Aus der Wörtersammlung: post

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tintenfinger

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lima : 0.55 — Mit dem lang­sa­men Ver­schwin­den der Brie­fe flüch­ten unse­re Post­wert­zei­chen in Schach­tel­be­häl­ter, in Alben, in Muse­en, kost­ba­re, bun­te Wesen von Papier, die wir noch mit unse­ren Zun­gen befeuch­te­ten, um sie mit Brief­um­schlä­gen für immer zu ver­bin­den. Auch Ges­ten, die den Brie­fen zuge­ord­net sind, wer­den sich nach und nach ver­lie­ren. Die Ges­te des Zer­rei­ßens bei­spiels­wei­se, oder die Ges­te des Zer­knül­lens. Wann habe ich zuletzt beob­ach­tet, wie der Emp­fän­ger eines Brie­fes sich dem geöff­ne­ten Doku­ment mit der Nase näher­te, um von der Luft der gelieb­ten schrei­ben­den Per­son zu atmen, die mit dem Brief gereist sein könn­te? Ver­lo­ren die Abdrü­cke der Tin­ten­fin­ger, die Rän­der einer Brief­sei­te zier­ten, ver­lo­ren auch das fei­ne Geräusch der Skal­pel­le, indem sie tei­lend durch das sei­de­ne Fut­ter der Kuvert­kof­fer zie­hen. Ein absur­der Gedan­ke mög­li­cher­wei­se, wie ich den E‑Mailbrief einer Behör­de, der mich zor­nig wer­den lässt, aus­dru­cke, wie ich ihn in einen Umschlag ste­cke, wie ich ihn für eini­ge Sekun­den in Hän­den hal­te, wie ich mich kon­zen­trie­re, wie ich den Brief genuss­voll in win­zi­ge Tei­le zer­le­ge. — stop

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transfer

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echo : 3.05 – Vor fünf oder sechs Jah­ren schrieb ich einen Brief an einen ver­schol­le­nen Freund. Ich erzähl­te ihm von der Welt der Fähr­schif­fe, wie ich sie erkun­det hat­te auf der Upper New York Bay. Ich bat ihn, er möge sich um Him­mels­wil­len mel­den. Ver­mut­lich war ich nicht wirk­lich über­zeugt gewe­sen, dass mei­ne E‑Mail den ver­schwun­de­nen Freund errei­chen wür­de, er war zuletzt doch schon sehr ver­rückt gewe­sen, er hielt sich für einen ande­ren, und war seit bereits zwei Jahr­zehn­ten ver­misst. Ich notier­te also eine Bot­schaft für einen auch von mir selbst ver­ehr­ten Schrift­stel­ler, die ihn unmög­lich oder sehr wahr­schein­lich nicht errei­chen wür­de. Ich sen­de­te mein Schrei­ben an einen E‑Mail-Dienst im fin­ni­schen Tur­ku, der ver­sprach, Schrift­sät­ze an Men­schen wei­ter­zu­lei­ten, die ver­schwun­den waren, viel­leicht gegen ihren Wil­len wie vom Erd­bo­den ver­schluckt oder weil sie sich ver­steck­ten. Eini­ge Stun­den spä­ter wur­de der Ein­gang mei­ner E‑Mail bestä­tigt mit dem Ver­spre­chen einer Nach­richt, sobald die E‑Mail wei­ter­ge­ge­ben wer­den konn­te. In die­sem glück­li­chen Fal­le soll­te ich 85 Dol­lar über­wei­sen an ein Post­amt eben der Stadt Tur­ku, ein ganz ange­mes­se­ner Betrag, wie ich fin­de. Vor weni­gen Minu­ten nun erhielt ich mei­ne E‑Mail mit dem Ver­merk zurück: Wir bedau­ern, Ihnen mit­tei­len zu müs­sen, dass wir Ihre E‑Mail an Mr. John Dos Pas­sos nicht zustel­len konn­ten. Mit freund­li­chen Grü­ßen — stop

