Aus der Wörtersammlung: moment

///

bild schlafen

pic

whis­key : 2.15 — Vor dem Fens­ter knis­tern Kas­ta­ni­en­bäu­me, viel­leicht davon sind Vio­let und Dai­sy auf­ge­wacht. Ein lei­ses Geräusch zunächst, das schnur­ren­de Geräusch einer Peda­le, dann das Klap­pern einer Schreib­ma­schi­ne im ange­nehm war­men Licht eines höl­zer­nen Zim­mers lan­ge vor mei­ner Zeit. Was für eine selt­sa­me Schreib­tisch­lam­pe! Und wie die Mäd­chen lächeln, in einer Wei­se lächeln, dass sie zu leuch­ten schei­nen. Es sieht ganz so aus, als hät­te das eine Mäd­chen dem ande­ren Mäd­chen gera­de eben noch eine Geschich­te erzählt. Zufrie­den lauscht sie ihren Wor­ten nach, wäh­rend das ande­re Mäd­chen die Geschich­te in die Maschi­ne notiert. Zwei Mäd­chen exakt glei­chen Alters, viel­leicht schon jun­ge Frau­en. In die­sem Moment, in die­ser Minu­te, da ich wie­der ein­mal notie­re oder bemer­ke oder erin­ne­re, dass Dai­sy und Vio­let Hil­ton an einer Stel­le ihres Kör­pers der­art inein­an­der ver­wach­sen sind, dass kein Luft­raum sie je von­ein­an­der tren­nen wird, wie­der der ver­trau­te Ein­druck, dass ich ihnen zu nahe kom­men könn­te, indem ich ihnen schrei­be. Und tat­säch­lich sind sie nun wach gewor­den. Wie Dai­sy ihren Kopf zur Sei­te neigt, eine kaum wahr­nehm­ba­re Bewe­gung. Wie ich müde wer­de von einer Sekun­de zur ande­ren. Wie Dai­sy noch sagt: Vio­let, schau, ist das nicht ein merk­wür­di­ger Mann? War­tet so lan­ge, war­tet und war­tet, dass wir uns bewe­gen. Und jetzt ist er eingeschlafen.

ping

///

geraldine verliert ihren sommerhut

pic

echo

~ : geraldine
to : louis
sub­ject : MEIN SOMMERHUT

Es ist win­dig heu­te, Mr. Lou­is, aber das Meer bewegt sich nicht. Kleins­te Wel­len nur, als wür­de das Was­ser frie­ren. Weil dazu die Son­ne scheint, hat­te Papa am Vor­mit­tag den Schiffs­fo­to­gra­fen und mei­nen Som­mer­hut mit­ge­bracht. Jetzt schwimmt mein Hut auf dem Atlan­tik, weil ich einen Moment nicht auf­ge­passt und ihn nicht fest­ge­hal­ten habe. Bald wer­de ich eine Foto­gra­fie besit­zen mit einem Hut, den es nicht mehr gibt. Eine lus­ti­ge Geschich­te, nicht wahr? Aber was erzäh­le ich Ihnen da für unwich­ti­ge Din­ge? Ich muss immer­zu an mei­nen klei­nen, lie­ben Ste­ward den­ken. Seit zwei Tagen liegt er in sei­ner Kajü­te, weil er krank gewor­den ist. Nichts Erns­tes, nur ein Schnup­fen und etwas Hus­ten. Und natür­lich darf ich nicht zu ihm, ich könn­te mich infi­zie­ren mit Him­mel­weiß­was und das wür­de mich umbrin­gen, sagt der Dok­tor, obwohl ich das nicht glau­be, weil ich doch sehr ver­liebt bin. In zwei Tagen darf ich viel­leicht zu ihm. Bis dahin schi­cke ich klei­ne Brie­fe, wes­halb ich eigent­lich über­haupt kei­ne Zeit habe, an Sie zu schrei­ben. — Ahoi, Mr. Lou­is, Ahoi! Ihre Geral­di­ne auf hoher See.

