delta : 0.10 — Eisvogelwörter entdeckt. Nicht erwartete Vielfalt: Herkules-Eisvogel (Alcedo hercules), Kobalt-Eisvogel (Alcedo semitorquata), Schillereisvogel (Alcedo quadribrachys), Meninting-Eisvogel (Alcedo meninting) Azurfischer (Alcedo azurea), Brustband-Eisvogel (Alcedo euryzona), Blaubrustfischer (Alcedo cyanopecta), Silberfischer (Alcedo argentata), Madagaskarzwergfischer oder Schwarzschnabel-Zwergfischer (Alcedo vintsioides), Hauben-Zwergfischer oder Malachit-Eisvogel (Alcedo cristata), Sao-Tomé-Zwergfischer (Alcedo thomensis), Principe-Zwergfischer (Alcedo nais), Weißbauch-Zwergfischer (Alcedo leucogaster), Türkisfischer (Alcedo coerulescens), Papuafischer (Alcedo pusilla) — Auch seltsame Wörter in folgender Nahaufnahme: Der Eisvogel ernährt sich von Fischen, Wasserinsekten und deren Larven, Kleinkrebsen und Kaulquappen. Er kann Fische bis neun Zentimeter Länge mit einer maximalen Rückenhöhe von zwei Zentimetern verschlingen. Bei langgestreckten, dünnen Arten verschiebt sich die Höchstgrenze auf zwölf Zentimeter Körperlänge. Die Jagdmethode des Eisvogels ist das Stoßtauchen. Von einer passenden Sitzwarte im oder nahe am Wasser wird der Stoß angesetzt. Wenn er eine mögliche Beute entdeckt, stürzt er sich schräg nach unten, kopfüber ins Wasser und beschleunigt dabei meist mit kurzen Flügelschlägen. Die Augen bleiben beim Eintauchen offen und werden durch das Vorziehen der Nickhaut geschützt. Ist die Wasseroberfläche erreicht, wird der Körper gestreckt und die Flügel eng angelegt oder nach oben ausgestreckt. Bereits kurz vor dem Ergreifen der Beute wird mit ausgebreiteten Flügeln und Beinen gebremst. Zur Wasseroberfläche steigt er zuerst mit dem Nacken, wobei er den Kopf an die Brust gepresst hält. Schließlich wird der Schnabel mit einem Ruck aus dem Wasser gerissen und der Vogel startet entweder sofort oder nach einer kurzen Ruhepause zum Rückflug auf die Sitzwarte. Im Allgemeinen dauert ein Versuch nicht mehr als zwei bis drei Sekunden. Der Eisvogel kann aber auch aus einem kurzen Rüttelflug tauchen, wenn ein geeigneter Ansitz fehlt. Nicht jeder Tauchgang ist erfolgreich, er stößt oft daneben. Der Eisvogel benötigt zur Bearbeitung der Beute in der Regel einen dicken Ast oder eine andere, möglichst wenig schwingende Unterlage. Kleinere Beute wird mit kräftigem Schnabeldrücken oft sofort verschluckt. Größere Fische werden auf den Ast zurückgebracht, dort tot geschüttelt oder auf den Ast geschlagen, im Schnabel „gewendet“ und mit dem Kopf voran verschluckt; anderenfalls könnten sich im Schlund die Schuppen des Fisches sträuben. Der Eisvogel schluckt seine Beute in einem Stück. Unverdauliches, wie Fischknochen oder Insektenreste werden etwa ein bis zwei Stunden nach der Mahlzeit als Gewölle heraufgewürgt. / quelle: wikipedia — stop
Aus der Wörtersammlung: net
notvögel
~ : malcolm
to : louis
subject : NOTVÖGEL
date : june 16 12 0.12 a.m.
