Aus der Wörtersammlung: blau

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new york — hurricane deck

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tango : 22.28 — Von einer Sekun­de zur ande­ren Sekun­de. Als wär der Sonn­tag ohne Augen­licht gewe­sen. Als hät­te ich nur geträumt, über den Atlan­tik geflo­gen zu sein, fünf­tau­send Kilo­me­ter schloh­wei­ßer Wol­ken­de­cke bis kurz vor Neu­fund­land. Jamai­ka-Sta­ti­on. Roo­se­velt Island. Lex­ing­ton Ave­nue. Das hel­le Zim­mer im 22. Stock. Ein küh­ler Wind bläst über den Bal­kon. Rau­schen von tief unten von der Stra­ße her. Wie ich bald vor das Haus tre­te, kommt mir eine älte­re Frau ent­ge­gen, in einen fei­nen Man­tel­stoff gehüllt, Hän­de seit­lich gegen den Hals gefal­tet. Eigent­lich müss­te ich ihr unver­züg­lich fol­gen, sehen, war­um sie das macht, einer Geschich­te fol­gen, und die­sem damp­fen­den, rot und grün und blau blin­ken­den Dioden­hund, der sie beglei­tet, einem Rie­sen­tier, das ich berüh­ren soll­te, sei­ne Tem­pe­ra­tur zu füh­len. Ich ver­ste­he an die­sem Abend kein Wort in mei­nem Kopf. Ja, die­ses Rau­schen der Stadt. Süd­wärts wan­dern. Aus dem Boden sind die Stim­men der Sub­way­spre­cher zu hören, next sta­ti­on : grand cen­tral, das Rum­peln, das Zischen der Züge. Ich könn­te ein paar Stun­den noch so wei­ter­ge­hen und schla­fen. — stop

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puma 15 gramm

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echo : 7.05 – Abend war gewor­den. Wär­me stieg vom Holz des Tisches auf, die Luft beweg­te wie die Sei­ten des Buches, in dem ich las, als sich ein unbe­kann­tes Wesen auf lan­gen Bei­nen von Wes­ten her kom­mend näher­te. Eine tat­säch­lich höchst merk­wür­di­ge Erschei­nung war das gewe­sen. Irgend­je­mand hat­te den Kopf eines fili­gra­nen Tro­pen­vo­gels, den Kör­per eines Insekts und das Bewe­gungs­ver­mö­gen einer Raub­kat­ze lose ver­schraubt und frei­ge­las­sen. Geräusch­los, auf Giraf­fen­bei­nen, stol­zier­te das Mon­tier­te nun über mein Buch hin­weg, lang­sam, furcht­los, sodass ich alles genau betrach­ten konn­te. Indes­sen schien sich das Wesen nicht im min­des­ten für mich, sei­nen Beob­ach­ter, zu inter­es­sie­ren, son­dern war allein um das Buch bemüht, viel­leicht des­halb, weil das Buch ange­nehm duf­te­te. Nach eini­gen Minu­ten der Papier­un­ter­su­chung leg­te sich das Tier mit­tels einer gra­zi­len Sink­be­we­gung seit­wärts auf den Tisch und lag genau dort immer noch, als ich am fol­gen­den Mor­gen zurück­kehr­te, um wei­ter­zu­le­sen. Ich blieb dann eini­ge Zeit wie gebannt unter frei­em Him­mel sit­zen und beob­ach­te­te das frisch ent­deck­te Lebe­we­sen, wie es fraß, wie es ruh­te, wie es bade­te, atme­te, nach Flie­gen jag­te. Und weil ich nichts ver­ges­sen woll­te, notier­te ich, was ich sah und was ich den­ken konn­te, ich schrieb unter ande­rem fol­gen­de Notiz: Flü­gel­lo­ses Misch­we­sen. stop Haut­far­be blau. stop Fleisch­fres­ser. stop 15 Gramm. stop Sprach­los. stop Ich arbei­te­te fie­ber­haft. Drei Tage, drei Näch­te. Ein­mal leg­te ich mei­nen Kopf auf den Tisch, schlief ein und träum­te, wie sich der Kör­per des Tie­res öff­ne­te. Flü­gel ent­fal­te­ten sich, das Tier schweb­te, schnur­ren­des Geräusch, über mei­nem Gesicht auf und ab. stop. Schnee bis ins Tal. — stop
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vorwinterzeit : beobachtung in der warenwelt

