echo : 0.02 — Sind Kiemenmenschen, wohnhaft im Haus Lexington Avenue Ecke E 84 St., eventuell in Gefahr, als Halbwesen betrachtet zu werden? Ich will zur Vorsicht an dieser Stelle ihre allgemeinen Menschenrechte deklarieren. Es handelt sich um Mrs. Lilly Lindenbaum, geborene Miller, sowie Mr. Jonathan Lindenbaum. Sie haben ihre geräumige Wohnung in der 12. Etage seit 82 Jahren niemals verlassen. Man berichtet, sie würden in der Art der Grönlandwale mit dem Kopf nach unten schwebend schlafen. — stop
Aus der Wörtersammlung: gefahr
ai : RUSSISCHE FÖDERATION
MENSCH IN GEFAHR: „Jewgeni Witischko muss eine dreijährige Haftstrafe in einer Strafkolonie antreten. So hat es das Regionalgericht von Krasnodar in einem Rechtsmittelsverfahren am 12. Februar entschieden. Amnesty International betrachtet den inhaftierten Umweltschützer als gewaltlosen politischen Gefangenen, der strafrechtlich verfolgt wird, weil er Umweltschäden in der Region Krasnodar aufgedeckt hat. / Am 12. Februar hat das Regionalgericht von Krasnodar ein von Jewgeni Witischko eingelegtes Rechtsmittel gegen die gegen ihn verhängte Haftstrafe zurückgewiesen und damit die Entscheidung eines Gerichts unterer Instanz bestätigt. In dem Urteil des Regionalgerichts heißt es, der Umweltschützer habe gegen eine Auflage (Reisebeschränkung) verstoßen, die ihm im Zusammenhang mit einer zur Bewährung ausgesetzten dreijährigen Freiheitsstrafe auferlegt worden war. Er müsse deshalb die drei Jahre Haft in einer Strafkolonie verbüßen. Das ursprüngliche Urteil war nach Auffassung von Amnesty International in einem politisch motivierten und unfairen Gerichtsverfahren gegen ihn ergangen. Der Termin für die Verhandlung über das Rechtsmittel war zunächst auf den 22. Februar festgesetzt worden, wurde dann aber auf den 12. Februar vorverlegt, sodass es in den Zeitraum der 15-tägigen Haft von Jewgeni Witischko fiel, die er wegen konstruierter Vorwürfe im Zusammenhang mit “geringfügigem Rowdytum” in der Stadt Tuapse verbüßen musste. Der Umweltschützer konnte deshalb an der Verhandlung nur per Videoschaltung teilnehmen. Als Reaktion auf das Urteil kündigte Jewgeni Witischko einen Hungerstreik an. / Nachdem er seine 15-tägige Haftstrafe verbüßt hatte, sollte Jewgeni Witischko am 18. Februar freigelassen werden und sich dann privat auf den Weg zu der Strafkolonie machen, um dort seine dreijährige Freiheitsstrafe anzutreten. Die Behörden erklärten dann jedoch, er werde nicht aus der Haft entlassen, sondern begleitet von Gefängnispersonal direkt in die Strafkolonie gebracht. Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge befindet er sich derzeit auf dem Weg dorthin, das genaue Ziel ist aber nicht bekannt.“ — Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen, möglichst unverzüglich und nicht über den 1. April 2014 hinaus, unter »> ai : urgent action
nüsse. 20 gramm
olimambo : 0.15 — Als ich unlängst von einer Reise zurückkehrte, entdeckte ich Esmeralda auf dem Rahmen der Tür zum Arbeitszimmer. Die kleine Schnecke hockte genau dort, wo ich sie vor meiner Abreise zuletzt gesehen hatte. Vielleicht konnte sie das Gewicht meiner Schritte auf der Treppe spüren, ihre Fühleraugen jedenfalls waren bereits ausgefahren, als ich die Tür zur Wohnung öffnete. Esmeralda schien den heimkehrenden Mann in aller Ruhe zu betrachten. Ich überlegte, kaum hatte ich die Wohnung betreten, ob es möglich sein könnte, dass sich das Schneckenwesen in der Zeit meiner Abwesenheit nicht von der Stelle bewegt haben könnte. Geschälte Pekannüsse, die ich im Dezember noch in Küche und Diele auf den Boden legte, waren unberührt. Nun aber, da ich meinen Koffer auspackte, rührte sich Esmeralda. Sie schien an Gewicht verloren zu haben, war in ihrer Wanderung jedoch so schnell wie üblich, weshalb ich behaupten möchte, dass Esmeralda keinen