sierra : 4.03 — Auf dem Meer. Es ist Nacht, kaum Licht. Die Luft, feucht und warm, ich bin nicht im Wasser, könnte sein, dass ich fliege, ein Brummen oder Summen ist zu hören. Bienen sind in der Luft, umkreisen ein Schiff, tausende Fingerluken im Rumpf, dort fliegen Bienenwesen ein und aus. Manche kommen aus der Dunkelheit heran, andere fliegen in die Dunkelheit davon. Ihre Köpfe leuchten, sie scheinen über Lampen zu verfügen, Finger von Licht, die durch die Dunkelheit zittern. Was da summt, Propeller vielleicht. Ich mag nicht schwimmen, denke immer wieder, ich will nicht ins Wasser fallen. Dann bin ich plötzlich in einer Wohnung im 12. oder 14. Stock eines Hauses nahe Central Park, auch hier Propellerbienen. Ich stehe nahe einem Fenster, lehne an einer Wand. Ich glaube, ich selbst habe das Fenster geöffnet. Im Zimmer lungern Stühle herum, auf dem hölzernen Boden eine Linie von blauer Farbe, sie kommt aus einem weiteren Zimmer, führt durch das Zimmer, in dem ich warte, in ein anderes Zimmer. Atemgeräusche. Ein alter Mann, weiße Haut, kommt heran, läuft auf der blauen Linie, er ist unbekleidet, trägt nur ein Paar Turnschuhe. Der Mann herrscht mich an, ich solle das Fenster schließen. Auch um seinen Kopf herum Bienen, ein Schwarm, sie wollen auf ihm landen, dann lange Zeit Ruhe, Sirenenlaute, dann wieder das Geräusch des Atems, das näher kommt. Aufgewacht bin ich gegen zwei. — stop
Aus der Wörtersammlung: schiff
alice austen
echo : 1.58 — Vor längerer Zeit einmal wollte ich ein Haus besuchen, das die Fotografin Alice Austen viele Jahre ihres Lebens bewohnte. Ich erinnere mich, es war ein bitterkalter Tag gewesen, Schnee bedeckte Staten Island, und die Luft war so eisig, dass selbst die Möwen nicht zu fliegen wünschten. Vermutlich deshalb, weil es so kalt gewesen war, blieb ich an der Railway Station Clifton im Zug, anstatt auszusteigen und ein paar Meter zu Fuß zu Austens Haus zu gehen. Ich fuhr weiter bis nach Tottenville, wo der Zug eine halbe Stunde wartete, um dann dieselbe Strecke zurückzufahren. Ein Angestellter der Bahngesellschaft dampfte wie eine Lokomotive über den Bahnsteig von Waggon zu Waggon, er schlug Eis von den Trittbrettern des Zuges. Als wir uns wieder in Bewegung setzten, ließ er sich auf eine Bank fallen und schlief sofort ein. Auch auf meinem Rückweg zum Fährschiffterminal stieg ich in Clifton nicht aus, es war noch immer stürmisch, und ich vergaß das Haus, das ich besichtigen wollte, und Alice Austen, die tausende Fotografien Manhattans zu einer Zeit angefertigt hatte, da das Fotografieren noch Mut, Kraft und Ausdauer erforderte. Gestern habe ich ein wenig Zeit auf der Suche nach ihr verbracht. Sie soll als einzige Frau der Insel Besitzerin eines Automobils gewesen sein. Auf einer Fotografie ist ihre Lebensgefährtin Gertrude Tate zu sehen, wie sie stillhält. Die junge Frau sitzt auf einer Veranda, die heute noch existieren soll, umgeben von Blumen, einer Wildnis so wild, dass sie die nahe Küste verbirgt. Auf einer weiteren Fotografie, die ich noch nicht kenne, soll Alice Austen an derselben Stelle im Alter von 26 Jahren zu sehen sein, auch sie sitzend, eine Selbstaufnahme, unter einem Strauß Blumen verborgen ein Gummiball gefüllt mit Luft, die sie mittels einer kräftigen Bewegung ihrer Hand durch einen Schlauch zu ihrer Kamera gepresst haben musste, um die Lichtaufnahme auszulösen. Ein Geräusch vielleicht, wie ein Atemzug möglicherweise, oder ein Seufzen. — stop
00101101
