Aus der Wörtersammlung: frau

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aus dem lautsprecher einer mitteleuropäischen stadt

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echo : 6.12 — Tat­säch­lich schei­nen doch vor­ge­fer­tig­te Ton­kon­ser­ven zu exis­tie­ren, die vom Krieg erzäh­len. Ich hör­te eine Frau­en­stim­me, die sich wie­der­hol­te: Ach­tung, wir bit­ten um Ihre Auf­merk­sam­keit. Fol­gen­de Schnell­bah­nen wer­den umge­lei­tet: S8, S9, S10. Grund hier­für ist die Ent­schär­fung einer Flie­ger­bom­be. - stop

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ai : TSCHAD

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MENSCHEN IN GEFAHR: „Maha­mat Nour Ibe­dou, Youn­ous Mahad­jir, Nad­jo Kai­na Pal­mer und Celi­ne Nar­m­a­d­ji wer­den vor Gericht gestellt, weil sie fried­li­che Demons­tra­tio­nen gegen eine erneu­te Kan­di­da­tur von Prä­si­dent Idriss Déby geplant hat­ten. Die drei Män­ner und eine Frau befin­den sich gegen­wär­tig im Amsine­ne-Gefäng­nis in N’D­ja­mena. Ihnen dro­hen Haft­stra­fen zwi­schen sechs Mona­ten und einem Jahr. Maha­mat Nour Ibe­dou und Youn­ous Mahad­jir, zwei Spre­cher von Ça suf­fit (Es reicht), einer Platt­form für zivil­ge­sell­schaft­li­che Orga­ni­sa­tio­nen, wur­den am 21. bzw. 22. März fest­ge­nom­men. Nad­jo Kai­na Pal­mer, Koor­di­na­tor der Jugend­be­we­gung Iynia (Wir sind’s leid), ist eben­falls am 22. März fest­ge­nom­men wor­den. Celi­ne Nar­m­a­d­ji, die Spre­che­rin der zivil­ge­sell­schaft­li­chen Orga­ni­sa­ti­on Trop c’est trop (Genug ist genug), befin­det sich seit dem 23. März in Haft. Alle vier Fest­nah­men erfolg­ten, nach­dem die Aktivist_innen auf Anord­nung des Staats­an­walts Alg­has­sim Kha­mis zum Ver­hör in der Zen­tra­le der Poli­zei erschie­nen waren. Maha­mat Nour Ibe­dou, Youn­ous Mahad­jir, Nad­jo Kai­na Pal­mer und Celi­ne Nar­m­a­d­ji wur­den zunächst in der Poli­zei­zen­tra­le von N’D­ja­mena fest­ge­hal­ten und am 24. März gegen 13 Uhr ins Gefäng­nis Amsine­ne ver­legt. Die vier Aktivist_innen hat­ten im Rah­men ihrer Tätig­keit für ihre Orga­ni­sa­tio­nen fried­li­che Demons­tra­tio­nen für den 22. und 29. März geplant. Dabei soll­te gegen den Plan des jet­zi­gen Prä­si­den­ten Idriss Déby, für eine fünf­te Amts­zeit zu kan­di­die­ren, pro­tes­tiert wer­den. Maha­mat Nour Ibe­dou, Youn­ous Mahad­jir, Nad­jo Kai­na Pal­mer und Celi­ne Nar­m­a­d­ji ste­hen wegen “Anstif­tung zu einer unbe­waff­ne­ten Ver­samm­lung”, “Stö­rung der öffent­li­chen Ord­nung” und “Miss­ach­tung einer gesetz­li­chen Anord­nung” unter Ankla­ge. Das Gerichts­ver­fah­ren ist für den 31. März ange­setzt. Soll­ten die Aktivist_innen für schul­dig befun­den wer­den, dro­hen ihnen Haft­stra­fen zwi­schen sechs Mona­ten und einem Jahr.” — Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen sowie emp­foh­lene schrift­li­che Aktio­nen, mög­lichst unver­züg­lich und nicht über den 11. Mai 2016 hin­aus, unter > ai : urgent action