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india: 12.05 — Ein wesent­li­ches Merk­mal, das in der Waren­welt eine ver­kau­fen­de Per­son von einer ein­kau­fen­den Per­son unter­schei­det, scheint die Art und Wei­se zu sein, mit Stof­fen, zum Bei­spiel, mit Win­ter­pull­overn umzu­ge­hen. Die einen, jene, die hin­zu­ge­tre­ten sind, weil sie sich, in Ahnung des Win­ters, einen Pull­over wünsch­ten, ent­fal­ten und ver­rü­cken, was ande­re, jene, die schon da gewe­sen sind, weil sie hier arbei­ten, geord­net, das heißt, gefal­tet haben und getürmt. Weil zwi­schen die­sen sich offen­sicht­lich ent­ge­gen­wir­ken­den Per­so­nen­grup­pen ein Gefäl­le besteht, [die einen sind zahl­reich, die ande­ren nicht], han­delt es sich sowohl bei der Fal­tung, als auch bei der Sor­tie­rung der Ware nach Grö­ße, um einen sehr ernst zu neh­men­den und zeit­auf­wen­di­gen Vor­gang. Aus die­sem Grund ins­be­son­de­re scheint der Zustand der fal­tend sor­tie­ren­den Per­so­nen ein sta­tio­nä­rer Zustand zu sein, wäh­rend jene ande­ren ent­fal­ten­den Per­so­nen, Unord­nung sozu­sa­gen im Vor­über­kom­men pro­du­zie­ren. Die­ser gera­de eben erwähn­te Pro­duk­ti­ons­vor­gang ist nun genau genom­men ein Akt der Zer­stö­rung oder aber beschleu­nig­ter Entro­pie. Zer­stört wird, was vor­aus­ge­setzt, was erwar­tet ist, Über­sicht­lich­keit, sagen wir, Bere­chen­bar­keit und Kon­zen­tra­ti­on. Alle roten Pull­over, Kasch­mir­wol­le, lie­gen süd­lich syn­the­ti­scher Model­le von blau­er Far­be auf dem Aus­la­ge­tisch. Weil die einen im Vor­über­ge­hen zer­stö­ren, was die ande­ren mit Lie­be oder pflicht­ge­mäß errich­tet haben, sind letz­te­re weder glück­lich noch zufrie­den, übli­cher­wei­se viel­mehr von einer vor­aus­ah­nen­den Mor­gen­wut oder von einem gut ver­ständ­li­chen Abend­zorn besetzt. — stop

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helena

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MELDUNG. An die­sem küh­len Don­ners­tag, es war 7 Uhr und 5 Minu­ten in der Früh, wur­de Käfer­da­me Hele­na [ 12 Gramm ] von Käfer Juli­an [ 17 Gramm ]  erst­mals mit­tels rhyth­mi­scher Lumi­nes­zen­zen von blau­er Far­be begrüßt. Sie selbst morst in grün­li­cher Beleuch­tung. ~ MPI für Bio­tech­no­lo­gie, Ungerer­str 12, 6. Stock : Labor IIc‑8 : Level 4. — stop
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radiusköpfchen

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echo : 10.18 — Neh­men wir ein­mal an, ich wäre nachts über eine däm­mern­de Kat­ze gestol­pert, wäre eine Trep­pe hin­un­ter­ge­stürzt, unsanft gelan­det, ich hät­te mir viel­leicht den Arm gebro­chen, und zwar den rech­ten in sei­ner Beu­ge, das Ellen­bo­gen­ge­lenk, Radi­us­köpf­chen zer­trüm­mert, Bän­der geris­sen, Mus­keln, im geschwol­le­nen Gewe­be suchen­de Struk­tu­ren. Bald Über­land­fahrt ins Hos­pi­tal, Minu­ten­schlaf im grel­len Licht einer chir­ur­gi­schen Ambu­lanz, vier Stun­den Zeit in Abwe­sen­heit, das Unter­su­chen, Beu­gen, Dre­hen, Zer­ren, Sägen, Boh­ren, Fei­len, Dis­ku­tie­ren, Nähen, ich hör­te, ich spür­te nichts. Wie ich, es ist Mit­tag gewor­den, mit mei­nem Namen von Fer­ne her geru­fen wer­de, Geis­ter­stim­men, Geis­ter­hän­de. Das stren­ge Kor­sett von dun­kel­blau­er Far­be, in dem der kran­ke Arm gebor­gen liegt in einer grü­ßen­den Hal­tung. Sand­au­gen­mü­dig­keit der Mor­phi­ne. Die Bewe­gung der Fin­ger, die mich glück­lich macht, einer nach dem ande­ren Fin­ger spür­bar, aber mei­ne Nase, mein Mund uner­reich­bar plötz­lich wie die Ober­flä­che des Mon­des. — stop