Schaden genommen haben dürfte. Nach einer Weile erreichte sie das Arbeitszimmer und kletterte unverzüglich zur Decke empor, um direkt über meinem geöffneten Koffer Platz zu nehmen. Dort verweilte sie für mehrere Stunden, auch als ich meinen Koffer längst entleert und das Licht im Zimmer ausgeschaltet hatte, rührte sie sich nicht. Direkt unter ihr, auf dem Sofa, lagen ein Paar Handschuhe und ein Notizbuch. Gegen Mitternacht meldete sich L. Er berichtete, er habe einen Auftrag angenommen, nämlich in die Gegend von Narvik zu reisen, um zweihundert tiefgefrorene Seen, die noch ohne Namen sein sollen, zu bezeichnen. Als ich kurz darauf in mein Arbeitszimmer zurückkehrte, genau in dem Moment, da ich das Licht anschaltete, ließ Esmeralda sich von der Decke fallen. Sie landete weich auf meinen Handschuhen. Ein unglaublicher Anblick, es schien, als würde die Schnecke in drastischer Weise mit mir kommunizieren. Indem ich sie in die Luft hob, versuchte sie vergeblich, sich in ihr Haus zurückzuziehen. Jetzt wieder Ruhe. Nebelnacht. — stop
ai : CHINA
MENSCH IN GEFAHR: „Der bekannte tibetische Mönch Karma Tsewang wurde am 6. Dezember 2013 in Chengdu im Südwesten Chinas unter dem Vorwurf der “Gefährdung der Staatssicherheit” inhaftiert. Sechzehn seiner Unterstützer wurden, als sie seine Freilassung forderten, ebenfalls festgenommen. Den Mönchen wurde kein Zugang zu Rechtsbeiständen gewährt. Es besteht die Gefahr, dass sie gefoltert werden. / Karma Tsewang ist der hoch angesehene Abt (Khenpo) des Klosters Gongya in der Autonomen Tibetischen Präfektur Yushu, Provinz Qinghai. Er wurde am 6. Dezember während einer Geschäftsreise in Chengdu, Provinz Sichuan, von Sicherheitskräften aus Changdu (Chamdo, Autonome Tibetische Präfektur) festgenommen. Laut seines Anwalts Tang Tianhao wird er wegen des Verdachts der “Gefährdung der Staatssicherheit” festgehalten; genaueres wurde noch nicht bestätigt. Momentan befindet er sich an einem unbekannten Ort in Changdu in Haft. / Nach Karma Tsewangs Inhaftierung unterschrieben 4.000 Menschen, unter ihnen tibetische Mönche, eine Petition, um seine Freilassung zu fordern. Am 10. Dezember nahmen mehr als 600 Menschen, darunter Mönche aus dem Kloster von Gongya, in Nangqian an einer zweistündigen Demonstration teil. Sie hielten Transparente mit Fotos von Karma Tsewang hoch, riefen Parolen und verlangten seine Freilassung. Sicherheitskräfte aus dem Bezirk Nangqian bedrohten die an der Demonstration beteiligten Mönche und warnten sie, Karma Tsewang werde noch schwerer bestraft, falls sie ihre Proteste nicht einstellten. Am 20. und 21. Dezember wurden 16 Mönche festgenommen, obwohl sie die Demonstration am 10. Dezember beendet hatten. / Am 23. Dezember begab sich Karma Tsewangs Anwalt nach Changdu, um seinen Mandanten zu besuchen. Doch die örtliche Polizei hinderte ihn daran, den Mönch zu treffen. Sicherheitskräfte des Bezirks Nangqian drohten den Familien von Karma Tsewang und den 16 anderen inhaftierten Mönchen, sie ebenfalls in Haft zu nehmen, wenn sie sich Rechtsbeistände suchen sollten. / Karma Tsewang ist unter TibeterInnen aufgrund seiner Arbeit für die Förderung der tibetischen Sprache und Kultur sehr bekannt. Er engagiert sich zudem in der Katastrophenhilfe, beispielsweise nach dem Erdbeben in Yushu in der Provinz Qinghai im Jahre 2010, bei dem über 2.000 Menschen ums Leben kamen.“ — Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen, möglichst unverzüglich und nicht über den 19. Februar 2014 hinaus, unter »> ai : urgent action
Viktoria og Marit Ansethmoen
