bamako : 16.52 UTC — Mutter vor Jahren, wie sie aus dem Haus tritt. Es ist früher Morgen, vielleicht Oktober, Nebel. Sie trägt einen Morgenmantel, der noch immer in ihrem alten Haus im Badezimmer an einem Haken hängt. Sie bückt sich nach der Zeitung, schließt die Haustür, geht langsam, etwas unsicher bereits, zum Wohnzimmertisch, legt die Zeitung auf ihm ab. Wenige Schritte entfernt wartet eine Tasse Kaffee. Die holt sie jetzt. Sie setzt sich vor die Zeitung und beginnt ihre eigene Zeitung herzustellen. Das ist ein Vorgang, der eine halbe Stunde Zeit in Anspruch nehmen kann. Um ihre eigene Zeitung herstellen zu können, muss sie die angelieferte Zeitung Seite um Seite betrachten. Sobald sie eine Seite entdeckt, auf welcher ein Artikel sich befindet, den sie zu lesen wünscht, trennt sie die Seite vorsichtig von allen weiteren Seiten, faltet sie und legt sie zur Seite. In dieser Weise entsteht nach und nach ein kleiner Stapel von Zeitungsseiten, die die alte Dame nach und nach lesen wird. Sie geht spazieren, sie geht einkaufen mit ihrem Wägelchen von schottischem Musterstoff, sie telefoniert mit ihren Freundinnen und sie sammelt Blätter im Garten und grüßt die Fische, die sich bereits auf den Winter vorbereiten. Indessen, immer wieder einmal, entfaltet sie eine der Seiten ihrer Zeitung, um sie zu lesen. Dann ist Abend geworden. Unter der Lektüre einer der letzten Zeitungsseiten schläft sie ein im Bett, das in ihrem alten Haus noch immer steht, wie auch die Nachttischlampe und ihre Bücher, ein Turm, die sie vorhatte zu lesen. — Im Haus der alten Menschen, dort, wo über die Flure Rollstühle fahren, dort wo Mutter nun lebt, existieren weder Zeitungen noch Bücher. Ich habe das genau so beobachtet. — stop
Aus der Wörtersammlung: elle
in der straßenbahn
nordpol : 15.02 UTC — Folgendes. Wenn ich mich schreibend mit deutschen Menschen auseinandersetze, die überzeugt sind, afrikanische Menschen, die sich auf die Flucht nordwärts nach Europa begeben, seien selbst schuld, wenn sie im Meer ertrinken, man sollte Ihnen nicht helfen oder nur im Notfall, wenn jemand da ist, also wenn Hilfe unvermeidbar ist, wenn sie demzufolge nicht unsichtbar und ungehört zu ertrinken drohen, stelle ich mir immer wieder einmal vor, was diese Menschen an diesem schönen Sonntag wohl gefrühstückt haben? Ich frage mich, ob sie gut geschlafen haben und wie sie wohnen, ob sie glückliche Menschen oder eher unglückliche Menschen sind? Haben diese Menschen Kinder? Würde ich sie in einer Straßenbahn sitzend erkennen? Also sitze ich etwas später in einer Straßenbahn. Und plötzlich spüre ich einen Blick auf mir lasten, der nicht freundlich ist. — stop
elisabeth
charlie : 0.05 UTC – Vor einigen Wochen besuchte ich das Haus der alten Menschen, in dem meine Mutter wohnt. Ich spazierte über die Flure des Hauses, mit einem Apfel in der Hand, und wartete, dass ich in das Zimmer meiner Mutter gerufen würde. Auf einem Sofa am Ende eines der Flure vor einem Fenster saß eine alte Frau, wie zu einer Salzsäule erstarrt. Als ich zum dritten Male an ihr vorüberkam, erinnerte ich mich an eine Geschichte, die ich einmal in Brooklyn erlebte. Ich hatte sie vor Jahren notiert. Ich schrieb: Im Winter des vergangenen Jahres, an einem windig kalten Tag, besuchte ich in Brooklyn einen alten Herrn, Mr. Tomaszweska und seine Frau Elisabeth. Sie wohnen nahe der Clark Street in einem sechsstöckigen Haus mit Blick auf die Upper Bay von New York. Ich hatte den alten Mann während einer Fahrt auf einem Fährschiff zufällig kennengelernt. Er beobachtete, wie ich Fahrgäste fotografierte, die ihre