Aus der Wörtersammlung: schachtel

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nabokov’s uhr

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romeo : 0.02 UTC — Vor eini­ger Zeit schrieb Nabo­kov einen Brief. Er habe mir, so Nabo­kov, eine unge­wöhn­liche Uhr geschickt, ich sol­le ihm notie­ren, sobald sie ange­kommen sei. Weni­ge Tage spä­ter mel­de­te sich Nabo­kov erneut: Lie­ber Lou­is, ist die Uhr, die ich Dir sen­de­te, ange­kommen? Weni­ge Tag zuvor war Nabo­kov’s Uhr in mei­nem Brief­kasten ange­kom­men, zoll­amt­li­cher Ver­merk: Zur Prü­fung geöff­net. Ich will an die­ser Stel­le bemer­ken, von der Öff­nung des Päck­chens war nicht die min­des­te Spur zu erken­nen, kein Schnitt, kein Riss, kei­ne Fal­te. Im Päck­chen nun eine Schach­tel von hel­lem Kar­ton, in der Schach­tel Seiden­pa­piere, von Nabo­kovs eige­ner Hand vermut­lich zer­knüllt. In wei­te­re Seiden­pa­piere einge­schlagen, besag­te Uhr, wunder­bares Stück, ova­les Gehäu­se, ble­chern, vermut­lich Trom­pete, wel­ches schwer in der Hand liegt. Kurio­ser­weise fehlt der Uhr das Ziffer­blatt, wei­ter­hin kei­ner­lei Zei­ger, weder Dioden noch Leucht­zei­chen. Ich ver­such­te das Gehäu­se der Uhr zu öff­nen, vergeb­lich. Erstaun­lich ist nun, dass, wenn ich auf das Gehäu­se der Uhr Druck aus­übe, sich ein schma­ler Schacht seit­lich öff­net, dem, wie zum Beweis der Exis­tenz der Zeit, ein Strei­fen feins­ten Papiers ent­kommt, auf wel­chem ein Uhrzeit­punkt aufge­tragen wor­den ist. Sechs­sieb­zehn­zwölf. Erstaun­li­che Sache, wirk­lich erstaun­lich! – stop

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luftraum

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sier­ra : 0.05 — Ich erin­ne­re mich: Julio Cor­tá­zar erzählt in sei­nem Kalei­do­skop Rei­se um den Tag in 80 Wel­ten eine Geschich­te, in wel­cher eine Flie­ge von zen­tra­ler Bedeu­tung ist. Die­se Flie­ge soll auf dem Rücken geflo­gen sein, als der Autor sie ent­deck­te, Augen nach unten dem­zu­fol­ge, Bein­chen nach oben, ein für Flie­gen­tie­re nicht übli­ches Ver­hal­ten. Natür­lich muss­te die­se selt­sa­me Flie­ge unver­züg­lich näher betrach­tet wer­den. Julio Cor­tá­zar erfand des­halb ein Zim­mer, in wel­chem die Flie­ge fort­an exis­tier­te, und einen Mann, der die Flie­ge zu fan­gen such­te. Wie zu erwar­ten gewe­sen, war der Mann in sei­ner Beweg­lich­keit viel zu lang­sam, um die Flie­ge behut­sam, das heißt, ohne Beschä­di­gung, erha­schen zu kön­nen. Er bemüh­te sich red­lich, aber die Flie­ge schien jede sei­ner Bewe­gun­gen vor­her­zu­se­hen. Nach einer Wei­le mach­te sich der Mann dar­an, das Zim­mer, in dem er sich mit der Flie­ge auf­hielt, zu ver­klei­nern. Er fal­te­te Papie­re zu Schach­teln, die den Flug­raum der beson­de­ren Flie­ge nach und nach der­art begrenz­ten, dass sie sich zuletzt kaum noch bewe­gen konn­te. Flie­ge und Fän­ger waren in einem licht­lo­sen Raum inner­halb eines Schach­tel­zim­mers gefan­gen, dar­an erin­ne­re ich mich noch gut, oder auch nicht, weil ich die­se Geschich­te bereits vor lan­ger Zeit gele­sen habe, immer wie­der von ihr erzähl­te, wes­halb sich die Geschich­te ver­än­dert, von der ursprüng­li­chen Geschich­te ent­fernt haben könn­te. Das Buch, in dem sie sich auf­hält, befin­det sich zur Zeit immer noch außer Reich­wei­te. Weil ich die­se Geschich­te bereits ein­mal fest­ge­hal­ten hat­te, ist sie noch die sel­be Geschich­te geblie­ben, die Geschich­te einer erin­ner­ten Geschich­te. — stop