sierra : 6.50 — Ich beobachtete einen älteren Mann, der auf einer Fahrt von Manhattan nach Staten Island Schriftzeichen in die hölzerne Sitzbank einer Fähre gravierte. Ein kalter Wintertag, der Mann war sportlich gekleidet, rote Windjacke, Lapplandmütze, Wanderschuhe, dazu Fäustlinge, die seine kräftigen Hände schützten. Er war überhaupt von mächtiger Statur gewesen. Ich hatte die Vorstellung, dass es sich um einen Norweger oder Finnen gehandelt haben könnte. Als der Mann das Schiff betrat, folgte ich ihm, setzte mich in seiner Nähe nieder. Leichter Seegang, die Scheiben des unteren Decks waren von der Salzgischt geblendet, draußen bedeckte eine Eiskruste die Promenade der Fähre. Während der Überfahrt, da ich den alten Mann beobachtete, spielten ein paar schwarzhäutige Jungs wunderbar scheppernden Blues auf Metallgitarren. Eine Handvoll Schulkinder tollten herum. Das Horn des Schiffes grüßte in die Luft der Upper New York Bay wie immer. Da begann der alte Mann vor meinen Augen mit einem Klappmesser seine Arbeit. Er verfügte über eine schöne Schrift. Während er arbeitete, schien er keinen Blick für seine Umgebung zu haben, er machte das so wie einer, der meint, er sei nicht sichtbar, solange er fest an seine Unsichtbarkeit glaubt. Eine gute Viertelstunde schnitzte er vor sich hin. Dann packte er sein Messer in seinen Rucksack und verließ das Schiff mit allen anderen Passagieren. Kaum waren wir an Land, stellte ich mich in die Warteschlange Richtung Manhattan, um sofort wieder zurück auf dasselbe Schiff zu gelangen, mit dem ich zur Insel hin gefahren war. Nur wenige Minuten später nahm ich genau an der Stelle Platz, an der der Mann gearbeitet hatte. Auf dem Boden des Schiffes lag ein Häufchen dunkler Späne, in den Sitz eingraviert ein Name: Viktoria og Marit Ansethmoen. Dem Namen folgte eine Ziffer: No 7563. Diese Ziffer, und den dazugehörigen Namen, entdeckte ich gestern in einem Notizbuch wieder, das ich damals geführt hatte während winterlicher Fahrten auf Staten Island Fähren. Noch immer weiß ich nicht, was diese Zahl bedeuten könnte, und warum der alte Mann den Namen einer Frau in die Sitzbank des Schiffes eingetragen hatte. Heute Nacht die Vorstellung, ich könnte meinen Text in die norwegische Sprache übersetzen lassen, um ihn der digitalen Sphäre zu übergeben: Alter Manhattanmann, melden Sie sich bitte. Code: Viktoria og Marit Ansethmoen / No 7563 — stop
ai : LAOS
MENSCH IN GEFAHR: “Auch ein Jahr nach der Verschleppung von Sombath Somphone haben die laotischen Behörden immer noch keine umfassenden Ermittlungen eingeleitet, um sein Schicksal aufzuklären. Deshalb besteht Anlass zu großer Sorge um den 62-Jährigen. Der zivilgesellschaftlich engagierte Aktivist wurde vor knapp einem Jahr an einem Kontrollpunkt der Polizei in Vientiane, der Hauptstadt von Laos, entführt. Aufgrund einer chronischen Erkrankung ist Sombath Somphone auf die tägliche Einnahme von Medikamenten angewiesen. / Sombath Somphone wurde am Abend des 15. Dezember 2012 an einem Kontrollpunkt der Polizei in Vientiane in Anwesenheit von Sicherheitspersonal in einem Lastwagen verschleppt. Seither ist gut ein Jahr vergangen, und bislang fehlt von ihm jede Spur. Der bevorstehende Jahrestag des “Verschwindens” von Sombath Somphone und der Mangel an umfassenden und unparteiischen Untersuchungen in seinem Fall geben Anlass zur Sorge um das Schicksal und Wohlergehen des Aktivisten. /Die Verschleppung von Sombath Somphone wurde mit einer Verkehrskamera aufgezeichnet. Seiner Familie war es gelungen, das Videomaterial zu kopieren. Die laotischen Behörden behaupten, auf den Aufnahmen seien nicht die Kennzeichen der Fahrzeuge zu sehen, mit denen Sombath Somphone verschleppt wurde. Die USA, die Europäische Union, Mitglieder des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN) sowie die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte haben die laotischen Behörden wiederholt dazu aufgefordert, die Verschleppung von Sombath Somphone dringend zu untersuchen. Dennoch scheinen die bislang unzureichenden Ermittlungen