Namen heimlich in die hölzernen Sitzbänke des Schiffes ritzten. Er sprach mich freundlich an, wollte mir einen Schriftzug zeigen, den er selbst drei Jahrzehnte zuvor an Ort und Stelle in der gleichen Weise wie die beobachteten Passagiere eingetragen hatte. Wir führten ein kurzes Gespräch über die New Yorker Hafenbehörde, Eisenbahnen und Flugzeuge, weiß der Himmel, wie wir darauf gekommen waren. Als wir das Schiff verließen, lud Mr. Tomaszweska mich ein, einmal zu ihm zu kommen. Darum stieg ich nur wenige Tage später in den sechsten Stock des schmalen Hauses auf den Höhen Brooklyns. Die Tür zur Wohnung stand offen, warme Luft kam mir entgegen, die nach süßem Teig duftete, nach Zimt und Früchten. Die Räume hinter der Tür waren verdunkelt. Ich hatte sogleich den Eindruck, dass ich vielleicht träumte oder verrückt geworden sein könnte, weil in diesem Halbdunkel an den Wänden, auch auf dem Boden, Lampen, Diodenlichter, glühten. Modelleisenbahnzüge fuhren auf schmalen Geleisen herum. Ich höre noch jetzt das leise Pfeifen einer Dampflokomotive, das meinen Besuch begleitete. Es war eine rasende Zeit, Stunden des Staunens, da in der Wohnung des alten Herrn eine sehr besondere Modellanlage gastierte, ja, ich sollte sagen, dass die Wohnung selbst zur Anlage gehörte, wie der Himmel zur wirklichen Welt. Alle Züge fuhren automatisch von einem Computer gesteuert, die Luft über den Geleisen roch scharf nach Zinn. Wir sprachen indessen nicht viel, Mr. Tomaszweska und ich, sondern schauten dem Leben auf dem Boden in aller Stille zu. An einem Fenster, dessen Vorhänge zugezogen waren, saß Mr. Tomaszweska’s Frau Elisabeth. Sie beachtete mich nicht, starrte vielmehr lächelnd auf eine kleine Klappe, die in die Wand des Hauses eingelassen war. Manchmal öffnete sich die Klappe und ich konnte für Momente das Meer erkennen, das an diesem Tag von grüngrauer Farbe gewesen war, wunderbare Augenblicke, denn immer dann, wenn das Meer in dem kleinen Fenster erschien, lachte die alte Frau mit glockenheller Stimme auf, um kurz darauf wieder zu erstarren. Einmal setzte sich Mr. Tomaszweska neben seine Frau und fütterte sie mit warmem Orangenkuchen, den er selbst gebacken hatte. Und wie wir uns wieder auf den Boden setzten, um ein Modell des Orientexpress durch die Zimmer der Wohnung kreisen zu sehen, erzählt der alte Mann, dass sie gemeinsam hier oben sehr glücklich seien. Er könne mit seiner Frau zwar nicht mehr sprechen, er könne sie nur noch streicheln, was sie verstehen würde oder sich erinnern an die Sprache seiner Hände. Verstehst Du, sagte er, sie vergisst immer sofort, alles vergisst sie, auch wer ich bin, aber sie vergisst niemals nach den kleinen Engeln zu sehen, die uns besuchen, sie kommen dort durch die Klappe, siehst Du, schau genau hin, es ist schon ein Wunder, sagte der alte Mann, wie schön sie lacht, mein junges Mädchen, nicht wahr, mein junges Mädchen. – stop
landschaft mit händen
sierra : 22.18 UTC — In einem Zug wollte mir ein junger Mann einen Algorithmus erklären. Er sagte: Schau Louis, dieser Algorithmus hier scheint von einer sehr begabten Person formuliert worden zu sein. Ich möchte behaupten, dieser Algorithmus stellt im Grunde ein Lebewesen dar. Der junge Mann sah mich mit einem leichten Silberblick an, vermutlich von Begeisterung auf sein Gesicht gespielt. Diesen Algorithmus, fuhr er fort, sei derart komplex, dass kaum noch ein menschliches Wesen ihn allein erfassen könne. Man müsse vermutlich über einen leistungsstarken Rechner verfügen, um auch nur annähernd an seinen Kern, an eine Idee, die irgendwo in dem Algorithmus