Aus der Wörtersammlung: frau

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swetlana geier

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del­ta : 0.03 — Ein auf­re­gen­des Buch, das ich gera­de wie­der lese in klei­nen Etap­pen, Wil­helm Gen­a­zi­nos Erzäh­lung Das Licht brennt ein Loch in den Tag. Ein­hun­dert­fünf­zehn Geschich­ten eines Man­nes, der fürch­tet, sein Gedächt­nis zu ver­lie­ren, Geschich­ten, die der Mann sei­nen Freun­den erzählt, damit sie ihm spä­ter ein­mal zurück­ge­ge­ben wer­den könn­ten. Ja, so soll­te man leben, so genau, dass für jeden geleb­ten Tag eine Geschich­te zu ver­zeich­nen ist. Man­che die­ser Geschich­ten wer­den viel­leicht nur aus einem ein­zi­gen Satz bestehen, einem Gedan­ken oder einem zitie­ren­den Text, Wör­tern wie die­sen, die ich ges­tern, nach­dem ich den fas­zi­nie­ren­den Film Die Frau mit den 5 Ele­fan­ten gese­hen hat­te und in sei­ne zwölf­te Minu­te zurück­ge­kehrt, der Über­set­ze­rin Swet­la­na Gei­er von den Lip­pen las: Es stellt sich immer wie­der her­aus, und es ist ein Zei­chen für einen hoch­wer­ti­gen Text, dass der Text sich bewegt. Und plötz­lich, man hat es vor­be­rei­tet und man sieht alles, und man weiß alles, aber plötz­lich ist da etwas, was man noch nie gese­hen hat. Ein sol­cher Text ist uner­schöpf­lich. Man kann ihn eigent­lich, auch wenn man ihn über­setzt hat oder zwei­mal, ich hab das jetzt zwei­mal über­setzt, man kann ihn nicht aus­schöp­fen. Und das ist eben wahr­schein­lich ein Zei­chen der aller­höchs­ten Qua­li­tät. Natür­lich, man muss lesen ler­nen. — stop


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gebäck

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gink­go : 6.05 — War bei Har­rods gewe­sen, ein hell aus­ge­leuch­te­ter Saal. Ver­käu­fe­rin­nen in grü­nen Over­alls sta­pel­ten kunst­voll mensch­li­che Arme und Bei­ne und Köp­fe auf Tische. Kla­re, in den Augen schmer­zen­de Sub­stanz fiel von der Decke. Bald dar­auf Kurz­stre­cken­fahrt im U‑Bahnwaggon. Ein feuch­ter mensch­li­cher Arm ruh­te auf mei­nen Ober­schen­keln. Die­ser Arm nun war in Zei­tungs­pa­pier gewi­ckelt, sei­den wei­ße Sub­stanz tropf­te auf den Boden. Gleich gegen­über ein Mann und eine Frau. Das Gesicht des Man­nes dampf­te. Die Frau, die eine Melo­die vor sich hin­summ­te, schäl­te mit einem Tee­löf­fel­chen gramm­schwe­re Fleisch­pro­ben aus den Wan­gen des Man­nes, um sie ent­we­der sofort zu ver­zeh­ren oder wei­te­ren Fahr­gäs­ten dar­zu­bie­ten. — stop. — Mon­tag. stop. Duke Elling­ton : Take the “A” Train. stop. Es ist denk­bar, dass ich über das Gedächt­nis eines Ele­fan­ten ver­fü­ge. — stop