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mi oksana

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tan­go : 0.08 — Ges­tern erreich­te mich eine skur­ri­le E‑Mail einer Frau namens Mi Oksa­na. Es ist denk­bar, dass die­se E‑Mail eigent­lich von einem ange­hei­ter­ten Com­pu­ter­pro­gramm notiert wur­de, das sich zur Tar­nung hin­ter einem poe­tisch wir­kungs­vol­len Namen ver­steck­te. Ich über­leg­te, wel­che Pro­zes­se mög­li­cher­wei­se in einem digi­ta­len Gehirn zu einem rausch­ar­ti­gen Zustand füh­ren könn­ten, der eine Gestalt her­vor­brin­gen wür­de, die Mrs. Mi Oksa­na ähn­lich sei. Sie notier­te Fol­gen­des: Lie­ber Lou­is, vor allen Din­gen habe ich vor dich zu sagen, dass ich nur erns­te Bezie­hun­gen moch­te. Spie­len ist nichts für mich, und ich bin ein ehr­li­ches Mäd­chen. Wenn du auch repu­ta­bel bist und des­sel­ben such­test, dann wer­de ich mich über einen Brief von Dir freu­en. Mein Name ist Oksa­na. Ich bin 31 und ich woh­ne in Russ­land. Ich war nie ver­hei­ra­tet und ich habe kei­ne Kin­der. Vor einem Jahr habe ich mich getrennt und jetzt bin ich auf der Jagd nach einem Freund in dei­nem Staat. Ich hof­fe, dass Men­schen in dei­nem Staat sich mit Respekt zu einer Frau ver­hal­ten. Ich hof­fe, dass du ein ver­ant­wort­li­cher Mann bist, und wir könn­ten pro­bie­ren unse­re Lie­be auf­zu­bau­en. In die­ser Mit­tei­lung sen­de ich dir mein Foto. Ich hof­fe, dass es dir gefal­len wird. sofern auf mich gespannt bist, bit­te gib mir Ant­wort und ver­ra­te dei­nen ech­ten Namen. Ich hät­te gern ein Foto Dich zu sehen. Schö­ne Gru­ße. Oksa­na — stop
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auf schienen

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alpha : 0.10 — Als wür­de sich die­se merk­wür­di­ge Frau auf unsicht­ba­ren Gelei­sen durch die Zeit bewe­gen, so kommt sie in unre­gel­mä­ßi­gen Abstän­den immer wie­der ein­mal an mir vor­über, arm­se­lig geklei­det, jawohl, auf das Äußers­te arm­se­lig geklei­det, trägt sie im Som­mer wie im Win­ter eine Poli­zei­schirm­müt­ze, einen merk­wür­dig grü­nen, zer­schlis­se­nen Fal­ten­rock, eine gel­be, ver­schmutz­te Blu­se und dar­über eine Jeans­ja­cke, mein Gott, außer­dem Turn­schu­he, die mög­li­cher­wei­se längst über kei­ner­lei Soh­len­werk mehr ver­fü­gen. Aber das mit den Schu­hen ist gar kein Wun­der, sie läuft andau­ernd schnell her­um, ich habe sie nie­mals ste­hend oder irgend­wo sit­zend ange­trof­fen. Unge­wöhn­lich an die­ser Frau ist ins­be­son­de­re ein Papp­schild, wel­ches an einem län­ge­ren Stock befes­tigt wur­de. Sie trägt das Papp­schild hoch über dem Kopf, stolz schein­bar, es ist immer das­sel­be Schild, geschützt von einer fei­nen Foli­en­haut. Auf die­sem Schild nun ist mit akku­ra­ter Schrift fol­gen­de For­de­rung auf­ge­zeich­net: Kei­ne Gewalt gegen unse­re Poli­zei! Die Ver­brei­tung die­ser Bot­schaft scheint ihr wesent­li­ches Anlie­gen zu sein, ich habe mehr­fach ver­sucht, an die eilen­de Per­son her­an­zu­tre­ten, ver­geb­lich, ent­we­der war sie zu schnell oder ich war zu lang­sam in der Ver­fol­gung gewe­sen. Tat­säch­lich beschleu­nigt sie ihre Schrit­te unver­züg­lich, wenn ich ver­su­che, mich ihr zu nähern. Ein­mal, es war hoher Som­mer, tele­fo­nier­te ich gera­de, als ich sie kom­men sah. Ich nahm mei­nen Tele­fon­com­pu­ter vom Ohr und rich­te­te ihn auf die demons­trie­ren­de Frau, um sie zu foto­gra­fie­ren. Ges­tern, Sonn­tag um kurz vor Mit­ter­nacht: Sie scheint sehr leicht gewor­den zu sein, ande­re wür­den viel­leicht sagen, dass sie äußerst mager gewor­den ist. Sie raucht wie eine Loko­mo­ti­ve. — stop

