echo : 20.28 UTC — Hört zu! Folgendes: Fliegende oder Sommerfäden werden von jungen und alten Spinnen gesponnen und zwar vornehmlich von Individuen der Gattungen Luchsspinne (Lycosa), Kreuzspinne (Epeira), Krabbenspinne (Thomisus) und Weberspinne (Theridium). Diese Spinnen sind zum Herbst herangewachsen, und ihre Fäden bezeichnen die Wege, welche sie zogen. Da sie aber nur bei gutem Wetter spinnen, so steht die Erscheinung in der That im Zusammenhang mit schönen Herbsttagen. Die Fäden werden zum Teil vom Wind losgerissen und fortgeführt, aber auch von den Spinnen direkt für eine Fahrt durch die Luft erzeugt. Das Tierchen kriecht auf einen erhöhten Punkt, reckt den Hinterleib in die Höhe, schießt einen oder mehrere Fäden aus seinen Spinnwarzen empor und überlasst sich, von diesen getragen, der Luftströmung. Will die Spinne auf den Boden zurückkehren, so klettert sie an dem Faden hinauf und wickelt ihn dabei mit den Füßen zu einem Flöckchen zusammen, welches sich langsam zu Boden senkt.* – Nichts denken zur Beruhigung als das Wort l u m u m b a . – stop / gefunden bei *Peter Hug
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Aus der Wörtersammlung: innen
prypjat
nordpol : 6.57 UTC — Filmaufnahme der Stadt Prypjat an einem sonnigen Apriltag des Jahres 1986. Dunstige Haut liegt über farbigen Bildern des Films, spielende Kinder vor Häuserblocks, ein Karussell, ein Riesenrad, flanierende Bürgerinnen und Bürger, Alltag, Frieden. Manche der Menschen tragen Taschen, andere halten ihre Söhne und Töchter an der Hand, ein Dreirad, Bäume von hellem Grün, und der Himmel, wolkenlos. Aber da ist noch etwas anderes, etwas Unheimliches, da sind Punkte, Kreise, helle Erscheinungen zu erkennen, in Bruchteilen rasender Zeit tauchen sie auf und sind sofort wieder verschwunden. So rasch und so unerwartet treten sie aus der Bewegung des Films hervor, dass ein menschlicher Betrachter nicht sicher sein kann, ob die Erscheinung, die er gerade noch wahrzunehmen glaubte, tatsächlich zu sehen oder nicht ein Irrtum seines Gehirns gewesen war, helle Schirme, pelzig, weich. Dieses blitzende Licht zeigt Verletzungen des Bildtragenden Materials an, Verheerungen, die durch strahlende Teilchen des brennenden Grafitreaktors zu Tschernobyl verursacht wurden, Teilchenspurlicht, deshalb so unheimlich, so tragisch, weil dieses Licht in den Augen des Filmbetrachters von einer späteren Wirklichkeit aus wahrgenommen werden kann, nicht aber von jenen Menschen, die sich in der Wirklichkeit der Aufnahme vor der Kamera bewegten durch einen lebensgefährlichen Tag, den sie vielleicht für einen glücklichen Tag ihres Lebens gehalten haben, weil niemand sie vor der unsichtbaren Bedrohung, die sich in der Atmosphäre befand, warnte. — stop /Koffertext
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irgendwo nahe mariupol
delta : 14.32 UTC — Auf Luftbildfotografien dieses Winters wird Olga nicht zu sehen sein, zu klein dieses menschliche Wesen. Oder doch vielleicht sichtbar im Sommer unter einer Lupe, wie die alte Frau in ihrem Garten Himbeeren pflückt. Es ist ein wilder Garten geworden, weil Olga den Gewächsen ihres Gartens nicht länger Herr wird, sie muss oft im Haus sein bei ihrem Mann, dessen Namen ich nicht kenne. Er ruht im Wohnzimmer auf einem Bett, weil er alt ist und kaum noch gehen kann. Als er noch nicht ganz so alt war wie in diesem Winter, 8 Jahre jünger, war das mit dem Gehen bereits schwer geworden, weil