ping

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luftpostbrief

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lima : 0.55 — Manch­mal sit­ze ich im Zug und foto­gra­fie­re mit mei­nem Kopf. Ich betrach­te eine Frau, einen Mann, ein Kind für zwei oder drei Sekun­den, und ver­su­che mir bereits in der nächs­ten Minu­te ein Licht­bild in Erin­ne­rung zu rufen. Ich den­ke: blau­er Schal, Hän­de, fei­ne Hän­de, Augen blau, Augen müde, Augen glück­lich, blau und müde, Turn­schu­he, gel­be Turn­schu­he, Zei­tung, was für eine Zei­tung, Haar­far­be, Schnee­haut, Mund, lächeln­der Mund, hör­te eine frem­de Spra­che, was für eine Spra­che könn­te das gewe­sen sein? Ich sit­ze also mit einem Bild in mei­nem Kopf im Zug und lau­sche einer Stim­me. Das Bild spricht. Das Bild lebt wei­ter. In jedem Bild, das in einem Zug auf­ge­nom­men wird, fin­det sich Bewe­gung, jene Stimm­be­we­gung viel­leicht, oder bereits die Bewe­gung der Erfin­dung. Wes­halb waren die Augen müde und ihr Aus­druck glück­lich? Eine Lie­bes­ge­schich­te? Oder war es die Zei­tung? Ja, was war das noch für eine Zei­tung? Viel­leicht ein Irr­tum, viel­leicht war die Zei­tung kei­ne Zei­tung, son­dern ein Brief gewe­sen, ein lang erwar­te­ter Brief, ein Brief, lie­be­voll von Hand geschrie­ben, ein Luft­post­brief, leicht, sehr leicht, ein Brief, noch kühl vom Flug. stop. Das Geräusch des Papiers. stop. Knis­ternd. stop. Auf­ste­hen! stop. Den Zug ver­las­sen! stop. Mit geschlos­se­nen Augen. — stop

interview
tahrir square
februar 2011
kurz vor ausbruch
staatlicher gewalt gegen
aktivisten/innen auf dem platz
source : zero silence project
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kairobildschirm

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echo : 5.38 — Ich erin­ne­re mich, dass ich im Schlaf zu mir sag­te: Das will ich nicht wei­ter träu­men. Unver­züg­lich wur­de ich wach. – Schnee ist gefal­len, ein wei­ßes Tuch liegt auf den Bür­ger­stei­gen. Das Kai­ro­fens­ter flim­mert seit bald vier­zehn Stun­den auf dem Bild­schirm mei­ner Schreib­ma­schi­ne. Kamel­rei­ter prü­geln auf Demons­trie­ren­de ein, Stei­ne flie­gen durch die Luft, Kühl­schrän­ke von Haus­dä­chern, um Men­schen zu töten. Mit der Däm­me­rung kom­men Bar­ri­ka­den, Ölfeu­er­fla­schen, tau­meln hin und her, bren­nen­de Autos, der hell­graue Rauch der Pan­zer­mo­to­ren, die Stim­men der Kom­men­ta­to­ren, die Zah­len ver­letz­ter und getö­te­ter Men­schen mel­den. Auf dem Platz der Befrei­ung wird nach Stei­nen gegra­ben. Mil­li­me­ter hohe Men­schen­fi­gu­ren schlei­fen lie­gen­de Mil­li­me­ter hohe Men­schen­fi­gu­ren über den Boden. Rei­ne Mord­lust scheint aus­ge­bro­chen zu sein. – Es ist jetzt 5 Uhr und 30 Minu­ten. Seit drei Stun­den wird scharf geschos­sen. Nie­mand weiß, woher die Schüs­se kom­men. Eine jun­ge Frau, 24, die sich auf dem Platz befin­det, erzählt wei­nend von Men­schen, die soeben getö­tet wur­den. Wie das mög­lich sein kön­ne, dass die Welt nicht ein­grei­fe, dass kei­ne Hil­fe kom­me. We will not lea­ving this place. Sie nennt ihren Namen. — stop