steckte, heranzukommen. Während der junge Mann sprach, folgte ich seinen Händen, die über die Tastatur seines Notebooks hüpften, als wären sie hellhäutige Tiere. Ich gestehe, ich habe kaum verstanden, wovon der junge Mann eigentlich erzählte, da waren zu viele Zahlen im Spiel gewesen. Ich dachte in jenem Moment vorrangig an meine eigene Langsamkeit, dass ich mit der Zeit zunächst immer schneller wurde, und dann plötzlich wurde ich langsamer, was ich zunächst nicht bemerkte, bis ich in einem Zug saß und helle Fingergeschöpfe betrachtete, die eine Tastatur bedienten. So schnell waren sie vor meinen Augen gewesen, dass sie nach und nach unscharf wurden, wie wohl meine eigenen Hände vor den Augen meines Vaters unscharf geworden waren, als er sie mit einem seltsamen Blick betrachtete, dessen Ursprung ich in einem Zug viele Jahre später entdeckt zu haben meinte. — stop
im park
sierra : 2.55 UTC — Gestern beobachtete ich Louis, wie er in einem Park saß und eine Geschichte in ein Notizbuch schrieb. Das war ein schmales Buch gewesen. Louis notierte mit Bleistift in winziger Schrift. Er hatte deshalb eine Lesebrille aufgesetzt, die er immer wieder einmal auf seiner Nase zurechtrückte. Es war sehr feucht am See, Libellen jagten herum, obwohl schon fast dunkel geworden war, und sie leuchteten, blinkten, als wären sie ferngesteuerte Hubschrauberwesen. Louis schien sie nicht zu bemerken, er schrieb und schrieb, und wenn man sich näherte, konnte man hören, wie sein Bleistift sacht über das Papier raspelte. Das schmale Buch war schon fast vollgeschrieben und Louis Schrift wurde immer kleiner. Ich fragte ihn: Sag, worüber schreibst Du? Louis antwortete, er schreibe über einen Mann, der Lastenaufzüge bediente, verschmutzte Kästen, die in einem Lagerhaus auf und abwärts fuhren. Der Mann, von dem Louis erzählte, arbeitete bereits seit Jahren in einem dieser Kästen. Trotzdem war er im Grunde immer gut gelaunt. Das lag daran, dass der Mann sich vorstellte, er würde bald einmal in einem dieser Lastenaufzüge wohnen. Er konnte präzise beschreiben, wie sein zukünftiges Wohnzimmer beschaffen sein wird. Sofa, Regale für Bücher und Elefantenstatuten, die der Mann sammelte, Kakteen und Bambuspflanzen, zwei Tische, ein Rubensgemälde, Vasen, und so weiter und sofort. Nun, sagte Louis, das Problem ist, ich bin hier mit meinem Notizbuch bald zu Ende, aber das Zimmer im Aufzug tritt immer deutlicher an mich heran. Ich werde das Zimmer in diesem Büchlein hier nicht unterbringen. Verdammte Sache! — stop
papiere
delta : 22.58 UTC — In diesem Moment, da die Temperatur der Luft 38 °C erreicht, darf ich einen Text zitieren, den ich vor Jahren bereits notierte. Er handelt von Eispapieren und von einem besonderen Kühlschrank, den ich damals in Empfang genommen hatte, von einem Behälter enormer Größe. Ich schrieb, ich wiederhole, dass dieser Kühlschrank, in welchem ich plane im Sommer wie auch im Winter kostbare Eisbücher zu studieren, eigentlich ein Zimmer für sich darstellt, ein gekühltes Zimmer, das wiederum in einem hölzernen Zimmer sitzt, das sich selbst in einem größeren Stadthaus befindet. Nicht dass ich in der Lage wäre, in meinem Kühlschrankzimmer auf und ab zu gehen, aber es ist groß genug, um einen Stuhl in ihm unterzubringen und eine Lampe und ein kleines Regal, in dem ich je zwei oder drei meiner Eisbücher ausstellen werde. Dort, in nächster Nähe zu Stuhl und Regal, habe ich einen weiteren kleineren, äußerst kalten, einen sehr gut isolierten Kühlschrank aufgestellt, einen Kühlschrank im Kühlschrank sozusagen, der von einem Notstromaggregat mit