notiert im Jah­re 1962
an Bord der Queen Mary
auf­ge­fan­gen am 22.02.2009
22.18 MEZ

geral­di­ne to louis »

ping

GERALDINE TO LOUIS / ENDE

///

flimmern

pic

sier­ra : 6.15 — Ich hat­te mein Fern­seh­ge­rät für einen kur­zen Moment ein­ge­schal­tet, das heißt, ich woll­te für eine Minu­te, gewiss nicht län­ger, nach­se­hen, was sich gera­de ereig­net, sagen wir, aus der Ent­fer­nung betrach­tet, nahe und in der Stadt Gaza. Nach fünf Stun­den hat­te ich den Appa­rat noch immer nicht aus­ge­schal­tet, wes­halb ich an die­sem vor Käl­te knis­tern­den Mor­gen kei­ne schreib­ba­ren Gedan­ken, als die­se Gedan­ken, notie­ren kann. Und nun soll­te ich doch viel­leicht aner­ken­nen, dass ich mich heu­te Nacht ver­lo­ren habe. Was ist eigent­lich in mei­nem Kopf ange­kom­men? Was habe ich gese­hen? Was habe ich gehört? War­um habe ich nichts gedacht? Oder habe ich doch etwas gedacht? Was habe ich gefühlt? War­um habe ich das Fern­seh­ge­rät nicht aus­ge­schal­tet? Was ist das eigent­lich, die­ser fla­che Schirm in mei­ner nächs­ten Nähe, der mir Welt vor­spielt, wie sie ist und wie sie nicht ist zur glei­chen Zeit? Was machen die Vögel vor mei­nem Fens­ter? Sie sind sie viel­leicht alle gefro­ren und von den Bäu­men gefal­len? Guten Mor­gen. stop. Gute Nacht. — stop

ping

///

glücklicher brief an vladimir nabokov : propeller

pic

marim­ba

~ : louis
to : Mr. vla­di­mir nabokov
sub­ject : PROPELLER

Lie­ber Mr. Nabo­kov, ges­tern Abend, nach einem lan­gen Spa­zier­gang und dem Besuch einer Bar, in der ein paar halb­wegs betrun­ke­ne Freun­de saßen, hab’ ich mich an ihre Vor­le­sung über Franz Kaf­kas Ver­wand­lung erin­nert, an Ihre lie­be­vol­le und akri­bisch genaue Unter­su­chung des Tex­tes, an ihre Käfer­zeich­nun­gen von eige­ner Hand, mit wel­chen Sie ver­such­ten eine Vor­stel­lung zu gewin­nen von Wesen und Gestalt jener Hül­le, in die Gre­gor Samsa ein­ge­schlos­sen wor­den war. Ja, die Genau­ig­keit, mit der man sich erfin­dend einem Gegen­stand nähert oder die Genau­ig­keit, mit der man einen erfun­de­nen Gegen­stand sezie­ren kann, immer wie­der begeg­ne ich wäh­rend mei­ner Arbeit Ihren Unter­su­chun­gen, Ihrer Metho­de. Vor­ges­tern hat­te ich bei einer ers­ten Annä­he­rung an eine Geschich­te, die von leben­den Papie­ren erzäh­len wird, das Wort Pro­pel­ler­flü­gel in den Mund genom­men, ohne zu ahnen, dass Pro­pel­ler in der Welt leben­der Orga­nis­men nur sehr schwer zu ver­wirk­li­chen sind, weil ein Pro­pel­ler sich doch frei bewe­gen muss, dre­hend in einer Fas­sung, die ihn lose hält, sodass ein leben­der Orga­nis­mus aus einem wei­te­ren Kör­per bestehen müss­te, der ganz zu ihm gehö­ren wür­de und doch nicht ganz zu ihm gehö­ren kann. Nun habe ich beschlos­sen, die Vor­stel­lung der Pro­pel­ler­flü­gel nicht so ohne Wei­te­res auf­zu­ge­ben. Ich habe mir gedacht, dass ein Pro­pel­ler, der aus orga­ni­schen Mate­ria­li­en bestehen wird, viel­leicht auf ato­ma­rer Ebe­ne einem flug­fä­hi­gen Kör­per ver­bun­den sein könn­te, ver­bun­den durch Mole­kü­le, die im Moment einer Flug­be­we­gung, den Rotor von Haut und Kno­chen einer­seits anzu­trei­ben in der Lage sind und ande­rer­seits je für einen kur­zen Moment in die Frei­heit ent­las­sen. Und jetzt bin ich glück­lich und hof­fe, dass sie an mei­nem Ent­wurf Gefal­len fin­den wer­den. – mit aller­bes­ten Grü­ßen, Ihr Louis