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kurzwelle

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oli­mam­bo : 2.02 — Mit­tel­eu­ro­pa. stop. Kurz nach Mit­ter­nacht. stop. Nach­rich­ten aus Kai­ro. stop. Frau­en und Män­ner ste­hen um ein Tran­sis­tor­ra­dio ver­sam­melt. Man lauscht Kurz­wel­len­funk­si­gna­len, die im Raum zur Iono­sphä­re hin pen­delnd um den Glo­bus wan­dern. Ein Mann mitt­le­ren Alters befin­det sich unter den Radio­hö­rern. Viel kann ich über die­sen Mann nicht sagen. Ich weiß, dass er deut­scher Staats­bür­ger ist, Mos­lem, in einer peri­phe­ren Gegend Kai­ros gebo­ren. Sein Name ist Belem und sei­ne Stim­me hell. Mit die­ser selt­sam hel­len Stim­me äußer­te Belem unlängst wäh­rend einer unse­rer zufäl­li­gen Begeg­nun­gen, wie wich­tig es sei, dass Men­schen sich respekt­voll ver­stän­di­gen. Belem war mit einer deut­schen Frau ver­hei­ra­tet gewe­sen, ihre gemein­sa­me Geschich­te ende­te, weil sei­ne Frau ihm nicht die­nen woll­te. Aber das ist schon lan­ge Zeit her, Belem lebt jetzt allein. Er hinkt, wenn er geht, kaum merk­lich, wes­halb ich mich ein­mal erkun­dig­te, ob er viel­leicht Schmer­zen habe. Wie die­ser freund­li­che Mann zöger­te, dar­an erin­ne­re ich mich gut, und wie er dann sein Hemd nach oben zog, um die Nar­be einer Schuss­wun­de zu zei­gen, eine hel­le Stel­le in der dunk­len Haut nahe sei­nes Nabels, eine Wir­bel­spi­ra­le nach innen gerich­tet, mit einem seh­ni­gen Kno­ten in der Tie­fe zum Abschluss. Belem war von einer Poli­zei­ku­gel getrof­fen wor­den, seit­her ist das eine Bein etwas lang­sa­mer als das ande­re Bein. Und das ist schon alles, viel oder wenig, was ich von Belem zu erzäh­len weiß in die­ser Stun­de kurz nach Mit­ter­nacht, vor einem Radio­wel­len­ge­rät ste­hend. Der klei­ne Kas­ten kracht und pfeift und knarzt und schep­pert. — stop

ping

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kairobildschirm

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sier­ra : 7.12 — Acht Uhr, Frei­tag­abend. stop. Am Schreib­tisch. stop. Von Live­bil­dern des Nach­rich­ten­sen­ders Al Jaze­era her sind Gewehr­schüs­se zu hören. Seit Stun­den bereits bewe­gen sich die­se Bil­der von der Grö­ße einer Post­kar­te auf dem Schirm mei­ner Com­pu­ter­ma­schi­ne. Jugend­li­che Men­schen flüch­ten vor Wol­ken von Pfef­fer­gas. Beten­de Män­ner knien vor einer Poli­zei­ket­te, schwar­ze Stie­fel, schwar­ze Hosen, schwar­ze Hem­den, schwar­ze Hel­me. Gebäu­de glü­hen in der auf­kom­men­den Dun­kel­heit. Ein Mann­schafts­wa­gen der Poli­zei schlin­gert bren­nend durch eine Men­schen­men­ge, über­rollt Per­so­nen, die sich in den Weg stel­len. Schlä­ger­trupps in zivi­ler Klei­dung ver­prü­geln Frau­en, ver­prü­geln Män­ner. Kolon­nen gepan­zer­ter Mili­tär­fahr­zeu­ge rücken in das Zen­trum Kai­ros vor, sie wer­den von jubeln­den Bür­gern der Stadt begrüßt. Man spricht davon, das Natio­nal Muse­um wer­de von einem Schild mensch­li­cher Kör­per geschützt. Gas­gra­na­ten segeln über einen Platz, schrei­ben Spu­ren hell­grau­en Rauchs in die Luft. Auf den Stra­ßen der Stadt Suez sol­len fünf Men­schen ihr Leben ver­lo­ren haben. In Washing­ton erklärt ein Spre­cher der US-Regie­rung, die Situa­ti­on sei flu­id. In Kai­ro über­rei­chen jun­ge Men­schen einer Repor­te­rin den Kör­per einer Poli­zei­trä­nen­gas­gra­na­te, auf dem sie den Schrift­zug Made in USA ent­deck­ten. stop. stop. Was ist das für eine Wirk­lich­keit, die mich in Bil­dern von Post­kar­ten­grö­ße erreicht? Wie wirk­lich ist die­se Wirk­lich­keit? Was geschieht mit mir, was mit der Wirk­lich­keit der Bil­der, sobald ich mei­nen Com­pu­ter­bild­schirm aus­schal­te? — stop

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manhattan : eine frau verschwindet und kehrt wieder