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zerzaust

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vic­tor : 0.55 — L. erzählt, sie habe ein­mal eine Frau gekannt, die weder in Büchern las noch in Zei­tun­gen. Trotz­dem sei die­se Frau, deren Namen sie nicht in Erin­ne­rung habe, Wör­tern sehr eng ver­bun­den gewe­sen, da sie pau­sen­los Wör­ter notier­te. Sie schrieb mit der Hand, sie schrieb in Cafés, U‑Bahnen, auf Bän­ken sit­zend in Parks einer Stadt, die sie ein Leben lang nie ver­las­sen haben soll. Sie schrieb an einem ein­zi­gen Buch, an einem Buch, das sie stets in einer wei­te­ren Vari­an­te mit sich führ­te, im Grun­de an einem Buch einer­seits, das sie bereits auf­ge­schrie­ben hat­te, und einem Buch ande­rer­seits, in dem sie das Buch, das zu Ende geschrie­ben wor­den war, wie­der­hol­te, aber natür­lich nicht, ohne das Buch im Pro­zess des Abschrei­bens zu ergän­zen. Jede Ergän­zung wur­de sorg­fäl­tig über­legt, manch­mal wur­den Wör­ter ersetzt, gan­ze Sät­ze oder ein Gedan­ke hin­zu­ge­fügt, sel­ten eine Pas­sa­ge gestri­chen. In die­ser Wei­se ver­än­der­te sich das Buch, das Buch nahm an Umfang zu, wur­de lang­sam schwe­rer. Immer dann, wenn ein Buch abge­schrie­ben wor­den war, ver­schwand das abge­schrie­be­ne Buch. Und wie­der­um begann die Frau eine wei­te­re Kopie anzu­fer­ti­gen, die sich im Pro­zess der Ver­dopp­lung schein­bar nur unwe­sent­lich von ihrem Ori­gi­nal unter­schei­den wür­de. Der Rücken der Frau war leicht gekrümmt, sie ging viel spa­zie­ren und war stets sorg­fäl­tig geklei­det. Sie soll schon ein wenig wild aus­ge­se­hen haben, zer­saust, aber glück­lich, sagen wir, zer­zaust und immer beschäf­tigt und irgend­wie fröh­lich. Sie notier­te zier­li­che, äußerst exak­te Zei­chen. — stop
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nahe central park

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alpha : 6.55 – Frü­her Abend, Som­mer. Ein Repor­ter befragt ein Mäd­chen nahe Cen­tral Park. Das Mäd­chen,  8 Jah­re alt, trägt ein rotes Kleid. Was willst Du ein­mal wer­den, will der Repor­ter wis­sen. Das Mäd­chen schaut sich kurz um. Es scheint sei­ne Ant­wort bereits zu ken­nen, aber viel­leicht ist sei­ne Ant­wort ein Geheim­nis, von dem nicht jeder Kennt­nis haben darf. Das Mäd­chen sagt: Ich will Meer­jung­frau wer­den, und ver­dreht die Augen. Das ist aber eine schö­ne Idee, ant­wor­tet der Repor­ter. Das Mäd­chen über­legt für einen Moment. Nein, sagt es dann, das ist kei­ne Idee, son­dern Bestim­mung. Freust Du Dich, Meer­jung­frau zu wer­den, fragt der Repor­ter. Aber natür­lich, sagt das Mäd­chen. Seit wann weißt Du denn, dass Du Meer­jung­frau wer­den wirst? Ach, schon immer, ant­wor­tet das Mäd­chen, und ver­dreht wie­der die Augen. Für einen Augen­blick schweigt der Repor­ter, um dann fort­zu­set­zen: Was ist die größ­te Her­aus­for­de­rung für Dich auf dem Weg, eine Meer­jung­frau zu wer­den. Oh, sagt das Mäd­chen, die Luft anzu­hal­ten. Jetzt hüpft es davon. — stop