er von einem Splitter harten Holzes in die Hüfte getroffen worden war, als eine Granate in einem Februar im Garten des Nachbarn explodierte. Der Nachbar lag drei Tage reglos auf dem Rücken im Schnee, weil er nicht mehr lebte. Dann hörte der Krieg auf. Nein, der Krieg entfernte sich, war jedoch nah genug geblieben, dass man ihn hören konnte und immer noch hören kann. Olgas Mann liegt auf dem Bett und lauscht zum Fenster hin, was man dort hört vom Krieg, ob er näher kommt. Auch hört er Olga, es ist Abend, die in den Keller gestiegen ist. Sehr steile Treppe. Es ist hell da unten, weil eine Kamera der alten Frau in den Keller folgte. Ein Mann trägt diese Kamera auf seiner Schulter, ein weiterer Mann trägt grelles Licht, eine Frau stellt Fragen, Olga antwortet: Wenn der Krieg wieder zu uns kommt, dann wird unser Sohn das Bett und seinen Vater in den Keller tragen. Dort wird es stehen, genau dort, wo die Zwiebeln liegen. Hier werden wir sicher sein. Der Atem der alten Olga dampft. Von der Decke hängen Fäden, auch schneeweiße Gebeine, Spinnen, die Olga noch immer fürchtet, so, stelle ich mir vor, könnte das sein. Sie schaut jetzt direkt in die Kamera. Ich betrachte ihr altes, müdes Gesicht, das sich nicht zurückziehen kann, weil ich den Film angehalten habe auf dem Bildschirm meines Fernsehgerätes. — stop

ai : ÄGYPTEN

MENSCH IN GEFAHR: „Die Menschenrechtsanwältin Hoda Abdelmoniem wird seit mehr als drei Jahren aufgrund ihrer Menschenrechtsarbeit willkürlich festgehalten. Nachdem sie 35 Monate in Untersuchungshaft verbracht hatte, wurde sie von der Obersten Staatsanwaltschaft vor das Notstandsgericht (ESSC) zitiert. Ihr wird vorgeworfen, einer “terroristischen Vereinigung” beigetreten zu sein, sie finanziert und unterstützt zu haben. Außerdem legt man ihr zur Last, über eine Facebook-Seite mit dem Namen “Egyptian Coordination for Rights and Freedoms” Falschnachrichten über Menschenrechtsverletzungen durch Sicherheitskräfte verbreitet zu haben, um Gewalt gegen staatliche Einrichtungen zu schüren. Diese Vorwürfe beziehen sich auf ihre Arbeit für die Menschenrechtsorganisation Egyptian Coordination for Rights and Freedoms (ECRF). / Die ESSCs, die als Sondergerichte im Falle eines Ausnahmezustands tätig werden, sind für ihre unfairen Verfahren bekannt und ihre Urteile sind nicht anfechtbar. Hoda Abdelmoniems Recht auf eine angemessene Verteidigung wird verletzt, da sie sich mit ihrem Rechtsbeistand ausschließlich vor Gericht treffen darf. Die Fortführung des Prozesses, der am 11. September 2021 begann, wurde auf den 15. Dezember 2021 vertagt. / Bei einer Gerichtsanhörung am 11. Oktober 2021 sagte Hoda Abdelmoniem den Richter:innen, dass ihr im Gefängnis eine Herzkatheteruntersuchung verschrieben wurde und dass eine:r der Mediziner:innen ihre Freilassung aus medizinischen Gründen beantragt habe. Laut des : der Gefängnis-mediziner:in seien jedoch derzeit Verlegungen in Krankenhäuser außerhalb des Gefängnisses aufgrund der Corona-Pandemie ausgesetzt. Amnesty International hat jedoch Kenntnis von der Verlegung anderer Gefangener in externe Krankenhäuser seit dem Ausbruch des Coronavirus, einschließlich der kurzzeitigen Verlegung von Hoda Abdelmoniem am 30. November 2020 zur Behandlung eines vermuteten Nierenversagens. Zusätzlich zu ihrer Herzerkrankung leidet Hoda Abdelmoniem an einer Nierenerkrankung, einer arteriellen Thrombose und hohem Blutdruck. Seit ihrer Inhaftierung am 1. November 2018 verweigert ihr die Verwaltung des Frauengefängnisses Al-Qanater jeglichen Besuch und Kontakt mit ihrer Familie. Ihre Angehörigen haben außerdem nach wie vor keinen Zugang zu ihrer Krankenakte, was die Sorge der Familie um ihren Gesundheitszustand noch verstärkt. Die Richter:innen, die ihren Prozess leiten, haben Anträge auf Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung und Familienbesuche bislang abgelehnt.“ — Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen, möglichst unverzüglich und nicht über den 4. Februar 2022 hinaus, unter »> ai : urgent action
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ai : CHINA

MENSCH IN GEFAHR: „Die Bürgerjournalistin Zhang Zhan (张展) ist von der Polizei in Shanghai inhaftiert worden und wird zurzeit im Gefängnis des neues Bezirks Pudong festgehalten. Sie ist willkürlich inhaftiert, weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung ausgeübt hat. Diese Recht ist in Artikel 19 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (AEMR) verankert. / Zhang Zhan reiste im Februar 2020 nach Wuhan, um über den Ausbruch von Covid-19 zu berichten. She berichtete über die Inhaftierung unabhängiger Reporter_innen und die Schikane der Familienangehörigen der Betroffenen. Am 15. September wurde sie angeklagt, “Streit angefangen und Ärger provoziert” zu haben (寻衅滋事罪). Darauf stehen bis zu fünf Jahre Haft. Ihr droht diese Haftstrafe nur aufgrund ihrer Berichterstattung über einen Sachverhalt von öffentlichem Interesse. / Zhang Zhan trat in den Hungerstreik, um gegen ihre Inhaftierung zu protestieren und ihre Unschuld zu betonen. Obwohl sie die Absicht hatte, den Hungerstreik fortzusetzen, sollen Gefängnis-beamt_innen ihr gegen ihren Willen Nahrung verabreicht haben. Sie muss darüberhinaus Fußfesseln tragen und ihre Hände sind seit über drei Monaten Tag und Nacht gefesselt. Diese Maßnahmen verstoßen gegen das absolute Verbot der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe und stellen eine Verletzung der Verpflichtungen Chinas unter internationalen Menschenrechtsnormen dar. Die Auswirkungen dieser Maßnahmen auf den Gesundheitszustand von Zhang Zhan geben Anlass zu großer Sorge. Ihr Zustand hat sich seit September sehr verschlechtert.“ - Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen unter > ai : urgent action
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ai : IRAN

MENSCH IN GEFAHR: „Der von der Hinrichtung bedrohte Arzt Dr. Ahmadreza Djalali wird seit sieben Wochen ohne Kontakt zur Außenwelt im Evin-Gefängnis in Teheran in Haft gehalten. Nach der wiederholten Aufforderung, ihnen Kontakt zu ihrem Mandanten zu ermöglichen, übergab die Gefängnisverwaltung seinen Anwält_innen Ende Dezember 2020 einen undatierten Brief von Dr. Djalali. Darin schrieb er, dass er sich seit 33 Tagen in Einzelhaft befindet. Seiner Familie und seinen Anwält_innen wurde am 24. November 2020 gesagt, dass das Todesurteil von Dr. Djalali innerhalb einer Woche vollstreckt werde und sie nun die letzte Gelegenheit zu einem Videotelefonat hätten. / Die Nachricht der bevorstehenden Vollstreckung löste internationale Forderungen aus, seine Hinrichtung zu stoppen. Laut Amnesty International vorliegenden Informationen wurden nach den weltweiten Protesten die Hinrichtungspläne am 2. Dezember 2020 “auf Anweisung von oben” gestoppt. Am 8. Dezember 2020 erfuhr die Familie, dass seine Hinrichtung um eine Woche verschoben wurde