stillzustehen. Technische Unterstützung bei der Auswertung des Videomaterials haben die Behörden abgelehnt. Drei parlamentarische Delegationen, die nach Laos fuhren, um den Fall direkt bei den Behörden vorzubringen, sehen keinerlei Anzeichen dafür, dass die Behörden bei den Ermittlungen Fortschritte machen oder dass echte Anstrengungen unternommen werden, Sombath Somphone zu finden und mit seiner Familie zu vereinen. Offensichtlich fehlt es an der ernsthaften Absicht, das Schicksal von Sombath Somphone aufzuklären. Dies legt nahe, dass die Behörden versuchen, seine Verschleppung zu verschleiern. / Sombath Somphone gründete im Jahre 1996 das Trainingscenter für mitbestimmte Entwicklung (Participatory Development Training Centre) zur Förderung von Bildung, Führungsqualitäten und nachhaltiger Entwicklung in Laos. 2005 wurde er mit dem Ramon Magsaysay-Preis (Ramon Magsaysay Award for Community Leadership) ausgezeichnet. Er gehörte zu den Organisatoren des Asia-Europe People’s‑Forums, das im Oktober 2012 in Vientiane stattfand. Letzteres ist möglicherweise ein Grund für seine Verschleppung.” — Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen, möglichst unverzüglich und nicht über den 22. Januar 2014 hinaus, unter »> ai : urgent action
ai : SPANIEN
MENSCH IN GEFAHR : “Im Fall von Aleksandr Pavlov wurde dem Auslieferungsersuchen der kasachischen Behörden erneut stattgegeben, obwohl glaubwürdige Beweise vorliegen, dass ihm nach seiner Rückkehr nach Kasachstan Folter droht. Die endgültige Entscheidung über die Auslieferung von Aleksandr Pavlov liegt nun bei der spanischen Regierung. / Der 37-jährige Aleksandr Pavlov ist kasachischer Staatsbürger und hat in Spanien einen Antrag auf Asyl gestellt. Er befindet sich derzeit in der spanischen Hauptstadt Madrid in Haft. Am 8. November prüfte und bewilligte das zentrale Gericht zur Verfolgung schwerer Straftaten (Audiencia Nacional) den Auslieferungsantrag der kasachischen Behörden und bestätigte damit die Entscheidung der Zweiten Strafkammer des Gerichts vom 23. Juli. Die endgültige Entscheidung über das Auslieferungsersuchen wird vom spanischen Ministerrat getroffen. Dieser könnte die Entscheidung des zentralen Gerichts aufheben. Auf nationaler Ebene sind in Aleksandr Pavlovs Fall alle Rechtsmittel erschöpft. Sollte er nach Kasachstan zurückgeführt werden, drohen ihm Folter und andere Misshandlungen sowie ein unfaires Gerichtsverfahren. / Amnesty International ist der Ansicht, dass das Auslieferungsersuchen der kasachischen Behörden mit Aleksandr Pavlovs Verbindungen zu dem Oppositionsführer Mukhtar Ablyazov zusammenhängt. Mukhtar Ablyazov war 2009 aus Kasachstan geflohen und wurde 2011 in Großbritannien als Flüchtling anerkannt. Aleksandr Pavlov war zuvor einige Jahre lang als Sicherheitschef von Mukhtar Ablyazov tätig gewesen. Es hat in Kasachstan einige Fälle gegeben, in denen strafrechtliche Verfahren gegen politisch oder zivilgesellschaftlich aktive Personen mit deren Verbindungen zu Mukhtar Ablyazov und seinen regierungskritischen Ansichten in Zusammenhang gebracht worden sind. Trotz der Zusicherung der Regierung, das Problem der Folter und Misshandlung von Inhaftierten in Kasachstan erfolgreich angegangen zu sein, wird nach wie vor über derartige Fälle berichtet. / Gemäß dem Völkerrecht ist Spanien verpflichtet, niemanden in ein Land zurückzuführen, in dem ihm oder ihr Verfolgung oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen bzw. ‑verstöße drohen. Die spanischen Behörden dürfen Aleksandr Pavlov daher nicht an Kasachstan ausliefern oder ihn auf andere Weise dorthin überstellen, da sie damit gegen ihre internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen verstoßen würden. Er darf den kasachischen Behörden auch dann nicht übergeben werden, wenn diese diplomatische Zusicherungen machen, ihn nicht zu foltern, in anderer Weise zu misshandeln oder in einem unfairen Verfahren zu verurteilen.” — Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen, möglichst unverzüglich und nicht über den 20. Dezember 2013 hinaus, unter »> ai : urgent action
