india : 8.22 UTC – In diesem Jahr spricht die Republik von Kugelbomben. Irgendwelche Männerleute sprengten sich und andere aus reinem Vergnügen in die Luft. Wie fröhlich war vor Jahren noch das erste Licht des neuen Jahres. In der schwankenden Straßenbahn hörte ich, wie sie mit brennenden Augen nach Worten suchten für das scheppernde Licht des Magnesiums, für das Fauchen der bengalischen Feuer, die sie in Händen hielten. Da war eine Nachtsekunde gewesen, die Sekunde, in der sie das rote, das verbotene Stäbchen entzündet und gerade noch eben rechtzeitig von sich geworfen hatte, da war das Heulen der chinesischen Pulverpfeifen, da waren Funkenregen, da waren blaugraue Wölkchen, die sich auf kleine Zungen niederlegten. Nicht die Feuerblumen des Himmels, das Spektakel der nächsten Nähe entfesselten die Erinnerung von Stunde zu Stunde. Zündhölzer, verborgen in Hosentaschen, waren zurückgeblieben, auch dieses Schwefelholz, immer wieder eine heimliche Geschichte. — stop
Aus der Wörtersammlung: gelb
eine feder
sierra : 12.28 UTC – An einer Grenze, weit entfernt, sind Tag ein, Tag aus, Höllengeräusche zu vernehmen. Er las ein elektrisches Buch auf dem Bildschirm seiner flachen Schreibmaschine über diese seltsamen Geräusche, die an der Grenze zu Nordkorea weithin zu hören sein sollen. Das Buch war ein Roman, der Roman ein umfangreiches Buch. Zum ersten Mal las er einen umfangreichen elektrischen Roman in der Begleitung eines Buches von Papier, das neben seiner Schreibmaschine auf dem Tisch lag. Jedes Mal, wenn er eine digitale Seite auf seinem Bildschirm berührte, damit sie wegflog, um einer neuen Seite Platz zu bieten, blätterte er gleichwohl eine Seite des Papierbuches um. Das Papierbuch verfügte über keinerlei Schriftzeichen, es war sorgfältig gebunden, in einem zitronengelben Umschlag, leere kräftige Blätter. Ehe er zu lesen begann, zählte er die Seiten ab, die das elektrische Buch, das er zu lesen plante, in der Gestalt eines gebundenen Buches verfügen würde. Das nun ist also wird zu lesen sein, sagte er sich, und er legte eine Feder genau an jene Stelle in das Buch, an der der Roman, der von fernen Höllengeräusche erzählt, enden würde. So könnte es funktionieren, dachte er. Die Feder, sein Lesezeichen, war einmal die Feder einer Möwe gewesen. — stop
Geräusche
zum Fürchten
kein schnee
ginkgo : 20.16 UTC – Auf einem Tisch ruht eine Fotografie. Ich hatte sie auf ein Blatt starken Papieres (180 Gramm) gedruckt. Es ist Abend. Sommerlicht. Ein Tisch von Holz. Blätterschatten, die sich kaum bewegen. Meine Hand hält die Fotografie an ihrem westlichen Rand mit zwei Fingern fest. Die Hand einer weiteren Person hält die Fotografie an ihrem östlichen Rand mit einem Finger fest. Die Fotografie zeigt eine Bushaltestelle der Stadt Mariupol. Splitter liegen auf der Straße. Glas, Steine, Metall. Und zwei menschliche Körper. Die Gesichter der Körper sind von weißen Tüchern bedeckt. Es regnet. Einer der Körper trägt eine blaue Hose, der andere eine gelbe Hose. Ein Stofftier liegt in der Nähe auf dem Boden. Die Körper sind kleine Körper. Die Körper sind Kinderkörper. Ein Fuß in einem Schuh steht etwas entfernt auf dem Boden. Ein Turnschuh mit einem Fuß und einem halben Bein. Der Finger, der die Fotografie an ihrer östlichen Seite berührt, tippt auf das Bild nahe des einsamen Fußes. Der Finger berührt die Straße. Die