und Ende Dezember hieß es, dass die Vollstreckungsbehörde die Hinrichtung erneut um einen Monat verschoben habe. Doch die Tatsache, dass sich Ahmadreza Djalali nach wie vor in Haft ohne Kontakt zur Außenwelt befindet, gibt trotz der zwei Aufschübe großen Anlass zu der Befürchtung, dass er jederzeit hingerichtet werden könnte. Denn die iranischen Behörden pflegen Todeskandidat_innen im Geheimen hinzurichten, nachdem sie sie in Einzelhaft verlegt und ihnen darin den Kontakt zur Außenwelt verweigert haben. / Dr. Ahmadreza Djalali wurde im Oktober 2017 in einem grob unfairen Verfahren vor der Abteilung 15 des Teheraner Revolutionsgerichts wegen “Verdorbenheit auf Erden” (ifsad fil-arz) zum Tode verurteilt. Das Gericht stützte sich dabei hauptsächlich auf “Geständnisse”, die laut Ahmadreza Djalali durch Folter und andere Misshandlungen erzwungen worden waren. Er befand sich zu dieser Zeit in verlängerter Einzelhaft und hatte keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand. Die Behörden drohten ihm, ihn hinzurichten und seine in Schweden lebenden Kinder sowie seine im Iran lebende Mutter zu töten oder auf andere Art zu verletzen. Amnesty International vertritt die Auffassung, dass der Straftatbestand der “Verdorbenheit auf Erden” die strafrechtlichen Erfordernisse der Rechtsklarheit und Genauigkeit nicht erfüllt und zudem dem Legalitätsprinzip und dem Grundsatz der Rechtssicherheit zuwiderläuft. Am 9. Dezember 2018 erfuhren die Rechtsbeistände von Ahmadreza Djalali, dass sein Todesurteil vor Abteilung 1 des Obersten Gerichtshofs summarisch bestätigt worden war, ohne dass sie die Möglichkeit hatten, Verteidigungsanträge im Namen ihres Mandanten einzureichen. Mindestens zwei Anträge auf eine gerichtliche Überprüfung seines Falls wurden abgelehnt.“ - Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen bis spätestens zum 24.2.2021 unter > ai : urgent action
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ai : BELARUS

MENSCH IN GEFAHR: „Viachaslau Rahashchuks Gesundheitszustand ist so schlecht, dass er umgehend in ein Krankenhaus eingewiesen werden müsste. Doch stattdessen befindet er sich in der Untersuchungshaftanstalt Nr. 6. Seine Verletzungen sind auf Folter und andere Misshandlungen zurückzuführen, denen er in der Haft ausgesetzt war. / Der Taxifahrer wurde am Abend des 10. August in Pinsk von mindestens fünf Polizeibeamt_innen gewaltsam und willkürlich festgenommen, als er mit seiner Schwester und ihrem zwölfjährigen Sohn spazieren ging. Am Vortag waren die Wahlergebnisse der Präsidentschaftswahl offiziell bekanntgegeben worden und nach massiven Betrugsvorwürfen hielten die Proteste in der Stadt noch an. Viachaslau Rahashchuk hat keine Straftat begangen und seine Festnahme und nachfolgende Inhaftierung sind willkürlich. In der Zwischenzeit wurde er nach Paragraf 293 Teil 1 des belarussischen Strafgesetzbuches angeklagt, der im Zusammenhang mit dem Vorwurf von “Massenunruhen” steht. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft. / Am 11. August nahm einer der damaligen Mithäftlinge von Viachaslau Rahashchuk Kontakt zu dessen Mutter auf und teilte ihr mit, dass ihr Sohn von Gefängniswärtern schwer misshandelt worden sei. Er habe ein Hämatom hinter dem Ohr, drei Schnittwunden am Kopf und Prellungen an der gesamten Wirbelsäule. Außerdem seien die Gefängniskorridore voller Blutlachen von all denjenigen, die geschlagen wurden. / Seitdem hat Viachaslau Rahashchuk ein permanentes Klingeln in seinem Kopf. Seine Angehörigen baten einen Gefängnismediziner darum, ihm eine Überweisung zur Computer-Tomografie auszustellen. Dieser meinte jedoch nur, dass es Viachaslau Rahashchuk gut gehe und dass die Familie weiterhin Medikamente zur Linderung der Symptome schicken solle. Glaubwürdigen und aktuellen Berichten zufolge hat Viachaslau Rahashchuk wiederholt für bis zu 20 Minuten das Bewusstsein verloren. Außerdem hat er auf der linken Seite des Brustkorbs einen Tumor entwickelt. Die wiederholten Bitten seiner Familie, ihn einer unabhängigen ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, wurden allesamt abgelehnt. Viachaslau Rahashchuk wird die dringend benötigte medizinische Behandlung verweigert.”- Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen bis spätestens zum 8.2.2021 unter > ai : urgent action
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ai : BELARUS

MENSCH IN GEFAHR: „Marfa Rabkova ist eine Menschenrechtsverteidigerin und arbeitet als Koordinatorin des Freiwilligendienstes des Menschenrechtszentrums Viasna. / Sie wurde am 17. September festgenommen und am 25. September unter Paragraf 293(3) des Strafgesetzbuchs (“Training oder andere Vorbereitung von Menschen zur Teilnahme an Aufständen, oder Finanzierung solcher Aktivitäten”) angeklagt. Bei einer Verurteilung drohen ihr bis zu drei Jahre im Gefängnis. Sie befindet sich zurzeit in der Untersuchungshafteinrichtung Nr. 1 in Minsk./ Marfa Rabkova ist eine gewaltlose politische Gefangene, die allein wegen ihres rechtmäßigen Einsatzes als Menschenrechtsverteidigerin schikaniert wird. Sie beobachtet Demonstrationen und dokumentiert Menschenrechtsverletzungen wie Folter oder andere Misshandlungen an friedlichen Protestierenden durch Beamt_innen der Sicherheitsbehörden. Marfa Rabkova hat keine Straftat begangen. Ihre Strafverfolgung ist eine erhebliche Verletzung der internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen des Landes./ Die belarussischen Behörden müssen aufhören, Mitglieder des Menschenrechtszentrums Viasna und andere zivilgesellschaftliche Aktivist_innen strafrechtlich zu verfolgen. Sie müssen die Rechte auf Vereinigungs‑, Versammlungs- und Meinungsfreiheit der belarussischen Bevölkerung respektieren.“ - Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen bis spätestens zum 1.12.2020 unter > ai : urgent action
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von den lungenbäumen
india : 0.22 UTC — Ein besonderer Baum, bald nach dem Winter, bald im Frühling, erste Knospen faszinierenden Gewebes. Sobald man sich anschleicht, wird man bemerken, nicht Blätter, nicht Blüten, aber Hände, eine Ahnung zunächst, dann deutlich zu erkennen, menschliche Hände im Alter von sechs oder sieben Wochen, wie sie wachsen, wie sie sich entfalten, wie sie mit erster Bewegung beginnen. Auf einem weiteren Baum sprießen Ohren und Nasen, dann wieder Hände, vielleicht deshalb, weil man gerade sehr viel Hände benötigt. Und Augenbäume, Herzbäume, Nierenbäume, selbst Mund‑ und Zungenbäume sind denkbar wie Lungenbäume, und weitere schrecklich schöne Kreaturen. — stop / koffertext

ai : IRAN