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in zeitlupe

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nord­pol : 15.12 UTC — Ein­mal beob­ach­te­te ich wie mir ein schwar­zes Käst­chen gesam­mel­ter digi­ta­ler Infor­ma­ti­on aus den Hän­den glitt und zu Boden fiel. Eine Bewe­gung wie in Zeit­lu­pe, eine Bewe­gung, ohne die Mög­lich­keit ein­zu­grei­fen, da ich mich selbst in dem Fens­ter mei­ner Wahr­neh­mung wie in Zeit­lu­pe beweg­te. Ich hob das Käst­chen vom Boden auf. Als ich mich mit einem Ohr näher­te, hör­te ich ein selt­sa­mes, lei­ses Ticken. Jene Schreib- und Lese­ma­schi­ne, die in dem Käst­chen gebor­gen war, war blind gewor­den. Kurz dar­auf kauf­te ich ein wei­te­res Käst­chen und dach­te Tage lang dar­über nach, wie ich von nun Daten, Spu­ren, Zei­chen, Ver­zeich­nis­se mei­ner Arbeit bewah­ren könn­te. — Zwei Jah­re ver­ge­hen. ‑Heu­te wan­der­te ich eini­ge Stun­den durch einen wil­den Wald, ohne ver­mut­lich irgend­ei­ne digi­ta­le Spur zu hin­ter­las­sen, nicht 1 Byte. Sehr merk­wür­dig. Noch zu tun: Lek­tü­re Nichol­son Bak­er Eine Schach­tel Streich­höl­zer. — stop

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kaktusblüte

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nord­pol : 18.52 UTC — Ein Zufall führ­te mich in einem Moment zu Herrn K., als er gera­de zum ers­ten Mal sein neu­es Büro­zim­mer betrat. Er führ­te einen Kar­ton mit sich, nicht grö­ßer als eine Schuh­schach­tel. Aus die­sem Behält­nis hob er eine Note­book­schreib­ma­schi­ne, ein Mäpp­chen mit Blei­stif­ten, eine far­bi­ge Foto­gra­fie, sowie einen fin­ger­ho­hen Kak­tus, der blüh­te. Herr K. prüf­te die Schub­la­den des Schreib­ti­sches, der zu dem klei­nen Zim­mer mit Aus­blick auf einen Park gehör­te, sie waren leer. Sei­nen Kak­tus stell­te er auf die Fens­ter­bank, die Foto­gra­fie neben ein Tele­fon, das sich bereits im Zim­mer befun­den hat­te, ehe Herr K. ein­ge­tre­ten war. Er setz­te sich auf einen Stuhl und sag­te: Wis­sen Sie, mehr brau­che ich nicht. Das soll­ten Sie immer beden­ken, nur nie­mals hei­misch wer­den, nur nicht glau­ben, dass Ihnen die­ses Büro gehört. Im Gegen­teil, Sie selbst gehö­ren die­sem Zim­mer wie jeder ande­re, der nach Ihnen an die­ser Stel­le arbei­ten wird. Wer in und von die­sem Zim­mer aus ope­riert, muss sich bewusst sein, dass er jeder­zeit eben­so plötz­lich wie er gekom­men ist, auch wie­der gehen wird. In die­ser Pos­ti­on, die Sie hier oben beklei­den, haben Sie Erfolg oder sie haben kei­nen Erfolg. Bin­den sie sich also nicht, arbei­ten Sie kon­zen­triert und genie­ßen Sie die Aus­sicht, aber, um Him­mels Wil­len, füh­len Sie hier nie­mals zu Hau­se! — Die­se Geschich­te ereig­ne­te tat­säch­lich an einem Frei­tag im Juli des ver­gan­ge­nen Jah­res. — stop