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winterpäckchen

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marim­ba : 3.05 – Am ver­gan­ge­nen Mitt­woch soll Lud­wig, er ist gera­de 8 Jah­re alt gewor­den, dabei beob­ach­tet wor­den sein, wie er eine Schuh­schach­tel vor das Fens­ter sei­nes Zim­mers stell­te, um 1 Stun­de lang das Licht eines frü­hen Nach­mit­tags ein­zu­fan­gen. Er wen­de­te in die­ser Stun­de nicht eine Minu­te sei­nen Blick von dem Behäl­ter, den er dann sorg­fäl­tig mit erns­ter Mie­ne ver­schloss, um ihn noch an dem­sel­ben Tag mit sei­ner Mut­ter zu einem Post­amt zu brin­gen. Das ist für mei­nen Freund Janos, erklär­te Lud­wig dem Beam­ten, der bei der Ver­fer­ti­gung einer zoll­amt­li­chen Erklä­rung behilf­lich war, 1 Stun­de Son­ne für mei­nen Freund, der in Teri­ber­ka weit im Nor­den in Russ­land wohnt. Jetzt war­tet Lud­wig. Es ist denk­bar, dass er nun sei­ner­seits zur Weih­nacht viel­leicht etwas Win­ter­nacht­licht geschenkt bekom­men wird. — stop

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5 stunden

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nord­pol : 10.22 – Ich beob­ach­te das Fern­seh­ge­rät. Eine Repor­te­rin des ame­ri­ka­ni­schen Fern­se­hens berich­tet aus St. Denis, einer klei­ne­ren Stadt nord­öst­lich der grö­ße­ren Stadt Paris. Sie erzählt in Echt­zeit fünf lan­ge Stun­den lang. Die Sen­dung beginnt gegen 4 Uhr mor­gens, da ist es noch dun­kel am Him­mel, aber eine Stra­ße der klei­ne­ren Stadt wird hell erleuch­tet von Blau­licht und Schein­wer­fern der Kame­ras, die nach Bil­dern und Geräu­schen eines schwe­ren Kamp­fes suchen. Schüs­se sind zu hören, rhyth­misch, drei oder vier dump­fe Deto­na­tio­nen. In Haus­ein­gän­gen, vor Stra­ßen­ecken, auf einer Kreu­zung war­ten Poli­zis­ten und Sol­da­ten, sie bewe­gen sich so, als wäre tiefs­ter Win­ter, sie schei­nen über­haupt ner­vös zu sein. Hin­ter der Flucht alter Häu­ser­fas­sa­den, die auf dem Bild­schirm in einer schein­bar unver­rück­ba­ren Ein­stel­lung zu sehen ist, tobt die­ser Kampf, das ist sicher, es heißt, eine Frau habe sich mit­tels eines Spreng­stoff­gür­tels getö­tet, von Fest­nah­men wird berich­tet, Namen jun­ger, berühm­ter Ter­ro­ris­ten wer­den pos­tu­liert. Weil doch nur sel­ten hör­bar geschos­sen wird, wer­den etwas spä­ter, es ist Tag gewor­den, hell, immer wie­der Sze­nen einer Zeit auf den Bild­schirm gespielt, als noch Dun­kel war am Him­mel, als noch geschos­sen wur­de, sodass alle es hören konn­ten, die gera­de erst wach gewor­den sind. Ges­tern erzähl­te mir Nas­rin, die in einem Café am Flug­ha­fen arbei­tet, ein Kol­le­ge deut­scher Mut­ter­spra­che habe sie gefragt, ob M., ein wei­te­rer Kol­le­ge, viel­leicht sich freu­en wür­de, dass in Paris so vie­le Men­schen getö­tet wor­den sei­en. Sie habe geant­wor­tet, er sol­le M. doch selbst befra­gen, wor­auf­hin der Kol­le­ge deut­scher Mut­ter­spra­che gesagt habe, ihm wür­de M. ja doch nie­mals die Wahr­heit sagen. Da habe sie nicht wei­ter­ge­wusst, sie habe den Wunsch gehabt, sofort ein­zu­schla­fen oder auf­zu­wa­chen. – stop
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mitado muje

