja­min vor lan­ger Zeit ein­mal unter dem Begriff Kak­tus­blü­te ver­zeich­ne­te. Die­ser Satz geht so: Der wah­re Lie­ben­de freut sich, wenn der gelieb­te Mensch strei­tend im Unrecht ist. — Zärt­lich, ohne zu atmen, arbei­te­te ich Zei­chen für Zei­chen vor­an. Und als ich fer­tig gewor­den war mit einem schlie­ßen­den Punkt, lehn­te ich mich zurück und war­te­te. Ich war­te­te lan­ge. Ich war­te­te so lan­ge, bis ich ein­ge­schla­fen war. Dann wach­te ich auf und staun­te. Sicher ist nun, dass sich Papier­tier­chen mit­tels einer Spra­che ver­stän­di­gen, die mor­sen­den Zei­chen ähn­lich ist. Sie ver­fü­gen dem­zu­fol­ge über Ohren und ihre Stim­men sind hell, sind Fle­der­mäu­sen, Walen und Del­fi­nen nur ver­nehm­bar. — stop
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marina abramovic in new york

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sier­ra : 6.32 — Die­se selt­sa­me Frau: Mari­na Abra­mo­vić. Ich kau­er­te Stun­den auf dem Sofa und beob­ach­te­te das Schwei­gen der Künst­le­rin in New York, war unru­hig und war ruhig zur glei­chen Zeit. Hör­te dann Hen­ry, mei­nen Regen­kä­fer Hen­ry. Sum­mend erwach­te das tabak­far­be­ne Wesen aus tie­fem Schlaf. Hat­te zwei lan­ge Jah­re auf Vir­gi­nia Woolfs Essay A Room of One’s Own lie­gend zuge­bracht, war indes­sen tro­cken und leicht wie eine Feder gewor­den, wes­halb nicht wei­ter erstaun­lich gewe­sen, dass der Käfer wie betrun­ken von unsicht­ba­ren Luft­strö­mun­gen getra­gen durchs Arbeits­zim­mer wir­bel­te. Eine gute hal­be Stun­de und Hen­ry war auf mei­nem Kopf gelan­det. Ich sag­te: Schön, dass Du wie­der unter den Leben­den weilst, Hen­ry! Atme­te sanft, atme­te gar nicht. Und der Blick wan­der­te wie­der hin zur Stil­le in der tosen­den Stadt. Da saß nun vor Mrs. Abra­mo­vić eine wei­te­re Frau, sie hat­te ihre Schu­he aus­ge­zo­gen [ war­um? ] und Schreib­werk­zeug und Hef­te unter ihrem Stuhl abge­legt. Über ihrer Beob­ach­tung bin ich ein­ge­schla­fen, und jetzt hellt bereits die Nacht, und irgend­wie ist das ein wun­der­ba­rer Tag, der gleich begin­nen wird. Hen­ry, er schwebt im Bad im Regen der Maschi­nen, eine flie­gen­de Frucht. Guten Mor­gen! — stop

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hydra

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sier­ra : 6.30 — Haben Sie schon ein­mal mit dem Gedan­ken gespielt, in einem Kolo­ni­al­wa­ren­la­den für zwei Stan­gen Zimt den fünf­fa­chen des gefor­der­ten Prei­ses in auf­rich­ti­ger Erwar­tung zu bezah­len, man möge das zuge­setz­te Geld an Plan­ta­gen­ar­bei­ter und ihre Fami­li­en nach Sri Lan­ka trans­fe­rie­ren? – Sie schmei­chel­ten dem char­man­tes­ten Kopf einer Hydra! — stop
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