ai : TSCHECHISCHE REPUBLIK
MENSCH IN GEFAHR: „Tatiana Paraskevich, eine Asylbewerberin aus Kasachstan, befindet sich seit mehr als 18 Monaten in der Tschechischen Republik in Haft. Ihr droht nun die unmittelbare Auslieferung in die Ukraine oder die Russische Föderation. In beiden Fällen wird sie anschließend vermutlich nach Kasachstan zurückgeführt, wo ihr aufgrund ihrer Verbindungen zu dem kasachischen Oppositionellen Mukhtar Ablyazov Folter und andere Misshandlungen sowie ein unfaires Gerichtsverfahren drohen. / Die 49-jährige Tatiana Paraskevich besitzt die russische und die kasachische Staatsbürgerschaft und befindet sich derzeit als Asylbewerberin in der Tschechischen Republik. Sie wurde im Mai 2012 mit einem Haftbefehl von Interpol verhaftet, als sie sich in Karlovy Vary (Karlsbad) im Nordwesten Tschechiens wegen eines Herzleidens medizinisch behandeln ließ. Im Juni 2012 beantragten die ukrainischen Behörden wegen vermeintlicher Finanzdelikte die Auslieferung von Tatiana Paraskevich. Zudem haben die russischen Behörden ein Auslieferungsersuchen eingereicht. Der Gerichtshof in Pilsen hat zweimal gegen die Auslieferung von Tatiana Paraskevich in die Ukraine geurteilt: im Oktober 2012 und im Januar 2013. Im Februar 2013 entschied der Oberste Gerichtshof in Prag jedoch, dem Auslieferungsersuchen stattzugeben. Ein anschließendes Rechtsmittel vor dem Verfassungsgericht wurde im Mai 2013 zurückgewiesen. Einen Monat zuvor, im April 2013, hatte Tatiana Paraskevich Asyl beantragt, die Entscheidung über die Asylgewährung steht jedoch aus. Nach gegenwärtigem tschechischem Recht kann die Auslieferung eineR AsylbewerberIn nicht erfolgen, solange das Asylverfahren noch läuft. Tatiana Paraskevich befindet sich seit über 18 Monaten in Pilsen in Haft. /Die Auslieferungsersuchen der ukrainischen und russischen Behörden sind allem Anschein nach auf die Verbindungen von Tatiana Paraskevich zu dem kasachischen Oppositionellen Mukhtar Ablyazov zurückzuführen. Dieser war 2009 aus Kasachstan geflohen und wurde 2011 in Großbritannien als Flüchtling anerkannt. Mukhtar Ablyazov befindet sich derzeit in Frankreich in Auslieferungshaft. Auch er soll in die Ukraine oder die Russische Föderation ausgeliefert werden. Tatiana Paraskevich ist die ehemalige Geschäftsführerin einer Investmentgruppe. Ihr wird von der ukrainischen sowie der russischen Staatsanwaltschaft vorgeworfen, zusammen mit Mukhtar Ablyazov Finanzdelikte begangen zu haben. Mukhtar Ablyazov ist der ehemalige Vorstandsvorsitzende der kasachischen BTA Bank. / Auf der Grundlage des Völkerrechts hat die Tschechische Republik die uneingeschränkte Verpflichtung, niemanden in ein Land auszuliefern, in dem ihm oder ihr Verfolgung oder andere schwere Menschenrechtsverbrechen drohen. Dies bezieht sich auch auf die Abschiebung in Länder, in denen einer Person die Rückführung in ein anderes Land droht, in dem sie wiederrum solchen Verstößen ausgesetzt wäre. Die tschechischen Behörden müssen also die Auslieferung von Tatiana Paraskevich in die Ukraine oder die Russische Föderation verhindern, denn dies würde einen Verstoß gegen die internationalen Menschenrechtsverpflichtungen Tschechiens darstellen.“ — Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen, möglichst unverzüglich und nicht über den 2. Dezember 2013 hinaus, unter »> ai : urgent action
ai : SUDAN