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oli­mam­bo : 2.02 – In einem Post­amt der neu­see­län­di­schen Stadt Wha­kata­ne arbei­te ein Nacht­schicht­be­am­ter mitt­le­ren Alters, der beson­de­re Namen samm­le. Er soll, so ein Gerücht, auf einem Dreh­stuhl vor einem Fächer­re­gal sit­zen und Brie­fe in zwei­er­lei Hin­sicht sorg­fäl­tig betrach­ten, ob sie näm­lich einer­seits aus­rei­chend fran­kiert sind, um ihren Bestim­mungs­ort errei­chen zu kön­nen, ander­seits wür­de er Namen von Adres­sa­ten, die sich in aller Welt befin­den, ihrem Klang nach inspi­zie­ren. Sobald der Nacht­mann einen Namen, der ihm gefällt, ent­deckt, wür­de der Name auf einem Zet­tel notiert: Sakona­kis Pina, Emi­lie Lio­nel, Pol­lie Pata­tas, Josef Tho­mey, Lai­ly Pina, Cla­ra Lorenz, Phil­li­pe Odil. Es heißt, man kön­ne die­se Namen im Inter­net erwer­ben, viel­leicht, wenn man einen geräusch­vol­len Namen benö­tig­ten wür­de, weil man eine Per­son erfin­den möch­te, die sich in poe­ti­scher Wei­se dar­zu­stel­len wünscht, 10 Cent. Ich muss das über­prü­fen. – stop

blume

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tod in peking 5

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kili­man­dscha­ro : 0.27 – Ori­gi­nal-Nach­richt / Betreff: Unde­li­ver­ed Mail Retur­ned to Sen­der Datum: 2015–11-08T00:47:36+0100 – I’m sor­ry to have to inform you that your mes­sa­ge could not be deli­ver­ed to one or more reci­pi­ents. It’s atta­ched below. For fur­ther assis­tance, plea­se send mail to post­mas­ter. If you do so, plea­se include this pro­blem report. You can dele­te your own text from the atta­ched retur­ned mes­sa­ge. NOTE: Lie­ber Ted­dy, drei Jah­re sind ver­gan­gen, seit ich hör­te, dass Du in Peking gestor­ben sein sollst. Eini­ge Tage zuvor waren damals Freun­de in einem Restau­rant ver­sam­melt gewe­sen, um gemein­sam Enten und Gän­se zu ver­spei­sen. Du hat­test Dei­nen Besuch ange­kün­digt, kamst aber nicht. Wir war­te­ten ver­geb­lich auf Dei­nen Anruf, hat­ten kei­ne Vor­stel­lung davon, was gesche­hen sein konn­te, ein kal­ter Tag, eisig, der 20. Novem­ber 2012. Wenn ich im Inter­net nach Dei­nen Spu­ren suche, ist immer noch alles so wie im ver­gan­ge­nen Jahr anzu­tref­fen, Dei­ne Foto­gra­fien, Dei­ne Web­sei­te, Spu­ren in Foren. Bemer­kens­wert ist eine beson­de­re Anfra­ge, die in hin­zu­ge­kom­men ist im Bezirk einer Such­ma­schi­ne, deren Dienst­leis­tung initi­iert wer­den muss­te, irgend­je­mand erkun­digt sich nach Dir in einer außer­ge­wöhn­li­chen Wei­se. Wie in den Jah­ren zuvor, lie­ber Ted­dy, siche­re ich auch in die­sem Jahr eine Dei­ner Foto­gra­fien, von deren Geschich­te Du mir lei­der nie erzäh­len wirst. – Dein Lou­is < t.s@posteo.de: host mx02.posteo.de[89.146.194.165] said: 550 5.1.1 < t.s@posteo.de>: Reci­pi­ent address rejec­ted: unde­li­vera­ble address: Reci­pi­ent address look­up fai­led (in rep­ly to RCPT TO com­mand) – The mail sys­tem – stop