ping

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2 engel

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sier­ra : 16.15 UTC — Ein Freund zeig­te eine Map­pe, die er stets mit sich nimmt, um zur Arbeit zu fah­ren. Schau, sag­te er, bei die­sem Fach hier han­delt es sich um ein ope­ra­ti­ves Fach, in wel­chem sich vier wei­te­re Fächer befin­den, dort ruhen Schlüs­sel, Porte­mon­naie, Code­kar­ten, Han­dy­te­le­fon. Das zwei­te grö­ße­re Fach lin­ker­hand birgt Abtei­le für mei­ne Rei­se­bü­cher für die Sta­ßen­bahn, 1 Kühl­fach für Scho­ko­la­de, 1 Fach, in wel­chem 2 fin­ger­lan­ge Engel hau­sen, das öff­nen wir lie­ber nicht, und in die­sem Fach hier nun befin­den sich wei­te­re sehr wesent­li­che Din­ge, Blü­ten­sa­men bei­spiels­wei­se, 1 Streich­holz­schach­tel, 1 Kom­pass und 1 Wan­der­kar­te, 1 Kaf­fee­ther­mos­kan­ne, 1 Foto­ap­pa­rat, 28 Beu­tel Trink­was­ser des Jah­res 1988, 16 Por­tio­nen Fer­tig­nah­rung, 3 Kilo­gramm Tro­cken­brot, 36 Tablet­ten gegen See­krank­heit, 1 schwimm­fä­hi­ges Mes­ser, 5 Signal­fa­ckeln in rot, 2 Signal­fa­ckeln in gelb, 1 Signal­flö­te, 1 Schöpf­ge­fäß, 1 Ret­tungs­wes­ten, 1 Wurf­ring mit Lei­ne, 1 was­ser­dich­te Taschen­lam­pe, 14 Bat­te­rien, 1 Gas­feu­er­zeug, 5 Fett­stif­te, 1 Über­le­bens­hand­buch in fin­ni­scher Spra­che, 1 Funk­schreib­ma­schi­ne mit Hand­kur­bel. — Selt­sa­me Geschich­te. — stop

ping

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spulen

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fox­trott : 1.15 UTC — Ein­mal beob­ach­te ich ein Käst­chen vol­ler Daten, wie es in Zeit­lu­pe zu Boden fällt. Kurz dar­auf tickt die Tast­ma­schi­ne, die im Käst­chen steckt, deut­lich ver­nehm­bar, als wäre sie eine Uhr. Ich ahne, dass sie blind gewor­den ist, irgend­et­was scheint zer­bro­chen zu sein. Kurz dar­auf kau­fe ich mir ein wei­te­res Käst­chen. Tage­lang den­ke ich dar­über nach, wie ich mei­ne Daten fest­hal­ten könn­te. Ich bemer­ke, dass Sicher­heit nicht wirk­lich exis­tiert. Ein ande­res Mal ste­he ich in der Küche. Ich habe eine Schach­tel auf den Tisch gestellt. Ich öff­ne das Gefäß, ent­neh­me Ton­band­spu­len, errich­te Tür­me, suche Bat­te­rien, die das Abspiel­ge­rät bewe­gen. Es ist das sel­be Gerät, mit dem ich vor zwei Jah­ren zuletzt arbei­te­te. Ich set­ze das Gerät in Bewe­gung, zunächst Rau­schen, dann sehr hel­le Stim­men, Stim­men wie von Lach­gas, immer­hin Stim­men, Geräu­sche, Gedan­ken, Fra­gen. Es ist eine gro­ße Freun­de, die­se Stimm­ge­räu­sche zu ver­neh­men. Wenn ich sehr klei­ne Hebel auf der Rück­sei­te des Gerä­tes bewe­ge, wer­den die Stim­men noch hel­ler oder sehr dun­kel. Plötz­lich höre ich mei­ne eige­ne Stim­me. Ich erzähl­te vom Gedächt­nis. — stop
ping

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seltsam

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ulys­ses : 1.18 — Wie ist es mög­lich, Geschich­ten zu erzäh­len, die selt­sam sind, ohne sofort selbst für selt­sam oder merk­wür­dig oder gar gefähr­lich gehal­ten zu wer­den, da doch die­se merk­wür­di­gen Geschich­ten in mei­nem Kopf ent­ste­hen? Ich habe L. von Esme­ral­da erzählt, dass Esme­ral­da eine Schne­cke sei, die in mei­ner Woh­nung lebe, als wäre sie eine Kat­ze, dass ich das klei­ne Tie­re füt­tern wür­de, dass ich mei­ne Woh­nung im Win­ter behei­ze, auch wenn ich nicht anwe­send sei, damit Esme­ral­da nicht frie­ren möge. Lie­be L. sag­te ich, ich wäre nie­mals auf die Idee gekom­men, mir aus frei­en Stü­cken eine Schne­cke zu kau­fen oder aber zur Som­mer­zeit in einem Gar­ten ein­zu­fan­gen, nein, nie­mals, wenn nun aber eine Schne­cke als Geschenk, als kos­ten­freie Offer­te auf pos­ta­li­schem Wege zu mir reis­te, war­um soll­te ich das Geschenk zurück­wei­sen, war­um nicht einen Ver­such unter­neh­men, ein guter oder vor­züg­li­cher Schne­cken­hal­ter zu wer­den? Wir wer­den es ver­su­chen, sag­te ich zur Schne­cke kurz nach­dem sie ange­kom­men war. Jah­re sind seit­her ver­gan­gen, Esme­ral­da scheint mit ihrem Leben in mei­ner Woh­nung ein­ver­stan­den zu sein. Ein­mal öff­ne­te ich die Tür zum Trep­pen­haus und war­te­te. Ein ande­res Mal öff­ne­te ich ein Fens­ter und war­te­te wie­der­um eini­ge Zeit, Esme­ral­da blieb oder kehr­te zurück. Es stellt sich nicht zum ers­ten Mal die Fra­ge: Wie alt wer­den Schne­cken? Ist Esme­ral­da nicht viel­leicht bereits viel zu alt, um noch als gewöhn­li­che Schne­cke betrach­tet wer­den zu kön­nen? — stop