nordpol : 10.28 — Habe heute bemerkt, dass ich eine Fotografie, die ich vor einigen Jahren vergeblich wiederzufinden suchte, nun tatsächlich verloren zu haben scheine. Ich erinnere mich, die Fotografie zeigt die Raumstation MIR in großer Höhe über der Erde schwebend. Ich konnte mich zuletzt noch gut an das farbige Bild erinnern, vielleicht deshalb, weil mich die Aufnahme, als ich sie vor mir auf dem Tisch liegen sah, tagelang berührte. Jetzt, heute, nur noch ein vages Bild, wie ein Entwurf, dem ich nicht trauen kann, aber die Beschreibung der Fotografie, die ich aus der Erinnerung notierte: Ein Bullauge, dort das Gesicht einer Frau, ein ernstes Gesicht, Ahnung, Schatten, Züge einer russischen Kosmonautin, die Monate alleine auf der MIR-Station lebte. Sie beobachtet die äußerst behutsame Annäherung eines Raumschiffes der NASA, in dem sich Menschen befinden, die vermutlich bereits Kontakt aufgenommen haben: Wir sehen Dich! — Da war das tiefe Schwarz des Weltalls im Hintergrund, ein absolut tödlicher wirkender Raum, der sich zwischen den beiden Raumkörpern erstreckte. — stop
holly
remington : 18.05 — Ich träumte, von einer Staten Island Fähre auf das offene Meer hinaus getragen worden zu sein. An Bord des Schiffes waren zahlreiche Menschen gewesen, sie fotografierten einander, manche lasen in einer Zeitung, andere tranken Kaffee aus Pappbechern oder telefonierten. Niemand schien sich zu wundern, dass die Fähre, hinsichtlich einer üblichen Reisedauer von 25 Minuten, nicht landete. Stunden vergingen. Einmal fegte ein Sturm über das Schiff hinweg, hunderte Möwen flatterten kreischend über die Decks. Irgendwann schlief ich ein, und ich träumte, als ich erwachte, eine Frau habe mir gegenüber Platz genommen. Ich meine, mich an ihren Namen erinnern zu können, ich glaube, sie hieß Holly. In diesem Augenblick, als ich die Augen öffnete, transferierte sie einen Text mittels eines Pinsels auf ein quadratisches Blatt Papier, das von mindestens 50 cm Durchmesser gewesen war. Sie trug eine Sonnenbrille sowie einen Sommerhut auf dem Kopf, außerdem ein helles Kleid, auf welchem vereinzelt Kirschen aufgedruckt worden waren, und schwere Wanderschuhe, deren Schnürsenkel sie nicht verknotet hatte. Von einer Sekunde zur anderen Sekunde schlief auch Holly ein, ihr Kopf neigte sich zur Seite, kurz darauf glitt das Papier, das sie beschriftet hatte, von ihren Schenkeln und landete vor mir auf dem Boden, sodass ich lesen konnte, was Holly notierte: Lesemaschine No. 82 / Dachgarten, 75, Greenwich Avenue Manhattan [ Schlüssel : Mrs. M. Linneker — 8. Stock ] > Die Geschichte von den Papiertierchen. Handzeichnung, ca. 68 pt: Man stelle sich einmal vor, Papiertierchen existierten in unserer Welt. Nicht etwa Tierchen, die aus Papier gemacht oder vergleichbarer Ware, sondern tatsächliche Lebewesen, die so ausgedacht sind, dass sie sich zu Formen versammeln, die einer Papierseite ähnlich sind. Weil diese Lebewesen, wie ich sie mir gerade male, sehr klein sein sollten, sagen wir in der Fläche so groß wie die Spitze einer Nadel, würde ein Maschinenbogen von nicht weniger als zwei Millionen Individuen nachgebildet sein. Jedes Papiertierchen, sichtbar ganz für sich nur im Licht eines sehr guten Mikroskops, ist nun von dem Wunsch beseelt, sich mit jeweils vier weiteren Tierchen, die es schon immer kennt, mittels feinster Tentakeln zu verbinden oder zu befreunden, und zwar nur mit diesen, sodass man von eindeutiger Ordnung sprechen könnte, nicht von einer beliebigen Anordnung. Ja, jedes der kleinen Wesen für sich spricht von einem ureigenen Ort, den es niemals vergisst. Sobald alles schön zu einer Seite geordnet ist, werden mit Licht, mit einem