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nazamins schwester

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echo : 5.08 — Ich träum­te von merk­wür­di­gen Tie­ren, die sehr flach sind und weich und außer­dem schön gestal­tet. Wenn man eines die­ser Tie­re auf einem Tisch in der Wirk­lich­keit vor sich lie­gend betrach­ten könn­te, wür­de man viel­leicht die Ähn­lich­keit zu Brief­mar­ken erken­nen, so wie wir sie als Kin­der ent­de­cken und zu sam­meln begin­nen. Tat­säch­lich han­delt es sich bei jenen Tie­ren, wel­che ich träum­te, um Brief­mar­ken­tie­re, die leicht sind, man­che tra­gen die Zeich­nung wei­te­rer Tie­re auf ihrem Kör­per, Zebras oder Schmet­ter­lin­ge oder Sing­vö­gel sind häu­fig auf ihrem Rücken zu erken­nen. An einem ihrer gezahn­ten Rän­der sit­zen sehr klei­ne Augen fest, dort soll sich gleich­wohl ein Mund befin­den, der feins­te Stäu­be aus der Luft ent­nimmt, Pol­len­sa­men, Bak­te­ri­en, Spo­ren jeder Art, davon ernäh­ren sich Brief­mar­ken­tie­re vor­nehm­lich, es sein denn, sie wer­den mit feins­tem Puder­zu­cker vor­sätz­lich gefüt­tert. Brief­mar­ken­tie­re sol­len dort zu erwer­ben sein, wo man auch her­kömm­li­che Post­wert­zei­chen bestel­len kann, sie sind zunächst nicht so preis­wert wie das papie­re­ne Mate­ri­al, dafür mehr­fach ver­wend­bar. Um einen Brief mit einem Brief­mar­ken­tier zu ver­se­hen, legt man das betref­fen­de Schrift­stück im Kuvert auf einen Tisch, setzt nun behut­sam eines der Brief­mar­ken­tie­re an geeig­ne­te Stel­le, näm­lich genau dort­hin, wo nor­ma­ler­wei­se papie­re­ne Brief­mar­ken auf­zu­tra­gen sind, und schon wird man beob­ach­ten, wie sich das Brief­mar­ken­tier mit sei­nem neu­en Zuhau­se ver­bin­det, es schmiegt sich an und ist fort­an vom Brief nur noch mit­tels Gewalt zu tren­nen. Wie es jetzt leuch­tet, wie es sei­ne wun­der­ba­ren Far­ben zeigt, wie es mit Mus­tern spielt und mit Bil­dern, die zu Fil­men wer­den, zu Geschich­ten, die das Brief­mar­ken­tier irgend­wo gelernt haben muss. Und wenn nun der Brief auf die Rei­se geht, reist das Brief­mar­ken­tier mit ihm mit, und bleibt dem Brief so lan­ge ver­bun­den, bis der Brief geöff­net wird. In die­sem Moment der Öff­nung löst sich das Brief­mar­ken­tier von sei­nem Brief, der nun nicht mehr sein Brief sein kann. Es ist kaum zu glau­ben, aber es ist wahr, ich hab’s geträumt, das Brief­mar­ken­tier segelt sogleich durch die Luft davon, es ist schnell unter­wegs, schnell wie ein Zug­vo­gel kehrt es zu sei­nem Absen­der zurück, Tage oder auch Wochen ist es unter­wegs, Schwär­me von Brief­mar­ken­tie­ren wur­den bereits in gro­ßer Höhe über dem Erd­bo­den beob­ach­tet. Zu Hau­se end­lich ange­kom­men, lun­gern sie dann gern an den Fens­tern und war­ten. stop. Ende mei­nes Trau­mes. stop – Naza­mins Schwes­ter wur­de am ver­gan­ge­nen Sams­tag in den Ber­gen nahe Sem­din­li ver­mut­lich von tür­ki­scher Mili­tär­po­li­zei getö­tet. Naza­mins Schwes­ter wird nie wie­der erwa­chen. – stop

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pjöngjang

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hima­la­ya : 1.58 — Über einer Geschich­te Italo Calvino’s, die vom Bauch eines Geckos erzählt, schla­fe ich ein. Sofort aus der Woh­nung spa­ziert. Ich sage: Sei vor­sich­tig, Du schläfst! Wie ein alter Mann, der sich an dem Gelän­der einer Trep­pe fest­hal­ten muss, stei­ge ich zur Stra­ße hin ab, drei oder vier Stun­den, 52 Stock­wer­ke, um mei­nen Brief­kas­ten zu öff­nen. Ich fin­de dort eine Post­kar­te vor, die in der Stadt Pjöng­jang auf­ge­ge­ben wor­den sein könn­te. Selt­sa­me Schrift­zei­chen sind auf der Rück­sei­te der Post­kar­te zu lesen, die ich nicht ent­zif­fern kann. Aber mein Name und mei­ne Anschrift sind kor­rekt in latei­ni­scher Schrift dar­ge­stellt, Buch­sta­ben, sehr groß, wie gemalt. Auf dem Weg zurück nach oben, sage ich noch: Sei vor­sich­tig, Du schläfst! Vie­le Stun­den wie­der­um bin ich unter­wegs hin­auf unters Dach. Men­schen, die ich nicht ken­ne, kom­men mir ent­ge­gen. Sie sind ohne Far­be, auch ich selbst bin farb­los gewor­den, mei­ne Hän­de, mei­ne Schu­he, mei­ne Hose. Ein­mal begeg­ne ich einem Mäd­chen mit man­del­för­mi­gen Augen. Ich zei­ge ihr mei­ne Post­kar­te und sie lacht und wir setz­ten uns auf eine Trep­pen­stu­fe und sie liest mir die Post­kar­te vor, wes­we­gen ich nun weiß, wie die Wör­ter, die ich nicht lesen kann, klin­gen. — stop
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von eichhörnchen