Energie versorgt werden könnte, damit ich in den Momenten eines Stromausfalles ausreichend Zeit haben würde, jedes einzelne meiner Eisbücher in Sicherheit zu bringen. Es ist nämlich eine unerträgliche Vorstellung, jene Vorstellung warmer Luft, wie sie meine Bücher berührt, wie sie nach und nach vor meinen Augen zu schmelzen beginnen, all die zarten Seiten von Eis, ihre Zeichen, ihre Geschichten. Seit ich denken kann, wollte ich Eisbücher besitzen, Eisbücher lesen, schimmernde, kühle, uralte Bücher, die knistern, sobald sie aus ihrem Schneeschuber gleiten. Wie man sie für Sekunden liebevoll betrachtet, ihre polare Dichte bewundert, wie man sie dreht und wendet, wie man einen scheuen Blick auf die Texturen ihrer Gaszeichen wirft. Bald sitzt man in einer U‑Bahn, den leise summenden Eisbuchreisekoffer auf dem Schoß, man sieht sich um, man bemerkt die begeisterten Blicke der Fahrgäste, wie sie flüstern: Seht, dort ist einer, der ein Eisbuch besitzt! Schaut, dieser glückliche Mensch, gleich wird er lesen in seinem Buch. Was dort wohl hineingeschrieben sein mag? Man sollte sich fürchten, man wird seinen Eisbuchreisekoffer vielleicht etwas fester umarmen und man wird mit einem wilden, mit einem entschlossenen Blick, ein gieriges Auge, nach dem anderen gegen den Boden zwingen, solange man nicht angekommen ist in den frostigen Zimmern und Hallen der Eismagazine, wo man sich auf Eisstühlen vor Eistische setzen kann. Hier endlich ist Zeit, unter dem Pelz wird nicht gefroren, hier sitzt man mit weiteren Eisbuchbesitzern vertraut. Man erzählt sich die neuesten arktischen Tiefseeeisgeschichten, auch jene verlorenen Geschichten, die aus purer Unachtsamkeit im Laufe eines Tages, einer Woche zu Wasser geworden sind: Haben sie schon gehört? Nein! Haben sie nicht? Und doch ist keine Zeit für alle diese Dinge. Es ist immer die erste Seite, die zu öffnen, man fürchtet, sie könnte zerbrechen. Aber dann kommt man schnell voran. Man liest von unerhörten Gestalten, und könnte doch niemals sagen, von wem nur diese feine Lufteisschrift erfunden worden ist. – stop
feuersalamander
romeo : 22.18 UTC — Brütende Hitze. Das ist ein schöner Ausdruck, ich werde gebrütet von der Luft. Bin gespannt, was da aus mir herausschlüpfen wird. Irgendein Wesen vermutlich, das sich wohlfühlt, wenn es so richtig warm und schwül ist. Etwas, das vor Freude bebt, wenn Temperaturen über 50 ° Celsius steigen werden, eine Fortentwicklung, Anpassung, vielleicht eine Variation meiner selbst, der ich nun bald in der Lage sein werde, Wüsten zu durchkreuzen, geschmeidig, ohne auch nur einen Tropfen Wasser trinken zu müssen. — stop
am mississippi
alpha : 16.12 — Ramos erzählte gestern am späten Abend von einer Methode, E‑Mail derart zu programmieren, dass sie sich kurz nach ihrem Aufruf vor den Augen des Lesenden selbst zerstören oder auflösen wird, weil ihre Zeichen heller und heller werden, bis sie unsichtbar geworden seien. Ramos selbst will diese Möglichkeit des Verschwindens programmiert haben. Wir notierten zur Probe einen elektrischen Brief an mich selbst. Ich sendete also einen kurzen Text, den ich vor fünf Jahren bereits aufgeschrieben hatte: 6.15 – Während ich Stunde um Stunde in Stewart O’Nan’s Roman Last Night at the Lobster lese, immer wieder das Wort Mississippi im Kopf. Die Idee, dass das Wort Mississippi in der Fortsetzung der Lektüre nach und nach alle weiteren Wörter und Gedanken ersetzten könnte. In einem Wort verschwinden. — stop - Sobald die E‑Mail, die mittels Ramos’ Programm notiert worden war, auf meiner Schreibmaschine eingetroffen war, öffnete ich