Lichtstift genauer, Zeichen gesetzt auf das lebende Papier, indem man leichter Hand wie mit einem Füller schreibt. Wird ein schneeweißes Tierchen berührt vom notierenden Licht, nimmt es sogleich die schwarze Farbe an und verbleibt von diesem Schwarz, bis es von weiterem Licht berührt werden könnte, einem Licht natürlich, das sehr stark sein muss, weil doch der Tag oder jede Lampe das Zeichen der Nacht sofort über die Landschaft der filigranen Körper schreiben würde. Ich hatte, während ich diesem Gedanken noch auf einer gewöhnlichen Computerschreibmaschine folgte, die Idee, dass sie vielleicht alle sehr schreckhaft sind, also zunächst unvollkommen oder wild, dass sie, zum Beispiel, wenn ein Feuerwehrauto in ihrer Nähe vorüber kommen sollte, sofort auseinander fliegen in Panik, sich verstecken, um jedes für sich oder in größeren Gruppen an den Wänden meiner Zimmer zu sitzen. Vielleicht lungern sie auch auf Kaffeetassen herum oder in den Haarblättern eines Elefantenfußbaumes, ja, das ist gut denkbar. Ich werde dann warten, ruhig und gelassen warten, bis sie sich wieder beruhigt haben werden und zurückkommen, sagen wir nach einer Stunde oder zwei. Dann weiter schreiben oder lesen oder denken. Und jetzt habe ich einen Knoten im Kopf, sollte bald einmal wach werden. — stop
lichtbild 1–12
echo : 6.08 — Wie Schnee, ein gutes Dutzend Menschenfotografien. Von K., die vor zehn Jahren im August Johnsons Jahrestage kaufte, ein Jahr entlang wollte sie jeden Tag einen der Jahrestage lesen. Von N., deren Schwester vermutlich in Kobanê kämpft. Sie soll N. ähnlich sein, aber niemand weiß das so genau, weil sie vor 15 Jahren in den Untergrund verschwand, weil sie in den Bergen kämpfte, weil der Krieg mit Menschengesichtern macht, was er will. Von L., der nie wieder versuchen wird, die Stadt Manhattan von einer Nachtfähre aus zu fotografieren. Von W., die seit Jahren, vergeblich, ein Interview mit einem Mann zu führen versucht, der in seiner Jugendzeit Bilder aus Filmrollen trennte, um sie zu einem Film für sich zu montieren. Die Zeit reichte nicht, seine und auch die andere Zeit reichte nicht. Von M., die vielleicht gerade in diesem Moment, da ich notiere, lächelnd mit einer Schaufel in der Hand vor einer Schneelandschaft steht und wartet. Von B., die bald mit dem Schiff nach Buenos Aires reisen wird, um den Tango zu erlernen. Vorgestern ist sie 94 Jahre alt geworden. Von I., der sich Tag für Tag darüber freut, wie er sich an das Wort Kühlschrank zu erinnern vermag. Von Y., die sich im Monat April auf den Weg machen wird, im Karwendel einen Zwergkentaur zu fangen. Vom kleinen J., der seit den letzten Nachtstunden weiß, dass er einmal zum Mars fliegen wird. Von der kleinen U. aus Aleppo, die sich wundert, dass sie noch immer lebt. Und von W., der vielleicht niemals erfahren wird, wie sehr ich seine Geschichten liebe, die alle mit dem Wort Einmal beginnen. — stop
auf dem nachtschiff
ulysses : 5.12 — Einmal wartete ich auf meinem Sofa, plötzlich schlingerte der Boden. Suchte nach meiner Brille und wartete weiter. Alles still, mitten in der Nacht. Da schaukelte das Sofa wieder, der Boden bewegte sich tatsächlich, auch eine Stehlampe in meiner Nähe machte merkwürdige Geräusche. Vom Fenster im 5. Stock meines Hauses aus war nicht zu erkennen, ob jemand bemerkte, was ich beobachtete, Vögel flogen herum, obwohl es dunkel war. Kaum zurück auf dem Sofa, bebte das Möbelstück zum dritten Mal, ein Schwingen, sanft, ein Schlingern, zwei Spinnen hasteten über die Wand, ich verfasste einen Bericht für die Erdbebenwarte. Ich schrieb: Sehr geehrte Damen und Herren, Vögel und Spinnen. Es war um kurz nach drei Uhr. — stop