MENSCH IN GEFAHR: „Ein Anwalt befindet sich im sudanesischen Bundesstaat Süd-Darfur ohne Anklage in Haft. Er könnte gefoltert und anderweitig misshandelt werden. / Adam Sharief arbeitet als Anwalt und ist Koordinator der Anwaltsvereinigung Darfur Bar Association im sudanesischen Bundesstaat Süd-Darfur. Er wurde am 26. September festgenommen und wird ohne Anklage und Zugang zu einem Rechtsbeistand vom sudanesischen Geheimdienst in Nyala festgehalten. / Sechs Tage vor seiner Festnahme gab Adam Sharief dem unabhängigen Radiosender Radio Dabanga ein Interview. Darin kritisierte er den Gouverneur von Süd-Darfur wegen der schlechten Sicherheitslage in Nyala, der Hauptstadt des Bundesstaates. Er erhob den Vorwurf, die örtlichen Behörden würden Milizen für sich arbeiten lassen, welche die Verantwortung für eine Reihe von Tötungen tragen, die in jüngster Zeit in Nyala begangen wurden. Unter anderem töteten sie Ismail Ibrahim Wadi, einen bekannten Geschäftsmann der Region, sowie dessen Sohn und Neffen. Adam Sharief übte zudem Kritik daran, dass die Sicherheitskräfte am 19. September scharfe Munition gegen Demonstrierende einsetzten, die sich am Tag der Beisetzung von Ismail Ibrahim Wadi versammelt hatten. Berichten zufolge wurden dabei mindestens fünf Menschen getötet und 48 so schwer verletzt, dass sie im Krankenhaus behandelt werden mussten. / Amnesty International befürchtet, dass Adam Sharief allein wegen der friedlichen Wahrnehmung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung inhaftiert wurde. Die Organisation fordert daher seine sofortige Freilassung, sofern er keiner als Straftat anerkannten Handlung angeklagt wird.“ — Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen, möglichst unverzüglich und nicht über den 13. November 2013 hinaus, unter »> ai : urgent action
ai : USBEKISTAN
MENSCH IN GEFAHR : “Abdumavlon Abdurakhmonov ist seit April ohne Zugang zu seiner Familie in Usbekistan inhaftiert. Seine Familie befürchtet, dass ihm Folter und andere Misshandlungen drohen. / Der 38-jährige Tadschike Abdumavlon Abdurakhmonov ist am 25. April in Usbekistan angekommen, um sein Kind aus erster Ehe zu besuchen. Er hätte am 28. April wieder nach Tadschikistan zurückkehren sollen. Am 29. April erhielt Abdumavlon Abdurakhmonovs Bruder in Tadschikistan einen Anruf von dessen Ex-Frau, die ihn darüber in Kenntnis setzte, dass Abdumavlon Abdurakhmonov am 27. April vom usbekischen nationalen Sicherheitsdienst festgenommen worden war. Seine Angehörigen hatten seitdem keinen Kontakt mehr zu ihm. Berichten zufolge wurde er zwei Tage lang auf einer Polizeiwache in Bekobod in Ost-Usbekistan, 150 km von der Hauptstadt Taschkent entfernt, festgehalten. Am 10. Juni erhielt die Familie einen Anruf von einem Mann, der angab, in einer vorübergehenden Hafteinrichtung in Taschkent inhaftiert gewesen zu sein, in der auch Abdumavlon Abdurakhmonov inhaftiert war. Abdumavlon Abdurakhmonovs Familie weiß nicht, ob er Zugang zu einem Rechtsbeistand hat. / Sein Bruder kontaktierte das tadschikische Konsulat in Taschkent, um sich über die Gründe für die Inhaftierung von Abdumavlon Abdurakhmonov zu erkundigen. Das tadschikische Konsulat bat das usbekische Außenministerium um Auskunft und erhielt am 30. Mai die Rückmeldung, dass Abdumavlon Abdurakhmonov nicht von der Polizei in Bekobod festgenommen worden war. Abdumavlon Abdurakhmonovs Vater schrieb daraufhin im Juni an den tadschikischen Menschenrechtsombudsmann, um Unterstützung und Hilfe bei der Aufklärung des Verbleibs seines Sohnes zu erhalten. Der tadschikische Ombudsmann leitete die Anfrage an den usbekischen Ombudsmann weiter. Bisher hat der tadschikische Ombudsmann jedoch keine Antwort erhalten. / Menschen, die ohne Kontakt zur Außenwelt inhaftiert sind, drohen unabhängig von der Länge der Inhaftierung Folter und andere Misshandlungen.” — Hintergrundinformationen sowie empfohlene schriftliche Aktionen, möglichst unverzüglich und nicht über den 2. Oktober 2013 hinaus, unter »> ai : urgent action