Stimme einer Frau ist zu hören. Sie sagt: Das ist nicht echt. Das ist gut gemacht. Wo hast Du das Foto her? Das ist gut erfunden. Die halbe Welt wird das glauben, so gut ist das erfunden, aber nicht gut genug, nur die halbe Welt wird das glauben. Du siehst, diese Unmenschen erschießen ihre eigenen Kinder. Und dann sagen sie, die Anden waren das. Aber das ist komplett gut erfunden! So etwas gibt es nicht. Das ist ein Kunstfuß, alles künstlich. Das ist wirklich gut gemacht. Du redest Unsinn! Du warst nicht dort, Du hast das nicht mit eigenen Augen gesehen. Man stirbt nicht, wenn ein Fuß verloren geht. Es war Winter dort. Es muss geschneit haben. Wo ist der Schnee? Du musst wissen, dass das alles gefälscht ist, das sieht doch jeder vernünftige Mensch auf der Stelle. Du darfst nicht immer glauben, was Du siehst. Warum steht der Fuß aufrecht? Irgendjemand hat ihn dort auf die Straße gestellt. Sie haben sich Mühe gegeben, das muss man Ihnen lassen. Das ist gut gemacht. Der Turnschuh müsste blutig sein. Da haben sie einen Fehler gemacht. Schön montiert, aber mit einem Fehler, das Blut fehlt, schon wieder einmal fehlt das Blut. Sie sagen, die Orks haben das gemacht. Wir machen so etwas nicht. Wir sind keine Orks. Wir glauben an Gott. Du weißt, dass wir an Gott glauben, es ist eine Schande. Warum zeigst Du mir so etwas? Du warst nicht in Mariupol. Wenn Du in Mariupol gewesen wärest, würdest Du das wissen, dass man so etwas niemals dort gesehen haben kann. Es war Winter im März. Kein Schnee, siehst Du, kein Schnee.- stop
der Inarisee
im november
mit uhrzeit
ursprung
heimsuchung
tango : 20.01 UTC – Über dem Kanal de Saint-Martin nahe der Rue Bichat im 10. Pariser Arrondissement kreist seit drei Tagen ein krähenartiger Vogel, ohne je zu landen. Er scheint mit der kalten Winterluft ein Gespräch zu führen im Flug bei Tag und bei Nacht. Vogelbeobachter sind eingetroffen. Sie sitzen auf Bänken und Balkonen, ihre Fernrohre auf Stative gestellt und gegen den Himmel ausgerichtet. Es ist deshalb, weil mit diesem sprechenden und singenden Vogel möglicherweise etwas nicht stimmt. Seit der Vogel eingetroffen ist, so wird erzählt, erscheinen auf den Bildschirmen lokaler Fernsehgeräte Filmaufnahmen, die aus der Sicht dieses Vogels aufgenommen worden sein könnten. Gleichwohl sind Geräusche verzeichnet, sodass nun das Weinen von Kindern in den Pariser Häusern zu vernehmen ist, auch auf den Bildschirmen der Handtelefone sind Kinder zu sehen, die in Zelten wohnen ohne einen Fußboden, weil dort hindurch der Schlamm, der von den Bergen kommt, talabwärts strömt. Die Kinder sind krank, das kann man sehen, sobald man die erschrockenen Augen öffnet. Auch die Eltern der Kinder sind krank, sie tragen Pusteln im Gesicht und auf den Armen und Beinen und auf ihren mageren Rücken. Vulkane wachsen auf den Körpern der Menschen und speien Eiter und Blut. Jener Vogel, der diese Aufnahmen in einer afrikanischen Gegend machte, um sie persönlich nach Europa zu transportieren, war und ist noch immer ein geduldiger Beobachter. Der Vogel flog leise in Bodennähe umher, ohne das Leid zu stören, das sich ihm öffnete, als wäre es eine dunkle schmerzende Blume. Kinder fassten nach dem Vogel, deuten auf ihn, sie waren ohne Furcht. Und die Eltern der Kinder erzählten in einer fremdartigen Sprache, wie es ist derart krank und elend und bedroht zu