MENSCH IN GEFAHR: „Der 47-jährige Kurde Arsalan Khodkam ist in Gefahr, im Gefängnis von Urumieh in der Provinz West-Asderbaidschan hingerichtet zu werden. Er war am 14. Juli 2018 wegen “Spionage” für die Kurdische Demokratische Partei des Iran (KDPI), eine bewaffnete Oppositionsgruppe, zum Tode verurteilt worden. Damals war er ein niedrigrangiger Angehöriger der Revolutionsgarden. Er hat diese Anschuldigungen immer bestritten und erklärt, dass die Behörden ihn der Spionage beschuldigten, nachdem sie erfahren hatten, dass er über Instagram mit einem Verwandten seiner Frau kommunizierte, der Mitglied der KDPI war. Arsalan Khodkam wurde weniger als drei Monate nach seiner Festnahme in einem unfairen Verfahren, das nur 30 Minuten dauerte, aufgrund von “Geständnissen”, die er seinen Angaben zufolge unter Folter und anderen Misshandlungen unterzeichnet hatte, zum Tode verurteilt. Er hatte zu keinem Zeitpunkt Zugang zu einem Rechtsbeistand seiner Wahl. Im Februar 2020 versuchte sein Anwalt Einsicht in die Gerichtsunterlagen zu erhalten, um ein Gnadengesuch vorzubereiten. Die Staatsanwaltschaft teilte dem Rechtsbeistand jedoch mit, er könne Arsalan Khodkam nicht vertreten. Ein Gnadengesuch, das Arsalan Khodkam aus dem Gefängnis gestellt hatte, wurde abgelehnt. Im Mai 2020 wurden seine Familienangehörigen gewarnt, er könne jederzeit hingerichtet werden. / Nach seiner Festnahme am 23. April 2018 wurde Arsalan Khodkam in eine Hafteinrichtung der Revolutionsgarden in der Militärkaserne Almahdi in Urumieh gebracht. Dort hielt man ihn 36 Tage in Einzelhaft ohne Kontakt zu seiner Familie oder einem Rechtsbeistand. Während dieser Zeit wurde er seinen Angaben zufolge wiederholt gefoltert, um ihn zu einem “Geständnis” zu zwingen. Er sagte, er sei wiederholt ausgepeitscht bzw. mit Stöcken geschlagen und mit Fausthieben und Tritten traktiert worden, unter anderem auf den Rücken, wo er ein chirurgisches Implantat hat. Deshalb habe er mehrfach das Bewusstsein verloren. Die Verhörbeamt_innen sollen ihn über lange Zeiträume in schmerzhafter Weise die Hände gefesselt haben. Während dieser Zeit verweigerte man ihm den Gang zu Toilette, so dass er sich einnässte oder den Harn so lange einhielt, bis er Blasen- und Nierenschmerzen hatte. Er gab außerdem an, am Schlafen gehindert worden zu sein. / Arsalan Khodkam wurde von der Abteilung 1 des Militärgerichts in West-Aserbaidschan der “Feindschaft zu Gott” (moharebeh) durch “Spionage” für schuldig befunden. Er traf seinen vom Gericht bestimmten Rechtsbeistand zum ersten Mal während des Gerichtsverfahrens. Dieser habe vor Gericht nichts zu seiner Verteidigung vorgetragen. Die Abteilung 32 des Obersten Gerichtshof wies sein Rechtsmittel im Schnellverfahren zurück, ohne darauf einzugehen, dass unter Folter erpresste “Geständnisse” vor Gericht zugelassen wurden. Ein darauffolgender Antrag auf gerichtliche Überprüfung des Verfahrens wurde am 3. Oktober 2018 zurückgewiesen. Arsalan Khodkam hat bis heute keine schriftliche Fassung des Urteils gegen ihn erhalten. Die Anwendung der Todesstrafe wegen “Spionage” verstößt gegen das Völkerrecht, das die Todesstrafe auf die “schwersten Verbrechen”, wie vorsätzliche Tötungen, beschränkt. / Amnesty International wendet sich in allen Fällen, weltweit und ausnahmslos gegen die Todesstrafe, ungeachtet der Schwere und der Umstände einer Tat, der Schuld, Unschuld oder besonderen Eigenschaften des Verurteilten, oder der vom Staat gewählten Hinrichtungsmethode, da sie das Recht auf Leben verletzt und die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen darstellt.“ - Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen bis spätestens zum 28.9.2020 unter > ai : urgent action