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5 stunden

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nord­pol : 10.22 – Ich beob­ach­te das Fern­seh­ge­rät. Eine Repor­te­rin des ame­ri­ka­ni­schen Fern­se­hens berich­tet aus St. Denis, einer klei­ne­ren Stadt nord­öst­lich der grö­ße­ren Stadt Paris. Sie erzählt in Echt­zeit fünf lan­ge Stun­den lang. Die Sen­dung beginnt gegen 4 Uhr mor­gens, da ist es noch dun­kel am Him­mel, aber eine Stra­ße der klei­ne­ren Stadt wird hell erleuch­tet von Blau­licht und Schein­wer­fern der Kame­ras, die nach Bil­dern und Geräu­schen eines schwe­ren Kamp­fes suchen. Schüs­se sind zu hören, rhyth­misch, drei oder vier dump­fe Deto­na­tio­nen. In Haus­ein­gän­gen, vor Stra­ßen­ecken, auf einer Kreu­zung war­ten Poli­zis­ten und Sol­da­ten, sie bewe­gen sich so, als wäre tiefs­ter Win­ter, sie schei­nen über­haupt ner­vös zu sein. Hin­ter der Flucht alter Häu­ser­fas­sa­den, die auf dem Bild­schirm in einer schein­bar unver­rück­ba­ren Ein­stel­lung zu sehen ist, tobt die­ser Kampf, das ist sicher, es heißt, eine Frau habe sich mit­tels eines Spreng­stoff­gür­tels getö­tet, von Fest­nah­men wird berich­tet, Namen jun­ger, berühm­ter Ter­ro­ris­ten wer­den pos­tu­liert. Weil doch nur sel­ten hör­bar geschos­sen wird, wer­den etwas spä­ter, es ist Tag gewor­den, hell, immer wie­der Sze­nen einer Zeit auf den Bild­schirm gespielt, als noch Dun­kel war am Him­mel, als noch geschos­sen wur­de, sodass alle es hören konn­ten, die gera­de erst wach gewor­den sind. Ges­tern erzähl­te mir Nas­rin, die in einem Café am Flug­ha­fen arbei­tet, ein Kol­le­ge deut­scher Mut­ter­spra­che habe sie gefragt, ob M., ein wei­te­rer Kol­le­ge, viel­leicht sich freu­en wür­de, dass in Paris so vie­le Men­schen getö­tet wor­den sei­en. Sie habe geant­wor­tet, er sol­le M. doch selbst befra­gen, wor­auf­hin der Kol­le­ge deut­scher Mut­ter­spra­che gesagt habe, ihm wür­de M. ja doch nie­mals die Wahr­heit sagen. Da habe sie nicht wei­ter­ge­wusst, sie habe den Wunsch gehabt, sofort ein­zu­schla­fen oder auf­zu­wa­chen. – stop
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im zug kürzlich

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india : 0.12 – Ein Mäd­chen, das mög­li­cher­wei­se gera­de erst spre­chen lern­te, in einer Spra­che, die ich nicht ver­ste­he, steht im Zug vor mir. Ich notie­re auf ein Blatt Papier, als ich die klei­ne Per­son bemer­ke. Ich sage: Hel­lo! Sofort schließt das Mäd­chen die Augen, bleibt aber wie ange­wur­zelt vor mir ste­hen. Weni­ge Meter ent­fernt sit­zen zwei Frau­en und vier Män­ner, sie tra­gen Ano­raks, die zu groß sind, die Frau­en außer­dem Kopf­tü­cher und Hand­schu­he, obwohl es im Zug warm ist. Sie schei­nen müde zu sein, nie­mand spricht. Einer der Män­ner beob­ach­tet mich, ein ruhi­ger, auf­merk­sa­mer, freund­li­cher Blick, ich den­ke noch, was sieht er in mir, da öff­net das klei­ne Mäd­chen sei­ne Augen wie­der, schaut mich an, kein Lächeln, als ich eine Hand hebe und win­ke. Ein Gesicht, blass, fast weiß, tie­fe, dunk­le Rin­ge unter den Augen, die glän­zen. Was haben die­se Augen gese­hen in den ver­gan­ge­nen Wochen, Mona­ten, Jah­ren, viel­leicht Men­schen, die tot sind, wie sie auf einer Stra­ße lie­gen, eine Hand der Mut­ter, die  Augen des Mäd­chens bede­cken im Moment ein­stür­zen­der Häu­ser, Luft vol­ler Flie­gen unter einem Zelt­dach, das nächt­li­che Meer, schrei­en­de Men­schen vor Sta­chel­draht bewehr­ten Toren, rasen­de Schä­fer­hun­de, die in Ungarn gebo­ren wor­den sind? – Ein Kind will sehen. So fängt es immer an, auch damals fing es so an. Ein Kind woll­te sehen. / Juli­an Bar­nes Arthur & Geor­ge – stop
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zwergdrache