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tan­go : 8.12 — Vor weni­gen Tagen hör­te ich am Tele­fon, ein Freund sei wegen eines Pos­tings auf Posi­ti­on Face­book bedroht wor­den, das war eine Dro­hung gegen Leib und Leben. Er hat­te sich einem Pegi­da-Fan gegen­über kri­tisch geäu­ßert, dar­auf­fol­gen­de öffent­li­che Unter­hal­tun­gen eska­lier­ten. Mein Freund bemüh­te sich zunächst, Spu­ren im Inter­net, die zu sei­nem Wohn­ort füh­ren könn­ten, zu löschen, eine schwie­ri­ge Arbeit, sehr vie­le Spu­ren waren zu notie­ren und jede ein­zel­ne für sich bedeu­te­te bit­ten­de oder for­dern­de Kom­mu­ni­ka­ti­on über Ein­ga­be­mas­ken mit ent­spre­chen­den Web­sei­ten oder Insti­tu­tio­nen. Seit zwei Wochen trai­niert er Mög­lich­kei­ten, sich eines kör­per­li­chen Angrif­fes zu erweh­ren, nach Ein­bruch der Dun­kel­heit ver­lässt er das Haus durch einen Hin­ter­ein­gang, die Stra­ße vor dem Haus wird von ihm beob­ach­tet, wes­halb er zum ers­ten Mal ent­deck­te, dass in den Bäu­men jen­seits der Stra­ße zwei Eich­hörn­chen woh­nen. Heu­te ist Don­ners­tag. — stop

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von der wirbelkastenschnecke

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tan­go : 3.52 — Ges­tern war ein hei­ßer Tag gewe­sen, es war heiß in der Küche, heiß in den Zim­mern zum Schla­fen, zum Spa­zie­ren, heiß im Bad, im Trep­pen­haus, sogar im Kel­ler, auf der Stra­ße und in der Tram­bahn war es so heiß, dass ich mich gern sofort in einen Kühl­schrank gesetzt haben wür­de. Als ich das Wort Kühl­schrank dach­te, erin­ner­te ich mich an einen höl­zer­nen Kühl­schrank, den ich mir ein­mal aus­ge­malt hat­te, da war ich gera­de auf dem Post­amt, auch da war es heiß, und die Män­ner und Frau­en hin­ter dem Tre­sen schwitz­ten. Aus­ge­rech­net an einem Tag hei­ßer Luft erreich­te mich ein Päck­chen, auf das ich seit bei­na­he zwei Wochen in außer­or­dent­li­cher Käl­te war­te­te. Ich hat­te bei Hvalf­jör­dur Cor­po­ra­ti­on eine Schei­be aus dem Brust­bein eines Pott­wales bestellt, aber die islän­di­sche Post war acht Tage lang in einen Streik getre­ten, und so war das gekom­men, dass das Päck­chen einen erbärm­li­chen Gestank ver­ström­te, was mich nicht im Min­des­ten wun­der­te, da man ver­ges­sen hat­te, das Brust­bein des Wales, der bereits im Mai gefan­gen und zer­legt wor­den war, ganz und gar von Blut zu befrei­en. Nun aber ist alles wie­der in Ord­nung. Ich habe den Kno­chen, der erstaun­lich leicht in der Hand liegt, gründ­lich gerei­nigt, nur noch ein lei­ser Ver­dacht von Ver­we­sung liegt in der Luft, ist ver­mut­lich nicht tat­säch­lich, ist viel­mehr ein Faden von Erin­ne­rung. Sobald der Kno­chen getrock­net sein wird, wer­de ich einen ers­ten Ver­such unter­neh­men, eine Schne­cke aus ihm zu schnit­zen, die der Wir­bel­kas­ten­schne­cke einer Gei­ge ähn­lich sein wird. – Sams­tag, kurz vor Däm­me­rung. Es ist noch immer heiß. Vor den Fens­tern jagen Fle­der­mäu­se. – stop

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