Guten Morgen, Louis! Wie geht es Ihnen? Alles in Ordnung? Eine Woche ist vergangen, seit wir Frankie, das Eichhörnchen, operierten. Er scheint bei bester Gesundheit. Wir haben die Krallen seiner Pfoten gestutzt, damit er sich die Narbe auf seinem Bauch nicht bald öffnen wird. Wir beobachteten, dass sie ihn reizt, nicht so sehr das USB – Gerät, dessen Kontur sich unter der rosafarbenen Haut deutlich abzeichnet, vielmehr ist es die rasierte Stelle insgesamt, die Frankie immer wieder betrachtet. Wir haben den Eindruck, er wundert sich in höchsten Maße. Indessen scheinen ihn jene kreisförmigen Solarzellen, die wir auf seiner Stirn links und rechts montierten, nicht weiter zu interessieren, auch das GPS-Funkgerät, das wir hinter seinem linken Ohr im Leib versenkten, blieb bislang unbemerkt. Es ist nicht viel größer als 1 Centmünze. Heute ist also Frankie’s erster Tag in relativer Freiheit. Wir haben den kleinen Mann von seinen Käfigfesseln befreit, weswegen er seit Stunden aufgeregt in der Wohnung tollt. In zwei oder drei Tagen, wenn alles gut gehen wird, planen wir Frankie in der Dämmerung eines Abends im Central Park, Höhe 87. Straße West, in die Wildnis zu entlassen. Hinsichtlich der Entwicklung essbarer Notvögel ist Folgendes zu sagen. Zeisige, Finken, Amseln, Stare erscheinen uns nicht geeignet. Lerchen indessen sind insofern bereits gelungen, als sie ihrem Zuchtbehälter vollständig federlos entkommen. Wir haben ihr Wachstum beschleunigt, sie werden nach Bestellung binnen dreier Tage fertig und im Geschmack Süßmandeln ähnlicher geworden sein. Leider sind sie noch blind, taub und stumm. Natürlich sind wir weiterhin in jeder Hinsicht um Fortentwicklung bemüht. In diesem Sinne, äußerst zuversichtlich, grüßen wir Sie herzlich. – Ihr Malcolm / codewort : lilliput
empfangen am
16.06.2012
1861 zeichen
zerstreuung
marimaba : 6.36 — In einer Filmdokumentation, die den Schriftsteller Jonathan Franzen fünf Tage lang während einer Lesereise begleitet, folgende berührende Szene, die sich im New Yorker Arbeitszimmer des Autors ereignet. Jonathan Franzen hält seine Schreibmaschine, ein preiswertes Dell – Notebook, vor das Objektiv der Kamera. Er deutet auf eine Stelle an der Rückseite des Gerätes, dort soll früher einmal ein Fortsatz, eine Erhebung zu sehen gewesen sein. Er habe diesen Fortsatz eigenhändig abgesägt. Es handelte sich um eine Buchse für einen Stecker. Man konnte dort das Internet einführen, also eine Verbindung herstellen zwischen der Schreibmaschine des Schriftstellers und der Welt tausender Computer da draußen irgendwo. Jonathan Franzen erklärt, er habe seinen Computer bearbeitet, um der Versuchung, sich mit dem Internet verbinden zu wollen, aus dem Weg zu gehen. Eine überzeugende Tat. Im Moment, da ich diese Szene beobachte, bemerke ich, dass die Verfügbarkeit von Information zu jeder Zeit auch in meinem Leben ein Gefühl von Gefahr, Zerstreuung, Beliebigkeit erzeugen kann. Ich scheine in den Zeichen, Bildern, Filmen, die hereinkommen, flüssig zu werden. Dagegen angenehme Gefühle, wenn ich die abgeschlossene Welt eines Buches in Händen halte. Früher einmal, sobald ich spazieren ging oder auf eine Reise, zur Arbeit, ins Theater oder sonst wohin, verließ ich niemals das Haus, ohne eines meiner zerschlissenen Unterwegsbücher mit mir zu nehmen. Wenn ich einmal doch kein Buch in der Hand oder Hosentasche bei mir hatte, sofort das Gefühl, unbekleidet oder von Leere umgeben zu sein. Als ob ich einen immerwährenden Ausweg in meiner Nähe wissen wollte, ein Zimmer