ping

///

schlafende vögel

pic

echo : 8.25 — Weil ein unter der Was­ser­ober­flä­che leben­der Vogel noch immer ein Vogel ist, weder Fisch noch Amphi­bie, wird er sich von Zeit zu Zeit an die Gestalt der Bäu­me erin­nern, an den Luft­ge­sang sei­ner Freun­de, an den Wind, der durch sein Gefie­der streif­te, an das Vor­däm­me­rungs­licht der Son­ne, das ihm Augen und Schna­bel öff­ne­te, auch an die Far­ben der Wol­ken, an den Schnee, an den Duft der Blü­ten, an das Öl der Samen, der Nüs­se. Er wird viel­leicht auf san­di­gem Boden unter wei­te­ren Vögeln sit­zen und das Licht der Wel­len wird ihm schmei­cheln, komm zurück, komm zurück, und er wird in die­sen Momen­ten füh­len, dass etwas anders gewor­den ist, dass man als schla­fen­der Vogel auf und davon trei­ben, dass man nie­mals wis­sen kann, wo man erwa­chen wird. – Ein wun­der­bar ruhi­ger Abend, spa­zier­te ins Café, besuch­te L., notier­te end­lich wie­der ein paar ana­to­mi­sche Sät­ze, stu­dier­te Zug­fahr­plä­ne Mum­bai – Dar­jee­ling. Wie schritt­wei­se die Far­ben zurück­keh­ren, Gra­vi­ta­ti­on, ein Oben, ein Unten. Und plötz­lich die­ses fei­ne Bild eines Schwarms der Unter­was­ser­vö­gel, wie sie schla­fend als Vogel­wol­ke in der Strö­mung trei­ben. Man­che schwe­ben auf dem Rücken, die Flü­gel weit geöff­net, ande­re haben ihren Kopf ins nas­se Gefie­der gesteckt, glei­ten in einer Hal­tung dahin, als wür­den sie wie immer auf dem Ast eines Bau­mes sit­zen. Das Nacht­ge­spräch der Schla­fen­den in mei­nem Kopf, ein lei­ses Sin­gen, ein Sin­gen, das schon bald zu einem Gespräch gewor­den ist. — stop

