Aus der Wörtersammlung: seite

///

seite zweiundfünfzig

2

hima­la­ya : 0.10 UTC — Ich ent­deck­te ein Alge­bra-Buch mei­nes Vaters, in dem er arbei­te­te, als er noch jung gewe­sen war. Das Buch war ein Buch, das im Grun­de aus einem wei­te­ren Buch bestand. Mein Vater hat­te näm­lich zahl­rei­che Bemer­kun­gen an den Rän­dern der Buch­sei­ten hin­zu­ge­fügt, auch Zet­tel waren da dort ein­ge­legt, Zif­fern, Zah­len, Wör­ter, die ich nicht lesen konn­te, weil sie, mit einer sehr klei­nen Schrift, mit einem spit­zen Blei­stift in das Papier ein­ge­ritzt wor­den waren. Ich hol­te aus sei­nem Schreib­tisch, der noch immer auf ihn zu war­ten scheint, eine Lupe und folg­te den Zei­chen eine Wei­le. Da stieß ich auf eine Bemer­kung, die ich ent­zif­fern konn­te: Pau­lin­chen 8557345. Natür­lich ist die­se Geschich­te voll­stän­dig erfun­den. — stop

///

ramin

2

char­lie : 7.55 UTC — Theo­dor erzähl­te, er sei mit einem jun­gen Mann befreun­det, der in Isfa­han im Iran gebo­ren wur­de. Er hei­ße Ramin und lebe seit zehn Jah­ren in Euro­pa, ein­mal für vier Jah­re in Rom, dann zwei Jah­re lang in Genf, immer an der Sei­te sei­ner Eltern, Mut­ter wie Vater Sprach­wis­sen­schaft­ler. Zur­zeit nun lebt Ramin in Ham­burg. Voll­jäh­rig gewor­den, woll­te er im ver­gan­ge­nen Jahr, im Win­ter prä­zi­se, nach New York rei­sen, ein gro­ßer Traum, ein­mal über die Brook­lyn — Bridge spa­zie­ren hin und zurück, lei­der habe er kei­ne Ein­rei­se­er­laub­nis erhal­ten. Das kön­ne län­ger dau­ern, habe man ihm gesagt, dass er nicht ein­rei­sen kön­ne, er sol­le sich kei­ne Hoff­nun­gen machen, es han­de­le sich um eine poli­ti­sche Ent­schei­dung, er sei gefähr­lich gewor­den von einem Jahr zum ande­ren Jahr. Seit­her erfin­det Ramin die Stadt New York, indem er klei­ne Geschich­ten über sie notiert. Er hat­te bemerkt, dass ihm Freu­de mache, Fil­me, die in New York auf­ge­nom­men wor­den sei­en, zu inspi­zie­ren. In Chi­na Town nahe dem Coll­ect Pond Park habe er ange­fan­gen, von dort aus arbei­te er sich wei­ter nord­wärts vor­an von Stra­ße zu Stra­ße, samm­le Foto­gra­fien, Ansich­ten der Goog­le Earth Anwen­dung, so ent­stün­de eine Art Spa­zier­gang, hoch­auf­lö­send, nord­wärts in Rich­tung Cen­tral Park. Er mache sich gewis­ser­ma­ßen ein Bild aus Bil­dern oder sehr kur­zen Fil­men, und irgend­wann wer­de er die­ses Bild über­prü­fen, wie es riecht, sobald er per­sön­lich nicht mehr gefähr­lich sein wird. — stop

ping

///

von grammophonen

2

marim­ba : 18.52 UTC — Ein­mal gehe ich im Traum eine Stra­ße spa­zie­ren. Da und dort Waren­häu­ser und Läden, schön warm beleuch­tet, selt­sa­mer­wei­se ohne Aus­nah­me Schall­plat­ten­lä­den. Gram­mo­pho­ne sind zu erken­nen, ganz alte Kis­ten. Plötz­lich kommt mein Bru­der auf einem Fahr­rad vor­bei, kurz dar­auf Vater im Roll­stuhl sehr kraft­voll. Er leuch­tet vor Begeis­te­rung, die­se Geschwin­dig­keit, er ist unge­heu­er geschickt mit sei­nem Stuhl. Der Roll­stuhl ist von Kirsch­baum­holz, er blüht. Bald sind Vater und Bru­der in einer Sei­ten­stra­ße ver­schwun­den. — Kurz nach­dem ich erwacht war, erzähl­te ich Mut­ter mei­nen Traum, er gefiel ihr. Jetzt sitzt sie selbst im Roll­stuhl. Wenn die­ser, ihr klei­ner Roll­stuhl doch nur blü­hen wür­de, es ist Mai, sie trägt einen Som­mer­hut und schläft. — stop