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nord­pol : 7.05 — Ges­tern Abend folg­te ich mit­tels der Goog­le-Earth­ma­schi­ne einer beson­de­ren Rou­te durch das süd­li­che Man­hat­tan. Ich kann­te die­se Stre­cke, war dort im Spät­som­mer des ver­gan­ge­nen Jah­res auf eige­nen Füßen spa­ziert, war Mal­colm Lowry auf der Spur gewe­sen, sei­nen enger und enger wer­den­den Krei­sen, die den Schrift­stel­ler ein hal­bes Jahr­hun­dert zuvor in das Bel­le­vue Hos­pi­tal führ­ten, wo er sich, in höchs­ter Not befind­lich, vom Schmerz­man­tel des Alko­hols zu befrei­en such­te. Immer wie­der hat­te ich damals jene Gegend nahe des East River auf­ge­sucht, sodass ich eine bei­na­he ver­trau­te Umge­bung in digi­ta­ler Wei­se berühr­te. Gegen Mit­ter­nacht dann, ich hat­te die Third Ave­nue gekreuzt, bog ich nach Nor­den ab, erreich­te 30 Minu­ten spä­ter die 70th Stra­ße. Da war an einer Ecke ein klei­ner Laden, an den ich mich erin­ner­te. Ver­such­te ihm näher­zu­kom­men, zoom­te her­an, aber dann über­quer­te ich im Sprung die Stra­ße mit­tels einer zar­ten Bewe­gung der Mou­se, beweg­te mich im Kreis und bemerk­te in die­sem Augen­blick, dass eine Frau mit Hund, die gera­de noch die Stra­ße in nächs­ter Nähe über­quert hat­te, ver­schwun­den war, indem ich die Kreu­zung von Osten her betrach­te­te. Auch war die Stra­ße dunk­ler gewor­den, als wäre kurz zuvor Regen gefal­len oder die Däm­me­rung des Abends ein­ge­trof­fen. Um ein paar wei­te­re Meter gedreht, war die Frau dann wie­der da gewe­sen und ihr Hund, den Schwanz erho­ben, und die Stra­ße tro­cken. Eine Kreu­zung, so mein Ein­druck, gefal­te­ter Zeit. Ich muss das beob­ach­ten. — stop

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herr auf bahnsteig

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echo : 6.28 — Ein älte­rer Herr abends spät auf dem Bahn­steig einer Metro­sta­ti­on. Der Mann ist offen­sicht­lich glück­lich. Gera­de noch, vor weni­gen Minu­ten, pas­sier­te er mit einem Kof­fer in der lin­ken Hand eine Bild­schirm­wand, las im lang­sa­men Gehen einen Text, der eine hal­be Minu­te zuvor dort erschien. Die­ser Text, eine Mel­dung, berich­tet von For­schungs­er­geb­nis­sen eines nord­ame­ri­ka­ni­schen Insti­tu­tes, man habe näm­lich her­aus­ge­fun­den, dass die Inten­si­tät der Gefüh­le mit dem wach­sen­den Alter eines Men­schen stei­gen wür­de, man kön­ne sich mit 60 Jah­ren am bes­ten in eine ande­re Per­son hin­ein­ver­set­zen, gleich­wohl schwie­ri­gen Zei­ten etwas Gutes abge­win­nen. Wie er die­sen Text nun liest, wird der alte Mann lang­sa­mer, hält schließ­lich an, wen­det sich dem Licht des Bild­schir­mes zu, setzt den Kof­fer neben sich auf den Boden ab. Leicht nach vor­ne gebeugt steht er da, ein Schat­ten, eine Sil­hou­et­te, die sich auch dann nicht bewegt, als die Nach­richt, die von der Natur, vom elek­tri­schen Wesen des alten Man­nes per­sön­lich erzählt, ver­schwin­det und statt­des­sen ein Wet­ter­be­richt (Eis und Schnee), eine Rei­se­emp­feh­lung (Ägyp­ten), sowie aktu­el­le Devi­sen­kur­se (Dol­lar stei­gend) erschei­nen. Der alte Mann war­tet, er war­tet zwei oder drei Minu­ten, bis der Text, den er stu­dier­te, wie­der­kehrt. Wei­te­re Minu­ten ver­ge­hen, dann nimmt der alte Mann sei­nen Kof­fer vom Boden, dreht sich auf dem Absatz her­um, sieht mich an, er lächelt und geht wei­ter. Eine Frau nähert sich in die­sem Moment, da ich notie­re, dem Luft­raum vor dem Bild­schirm. Sie trägt einen läng­li­chen Papp­kar­ton, in dem sich, einer Zeich­nung fol­gend, ein Weih­nachts­baum (Tan­ne) befin­den soll. Aber das ist schon eine ganz ande­re Geschich­te. Guten Mor­gen! — stop