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tonwellenschrauben

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echo : 22.18 – Lun­ger­te im Wald unter Loui­sia­na-Moo­sen. Sturm­ge­räu­sche, auch Zika­den waren zu hören gewe­sen, ihre Flü­gel­stim­men, hell, schrill, glä­sern, Ton­wel­len­schrau­ben. Auf Knien kroch ich bald jagend durchs Unter­holz, woll­te eines der locken­den Tie­re fan­gen. Anstatt Insek­ten ent­deck­te ich Spiel­do­sen, hun­der­te, ja tau­sen­de, krei­sen­de Lärm­ma­schi­nen. Sie leuch­te­ten, feu­er­rot und blau, je nach Höhe oder Tie­fe ihres Gesangs. Sobald ich mich näher­te, um eines der Wesen zu ergrei­fen, schos­sen sie senk­recht in die Luft, ganz so als wür­den sie über prall gefüll­te Druck­luft­bäu­che fürs flüch­ten­de Rei­sen gebie­ten. Dann wur­de ich wach. Es war Abend gewor­den. Sams­tag. Ein Orkan näher­te sich von Wes­ten, knis­tern­de Fens­ter, Frö­sche schweb­ten sum­mend vor den Fens­tern. Zwei Stun­den lang dach­te ich über die Erfin­dung dienst­ba­rer Käfer nach, Gat­tung, die Stil­le zu erzeu­gen ver­mag, wann immer gewünscht. Ich stell­te mir vor, wie sie sich rück­wärts über mei­ne Wan­gen hin zu mei­nen Ohren bewe­gen, wie sie ihre küh­len Lei­ber in mei­ne Gehör­gän­ge ver­sen­ken, wie sie sich deh­nen und stre­cken, sanft, sanft, bis sie nahe­zu ver­schwun­den sein wer­den. Zwei Füh­ler noch, ein Paar kleins­ter Augen links, ein Paar kleins­ter Augen rechts, Doch­te, nein, Dioden­lich­ter. Ich hör­te nichts. — stop

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ameisengesellschaft ln — 768

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MELDUNG. Amei­sen­ge­sell­schaft LN — 769 [ lasi­us niger ] : Posi­ti­on 48°21’N 07°01’O : Fol­gen­de Objek­te wur­den von 20.00 — 21.00 Uhr MESZ über das süd­öst­li­che Wen­del­por­tal ins Waren­haus ein­ge­führt : zwei tro­cke­ne Flie­gen­tor­si mitt­le­rer Grö­ße [ je ohne Kopf ], sech­zehn Baum­stäm­me [ à 7 Gramm ], fünf­zehn Rau­pen in Grün, acht­zehn Rau­pen in Oran­ge, ein Insek­ten­flü­gel [ ver­mut­lich der eines Zitro­nen­fal­ters ], zwei Streich­holz­köp­fe [ à 2 Gramm ], acht Flie­gen der Gat­tung Cal­li­pho­ri­dae in vol­lem Saft, son­nen­ge­trock­ne­te Rosen­blät­ter [ ca. 50 Gramm ], fünf Schne­cken­häu­ser [ je ohne Schne­cke ], sie­ben gelähm­te Schne­cken [ je ohne Haus ], 157 Amei­sen anlie­gen­der Staa­ten [ betäubt oder tran­chiert ], sechs Rüs­sel­kä­fer [ blau­tür­ki­se ], die Aas­ku­gel eines Pil­len­dre­hers, wenig spä­ter der Pil­len­dre­her selbst, eine Wild­bie­ne, ein Auto­rei­fen [ Mase­r­a­ti Mis­tral ] 8 Gramm. — stop