ping

///

que sera, sera, whatever will be, will be …

pic

tan­go : 8.52 — Immer schon hab ich geträumt. Als Jun­ge saß ich auf Bäu­men, mein­te, hoch auf einem Schiff zu schau­keln, bis ich bemerk­te, dass die Zeit der Phy­sik­stun­de bereits hin­ter mir lag. Dann war ich Astro­naut oder Tau­cher, ich träum­te Glüh­bir­nen, wie man sie macht, war ein Ent­de­cker in luf­ti­gen Räu­men. Eines Tages begann ich, mei­ne Träu­me auf­zu­zeich­nen, um sie fort­set­zen zu kön­nen. Nun hat­te das Träu­men etwas mit Erfin­dung zu tun, weil die geträum­te Zeit und ihre Geschich­ten der wirk­li­chen Welt ein­ge­schrie­ben, ja ein­ver­leibt wer­den konn­ten, einer Welt auf dem Papier, wo sie sich behaup­ten soll­ten. Von die­sem Moment an sam­mel­te ich Träu­me, Ent­de­ckun­gen, Nacht­zep­pe­li­ne, konn­te zei­gen, was ich erfand, konn­te tei­len mit ande­ren Men­schen, eine span­nen­de Auf­ga­be, nie ist mir seit­her lang­wei­lig gewor­den. Oft steh’ ich mor­gens in mei­nem Zim­mer und schon wird geträumt, noch wäh­rend ich mich wasche begin­ne ich mei­ne Arbeit, suche, bin auf­merk­sam, lau­sche. Ja, ich arbei­te, wenn ich lau­sche, wenn ich träu­me, ohne zu schla­fen. Manch­mal träu­me ich auf der Stra­ße, wäh­rend ich spa­zie­re, das ist natür­lich sehr gefähr­lich, weil ich Ampeln ver­ges­se, weil ich mich ver­lau­fe oder in ver­kehr­te Stra­ßen­bah­nen stei­ge. Ges­tern Nach­mit­tag beleuch­te­te ich einen Frosch, der die mensch­li­che Spra­che zu imi­tie­ren ver­mag. Zwei Stun­den lang arbei­te­te ich, ging Ein­kau­fen, fort­wäh­rend träu­mend, erfin­dend, küm­mer­te mich in der Küche um eine Enten­brust, ein­mal tele­fo­nier­te ich, ohne je mei­ne Gedan­ken an den klei­nen, spre­chen­den Frosch auf­zu­ge­ben. Ein Geschenk die­ses Erzäh­len, die­se Art und Wei­se zu leben, gera­de in schwie­ri­gen Zei­ten. — stop

ping

///

anleitung zum glücklichsein

pic

gink­go : 18.25 — Am letz­ten Tag des Sep­tem­bers unterm Regen­schirm spa­ziert. Zunächst reg­ne­te es Regen­sand, dann Regen­reis, dann reg­ne­te es klei­ne Frö­sche. Für einen kur­zen Moment dach­te ich dar­an, in einem Film ange­kom­men zu sein, der von Loui­sia­na han­delt. Das war ein fei­nes Gefühl unterm klin­gen­den Schirm am Ufer des Mis­sis­sip­pi zu ste­hen und den Frö­schen zu lau­schen, die auf ihrer letz­ten Rei­se vom Him­mel erstaun­li­che, pfei­fen­de Geräu­sche von sich gaben. Als ich so im Frosch­re­gen am gro­ßen Fluss stand, erin­ner­te ich mich an einen klei­nen Text, den ich im ver­gan­ge­nen Jahr bereits geschrie­ben habe. Und sofort wuss­te ich, dass ich die­sen Text, sobald ich wie­der zu Hau­se ange­kom­men sein wür­de, noch ein­mal lesen soll­te. Es ist noch immer ein beru­hi­gen­der Text, ein Text, der mich berührt. Des­halb will ich die­sen klei­nen Text, eine Anlei­tung zum Glück­lich­sein, noch ein­mal für Sie wie­der­ho­len: „Man ver­las­se das Haus. Sorg­fäl­tig alle Bewe­gun­gen des Ver­kehrs beach­tend, gehe man so lan­ge durch die Stadt, bis man auf eine Buch­hand­lung trifft. Dort kau­fe man: Cor­ta­zar, Julio – Geschich­ten der Cro­nopi­en und Famen. Dann gehe man spa­zie­ren, tra­ge den schma­len Band durch die Stra­ßen, bis man einen Park erreicht, wenn Som­mer, oder ein Café, wenn Win­ter ist. Man neh­me Platz und lese. Über den Umgang mit Amei­sen bei­spiels­wei­se, oder wie wun­der­bar ange­nehm es ist, ein Spin­nen­bein pos­ta­lisch an einen Außen­mi­nis­ter auf­zu­ge­ben. Oder man las­se sich im Uhren­auf­zie­hen oder im Trep­pen­stei­gen unter­wei­sen. Jetzt bereits wird man eine leich­te Wär­me spü­ren, die aus der Gegend des Bau­ches nach oben und unten in Arme und Bei­ne aus­wan­dert. Also lese man wei­ter, lau­sche jenen ange­neh­men Geräu­schen im Kopf, – die­sem sagen wir: Jeder­mann wird schon ein­mal beob­ach­tet haben, dass sich der Boden häu­fig fal­tet, der­ge­stalt, dass ein Teil im rech­ten Win­kel zur Boden­ebe­ne ansteigt und der dar­auf­fol­gen­de Teil sich par­al­lel zu die­ser Ebe­ne befin­det, um einer neu­en Senk­rech­te Platz zu machen. Oder jenem: Trep­pen steigt man von vorn, da sie sich von hin­ten oder von der Sei­te her als außer­or­dent­lich unbe­quem erwei­sen. It works.”
ping