sein. Ihre Gesten zu dem Auge des Vogels hin waren flehende Gesten. Seit Tagen nun kommen diese Bilder in die Welt der Bildschirme und der Lautsprecheranlagen bei Tag und bei Nacht am Kanal de Saint-Martin nahe der Rue Bichat im 10. Pariser Arrondissement. Niemand kann sagen, warum das so ist und wie lange die Heimsuchung noch dauern wird. Vielleicht, so eine Vermutung, werden weitere Vögel kommen, weitere Bilder, Filme, Geräusche. Eine Person soll auf einer Kanalbrücke stehend lautstark gefordert haben, den Vogel endlich vom Himmel zu holen. Einmal waren Schüsse zu hören. — stop
vor dem bildschirm
romeo : 10.22 UTC — Eine liebenswerte Erfindung scheint mir folgende in Kurzform dargestellte Taucherplattform für Hamster zu sein: Gewicht: Vermutlich 30 Gramm. Material: Kunststoff. Farbe: türkis, ober zitronengelb. Befestigung: Gumminapfhalterung. Sitzfläche: Luft gefedert. Wiederaufstieg über Leiter: Zwölf Sprossen. Anwendung am inneren Rande jedwedes Aquariums. Zur ersten Übung mit Hamster ist zu tun. Erstens: Man temperiere das Badewasser auf mindestens 28 °Celsius. Zweitens: Man setze das Hamstertier auf vorgesehene Sitzfläche. Drittens: Man beobachte, wie das Tier langsam in den Fluten des Aquariums versinkt. Bald, nach zwei oder drei Sekunde, wird man sehen, dass Hamstertiere begeistert sind. Kaum noch wollen sie das Aquarium verlassen. — Heute wieder meinen Fernsehapparat betrachtet. Es war Nacht, der Bildschirm dunkel. Ich dachte noch, was in dieser Dunkelheit, Kanal 128 Übersee, wieder Verrücktes im Augenblick der Betrachtung der Dunkelheit gespielt werden wird. All dieses Warten, dass man kaum noch zu denken wünscht. — stop
Mein Vater versuchte
bereits im Jahr 1971
Amerika und seine Menschen
zu verstehen. Er näherte sich
zunächst mit einem
Fotoapperat.
New York
Soho
vom fenster meines hauses aus
alpha : 15.01 UTC ‑Ein Paketbote wurde angekündigt. Er und sein Fahrzeug waren kurz nach elf Uhr auf einer digitalen Karte meiner Schreibmaschine sichtbar geworden, die eine Gegend anzeigte, die mir bekannt ist, weil ich dort wohne. Das Symbol eines Automobils saß einige Straßenzüge entfernt auf der Karte fest. Noch sieben Stopps, ehe das Automobil vor meinem Haus erwartet wurde. Ich stand am Fenster, 5. Stock, hatte das Fenster geöffnet, schöner Blick in die Bäume, Fliegen tanzten im Licht der Sonne, die Luft war schwer und feucht, eine halbe Stunde lang beobachtete ich einmal die Straße, dann wieder das Verhalten des Symbols auf dem Bildschirm. Das Automobil schien sich zunächst zu entfernen, dann kam es wieder näher, ein letzter Stopp vor einem Haus auf der Straßenseite gegenüber. Tatsächlich war soeben ein Automobil dort in gelber Farbe eingetroffen, hatte unter einer Kastanie Platz genommen. Im Schatten des Baums, es war kurz vor 1 Uhr, öffnete ein junger Mann die hintere Tür seines Fahrzeuges, hob eine Sackkarre heraus, dann drei größere Paketstücke, die er übereinander türmte, um bald mit Sackkarre und Turm in einem Tor zum Hof zu verschwinden. Kaum wieder zurück, stellte der junge Mann seine Sackkarre zurück in das Fahrzeug, setzte sich in die Fahrerkabine und schloss die Tür. Ein Fenster wurde geöffnet, Rauchwölkchen stiegen von dort her in die Luft, sie waren weiß und breiteten sich sehr langsam in allen Richtungen aus. Der junge Mann, der vermutlich höchstpersönlich rauchte, musste