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marim­ba : 2.24 – Ort: Upper Bay von New York. Zeit: Som­mer 1958. Auf einem Fähr­schiff, des­sen Name ich nicht ermit­teln konn­te, steht am Heck ein Jun­ge im Alter von unge­fähr 12 Jah­ren. Es ist frü­her Nach­mit­tag, die Schu­le ver­mut­lich gera­de vor­über, der Jun­ge fährt mit dem Schiff von Man­hat­tan nach Hau­se. Er trägt Halb­schu­he, ein hel­les Hemd, eine Kra­wat­te und ein dunk­les Jackett, sei­ne Schul­ta­sche lehnt an einem Pfei­ler, der für schwe­re Schiffstaue vor­ge­se­hen ist. Im Hin­ter­grund, am Hori­zont, sind Krä­ne zu erken­nen, die wie eiser­ne Vögel auf stel­zen­ar­ti­gen Füs­sen ste­hend, zu war­ten schei­nen. Eini­ge Meter über dem Jun­gen schwebt eine Möwe, auch sie ist, wie der Jun­ge selbst, reg­los in einer Schwarz-Weiß-Foto­gra­fie gefan­gen. Zwei älte­re Per­so­nen, eine Frau in einem hel­len Kleid, und ein Mann, der einen dunk­len Anzug trägt, lun­gern auf einer Bank. Sie küs­sen sich gera­de auf den Mund, sind viel­leicht eigent­li­che Ursa­che der Foto­gra­fie, der Jun­ge, der gefähr­lich nah an der Kan­te zum Was­ser steht, ist also mög­li­cher­wei­se ver­se­hent­lich mit auf das Bild gera­ten. Eine Hand des Jun­gen ist nach vorn hin aus­ge­streckt, es ist sei­ne lin­ke Hand, wäh­rend sei­ne rech­te Hand einen Faden, so fein, dass er kaum noch sicht­bar ist, um die­se lin­ke aus­ge­streck­te Hand wickelt, als wäre sie eine Spu­le. Der Jun­ge scheint im Moment der Auf­nah­me mit sei­ner Arbeit des Wickelns bei­na­he fer­tig gewor­den zu sein, das Ende des Fadens wird bereits sicht­bar, ein klei­ner Dra­che von Papier ist dort befes­tigt, ein Dra­che nicht län­ger als zehn Zen­ti­me­ter und nicht brei­ter als sechs Zen­ti­me­ter, ein Zwerg­dra­che, in der ein­fach gekreuz­ten Form der Kin­der­dra­chen, des­sen Kör­per mit Sei­den­pa­pier bespannt gewe­sen sein könn­te, unbe­kann­te Far­be, viel­leicht blau, viel­leicht gelb. Eine erstaun­li­che Ent­de­ckung. Zwei­ter Blick. – stop

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von zeitungen

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india : 3.18 — Mor­gens liegt die Tages­zei­tung wie ein Wun­der vor der Tür, an jedem der Tage einer Woche, nur an Sonn­ta­gen nicht. Es exis­tie­ren Win­ter­zei­tun­gen, die von Schnee bedeckt sind, und Som­mer­zei­tun­gen, wel­che küh­ler sind als die Mor­gen­luft, außer­dem Herbst­zei­tun­gen und Früh­lings­zei­tun­gen. Herbst­zei­tun­gen sind von Blät­tern bedeckt, feucht vom Nebel der Mor­gen­stun­den, feucht wie Früh­lings­zei­tun­gen, die nur feucht sind, aber nicht von Blät­tern bedeckt. Alle die­se Zei­tun­gen sind schwe­re Objek­te in den Hän­den einer alten Frau. Es ist immer­zu sehr viel gesche­hen seit der Zei­tung des Tages zuvor, und auch jene frü­he­re Zei­tung war schwer gewe­sen, weil viel gesche­hen war in der Zeit, als die alte Frau im Gar­ten arbei­te­te. Ja, das Gehen fällt nicht mehr so leicht, und auch das Lesen nicht. Es geschieht so viel, sagt die alte Frau, und sie mein­te viel­leicht, dass zu viel geschieht, dass die Zei­tung zu schwer gewor­den ist, für ihre alten Hän­de. Und sie sagt, dass sie nicht alles, was in der Zei­tung geschrie­ben steht, lesen kön­ne, sie sagt das so, als ob sie mein­te, es sei zu viel in der Zei­tung geschrie­ben, das sie nicht lesen wür­de, sie sei der Zei­tung nicht län­ger wür­dig, wes­we­gen wir nun hof­fen und dar­über nach­den­ken, was viel­leicht zu tun ist in die­ser Zeit, das die papie­re­nen Zei­tun­gen zu schwer gewor­den sind. — stop

oqaatsut



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