///

yanuk : stille

pic

marim­ba

~ : yanuk le
to : louis
sub­ject : STILLE
date : sept 7 08 10.15 p.m.

Lie­ber Mr. Lou­is, in der ver­gan­ge­nen Nacht sind selt­sa­me Din­ge gesche­hen. Ich hat­te auf Höhe 258 mein Zelt auf­ge­schla­gen, weil es gereg­net, nein, weil es sehr stark gereg­net hat­te ges­tern Nach­mit­tag. Die Bäu­me tropf­ten und ich ahn­te, dass nachts noch ein­mal Regen fal­len wür­de, so feucht war die Luft gewor­den. Ich leg­te mich also in mein Zelt, hör­te dem Sin­gen der Nacht­af­fen zu und irgend­wann schlief ich ein. Als ich erwach­te, war es noch immer dun­kel. Ich konn­te nichts hören, kei­nen Laut, es war so still, als hät­te ich mei­ne Ohren ver­lo­ren. Ja, für einen Moment dach­te ich, dass das Hör­ver­mö­gen der Lebe­we­sen viel­leicht nur eine Idee gewe­sen war, eine poe­ti­sche Eigen­schaft ohne die Mög­lich­keit einer Ver­wirk­li­chung, und doch hör­te ich Stil­le, ich hör­te, dass ich nichts hör­te, nichts von Außen her, also Stil­le von Außen, aber ein rhyth­mi­sches Geräusch von Innen, ver­mut­lich die Bewe­gung mei­nes Blu­tes. Ich ver­ließ das Zelt und hör­te noch immer nichts als mein Herz, das etwas schnel­ler schlug. Eine Wol­ke kleins­ter Flie­gen tanz­te um mei­ne Klet­ter­la­ter­ne, zwei Geckos saßen an einem Stamm in ihrer Nähe und angel­ten sich die schöns­ten Exem­pla­re her­aus. Ich hat­te ihnen ges­tern bereits bei ihrer beque­men Arbeit zuge­se­hen, und ich erin­ner­te mich, dass der Dschun­gel um mich her­um geknis­tert hat­te und die Affen ein unent­weg­tes Gespräch führ­ten über gro­ße Distanz. Jetzt, wie zur Prü­fung, berühr­te ich mei­ne Ohren, sie waren noch da, bei­de Muscheln. Indem ich an der lin­ken Muschel zog, dreh­te sich etwas her­um in mei­nem Ohr, es krach­te und ich hat­te den fes­ten Ein­druck, besucht wor­den zu sein. Und auch rechts dreh­te man sich in mei­nem Ohr, sobald ich dar­an zog, zur Sei­te, aber dann wie­der Stil­le bei­der­seits. Ich leg­te mich ins Zelt zurück und über­leg­te, ob ich viel­leicht in Gefahr sein könn­te, ob man viel­leicht mein Gehirn betre­ten woll­te, und weil es so schön still war, bin ich ein­ge­schla­fen. Ich schlief sehr lan­ge, war schon hell, als ich erwach­te, und der Dschun­gel knis­ter­te und wis­per­te um mich her, und ich hör­te die Affen des Tages und das Rufen der Nas­horn­vö­gel und lag eine Wei­le so da, froh wie­der hören zu kön­nen. Wie jeden Mor­gen saßen pracht­vol­le Käfer und Fal­ter und Flie­gen an den Wän­den mei­nes Zel­tes. Und alle taten sie so, als hät­ten sie mit mei­nen Ohren nicht das Min­des­te zu tun. stop. Yanuk