///

brooklyn : february house

9

nord­pol : 23.56 UTC — Weni­ge Wochen vor einer Rei­se nach New York brach ich mir den rech­ten Arm. Das ist jetzt bereits eini­ge Jah­re her, der kom­pli­zier­te Bruch ist gut ver­heilt, ich kann ohne Beschwer­den wie­der mit der Hand notie­ren. Damals aber waren mei­ne Bewe­gun­gen unge­lenk, ich schrieb wie ein Kind mit gro­ßen Buch­sta­ben. Eini­ge die­ser Zei­chen ent­deck­te ich am spä­ten Abend in Carson McCul­lers selt­sa­mer Erzäh­lung Die Bal­la­de vom trau­ri­gen Café. Auf der Sei­te 52 des Buches hat­te ich zwei Wör­ter ver­merkt: Febru­ary House. Ich erin­ner­te mich, dass ich damals den Ent­schluss fass­te, einer Spur der Dich­te­rin in New York zu fol­gen. Ich schrieb um Wochen ver­zö­gert und noch immer unter Schmer­zen: Weil ich nur sehr schwer­fäl­lig mit der Hand in mein Notiz­buch schrei­ben kann, notie­re ich wäh­rend des Lesens, indem ich in Gedan­ken wie­der­ho­le, was zu tun ist in den kom­men­den Stun­den. Nach­for­schen in der digi­ta­len Sphä­re. Wo genau, in wel­cher Stra­ße, in wel­chem Haus wohn­te Carson McCul­lers in Brook­lyn? Ist denk­bar, dass die jun­ge Dich­te­rin tat­säch­lich drei Wochen benö­tig­te, um das Sub­way-Sys­tem der Stadt New York ver­las­sen zu kön­nen? Oder such­te sie in eben­die­sem Raum der Zeit nach ihrer Woh­nung, die sie nicht wie­der fin­den konn­te, weil sie mit­tel­los und ohne genaue­re Orts­kennt­nis in einem U‑Bahnwagon zurück­ge­las­sen wor­den war. Wie vie­le Dol­lar kos­te­te eine Fla­sche Whis­key im Jahr 1934? Wie viel ein Taxi? – Wenn ich in Gedan­ken notie­re, wie­der­ho­le ich drei­fach, was ich mir zu mer­ken wün­sche. Ver­lo­re­nes, das könn­te sein, bemer­ke ich nicht. Oder nur einen Schat­ten ohne Wör­ter. — stop

ping

///

im park

pic

nord­pol : 0.52 UTC – Im Park hock­te ein jun­ger Mann auf einer Bank. Auf sei­nen Knien ruh­te ein Buch. Ich bemerk­te bald, dass der jun­ge Mann, anstatt zu lesen, das Buch zer­leg­te. Er ging in die­ser Arbeit sehr sorg­fäl­tig vor, leg­te ein Line­al auf eine Sei­te des Buches, fuhr kurz dar­auf mit einem fei­nen Mes­ser die Kan­te des Line­als ent­lang, trenn­te also mit einer vor­sich­ti­gen Hand­be­we­gung eine Sei­te von der Bin­dung des Buches, leg­te die Sei­te neben sich auf die Bank und beschwer­te sie mit einem Stein­chen, dass er zuvor mit eben der Hand, die gera­de noch das Mes­ser führ­te, ange­ho­ben hat­te. Eine Sei­te nach der ande­ren Sei­te lös­te er in die­ser Wei­se aus dem Kör­per des Buches her­aus, gleich­mä­ßi­ge Bewe­gun­gen, als sei ihm die Arbeit der Zer­le­gung eines Buches ver­traut. Es war ein win­di­ger Tag gewe­sen. — stop