josephine begegnet louis armstrong
nordpol : 5.02 — Im September des Jahres 2010 fahren Josephine und ich auf der Staten Island Fähre John F. Kennedy spazieren. Ein schwülwarmer Tag. Gewitterwolken, vom Meer her gekommen, hängen tief über der Upper Bay. Die Luft knistert. Möwen umkreisen das Schiff, wie irr stürzen sie immer wieder herab, schnappen nach Passagieren, die auf der Promenade fotografieren, als ob jede einzelne von ihnen bereits von einem Blitz getroffen worden sei. Wir sitzen, unteres Deck, auf einer der Holzbänke der mittleren Reihen. Ich erinnere mich noch gut an die Stimme der alten Dame, wie sie aufgeregt erzählt. An einem ähnlichen Tag im Jahr 1966, sie war noch eine junge Frau gewesen, habe sie an Bord der John F. Kennedy Louis Armstrong beobachtet. Dort, genau dort saß er, sagt sie, und deutet auf eine Bank in der Nähe der Fenster, die an diesem Tag vollkommen leer ist. Ein Fotograf und zwei weitere Männer seien damals um die bedeutende Person herumgelaufen, man habe ihn fotografiert. Ein schöner Mann, sagt Josephine, ein wirklich schöner Mann, und so berühmt. Sie lacht jetzt und macht eine kurze Pause, schaut ostwärts nach Brooklyn hin. Ich war ein junges Mädchen, erzählt sie weiter, und plötzlich saß dort Louis Armstrong, ganz unglaublich, ich war starr vor Schreck gewesen. Er sah müde aus, und er hatte große Füße und war sehr schwarz für meine Verhältnisse, ein wirklich schwarzer Mann, der vornehm gekleidet war und ich glaube, wenn ich mich erinnere, dass sie auf etwas gewartet haben, immerzu sahen sich die Männer um, sie wirkten ein wenig gehetzt, nur Louis Armstrong nicht. Ich glaube, er hat mich damals gesehen, wie ich ihn anstarrte. Ich war erst 26 Jahre alt, und ich war glücklich, diesem Mann persönlich zu begegnen. Seither habe ich immer, wenn ich die John F. Kennedy gesehen habe, an Louis Armstrong gedacht, jedes einzelne Mal. Die alte Dame Josephine erhebt sich, schlendert zu einer der Türen, die auf die Promenade führen. Ich muss ihr schnell folgen, sie kann die schweren Türen mit ihren eigenen Händen nicht öffnen. Draußen Sturm, das Meer schäumt. Riesige Seemöwen, gelbe Augen, sitzen auf der Reling in unserer Nähe. — Ende der Geschichte. — stop
mr. ruby
sierra : 0.02 — Eine Dachwohnung im 32. Stock eines Hauses an der Madison Avenue. Aufzüge fahren nur noch bis zum 20. Stock, das Gebäude scheint langsam zu verfallen, irgendjemand will Ratten in der 15. Etage gesehen haben. Der Bewohner des kleinen Habitats, ein Mann von 72 Jahren, geht kaum noch vor die Tür. Er kann sich glücklicherweise einen Boten leisten, der seine Hemden und Hosen zur Reinigung bringt, Einkäufe erledigt, Post aus dem Briefkasten holt, seinen Kühlschrank füllt. Zudem genießt er einen großartigen Ausblick auf die Stadt. Vor den Fenstern der Wohnung warten Teleskope, die wie größere Stelzjagdvögel auf langen Beine stehen. Es geht ihm nicht darum, in der Nacht heimlich Menschen zu betrachten, in Wohnungen zu spähen, wie man vielleicht meinen möchte, nein, es geht darum, das Licht zu beobachten, dort, wo zu viel Licht ist, wo man versäumte, das Licht auszuschalten. Zum Beispiel am vergangenen Samstag, da brannten in einem Gebäude der Hafenbehörde Höhe 48. Straße im sechsten Stock noch ein paar Birnen. Unverzüglich wurde von der Madison Avenue aus ein Telefongespräch geführt: Hallo, guten Abend, hier Ruby, spreche ich mit Mr. Bale, oh, leiten sich mich doch bitte an die Hausverwaltung weiter! Kurz darauf sehe ich Ruby nach