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im warenhaus

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marim­ba : 0.02 — Am Abend im Waren­haus beob­ach­te ich einen klei­nen Jun­gen. Er springt in einer War­te­schlan­ge vor einer Kas­se her­um und lacht und ver­dreht die Augen. Weil sich auf dem För­der­band vor der Kas­se Milch­fla­schen, Corn­flakes­schach­teln, Reistü­ten sowie zwei Honig­me­lo­nen befin­den, kann der Jun­ge den Mann, der an der Kas­se sei­ne Arbeit ver­rich­tet, zunächst nicht sehen. Bei dem Mann han­delt es sich um Javuz Aylin, er ist mit­tels eines Namens­schild­chens, das in der Nähe sei­nes Her­zens ange­bracht wur­de, zu iden­ti­fi­zie­ren. In die­sem Moment der Geschich­te erhebt sich Herr Aylin ein wenig von sei­nem Stuhl, um neu­gie­rig  über die Waren hin­weg zu spä­hen, ver­mut­lich des­halb, weil der Haar­schopf des Jun­gen mehr­fach in sein Blick­feld hüpf­te. Da ist noch ein zwei­ter Haar­schopf an die­sem Abend im Waren­haus in nächs­ter Nähe, schwar­zes, locki­ges Haar, es ist der jün­ge­re Bru­der des Jun­gen, der in weni­gen Sekun­den zu dem Kas­sie­rer spre­chen wird, bei­de Kin­der sind sich so ähn­lich als sei­en sie Zwil­lin­ge, ein gro­ßer und ein klei­ner Zwil­ling. Gleich hin­ter den Buben war­tet die Mut­ter, sie lächelt wie sie ihre Kin­der so fröh­lich her­um­tol­len sieht. Die jun­ge Frau trägt ein sehr schön bun­tes Kopf­tuch, ich stel­le mir vor, sie könn­te in Marok­ko gebo­ren wor­den sein, kräf­tig geschmink­ter Mund, herr­li­che Augen. Plötz­lich sind die Waren auf dem För­der­band ver­schwun­den, der älte­re der bei­den Jungs betrach­tet auf­merk­sam das Gesicht des Kas­sie­rers Aylin, der müde zu sein scheint. Er hält dem Jun­gen ein Päck­chen mit Sam­mel­bil­dern zur Euro­pa­meis­ter­schaft ent­ge­gen, außer­dem ein zwei­tes Päck­chen für den klei­ne­ren Bru­der, der immer noch hüpft, weil er gera­de eben doch noch zu klein ist, um über das Band selbst hin­weg spä­hen zu kön­nen. Oh, dan­ke, sagt der Jun­ge zu Herrn Aylin. Er schaut kurz zur Mut­ter hin­auf, die nickt. Ich habe schon fast alle Kar­ten, fährt er fort, die deut­sche Mann­schaft ist kom­plett. Er macht eine kur­ze Pau­se. Ich bin näm­lich Deut­scher, sagt der Jun­ge mit kräf­ti­ger Stim­me, auch mein Bru­der ist Deut­scher. Wie­der schaut er zu Mut­ter hin, und wie­der nickt die jun­ge Frau und lacht. Bist Du auch Deut­scher, fragt der Jun­ge Herrn Aylin. Der schüt­telt jetzt den Kopf und schnei­det eine freund­li­che Gri­mas­se. Der Jun­ge setzt nach: Ach so! War­um nicht? Aber da ist er, ehe Herr Aylin ant­wor­ten kann, mit sei­nem klei­nen Bru­der und sei­nen Sam­mel­bil­dern bereits irgend­wo hin­ter der Kas­se ver­schwun­den, so dass sich ihre Mut­ter beei­len muss, um sie nicht aus den Augen zu ver­lie­ren. — stop
ersteseite