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panther

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lima : 1.42 – Etwas Merk­wür­di­ges muss gesche­hen sein, wäh­rend ich schlief. Als ich erwach­te, konn­te ich nicht sagen, ob ich eine Frau bin oder ein Mann. Ich öff­ne­te die Augen und bemerk­te einen Pan­ther, der vor mei­nem Bett auf und ab spa­zier­te. Das war ein merk­wür­di­ger Pan­ther gewe­sen, der vor mei­nem Bett spa­zier­te. Der Pan­ther war schwarz wie alle Pan­ther, wenn sie wirk­li­che Pan­ther sind. Die­ser wirk­li­che Pan­ther nun aber trug Men­schen­haut und hat­te grü­ne, anstatt gel­be Augen. Wenn ich mich beweg­te, fauch­te der Pan­ther und mach­te einen Satz auf mich zu, sodass ich mich ent­schloss abzu­war­ten, viel­leicht weil ich hoff­te, er wür­de bald schla­fen oder ganz aus mei­nen Zim­mern ver­schwin­den. — Es ist jetzt wie­der Nacht gewor­den. Noch immer habe ich mein Bett nicht ver­las­sen. Der Pan­ther ruht vor mir auf dem Boden. Wei­ter­hin genie­ße ich sei­ne unge­teil­te Auf­merk­sam­keit. Nicho­las Bak­ers Buch der Streich­höl­zer, das ich in der Nähe auf dem Boden gefun­den hat­te und gera­de noch unter mei­ner Decke ver­ste­cken konn­te, ist kreuz und quer zu Ende gele­sen. Ich spü­re ein lei­ses Hun­ger­ge­fühl in mir auf­stei­gen, der quä­len­de Durst der Wüs­ten­wan­de­rer klebt schon seit Stun­den an mei­nem Gau­men. Soll­te, sobald in fünf Stun­den die Däm­me­rung ein­set­zen wird, zum Angriff über­ge­hen. Ich muss, kein Aus­weg, die Küche, das heißt, die nächs­te Was­ser­stel­le errei­chen. Viel­leicht sind die­se Zei­len, die ich in weni­gen Minu­ten über mein Funk­netz abset­zen wer­de, die letz­ten Zei­len, die ich als leben­der Mensch notier­te. — stop

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flügel

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tan­go : 6.15 — Im Zug saß ein Mann, der sich mit einer Frau in der Hand­zei­chen­spra­che der gehör­lo­sen Men­schen unter­hielt. Obwohl ich die Hän­de der zwei Spre­chen­den ein­ge­hend betrach­te­te, lie­ßen sie sich nicht stö­ren, ver­mut­lich weil sie ahn­ten oder wuss­ten, dass ich ihre Spra­che nicht ver­ste­hen konn­te. Der Ein­druck, dass die bei­den wei­te­re Kör­per­zei­chen ver­wen­de­ten, um die Spra­che ihrer Hän­de zu ergän­zen. Als wären sie Flü­gel eines Vogels, der sich Was­ser aus dem Gefie­der schüt­telt, flat­ter­ten ihre Augen­li­der. Kaum den Zug ver­las­sen, ver­such­te ich ver­geb­lich die­se erstaun­li­che Bewe­gung ihrer Augen nach­zu­ah­men. Und auch heu­te Mor­gen, nach einer ruhi­gen Nacht, bin ich nicht in der Lage, mei­ne Lider in der beschrie­be­nen Wei­se erzit­tern zu las­sen. So uner­reich­bar sind sie wie mei­ne Ohren, die nie gehor­chen wol­len, wenn ich mir mit ihrer Hil­fe Luft zufä­cheln möch­te. Viel­leicht werd ich’s am Abend noch ein­mal pro­bie­ren. Neh­me an, sie haben Töne erzeugt, sin­gen­de Töne, mit ihren Augen im Zug. — stop

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