ping

///

vor dem radio

pic

hima­la­ya : 18.55 UTC – Ich stel­le mir vor, wie ich in der Küche vor einem Tisch sit­ze. Auf dem Tisch steht ein Radio. Das Radio ist 10 cm lang und eben­so breit und eben­so hoch, ein Wür­fel dem­zu­fol­ge. Der Wür­fel ver­fügt über zwei Knöp­fe, die ich ver­tie­fen oder an wel­chen ich dre­hen könn­te. Dort, wo ich Schrau­ben erken­ne, die in das höl­zer­ne Gehäu­se ein­ge­las­sen sind, scheint sich die hin­te­re Sei­te des klei­nen Radi­os zu befin­den. Ich könn­te das Radio öff­nen. Als ich das Radio öff­ne, ent­de­cke ich wei­te­re win­zi­ge Schrau­ben, eine Pla­ti­ne, Dioden, Wider­stän­de, Beschrif­tun­gen in einer Spra­che, die ich nicht zu lesen ver­mag, außer­dem einen Zylin­der. Ich ent­de­cke also vie­le Din­ge, aber nichts, was mir behilf­lich sein konn­te, das Radio zum Schwei­gen zu brin­gen, das Radio spielt näm­lich in einem Abstand von einer Stun­de eine Pas­sa­ge aus der 2. Sym­pho­nie Rach­ma­ni­nows, die weder lei­ser noch lau­ter ein­zu­stel­len ist, sie ist eben, wie sie ist, laut genug, um das Radio vor das Fens­ter stel­len zu müs­sen. Ein­mal sit­zen zwei Tau­ben links und rechts des Radi­os. Als das Radio sei­ne Musik zu spie­len beginnt, erschre­cken sie und flie­gen davon. Ein ande­res Mal kom­men sie wie­der und bau­en auf dem Radio ein Nest. — stop

ping

///

ai : TÜRKEI

aihead2

MENSCH IN GEFAHR: „Bis zu 17 Stu­die­ren­de der Uni­ver­si­tät Boğa­zi­çi, die zum Teil seit bereits zwei Wochen in Poli­zei­ge­wahr­sam gehal­ten wer­den, weil sie gegen den tür­ki­schen Mili­tär­ein­satz in Afrin im Nor­den Syri­ens pro­tes­tiert hat­ten, wur­den am 3. bzw. 5. April vor drei Frie­dens­ge­rich­te in Istan­bul gestellt. Die Staats­an­walt­schaft hat­te wegen „Pro­pa­gan­da für eine ter­ro­ris­ti­sche Orga­ni­sa­ti­on“ Unter­su­chungs­haft für sie bean­tragt. Auf die­sen Straf­tat­be­stand ste­hen bis zu fünf Jah­re Gefängnis./ Am 3. April ver­häng­te das Frie­dens­ge­richt für Straf­sa­chen Nr. 8 in Istan­bul, das über den Antrag der Staats­an­walt­schaft auf Unter­su­chungs­haft für sie­ben der 17 Stu­die­ren­den zu ent­schei­den hat­te, Unter­su­chungs­haft gegen vier Stu­die­ren­de, weil Kame­ra­auf­nah­men zeig­ten, dass ihre Mün­der in einer Wei­se geöff­net waren, die nahe­leg­te, dass sie Paro­len rie­fen. Dies zei­ge, dass sie eine akti­ve und andau­ern­de Rol­le in der Pro­test­ver­an­stal­tung spiel­ten, bei der auch Trans­pa­ren­te mit Paro­len wie „Kur­di­stan wird das Grab des Faschis­mus“, „Wir wol­len kei­ne Unterstützer_innen der Free Syria Army in unse­rer Uni­ver­si­tät“, „Sei­te an Sei­te gegen Faschis­mus“, „Der Palast will Krieg, das Volk will Frie­den“ auf­ge­hängt wur­den. Das Frie­dens­straf­ge­richt Nr. 6 in Istan­bul, das die Fäl­le von acht Stu­die­ren­den prüf­te, ver­häng­te eben­falls Unter­su­chungs­haft gegen fünf Stu­die­ren­de auf der Grund­la­ge, dass sie „Trans­pa­ren­te gehal­ten und Paro­len geru­fen haben.“ Die bei­den Gerich­te lie­ßen die übri­gen sechs Stu­die­ren­den frei, weil Fotos dar­auf schlie­ßen lie­ßen, dass sie zwar anwe­send, aber nicht aktiv an dem Pro­test betei­ligt waren. Am 5. April ver­häng­te das Istan­bu­ler Frie­dens­ge­richt für Straf­sa­chen Nr. 2 Unter­su­chungs­haft gegen ein_e der am 3. und 4. April inhaf­tier­ten Stu­die­ren­den und ließ die ande­re gegen Kau­ti­on frei./ Bei den zehn Stu­die­ren­den in Unter­su­chungs­haft han­delt es sich um: Deniz Yıl­maz, Yus­uf Noyan Öztürk, Agah Suat Atay, Ber­ke Aydoğan, Şükran Yaren Tun­cer, Zül­küf İbrah­im Erkol, Esen Deniz Üstündağ, Sev­de Öztürk, Kübra Sağır und Tev­ger Uzay Tulay. İbrah­im Mus­ab Çura­baz, Ham­za Din­çer, Kül­ti­gin Demir­lioğ­lu, Ali İmr­an Şirin, Deniz­han Eren, Mus­ta­fa Ada Kök und Emir Eray Kara­bıyık wur­den gegen Kau­ti­on frei­ge­las­sen. / Durch die Teil­nah­me an der Pro­test­ver­an­stal­tung nah­men die Stu­die­ren­den ledig­lich ihre Rech­te auf freie Mei­nungs­äu­ße­rung und fried­li­che Ver­samm­lung wahr, die im natio­na­len Recht und im Völ­ker­recht ver­brieft sind.“ - Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen sowie emp­foh­le­ne schrift­li­che Aktio­nen bis spä­tes­tens zum 18.5.2018 unter > ai : urgent action
ping