in diesem Moment seinen Status gemeldet haben. Vielleicht waren es die Pakete selbst gewesen, deren neuer Besitzer ihre Ankunft quittierte. Mein Bildschirm meldete 0 Stopps bis zur Ankunft. Was für ein wunderbarer Mittag. Straßenbahnen quietschten in den Kurven, die Schule war aus, Schulranzen wippten auf kleinen Rücken, so groß, als würden Systeme junger Astronauten zur Lebenserhaltung in sich tragen. Ein Herr in einem Anzug verspeiste auf und ab gehend ein Sandwich, das dampfte. Zwei Eichhörnchen hetzten über die Straße von Ost nach West. Das war kurz vor 2 Uhr gewesen. — stop
auf hoher see
delta : 15.33 UTC — Vater vor vielen Jahren, wie er sich über einen Tisch beugt, der leuchtet. Er trägt ein weißes Hemd und einen kamelfarbenen Pullover. Diesen erinnerten Pullover hatte ich heute Nachmittag auf einer Fotografie entdeckt, die meinen Vater zeigt auf einem Segelboot vor der kalifornischen Küste im Jahr 1965. Ich bin mir nun nicht sicher, welches der Objekte zunächst in meinem Kopf gegenwärtig war, die Erinnerung an die Farbe des Pullovers, den Vater trug, als er sich über einen Leuchttisch beugte. Oder war es die Begegnung mit der Fotografie des Seglers gewesen, die eine Erinnerung färbte oder überhaupt erst möglich machte? Vater betrachtete ein Dia, das vor ihm auf dem Tisch lag. Zwischen seinem Auge und der Fotografie klemmte eine SILVESTRI — Lupe; es war deshalb, weil Vater, mich mir vorstellte, so tief oder so weit wie möglich in die Fotografie hineinsehen wollte. Ich erinnere mich, dass ich selbst immer wieder Fotografien in dieser Weise betrachtete. Ich entdeckte, dass es möglich war, rein erfundene Gegenstände oder Gesichter oder Tiere in den Tiefen der besichtigten Fotografie wahrzunehmen, demzufolge zu halluzinieren und für eine kurz darauffolgende Erzählungen der Lichtaufnahme in Gedanken festzuhalten. — stop
von ziffern
bamako : 23.02 UTC — Ich packe einen Koffer. Harte, sehr harte Schale, hart wie die Schale der Pekannüsse. Ich lege Hemden hinein, und Hosen und eine Jacke, es könnte kalt werden nachts dort, wohin ich reise. Brille, Turnschuhe, bunte Strümpfe und 1 Paar Handschuhe, Halstücher in Gelb und Rot und Blau. 2 Bücher, die von Vögeln erzählen, 1 Landkarte, 2 starke Batterien für Schreibmaschine, 1 Gummiband, Seife, 1 Stetson Hut, 1 Pullover taubengrau, 1 Pullover gelb, 1 Telefon. Letzte Phase vor Abreise. Ich sitze und schau mir an, was ich als Reiseordnung betrachte. Ich klappe den Koffer zu und verschließe mein Gepäck, in dem ich das Zahlenschloss wild bewege. Der Koffer ist zu, ich kann ihn nicht öffnen. Ich suche nach einem Zettel. Ich bin aufgeregt. Ich mahne zur Ruhe. Ich sage: Sei gleichmütig, Louis! Geduld, Louis! Eine Zahl ist zu erinnern, vier Stellen. Noch ist Zeit. Ich beginne mit der Zahl 001. Zwei Fliegen sausen herum. Im Café um die Ecke wird gefeiert. Ich beobachte, als gehörten sie nicht zu mir, meine Finger, die in rhythmischer Bewegung Zahlen versuchen. Astor Piazzolla: Tiempo Nuevo. Es geht darum, keine der möglichen Zahlen zu übergehen, es geht um Präzision. Eine wunderbare Nacht, noch früh. — stop
zwergdrache