sie. Tatsächlich, kaum hatte ich den Cursor meiner Schreibmaschine über den Text hin bewegt, lösten sich seine Buchstaben auf, sie verblassten, waren bald nur noch eine Ahnung auf der Netzhaut meines Auges. Ramos erklärte, alle Zeichen, die mittels seines Programmes verschlüsselt worden seien, würden für eine Minute zur Verfügung stehen, man dürfe den Text der E‑Mail jedoch nicht berühren oder den Versuch unternehmen, einen Screenshot anzufertigen. Jede bekannte Methode des Fangens auf künstlichem Wege sei unwirksam. Auch eine Fotografie zu nehmen mittels eines gewöhnlichen Fotoapparates sei nicht möglich. Ramos, der höchst begeistert wirkte, wollte mir nicht erzählen, wie dieses Verhalten programmiert sein könnte. Was bleibt, sagte Ramos, ist eine E‑Mail dieser Art auswendig zu lernen, um sie kurz darauf auf Papieren zu rekonstruieren. — stop
luftgesellschaft
nordpol : 0.05 UTC — Irgendetwas fehlte, oder jemand. Ein Gefühl zunächst, ich begann zu zählen. Ich zählte von 23 Uhr bis Mitternacht folgende Besucher, die durch mein geöffnetes Fenster lichtwärts flogen: Zwei kleine Fliegen, eine grün, die andere bläulich schimmernd. 3 Marienkäfer, rot, je 5 Punkte. 1 Falter, der mir ein Tagfalter zu sein schien, er war aus dem Fenster hinaus, ehe ich ihn untersuchen konnte. 2 fast durchsichtige Wesen von hellem Grün, die mir bekannt gewesen, weil ich mich seit Jahren, sobald ihre Art an den Wänden meiner Zimmer zitternd eingetroffen ist, beobachtet fühle. Zuletzt 1 Wespe. Es ist Ende Juli, und es ist warm und schwül. — stop
von den fächertieren
echo : 18.06 UTC — Erinnern Sie sich an das Geräusch der Tauben in einem Taubenschlag, ich meine an das Geräusch der Flügel, wenn sie ihre Federn schütteln? Sollten Sie sich erinnern, wird Ihnen nicht schwerfallen, einen kleinen Laden vorzustellen, in welchem Fächertiere wohnen, die erwarten, dass irgendjemand sie mit sich nimmt, ein Ort voller Winde kreuz und quer. Fächertiere sind wertvolle Geschöpfe. Ein ausgewachsenes, gut trainiertes Exemplar wird nicht unter 750 Pfund gehandelt. Wenn man nun eines dieser Wesen aus einer Schar hunderter weiterer Wesen wählte, wird es in einen besonderen Koffer verstaut. Es handelt sich um einen knöchernen Behälter von länglicher Form, in dem das Fächertier zur Ruhe gelegt werden kann. Nicht notwendig zu erwähnen, dass das Tier gegen seine Fesselung mittels fauchender Laute protestieren wird, aber das gibt sich bald, das muss man sich nicht allzu sehr zu Herzen nehmen. Kaum aus dem Laden getreten, schläft das Fächertier ein, das machen sie in Zeiten einer Reise immer, es ist nichts anderes zu tun. Und so geht man also spazieren. Bald sitzt man in einer Straßenbahn, es ist heiß, es ist schwül, jetzt sollte man das kleine Tier aus seinem Köcher holen. Man hält es vorsichtig in der Hand, unverzüglich wird das seltsame Wesen wach. Dort wo die Federn des Tieres in einem Punkt zueinander laufen, ist nun, aus der Nähe betrachtet, ein kleiner, runder Körper zu entdecken, so groß wie eine Murmel, der atmet, zwei Augen auch, und ein Schnabel, in dem sich eine Zunge hin und her bewegt, die einer Karpfenzunge ähnelt. Man darf das Tier an dieser Stelle berühren, sanft, dann lässt man es los. Das Fächertier entfaltet sich, prächtige Farben, Muster, die sich von Tier zu Tier unterscheiden, keines gleicht dem anderen. Und schon geht es los, eine Bewegung auf und ab, hin und her, kühlende Winde, es ist ganz wunderbar. Indessen, in den ersten Minuten staunender Beobachtung, wird man vielleicht befürchten, sie könnten sich entfernen, aber das ist niemals der Fall. — stop