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PRÄPARIERSAAL : libelle

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echo : 6.12 — Ich habe  auf einem Fern­seh­bild­schirm Jona­than Fran­zen beob­ach­tet, wie er in sei­nem New Yor­ker Arbeits­zim­mer sit­zend von Appa­ra­tu­ren erzählt, die ihm behilf­lich sein könn­ten, den Lärm der Stadt oder des Hau­ses, in dem er sich befin­det, von sei­nen Ohren zurück­zu­hal­ten. Er berich­tet das unge­fähr so: Ich habe eine Men­ge Lärm­schutz­vor­rich­tun­gen. Ich schüt­ze mich gegen Lärm mit Schaum­gum­mistöp­seln. Sie sind wich­tig. / Und dar­über hin­aus habe ich mei­ne Kopf­hö­rer. Und zudem noch rosa Rau­schen auf CD. / Das ist wie wei­ßes Rau­schen, aber es ist etwas wär­mer im Ton. Es beschränkt sich auf die nied­ri­gen Fre­quen­zen. Es klingt wie eine Raum­kap­sel in der Atmo­sphä­re mit einem wun­der­vol­len Brau­sen, ein alles umhül­len­des Brau­sen, das plötz­lich ver­schwin­det. stop. Weit nach Mit­ter­nacht, küh­le Luft. stop. Lun­ge­re auf dem Sofa her­um, höre ana­to­mi­sche Ton­band­auf­nah­men ab, Wör­ter, Sät­ze, Gedan­ken einer fer­ne­ren Zeit, die sofort wie­der sehr nahe kom­men, viel­leicht des­halb, weil sie von typi­schen Geräu­schen jenes Ortes, an dem sie auf­ge­nom­men wur­den, beglei­tet sind. Das Rau­schen der Stim­men hun­der­ter Men­schen. Pin­zet­ten, die gegen Metall klop­fen. Eine Laut­spre­cher­durch­sa­ge: Den­ken Sie bit­te dar­an, der Prä­pa­rier­saal wird vor dem Tes­tat am kom­men­den Mon­tag bereits um 7 Uhr geöff­net. Das klei­ne Wie­der­ga­be­ge­rät, das neben mir auf einem Kis­sen ruht, bewegt sich nicht oder nur so leicht, dass mei­ne Augen die­se Bewe­gung nicht wahr­neh­men kön­nen. Ein­mal den­ke ich an etwas ande­res, als das, was zu hören gewe­sen war, und bemer­ke in die­ser Wei­se, dass ich, in dem ich an etwas den­ke, das ent­fernt ist, mei­ne Ohren aus­zu­schal­ten ver­mag. Des­halb muss­te ich soeben das Band zurück­spu­len und Tho­mas’ fei­ne Geschich­te wie­der­ho­len, die von einer Libel­le erzählt. Hört zu: Wir hat­ten einen Mann auf dem Tisch, einen männ­li­chen Kör­per von dunk­ler Far­be und von außer­or­dent­li­cher Grö­ße. Ich glau­be, die­ser Kör­per war der größ­te Kör­per des Kur­ses. Ich war erstaunt, weil ich mit einem Prä­pa­rat, das grö­ßer sein wür­de, als ich selbst, nicht gerech­net habe. Nein, einen Hünen hat­te ich wirk­lich nicht erwar­tet. Sie müs­sen wis­sen, ich habe mir sehr bewusst kei­ne genau­en Vor­stel­lun­gen von der Wirk­lich­keit des Ana­to­mie­saa­les gemacht. Ich hat­te ver­mu­tet, dass die Luft kühl sein wür­de, aber an dem Tag, als wir unse­re Arbeit auf­nah­men, war es som­mer­lich warm und ich schwitz­te und hat­te Mühe, ohne Unter­bre­chung dar­an zu den­ken, mir mit den feuch­ten Hand­schu­hen nicht ins Gesicht zu fah­ren. Ich hat­te erwar­tet, dass das Licht im Saal eher gedämpft sein wür­de, aber es war strah­lend hell, ein Licht, das kaum einen Schat­ten warf. Und ich hat­te einen über­schau­ba­ren Kör­per erwar­tet, einen eher klei­nen Kör­per, den Kör­per eines uralten Men­schen. Ich habe mit altern­den Men­schen immer Gestal­ten in Ver­bin­dung gebracht, die zer­brech­lich sind, Kör­per, die klei­ner wer­den, die sich zurück­zie­hen, die man stüt­zen muss, füh­ren, die noch im Leben durch­läs­sig wer­den für das Licht. Dort vor mir auf dem Tisch aber lag ein Mann, der gera­de­zu strotz­te vor Kraft. Er war nicht fett, son­dern mus­ku­lös, und am Bauch und an der Brust, an Armen und Bei­nen sehr stark behaart gewe­sen. Ich wer­de die­sen Anblick mein Leben lang nicht ver­ges­sen. Ich habe den Mann sehr lan­ge Zeit betrach­tet. Die­ses geschwol­le­ne Gesicht war das Gesicht eines schla­fen­den Boxers. Sei­ne Augen waren geschlos­sen, die Hän­de zu Fäus­ten geballt und sei­ne Füße sahen ganz so aus, als hät­te er sie schon vor sehr lan­ger Zeit ver­ges­sen. Ich habe ihn mehr­fach umkreist, und dann haben wir ihn gemein­sam auf dem Tisch her­um­ge­dreht. Sehr fest muss­ten wir zugrei­fen. Ich sage Ihnen, das ist nicht leicht, am ers­ten Tag in die­sem Saal so fest zuzu­fas­sen. Man ist ja sehr vor­sich­tig und man ist dank­bar für die­ses Geschenk, das ein Mensch für uns zurück­ge­las­sen hat. Und als wir ihn dann her­um­ge­dreht hat­ten, konn­ten wir eine Libel­le erken­nen. Sie war links oben auf sei­nem Rücken ein­tä­to­wiert, regio sca­pu­la­ris, Sie ver­ste­hen? Ein erstaun­lich prä­zi­se gezeich­ne­tes Bild, nicht sehr groß, viel­leicht gera­de so groß wie ein Mit­tel­fin­ger des Man­nes und in blau­en, roten und grü­nen Farb­tö­nen aus­ge­führt. In die­sem Moment hat­te ich eine Vor­stel­lung, die in das Leben des Man­nes auf dem Tisch zurück­führ­te. Ich habe mir vor­ge­stellt, wie er als jun­ger Mann in einer Bade­an­stalt mit den Mus­keln spiel­te, wie er sei­nen Insek­ten­vo­gel in Bewe­gung setz­te, um einer Frau zu gefal­len viel­leicht. Aber da war noch etwas ande­res, da war die Fra­ge, was wir sehen wür­den, sobald wir die Haut unter der Libel­le so weit gelöst hät­ten, dass ein Blick auf ihre Rück­sei­te mög­lich wer­den würde.