sierra : 2.28 – Ort: Upper Bay von New York. Zeit: Sommer 1958. Auf einem Fährschiff, dessen Name ich nicht ermitteln konnte, steht am Heck ein Junge im Alter von ungefähr 12 Jahren. Es ist früher Nachmittag, die Schule vermutlich gerade vorüber, der Junge fährt mit dem Schiff von Manhattan nach Hause. Er trägt Halbschuhe, ein helles Hemd, eine Krawatte und ein dunkles Jackett, seine Schultasche lehnt an einem Pfeiler, der für schwere Schiffstaue vorgesehen ist. Im Hintergrund, am Horizont, sind Kräne zu erkennen, die wie eiserne Vögel auf stelzenartigen Füssen stehend, zu warten scheinen. Einige Meter über dem Jungen schwebt eine Möwe, auch sie ist, wie der Junge selbst, reglos in einer Schwarz-Weiß-Fotografie gefangen. Zwei ältere Personen, eine Frau in einem hellen Kleid, und ein Mann, der einen dunklen Anzug trägt, lungern auf einer Bank. Sie küssen sich gerade auf den Mund, sind vielleicht eigentliche Ursache der Fotografie, der Junge, der gefährlich nah an der Kante zum Wasser steht, ist also möglicherweise versehentlich mit auf das Bild geraten. Eine Hand des Jungen ist nach vorn hin ausgestreckt, es ist seine linke Hand, während seine rechte Hand einen Faden, so fein, dass er kaum noch sichtbar ist, um diese linke ausgestreckte Hand wickelt, als wäre sie eine Spule. Der Junge scheint im Moment der Aufnahme mit seiner Arbeit des Wickelns beinahe fertig geworden zu sein, das Ende des Fadens wird bereits sichtbar, ein kleiner Drache von Papier ist dort befestigt, ein Drache nicht länger als zehn Zentimeter und nicht breiter als sechs Zentimeter, ein Zwergdrache, in der einfach gekreuzten Form der Kinderdrachen, dessen Körper mit Seidenpapier bespannt gewesen sein könnte, unbekannte Farbe, vielleicht blau, vielleicht gelb. Eine erstaunliche Entdeckung. Zweiter Blick. – Das Radio erzählt, man habe in der Stadt Mariupol einen städtischen Bus mühevoll in Bewegung gesetzt. — stop
dorsey
echo : 18.22 UTC — Ein düsteres Haus, eine düstere Treppe. Ich klingelte vor Jahren einmal an einer Tür. Ein Mann, der nicht ganz jung gewesen war, öffnete. Kräftiger, bitterer Geruch strömte aus der Wohnung. Die Luft war warm, war feucht und dicht, meine Bewegungen, wie ich durch den Flur der Wohnung ging, mühevoll, als würde ich unter Wasser laufen. Ich trat in ein Zimmer, ein Tisch, ein Sofa, zwei Stühle, keine Vorhänge vor den Fenstern, hinter den Scheiben Kastanienbäume, die blühten. An den Wänden des Zimmers klebte eine Tapete mit Kirschmotiven. Sie war an der ein oder anderen Stelle von der Wand gefallen. Auf hölzernen Stangen, dicht unter der Decke, hockten hunderte Vögel ohne Federn. Ihre Haut war von hellem Braun, ihre Schnäbel zitronengelb. Der Mann, der mich in das Zimmer geführt hatte, nahm einen der Vögel in seine Hände. Der Vogel lag auf dem Rücken, ganz still. Er hatte seine Augen geschlossen, feine hellblaue Häutchen wie Schirme. Ich sollte an dem Vogel riechen, und so nahm ich ihn in die Hand. Der Leib des Vogels war warm. Er zitterte, als ich mich mit meiner Nase näherte, als würde er frieren. Der Mann, der mich an das Zimmer der Vögel geführt hatte, sagte, dass sie nicht reif seien. Der Vogel duftete nach gebrannten Mandeln. In einer Ecke des Zimmers auf dem Boden ein Schallplattenspieler, ein uraltes Gerät, das Tommy Dorsey spielte: I’m Getting sentimental Over You. — Das Radio erzählt, Ende März sei in Mariupol ein Historiker, der zu seiner geliebten Stadt ein Leben lang notiert hatte, in hohem Alter gestorben. Kurz zuvor endete das Leben seiner Frau. Die Todesursache beider Menschen, so das Radio, sei noch unklar. — stop