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im museum

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tan­go : 2.12 — Auf der Suche nach Tex­ten, die das Wesen der Brief­mar­ken­samm­ler beschrei­ben, ent­deck­te ich eine wun­der­vol­le Beob­ach­tung der Schrift­stel­le­rin Dubrav­ka Ugre­sic. Sie notiert: Im Ber­li­ner Zoo­lo­gi­schen Gar­ten steht neben dem Bas­sin mit einem See­ele­fan­ten eine unge­wöhn­li­che Vitri­ne. Hier lie­gen unter Glas die im Magen des See-Ele­fan­ten Roland gefun­de­nen Gegen­stän­de, nach­dem die­ser am 21. August 1961 ver­en­det war, und zwar: Ein rosa Feu­er­zeug, vier Eis­stie­le (Holz), eine Metall­bro­sche in Gestalt eines Pudels, ein Fla­schen­öff­ner, ein Damen­arm­band (Sil­ber?), eine Haar­span­ge, ein Blei­stift, eine Was­ser­pis­to­le aus Plas­tik, ein Plas­tik­mes­ser, eine Son­nen­bril­le, ein Kett­chen, eine klei­ne­re Metall­fe­der, ein Gum­mi­rei­fen, ein Spiel­zeug­fal­schirm, eine Eisen­ket­te, (ca. 40 cm lang), vier lan­ge Nägel, ein grü­nes Plas­tik­au­to, ein Metall­kamm, ein Püpp­chen, eine Bier­do­se (Pil­se­ner, 0,33 l), eine Streich­holz­schach­tel, ein Kin­der­pan­tof­fel, ein Kompaß, ein Auto­schlüs­sel, vier Mün­zen, ein Taschen­mes­ser mit Holz­griff, ein Schnul­ler, ein Bund mit Schlüs­seln (5 St.), ein Vor­hän­ge­schloß, ein Plas­tik­etui mit Näh­zeug. / aus: Das Muse­um der bedin­gungs­lo­sen Kapi­tu­la­ti­on. — stop

muscheln2

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ein reisekoffer

9

gink­go : 3.55 — Das Geräusch der trop­fen­den Bäu­me vor dem ewi­gen Brau­sen der Stadt. Eine Nacht voll Wintergewit­ter, glim­mende Vögel irren am Him­mel, Nacht­vö­gel ohne Füße, Vogel­we­sen, die nie­mals lan­den. Als ich vor eini­gen Tagen nach Esme­ral­da such­te, brauch­te ich eine Wei­le, um die klei­ne Schne­cke mit ihrem Gehäu­se auf dem Rücken fin­den zu kön­nen. Sie saß schla­fend auf einer Fens­ter­schei­be. Es war nicht schwer, sie vom Glas zu lösen und auf den Rücken mei­ner rech­ten Hand abzu­set­zen. Esme­ral­da beob­ach­te­te mich von dort aus mit einem Auge, das sie weit aus ihrem Kopf gestreckt hat­te, wäh­rend das ande­re Auge unsicht­bar blieb, viel­leicht weil es wei­ter schlief, weil ein ein­zel­nes Auge genüg­te, um mich zu betrach­ten oder in Schach zu hal­ten. Indem ich mich mit einem Ohr Esme­ral­das Schne­cken­ge­häu­se näher­te war da wie­der der Ein­druck, ein lei­ses Sum­men zu ver­neh­men, das von einem hel­len Ticken beglei­tet war, als wäre im Häus­chen eine Uhr ein­ge­sperrt. Aber der eigent­li­che Grund, wes­halb ich nach Esme­ral­da such­te, war nicht der Wunsch gewe­sen, an Esme­ral­das Häus­chen zu lau­schen, viel­mehr woll­te ich Esme­ral­da ihren Sche­cken­rei­se­kof­fer zei­gen, eine Schach­tel von 10 cm Län­ge, 5 cm, Höhe, 5 cm Brei­te. Die Schach­tel war per­fo­riert, feins­te Löcher, so dass Luft in sie ein­drin­gen konn­te, außer­dem mit einem feuch­ten Tuch aus­ge­klei­det. Vor­sich­tig hob ich Esme­ral­da an und set­ze sie in der Schach­tel ab, dann schloss ich den Deckel und sag­te zu Esme­ral­da hin: In einer Stun­de hole ich Dich wie­der her­aus. Die­se Geschich­te ereig­ne­te sich vor zwei Wochen. Noch immer leich­ter Regen. — stop

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