ein­ge­fan­gen
0.52 UTC
2334 Zeichen

yanuk to louis »

ping

///

memory

pic

oli­mam­bo : 3.02 — Vor einer Stun­de unge­fähr, aus hei­te­rem Him­mel, erin­ner­te ich mich an eine Brief­mar­ke, die sich zu einer Zeit in mei­nem Besitz befun­den hat­te, als ich noch ein Kind gewe­sen war. Die­se Mar­ke, obwohl sehr vie­le Jah­re weit von mir ent­fernt, war so gegen­wär­tig von einer Sekun­de zur ande­ren, als hät­te ich sie weni­ge Minu­ten zuvor einem Sam­mel­al­bum ent­nom­men und auf einen Luft­post­brief geklebt. Zu Ehren des Schim­pan­sen Ham, der in den Welt­raum gereist war, um dort eini­ge Übun­gen in der Schwe­re­lo­sig­keit zu absol­vie­ren, war sie in einer begrenz­ten Auf­la­ge gedruckt gewor­den. Das Beson­de­re an Ham war ohne Fra­ge sei­ne Men­schen­ähn­lich­keit gewe­sen, auch dass Ham, im Gegen­satz zu Lei­ca, einer rus­si­schen Hun­de­da­me, sei­nen Aus­flug in den Kos­mos über­leb­te. Der klei­ne Brief­mar­ken­af­fe trug einen Helm, genau genom­men einen wei­ßen Astro­nau­ten­helm, der unglück­li­cher­wei­se von einem Stem­pel getrof­fen wor­den war. In die­sem Moment, da ich notie­re, erin­ne­re mich an einen Riss, der mein Brief­mar­ken­al­bum bedroh­te, weil er mit jeder Besich­ti­gung der Samm­lung, knis­ternd wuchs. Ein­mal habe ich einem Mäd­chen, in das ich ver­liebt gewe­sen war, mein Album mit Riss gezeigt, eine selt­sa­me Erfah­rung, wes­halb ich das Sam­meln der Brief­mar­ken auf­ge­ben habe und mich den Schall­plat­ten zu wid­men begann. Die­ses Mäd­chen, das mich von den Brief­mar­ken ent­fern­te, hieß Patri­zia und trug sehr klei­ne blaue Knöp­fe in bei­den Ohren, die herr­lich fun­kel­ten, sobald sie sich beweg­te. Ja, sie fun­kel­ten damals bis in mei­ne Träu­me hin­ein und sie fun­keln noch heu­te oder wie­der, wäh­rend ich hier still in einer küh­len Nacht her­um­sit­ze und mich wun­de­re, dass ich an Din­ge den­ke, die ich vor einer Stun­de noch nicht wuss­te. — stop

///

schuhwerk

pic

echo : 5.22 — Ein­mal war­te­te ich im Regen ste­hend auf eine Stra­ßen­bahn. Das war ein sehr ange­neh­mer, war­mer, nach Stei­nen duf­ten­der Regen, eine Art Regen, bei der ich an das Wort Mon­sun den­ke, wenn ich sei­ne Geräu­sche höre. Ich stand also im Regen und dach­te an das Wort Mon­sun, als genau um 22 Uhr und 18 Minu­ten die Stra­ßen­bahn, die ich erwar­te­te, vor mir hielt. Die Türen öff­ne­ten sich und ein Herr stieg aus der Stra­ßen­bahn, der eine Zigar­re rauch­te. Er trug einen grau­en Anzug, ein wei­ßes Hemd, eine hell­grü­ne Kra­wat­te, kei­ne Schu­he, aber Strümp­fe. Für einen kur­zen Moment, ich hat­te einen Fuß bereits in den Wag­gon der Stra­ßen­bahn gestellt, stand der Mann direkt neben mir. Ich sag­te: Sie haben kei­ne Schu­he an, mein Herr. So, erwi­der­te der Mann, blick­te dann erstaunt an sich her­ab, sah mir in die Augen und frag­te mit einer sehr hel­len Stim­me: War­um? — stop

ping



ping

ping