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hummergeschichte

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india : 6.32 — Ein Sola­ris­schiff, von dem ich träum­te, war der­art naht­los in ein düs­te­res Stadt­haus von enor­mer Grö­ße mon­tiert, dass nie­mand, der nicht in Kennt­nis gesetzt wor­den war, sei­ne Exis­tenz wahr­zu­neh­men ver­moch­te. Natür­lich spiel­te die Fahr­stuhl­an­la­ge eine bedeu­ten­de Rol­le. Dort war eine zen­tra­le Ach­se des Raum­kreu­zers hin­ein­ge­dacht, umge­ben­de Woh­nun­gen gehör­ten dazu, Tei­le der Küchen, Bäder, Flu­re, Wohn­zim­mer, auch wei­ter ent­fern­te Abtei­lun­gen des Gebäu­des, in dem aller­or­ten Was­ser von den Decken tropf­te. An einem Abend, von dem ich prä­zi­se träum­te, wur­den rausch­haf­te Fes­te unter Regen­schir­men gefei­ert. Sie dien­ten einem ein­zi­gen Zweck, Welt­raum­rei­sen­de näm­lich von zurück­blei­ben­den Men­schen zu sepa­rie­ren. Ich konn­te im Traum den ein oder ande­ren Bewoh­ner des Hau­ses leicht nar­ko­ti­siert von einem Apart­ment in das nächs­te wan­deln sehen. Als ich erwach­te, hock­te ein klei­ner blau­er Hum­mer an der Wand mei­nes Zim­mers. — stop

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blaues heft no 10 — anatomische geschichte

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tan­go : 2.57 – Eine ana­to­mi­sche Geschich­te ent­deckt. Sie wur­de von Daniil Charms geschrie­ben, und zwar in ein blau ein­ge­schla­ge­nes Heft. Natür­lich kann ich nicht sagen, ob es statt­haft ist, die­se Geschich­te an Ort und Stel­le in vol­ler Län­ge wie­der­zu­ge­ben. Ich wer­de es zunächst tun, und wenn sich jemand dar­an stö­ren soll­te, soll er sich umge­hend bei mir mel­den. Die Geschich­te geht so: Es war ein­mal ein rot­haa­ri­ger Mann, der hat­te kei­ne Augen und kei­ne Ohren. Haa­re hat­te er auch kei­ne, sodass man ihn nur bedingt einen Rot­schopf nen­nen konn­te. Spre­chen konn­te er nicht, denn er hat­te kei­nen Mund. Eine Nase hat­te er auch nicht. Er hat­te nicht ein­mal Arme und Bei­ne. Und er hat­te kei­nen Bauch, und er hat­te kei­nen Rücken, und er hat­te kein Rück­grat, und Ein­ge­wei­de hat­te er auch nicht. Über­haupt nichts hat­te er! Sodass man gar nicht ver­steht, von wem die Rede ist. Bes­ser, wir spre­chen nicht mehr von ihm. — stop

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