von Wörtern, in das ich mich jederzeit, manchmal nur für Minuten, zurückziehen konnte, um fest zu werden. Da waren also Bücher von Malcolm Lowry, Kenzaburo Oe, Truman Capote, Friederike Mayröcker, Walter Benjamin, Janet Frame, Georg C. Lichtenberg, Heinrich von Kleist, Monika Maron, Alexander Kluge, Bohoumil Hrabal, Johann Peter Hebel, Patricia Highsmith, Elias Canetti, Peter Weiss, Hans Magnus Enzensberger. Irgendwann, weiß der Teufel warum, hörte ich auf damit. Und doch trage ich noch immer ein Buch in meiner Nähe. Ich trage meine Straßenbücher nicht länger in der Hand, ich trage meine Straßenbücher im Rucksack auf dem Rücken. — stop
jackson avenue
romeo : 1.28 — New York. Subway Linie 7 Richtung Queens. Ein Herr mit Aktenkoffer steigt Station Jackson Avenue in den Zug, setzt sich, legt seinen Koffer auf die Knie, öffnet den Koffer und entnimmt ein Gerät, das nicht sehr viel größer ist als eine Streichholzschachtel. Bald werden Batterien sichtbar, eine Versammlung von vier Batterien, 1.5 Volt, die mittels eines Gummibandes aneinander befestigt sind. Drähte führen in die Luft, sie beben in der Bewegung des Zuges, werden in diesem Moment von gleichfalls bebenden Fingern des Mannes eingefangen, mehrfach verzwirbelt und vorsichtig mit dem kleinen Gerät, das der Mann seinem Koffer zunächst entnommen hatte, verbunden. Ein Junge mit Gitarre schlendert indessen musizierend durch den Zug, breitbeinig, in der Art der Matrosen auf hoher See. Fahrgäste in der Nähe des Mannes mit dem Aktenkoffer beobachten interessiert wie der Mann aus der linken Tasche seines Jacketts eine Kurbel hebt, filigranes Werkzeug, Welle von Metall, hölzerner Griff. Er steckt die Kurbel in den Streichholzkasten und beginnt vorsichtig an ihr zu drehen. Jetzt schließt er seine Augen, kurbelt weiter. Einige Meter entfernt sitzt ein Mädchen auf einer grellbunten Reisetoilette. Auch das Mädchen, während es wartet, beobachtet den Mann und seine Kurbelmaschine voller Hingabe. In dieser Sekunde schließt auch das Mädchen, wie der Mann, andächtig die Augen. – stop
fischvögel
~ : louis
to : Madame van Lishout
subject : FISCHVÖGEL
Sehr geehrte Madame van Lishout, verzeihen Sie bitte vielmals mein Schreiben auf elektrischem Wege. Ich bin nicht sicher, ob ich Ihre korrekte Adresse erinnere. Ein Brief auf Papier mit unterzeichneter Bestellung wurde an folgende Anschrift gesendet: M.v.L., Challions 7, 4968 Malmersby, Belgium. Es geht um ein dringendes Geschenk, das bis zum 10. August für einen Freund fertiggestellt sein muss. Sie erinnern sich vielleicht, es geht um jenen Freund, der seit einem Jahrzehnt im Wasser existiert. Da die Kreation unter der Wasseroberfläche lebender Singvögel nicht möglich ist, – ich habe Ihre Erläuterungen verstanden -, sehr wohl aber die Manufaktur eines Fischpärchens, das in Gestalt und Benehmen Singvögeln ähnlich sein könnte, wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie für mich ein oder zwei Entwürfe zur Verwirklichung formulieren würden. Auch einen Käfig, der in Süßwasser längere Zeit überdauern könnte, habe ich vor, in Auftrag zu geben, schön wäre ein filigranes Gehäuse von dunklem Holz. In der Größe sollte das Pärchen vogelähnlicher Fische die Dimension der Zeisige nicht übertreffen, da die Wasserwohnung meines Freundes eher bescheiden ausgefallen ist. In der farblichen Ausführung wünsche ich weiche pastellfarbene Töne. Ein gewisses Leuchtvermögen von innen her wäre wundervoll. Könnte dies alles möglich sein, würden Sie mich sehr glücklich erleben. Der Gesang der kleinen Fische sollte fröhlich, nicht allzu laut, vor allem eben heiter sein. Ich erwarte Ihre Antwort dringend und verbleibe hochachtungsvoll mit freundlichen, dankbaren Grüßen. Ihr Mr. Louis