///

von hohen frequenzen

pic

sier­ra : 16.02 — Vor dem Roll­stuhl, in dem die alte Dame hock­te, knie­te ein Mäd­chen im Alter von 6 Jah­ren. Die alte Dame erzähl­te dem Mäd­chen eine Geschich­te. So lei­se war die Stim­me der alten Dame gewor­den, dass sie kaum noch zu hören war, man­che der lei­sen Wör­ter waren nur in Gedan­ken zu ver­neh­men, waren Ver­mu­tung. Je mehr der Ver­mu­tun­gen sich in den laut aus­ge­spro­che­nen Wör­tern der Erwach­se­nen, die links und rechts des Roll­stuh­les ste­hend, in gebück­ter Hal­tung lausch­ten, anein­an­der reih­ten, des­to stren­ger wur­de der Blick der alten Dame, sie schien unzu­frie­den, viel­leicht sogar ver­zwei­felt zu sein. Plötz­lich sag­te das Mäd­chen: Ihr hört nicht rich­tig zu! Die Tan­te sagt, dass sie an Weih­nach­ten immer den Got­tes­dienst in der Kir­che St. Paul besuch­te. Sie sagt gar nichts über das Wet­ter mor­gen. Unver­züg­lich begann die alte Dame zu lächeln. Sie wink­te das Mäd­chen zu sich her­an und flüs­ter­te ihm etwas ins Ohr. Ja, sag­te das Mäd­chen, das stimmt, ich kann her­vor­ra­gend hören, ich glau­be, ich kann auch Fle­der­mäu­se hören, wenn sie bei uns im Gar­ten her­um­flie­gen. Die alte Dame flüs­ter­te etwas Wei­te­res in das Ohr des Mäd­chens, sofort stand das Mäd­chen auf und schob den Roll­stuhl der alten Dame auf den Flur hin­aus. Im Flur vor einem Fens­ter hock­te eine wei­te­re alte Dame in einem Roll­stuhl, sie schien zu schla­fen. Schnee fiel vor dem Fens­ter, dich­te, gro­ße und sehr run­de Flo­cken. Bald saßen nun zwei alte Damen Sei­te an Sei­te in ihren Stüh­len. Und das Mäd­chen ging vor den Damen in die Hocke. Sie weck­te die schla­fen­de alte Dame und sag­te mit ihrer hel­len Stim­me: Du, du woll­test heu­te Mor­gen mei­ner Tan­te etwas erzäh­len. Ich bin jetzt ganz Ohr! — stop
ping