Südwesten spähen. Ich bemerke ihn überhaupt zum ersten Mal in voller Größe. Ein kleiner Mann, der immer einen Hut trägt, einen Cameron Pork Pie, mehrfach gewaschen, ich kann nicht sagen, warum ich das weiß. Ich sehe ihn genau, er ist barfuß, seine Kontur, seinen Umriss, fast bewegungslos vor dem Lichtmeer der großen Stadt stehen. Und ich höre ihn seufzen als im 8. Stock der Hafenbehörde das Licht erlischt, eines nach dem anderen, Zimmer für Zimmer. Und schon wechselt er das Fenster und späht wieder in die Stadt hinaus. Stadtpläne liegen auf dem Boden der Wohnung herum. Es ist kurz vor Mitternacht. Ein Frachtschiff fährt den Hudson herauf. Natürlich scheint diese Geschichte aus sehr unterschiedlichen Gründen nicht möglich zu sein. Erster Versuch. — stop
josef
echo : 5.01 — Ich weiß nicht, wie oft ich schon die Treppen in Josefs kleine Wohnung gestiegen bin. Vielleicht einhundertmal in den siebten Stock unters Dach, seit er mich mit der Aufsicht seiner Blumen beauftragte. Als ich gestern am späten Abend die Tür hinter mir schloss, entdeckte ich eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter seines Telefons. Ich war mir nicht sicher, ob ich die Nachricht vielleicht abhören sollte, ich dachte, eine wichtige Nachricht könnte hinterlegt worden sein. Also drückte ich einen Kopf und die Maschine begann alle bisher nicht gehörten Nachrichten abzuspielen, die auf ihr verzeichnet und von mir bis dahin nicht bemerkt worden waren. Rosie erkundigte sich nach Josefs Verbleib, sie waren verabredet, Josef nicht gekommen. Dr. Tauber ließ ausrichten, dass eine Untersuchung für Oktober geplant werden müsse, reine Routine, es war inzwischen Juni geworden. Im Dezember lud Emilie Josef zum Weihnachtssingen in die Schillerschule ein, es ging um ihren Enkel, der in den Chor berufen worden war. Im Januar wurden zwei Botschaften hinterlassen, je ohne eigentliche Nachricht, einmal waren Menschenstimmen zu hören, die Sirene einer Ambulanz, dann eine Stimme, die in englischer Sprache verkündete, dass der nächste einfahrende Zug in Richtung Coney Island fahren würde. Im März wieder Rosies einerseits ärgerliche, andererseits besorgte Frage: Josef, wie geht es Dir? Anfang Mai eine weitere Botschaft, die nur aus Geräuschen bestand, ich glaube, ich hörte das Dröhnen eines Schiffsmotors. Ende des Monats war ein Onkel Josefs gestorben, man bat ihn zu kommen, er sollte sprechen, weswegen man sich drei Tage später noch einmal erkundigte. Im Juni wieder Stadtgeräusche, ein Gewitter im Hintergrund, Stimmen in einer Sprache, die ich nicht kannte. Die letzte Aufnahme, die ich hörte, war von einer ganz besonderen Art gewesen, Glocken waren zu hören, Glocken, wie sie unter den Hälsen von Kühen baumeln. Es war eine sehr lange Aufnahme, kurz bevor sie endete, Josefs Stimme: Kohleralm, Sandwespengesang. — stop
abschnitt neufundland
Abschnitt Neufundland meldet folgende gegen Küste geworfene Artefakte : Wrackteile [ Seefahrt – 875, Luftfahrt — 32, Automobile — 244 ], Grußbotschaften in Glasbehältern [ 18. Jahrhundert — 6, 19. Jahrhundert – 37, 20. Jahrhundert – 76 , 21. Jahrhundert — 188 ], physical memories [ bespielt — 16, gelöscht : 786 ], Flaschenschiff [ RMS Queen Mary : 1 ], Diary [ Linda Zerkafakis 1822 — 1901 : Band 1–4 Lederriemenbindung ] Öle [ 0.01 Tonnen ], Prothesen [ Herz — Rhythmusbeschleuniger – 56, Kniegelenke – 33, Hüftkugeln – 125, Brillen – 768 ], Schuhe [ Größen 28 – 39 : 2, Größen 38 — 45 : 87 ], Kühlschränke [ 3 ], Tiefseetauchanzüge [ ohne Taucher – 5, mit Taucher – 6 ], Telefone [ 52 ], Engelszungen [ 12 ] | stop |