gesendet am
5.06.2012
2.58 MEZ
1551 zeichen
sommernachmittag
charlie : 6.24 — Einmal, vor ein oder zwei Jahren, saß ich einige Stunden lang an der Seite meines Vaters vor seinem Schreibtisch. Wir sahen Notizen durch, die er seit der Studienzeit auf Zetteln niederlegte. Da waren nun Zettel aus jüngerer Zeit gewesen und Zettel, die er bereits vor 10 oder 20 Jahren notierte, Adressen, Telefonnummern, Verzeichnisse, auch philosophische Bemerkungen, Formeln, Passwörter. Wir versuchten gemeinsam zu unterscheiden, was noch wichtig war und was vielleicht zur Seite gelegt werden konnte. Mein Vater kämpfte an diesem Tag des Sortierens um jeden einzelnen seiner Zettel. Wenn ich das Zimmer einmal kurz verlassen hatte, um Milch oder Tee zu holen, konnte ich vom Flur her sehen, wie sich seine rechte Hand bemühte, Zettel, die wir dem Verschwinden übereignet hatten, in die Abteilung UNVERZICHTBAR zurückzuholen, ein lustiges Spiel. Ich setzte mich bald zurück an den Tisch und wir taten beide so, als ob in der kurzen Zeit meiner Abwesenheit nichts geschehen wäre. Draußen vor dem Fenster regnete es ohne Unterbrechung. Wir sprachen wenig. Immerzu bewegte ich mich zu schnell. Manchmal schlief mein Vater ein. Das war an einem Sommernachmittag gewesen. — stop
fingerknospen
india : 6.32 — Meine Schreibmaschine ist ein merkwürdiges Ding. Sie ist flach und sie verfügt über einen Bildschirm und außerdem über einen lichtempfindlichen Sensor, der ins Innere meiner Schreibmaschine zu melden scheint, ob Tag ist oder Nacht, ob Helle oder Dunkel. Ich habe soeben eine Viertelstunde nach der Position dieses Sensors gesucht, zunächst mittels meiner Augen selbst, etwas später mit einer Lupe, je ohne eine beweiskräftige Spur aufnehmen zu können. Es ist Samstag. Ich mag das Wort Samstag gut leiden. Gerade fällt mir ein, dass ich bald ein weiteres Jahr gelebt haben werde, ohne einen Finger verloren oder um einen Finger zugenommen zu haben. Oft, so auch heute, habe ich mich gefragt, wie sich ein nachwachsender Finger zunächst bemerkbar machen würde? Würde sich neben einem bereits existierenden Finger eine Fingerknospe bilden, die nach und nach sich zu einem vollständigen Fingerglied erheben würde? Oder würde sich vielleicht einer meiner älteren Finger in seiner Mitte teilen? Das sind sehr interessante Fragen, die vielleicht ein wenig unheimlich zu sein scheinen. Vor wenigen Stunden, das geht mir nicht aus dem Kopf, habe ich am Flughafen mit einem jungen Mann gesprochen, der in einem Waschraum stand und eine sehr traurige Geschichte erzählte. Manchmal musste er weinen. Seine Augen röteten sich und er beugte sich rasch über das Waschbecken und begann sein Gesicht mit Wasser zu benetzen. Dann richtete er sich auf, erzählte weiter und weinte erneut, um sich wiederum über das Waschbecken zu beugen bis er so nass geworden war, dass er stehenblieb und erzählte und weinte zur gleichen Zeit, ohne sich noch verbergen zu wollen. — stop
falterherz