///

ewig

pic

sier­ra : 22.12 — Im Haus der alten Men­schen beob­ach­te­te ich eine 94-jäh­ri­ge Frau, die an einem Tisch saß und notier­te. Ich hör­te, sie schrei­be seit Jah­ren Tag für Tag, Stun­de um Stun­de lan­ge Lis­ten in Notiz­hef­te. In die­sen Lis­ten, erzähl­te sie ein­mal, wür­de sie ver­mer­ken, was noch zu tun sei im Leben. Als ich mich lei­se näher­te, bemerk­te ich tie­fe Fur­chen in den Sei­ten des Hef­tes, kei­ne Schrift­zei­chen jedoch, weil sich in der schrei­ben­den Hand der Notie­ren­den, ein Kugel­stift befand, der längst leer geschrie­ben war. — stop
ping

///

von kevin und liesl im zug

2

tan­go : 22.52 UTC — Ich hör­te, er hei­ße Kevin. Er sag­te, er sei ohne Dach über dem Kopf. Auch im Som­mer oder im Herbst sei das Leben nicht leicht, im Som­mer habe er viel Durst, im Herbst fürch­te er sich vor dem Win­ter. Er wür­de gern sei­ne Geschich­te erzäh­len, war­um er so arm gewor­den sei, dass er kei­ne Woh­nung habe und nichts zu essen. Wenn Kevin spricht, ist sei­ne Stim­me wun­der­schön anzu­hö­ren. Es ist eine Stim­me, die gut sin­gen könn­te, ein Tenor viel­leicht. Nur das mit Kevins Geschich­te ist so eine Sache, ich höre Kevins Lebens­ge­schich­te seit Anfang des Jah­res im Mor­gen­schnell­zug zum Flug­ha­fen immer wie­der. Ich soll­te sagen, Kevin erzählt täg­lich eine ande­re Geschich­te, er ist im Grun­de ein guter Erzäh­ler, und auch ein guter Erfin­der. Im Win­ter erzählt er Win­ter­ge­schich­ten, im Som­mer Som­mer­ge­schich­ten. Ges­tern wur­de Kevin von einer jun­gen, mage­ren Frau beglei­tet. Sie war sehr schmut­zig. Kevin erzähl­te ihr, dass ich ihm manch­mal etwas Geld geben wür­de oder eine Bre­zel, auch dass ich auf­schrei­ben wür­de, was er berich­te. Sie setz­ten sich neben mich. Die jun­ge Frau sag­te: Wenn man träumt, ist man im Inne­ren wach und warm. Am Flug­ha­fen stie­gen bei­de mit mir aus. Wir spra­chen eine hal­be Stun­de. Der Bahn­hof war wie­der ein­mal undicht. Regen kam von der Decke. Das Licht war teil­wei­se aus­ge­fal­len, an den Wän­den saßen ein paar dicke Krö­ten. Sie schnapp­ten mit arm­lan­gen Zun­gen nach Tau­ben, die über den Bahn­steig segel­ten. Ich hör­te, das Kno­chen­ge­spenst an Kevins Sei­te soll Lie­se­lot­te hei­ßen, sehr selt­sam die­ser Name für eine recht jun­ge Per­son. Ich erfuhr, dass sie Lite­ra­tur­wis­sen­schaf­ten in Lon­don stu­dier­te, sie mag gern lesen, aber sie kom­me nicht dazu, weil sie das Bild ihres Vaters in sich tra­ge, der immer­zu betrun­ken war, ein schmer­zen­des Bild, das hell vor ihr leuch­te. Ich weiß jetzt, Bil­der eines betrun­ke­nen Vaters zu ver­dun­keln, erfor­dert unge­heu­re Kraft und Aus­dau­er. Lie­se­lot­te kann des­halb seit einem Jahr­zehnt nicht schla­fen. Sie mag Kevin, der so schö­ne Geschich­ten erzählt, dass sie bei­de von sei­nen Geschich­ten ein wenig wei­ter­le­ben kön­nen. Es ist jetzt Abend. — stop



ping

ping