lima : 5.48 — Ich erinnere mich, im August des Jahres 2008 einen Strauß Fragen notiert zu haben. Ich wollte wissen, ob es Menschen möglich ist, einen alt und müde gewordenen Falter am offenen Herzen so lange zu operieren, bis er wieder fliegen kann? Wie also betäubt, wie beatmet man einen Falter? Mit welchen Materialien werden geöffnete Falterbrustkörbe günstigerweise wieder geschlossen? Ich habe auf diese Fragen bisher keine Antworten gefunden. Manchmal denke ich, dass das Sammeln seltener Fragen an sich ein großes Vergnügen bedeutet. Meine Fragen haben jedenfalls einen derart nachhaltigen Eindruck hinterlassen, dass ich keinen Falter, der seither nachts zu mir zu Besuch gekommen ist, betrachten konnte, ohne sofort an die Möglichkeit einer Notoperation zu denken. – Freitag. Regen. Kühle Luft. — stop
pseudonym no 5
ulysses : 6.05 — Gestern war das Wetter schön, ich suchte spazierend im Park nach einem Namen für mein Pseudonym No 5. Sobald ich glaubte, einen geeigneten Namen gefunden zu haben, sagte ich ihn laut vor mich hin, ich sagte zum Beispiel: Felix Mayer Kekkola. Als Nachmittag geworden war, gefiel mir dieser Name noch immer, ich hatte Lilli M. Murphy bereits verworfen, auch Kaspar Joe Weidemann und weitere Namen waren gründlich vergessen. Ich notierte den gewählten Namen Felix Mayer Kekkola in mein Notizbuch und ging nach Hause. Es ist seltsam, ich war mit meinem neuen Namen an der Seite stark unruhig bis in den Abend hinein. Ich konnte mir diese Unruhe zunächst nicht erklären, dann hatte ich die Idee, dass ich nachsehen sollte, ob der Name Felix Mayer Kekkola vielleicht im Internet schon längere Zeit existiert, ein Mensch also, der genau so heißt, oder ein Mensch, der diesen Namen verwendet, um sich zu verbergen und zu veröffentlichen in ein und demselben Moment. Mehrfach prüfte ich mit Suchmaschinen die Existenz einer Spur. Kein Ergebnis für „Felix Mayer Kekkola“ war zu finden. Ich könnte nun also erstens annehmen, dass ein Mensch, der diesen Namen trägt, nicht existiert, was sicher nur sehr vorsichtig formuliert werden darf. Zweitens könnte ich jenen feinen Namen nun für mich besetzen, okkupieren sozusagen nach bestem Wissen und Gewissen, was in dieser Sekunde genau so geschieht, indem ich meinen Text in die digitale Sphäre sende. — stop
tahiti
olimambo : 5.08 — In der vergangenen Nacht habe ich das Rufregister meines Telefons bearbeitet. Zwei Nummern oder Personen wurden gelöscht. Das war kurz vor 1 Uhr gewesen. Ich hatte mir eine Seebarbe gebraten, und während ich nun einerseits den Fisch beobachtete, wie er in der Pfanne dampfte, betastete ich anderseits das Telefon mit beiden Händen. Der Apparat piepste, indem ich die Nummern löschte und ich hatte im Moment des Löschens das Gefühl, leichter geworden zu sein. Dann legte ich das Telefon auf einen Tisch und betrachtete es. Ich erinnere mich, dass ich daran dachte, mit genau diesem Telefon, hin und wieder meinen Vater angerufen zu haben. Und ich dachte noch dazu, dass das nun nicht mehr möglich sein wird. Wenn ich früher einmal vorhatte, meinen Vater anzurufen, öffnete ich das Menü der Anrufliste und navigierte, bis ich den Eintrag ELTERN erreichte. Bisweilen war mein Vater sofort am Telefon, meistens aber war meine Mutter schneller gewesen. Ich sagte, Hallo, hier ist Louis, wie geht es Euch? Oh, ja, bei uns regnet es auch. Nein, ich konnte tief schlafen, trotz der Hitze. Ich hatte die Fenster geöffnet, während ich arbeitete, die Luft riecht heute wieder so gut nach Steinen. Ein paar nasse Falter sitzen auf der Fensterbank und zittern um die Wette. In der vergangenen Nacht regnete es nicht, aber die Fenster waren wieder geöffnet und die Falter segelten durch die Luft. Ich könnte vielleicht noch etwas Verrücktes unternehmen, ich könnte ein wenig in Georg Forster Reise nach Tahiti und in die Südsee lesen. Das machen wir jetzt. 5 Uhr und zwei Minuten. Mittwoch. – stop